Geschichten:Vom Regen in die Traufe - Teil 2

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Burg Luringen, Mitte Rondra 1029


Leise pochte es an die Türe des Gemachs des Grafen Danos von Luring. „Herein?“ sagte dieser, woraufhin sich die Türe öffnete. Ederlinde von Luring, die Tochter des Grafen, betrat vorsichtig sein Gemach. Sie war darauf bedacht keine hektischen Bewegungen und keinen plötzlichen Lärm zu machen, denn der blinde Graf war immer noch in einem äußerst schlechten Zustand und reagierte bisweilen empfindlich auf äußere Einflüsse. Im Zimmer brannten Dutzende von Kerzen, und auch wenn ihr Licht nicht mehr von den trüben Augen Danos wahrgenommen werden konnte, so genoss er doch die Wärme, die von ihnen ausging und ihm ein behagliches Gefühl gab.

„Ich grüße Dich, Vater“, sprach Ederlinde leise. „Ich bringe dir eine starke Hühnerbrühe und ein wenig Wein. Du musst etwas essen, Vater.“

Danos richtete sich auf und drehte sich seiner Tochter zu. „Hab Dank mein Kind!“ antwortete er. Ederlinde setzte sich zu ihm und beobachtete, wie er langsam die Suppe löffelte – kein leichtes Unterfangen für einen Blinden. Dabei hielt sie seine Hand, und ihr Vater drückte sie leicht.

„Ich muss mit dir über einige Dinge reden, die dich vermutlich nicht sehr erfreuen werden, Vater“, begann sie das Gespräch. „Nur zu.“

Sie fuhr fort: „ Ich muss dir berichten, dass erneut eine Rechnung aus Gareth gekommen ist.“ Danos seufzte: „Wieder von Drego?“

„Ja, Vater. Sie ist noch um einiges höher, als die aus dem letzen Monat. Er will 300 Goldstücke zugesandt haben um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Außerdem bittet er dich um ein neues Ross, da seines angeblich entlaufen sei. Zu guter letzt verlangt er, dass seine Rechnungen im Spielhaus Fünfass beglichen werden mögen. Sie betragen mehrere hundert Dukaten.“ Sie machte eine Pause. „Das wäre dann alles.“

Danos nahm die Nachrichten mit Schweigen auf. Sein Erstgeborener Sohn Drego machte ihm seit Jahren schon großen Kummer. Er war ein rechter Taugenichts, der in Gareth weilte und seinen sündhaft teuren Lebensstil mit seines Vaters Vermögen finanzierte.

Danos seufzte schwer. „Ach je, was hat der Junge nur jetzt schon wieder angestellt? Schmeißt hunderte von Goldstücken zum Fenster hinaus und verprasst ein Vermögen. Ich mache mir große Sorgen um ihn.“ Ederlinde streichelte ihm über den Kopf. „Ich fürchte den Tag, an dem er deinen Platz einnimmt, Vater.“

„Ich weiß, mein Kind, ich weiß. Ich wünschte du wärest mein erstes Kind geworden und hättest Anspruch auf die Grafschaft, aber die Götter haben es nun mal anders gefügt.“ „Aber Vater, du könntest die Erbfolge per Dekret…“ „Nein, Ederlinde, nein! Nicht schon wieder dieses Thema. Dieser Ehrgeiz ist nicht geeignet, mich umzustimmen! Drego wird mein Nachfolger, so wie es der Götter Wille ist. Ich hoffe nur, dass er von alleine auf den rechten Weg zurückfindet. Und wenn nicht, wirst du ihm dabei helfen, so wie du mir zur Seite stehst.“

Danos Worte bohrten sich wie Dolche in Ederlindes Herz. War ihr Vater langsam senil geworden? Es war doch offensichtlich, dass dieser Verschwender in Gareth die Grafschaft in den Ruin treiben würde, sollte er einst die Grafenwürde annehmen. Doch all ihre schmeichelnden Worte trafen bei Danos auf taube Ohren.

„Natürlich, Vater. Dein Wunsch soll erfüllt werden. Doch nun entschuldige mich bitte, mich erwarten noch andere Pflichten bei der Grafschaftsverwaltung.“ Damit gab sie ihm noch einen zarten Kuss auf die Stirne und verließ sein Gemach. Sie eilte schnurstracks in die Schreibstube. Sie wusste nur noch eine Person an die sie sich wenden konnte, und diese befand sich auf Burg Trollhammer in Hirschfurten.


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Texte der Hauptreihe:
K1. Teil 1
K2. Teil 2
K3. Teil 3
K4. Teil 4
K5. Teil 5
15. Ron 1029 BF
Teil 2
Teil 1


Kapitel 2

Teil 3