Geschichten:Rachedurst Teil 6

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Auf einer passabel ausgebauten Strasse in Richtung Perricum, abseits der Reichsstrasse


Yiran von Efferdbach-Brendiltal zügelte sein Pferd und hob die Hand, um dem Tross einen Halt zu signalisieren. In gut zweihundert Schritten vor ihnen standen vier Reiter auf der Strasse.

„Herrin, säht Euch das an“, rief der Bastardsohn des Barons von Brendiltal.

Al’Barán’e gab ihrem Pferd die Sporen und kam neben dem Krieger zum Stehen.

„Was sind das denn für Gestaltän?“ Sie gab das Signal, dass der Tross langsam weiter vorrücken sollte. Einige der Krieger schlossen sofort zu ihrem Anführer, dem schneidigen Yiran auf.

Er gab ein kurzes Handzeichen und bedeutete drei der Ammayin a Korosan, den Elitekriegern aus der Garde des Barons, zu ihm aufzuschließen. Zwölf weitere Kämpfer – zum größten Teil aus der Garde Al’Barán’e - rückten ebenfalls nach, so dass noch eine Bedeckung von zehn Knechten bei den Wagen blieb.

Al’Barán’e sprach sich kurz mit Yiran ab, der dann mit den Kriegern ein Stück nach vorne preschte und sich den Fremden näherte, die nun langsam die Strasse entlang ritten.

„Die Zwölfe zum Gruße!“ rief Radulf von Firunshöh und zügelte sein Pferd, als nur noch fünfundzwanzig Schritte die beiden Reitergruppen trennten.

Yiran hielt sein Ross zurück und musterte die Fremden. Ein schwer gepanzerter Ritter, zwei leicht gerüstete Krieger und ein Waldläufer in erdfarbenen Gewändern mit einer gespannten Armbrust im Arm.

„Werr seid ihr? Macht Platz für Al’Barán’e han Breshir’a Danal und ihre Korosan! Wirr...“

Ohne sich vorzustellen, fiel Radulf dem Krieger ins Wort: „Wir wollen mit dem Baron von Brendiltal ein Wörtchen reden!“

Yiran wurde schnell zornig. „Was Ihrr wollt, interessiert mich nicht! Der Marbän von Breshir’a Danal hätte auch bästimmt bessäres zu tuan, als mit euch Radschaks zu redän! Värschwindät!“

Radulf nickte knapp und drehte sich zu seinen Begleitern. „Ich wollte nur sicher gehen, dass dies der richtige Tross ist. Kein normaler Mensch ist so unverschämt und dumm, wie diese nebachotischen Bauerntölpel. Geh aus dem Weg, unsere Belange gehen dich nichts an, sondern nur den Baron von Brendiltal.“

Yiran traute seinen Ohren nicht. „Was fällt dirr ein? Wir wärden dir gleich zaigen, wer hier der Tölpäl ist!“ Er griff zu seinem Schwert und zerrte es aus seinem Gürtel.

„Wartet,“ sagte Radulf. „Wir wollen nur den Baron sehen.“

Yiran spuckte verächtlich aus. „Und werr seid ihrr, dass Ihrr das wollt?“

„Junker Radulf von Firunshöh, Dienstmann des Pfalzgrafen zu Wetterfels.“

Das war der Moment als Haromir die Armbrust packte, sie auf Yiran richtete und abdrückte.

Der Bolzen schlug in die Brust des jungen Kriegers der gerade vorpreschen wollte und jetzt aufkeuchend aus dem Sattel geschleudert wurde. Sein nachtschwarzes Ross wieherte erschrocken und stieg auf die Hinterläufe, während es nach vorne auskeilte.

Yiran prallte hart auf dem mit Gras bewachsenen Boden auf und blieb regungslos liegen. Entsetzt stießen seine Krieger lauthals Verwünschungen aus und machten sich daran sich auf die Angreifer zu stürzen.

Radulf lenkte sein Pferd zur Seite und gab ihm die Sporen. Hastig preschte er mit seinen Begleitern davon, die wütende Horde von zehn nebachotischen Reiter dicht auf den Fersen.

Der Junker von Firunshöh treib sein Pferd immer weiter an, den nahe gelegenen Hügel hinauf. Ein banger Blick über die Schulter bestätigte ihm, dass die wütend schreienden Krieger immer schneller aufschlossen. Einer der Nebachoten reckte einen Wurfspieß in die Höhe und schleuderte ihn in Richtung der Verfolgten. Der Spieß bohrte sich in die Flanke von Praiowins Pferd, woraufhin das Tier gequält aufheulte und ins Straucheln kam. Der schlaksige Knappe konnte nicht mehr reagieren; das Pferd begrub ihn krachend unter sich.

Wiederum drosch Radulf seine Hacken in die Seiten seines Reittiers, welches protestierend wieherte und den Kopf nach hinten warf. Das schwere Hämmern zahlreicher Hufe erfüllte die Luft.

Gnadenlos trampelten die südländischen Reiter über den eingeklemmten und panisch kreischenden Praiowin hinweg. Das Geschrei verklang schnell, als die Hufe ihrer Vollblüter Fleisch und Knochen wie morsches Holz zermalmten.

Haromir der Waldläufer hatte sich an die Spitze der Flüchtenden gesetzt, dicht gefolgt von Radulf. Wulfen, der zweite Knappe, fiel einige Schritte zurück, da er kurz die Kontrolle über sein Pferd verloren hatte. Wütend hieb er mit der Reitergerte auf das Hinterteil seines Schimmels ein, doch diese wenigen Herzschläge hatten gereicht, damit die ersten Ammayin a’Korosan heranstürzen konnten. In ihren wallenden schwarzen Umhängen mit den spitz zulaufenden Helmen und den schwarzen Lederpanzern sahen sie furchteinflößend und entschlossen aus. Der erste Kämpe zog einen Hieb mit seinem Säbel durch, doch Wulfen zog im letzten Augenblick den Kopf ein. Sein Ross sprang nun nach vorne, doch der zweite Korosan war von links nun heran geeilt.

Mit einem heiseren Schrei schlug der zweite Krieger nach dem Knappen „Kor soll sich dein Blut holän, du Faigling!“

Sein Säbel schnitt mühelos durch das lederne Wams des Knappen, der sich aufschreiend an seinem Sattel festklammerte. Blut tränkte seinen hellblauen Rock tief rot, während er die linke Hand auf seine angeschlagene Seite presste. Das Pferd wurde deutlich langsamer und die restlichen Feinde holten ebenfalls auf.

„Erbarmen!“ winselte er, als sein Pferd schließlich stehen blieb, doch dieses Wort war den korgläubigen Kriegern kein Begriff. Wieder hob der Korosan, der seinen Ritt nun auch gebremst hatte, seinen Säbel hoch über den Kopf und ließ die scharfe Klinge herab sausen. Der glänzende Stahl drang in die Schulter des Verwundeten und eine Fontäne frischen Blutes ergoss sich in einem feinen Regen auf das saftiggrüne Grasland. Ächzend kippte Wulfen aus dem Sattel und krachte zu Boden.

Radulf von Firunshöh und Haromir preschten wie vom Namenlosen gehetzt den Hügel hinunter, nachdem sie die Anhöhe überwunden hatten. In der Nähe befand sich ein kleines Wäldchen, auf welches sie nun hastig zuhielten.

Die Nebachoten hatte die Hügelkuppe nun auch erreicht und ihr fürchterliches Gebrüll schallte über die Ebene. Nur noch zehn Schritte trennten sie von den Fliehenden, als ihr Anführer Shafar erkannte, dass sich im leichten Unterholz etwas bewegte.