Geschichten:Altes Blut - Zurück in der Heimat

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29. Efferd 1037 – Reichsstadt Hirschfurt, Hirschfurter Umland (Grafschaft Waldstein)

Sehr geehrter Haldan,

wie du mit deinem Vater abgesprochen hattest, wurden alle nötigen Verträge abgeschlossen. Möge Phex dich weiterhin auf deinem Weg geleiten.

Baltram

Haldan faltete den kleinen Zettel zusammen und steckte ihn ein. Er betrachtete sein neues Arbeitszimmer im ersten Kontor des Handelshauses Rallersgrunder in Rallerspfort. Die Möbel waren noch nicht an der richtigen Stelle und überall standen noch Kisten im Weg herum, doch konnte man bereits erahnen, wie es einmal aussehen würde in dem Raum, in welchem die Zukunft Rallerspforts geschrieben werden würde. Von hier aus würde in Zukunft Politik gemacht werden. Er persönlich war noch nicht besonders lang in Rallerspfort aktiv, doch über Informanten wusste seine Familie seit langer Zeit schon über alles Bescheid, was hier vor sich ging. Vor dem Fenster hörte er die Rufe einiger Krämer, die sich über die versperrte Straße ärgerten. Es war Haldan gleichgültig. Sollten sie sich nur beschweren. Bevor das Jahr vorüber war, würden sie andere Töne anschlagen, da war er sich sicher. Er konnte ihre Verärgerung verstehen. Das Fest der eingebrachten Früchte stand kurz bevor. Dieser höchste Feiertag der Baronie wurde stets mit aller aufzubringender Pracht gefeiert und für das dritte fette Jahr in Folge wurden auch von den kleinsten Krämern keine Kosten gescheut, um die Fassade des eigenen Ladens für die Prozession zu dekorieren. Milo trat ins Arbeitszimmer ein, duckte sich geschickt unter einer Kiste eines Lastenträgers hindurch und schenkte sich von Haldans Wein ein. „Prozession am ersten Tag der Feierlichkeiten und Erntesegen durch Peraines Diener, großes Mahnfeuer in der Nacht von der Praios-Geweihtenschaft, Gabenmarkt am zweiten Tag, Feldsegen am dritten Tag. Die Stadt pulsiert und an jeder Ecke fragt man sich, wer hier wen beeindrucken möchte mit seiner Göttergefälligkeit.“, sprach Milo seine Gedanken zwischen zwei Schlucken aus. Haldan betrachtete den jungen Mann. Er war ein wenig kleiner als er selber, was nicht schwer war, war Haldan doch eher groß gewachsen, von der Figur her war er etwas schmaler, doch hatte er die selbe blauen Augen und dunkelblondes Haar, welches wirr bis zu den Ohren fiel. „Reinste Machtpolitik.“, gab Haldan bloß zurück. Milo blickte ihn leicht fragend an. „Das ist keine Göttergefälligkeit.“, erklärte Haldan. „Zumindest größtenteils geht hier um reinen Machtgewinn. Praios und Peraine streiten schon immer um de Leute dieses Ladstrichs und nie gelingt es einem der beiden die Macht an sich zu reißen und sicher zu halten.“ „Mir soll es gleich sein. Wie geht es weiter? Nun sitzen wir also in Rallerspfort.“ „Damit haben wir schon gewonnen.“ „Ist das so? Habe ich bisher nicht den Eindruck.“ „Das brauchst du auch nicht. Ich habe jedenfalls Arbeit für dich. Ich brauche ein Banner Söldner auf Abruf. Bewaffnung wird vom Handelshaus gestellt. Ich will sie nicht offen versammelt sehen, doch wenn ich sie brauche sollen sie da sein. Verstanden?“ „Verstanden. Die üblichen Männer?“ „Du findest sie am besten.“ „Bis wann?“ „Eine Woche höchstens.“ Milo nickte bloß und verließ den Raum. Auf ihn war schon immer Verlass gewesen. Er stellte keine Fragen, war schlau und absolut loyal. Das rekrutieren tobrischer Flüchtlinge für das eigene Handelshaus war einer der cleversten Züge Cordovans gewesen. Sie verdankten ihnen alles und waren bereit all das für ihre Gönner zu geben. Doch Milo war für Haldan mehr als ein treuer Soldat. Er war beinahe wie ein Bruder, der mit ihm alles durchstand wenn es nötig war. Auch Haldan verließ nach einiger Zeit den Raum und betrachtete die Fortschritte in seinem Kontor. Nach den Feiertagen würde Baltram kommen und sich um die Einstellung der neuen Schreiber kümmern, anschließend könnte das Kontor seine Arbeit aufnehmen. Während er noch durch die Räume schritt kam ein Mann hinzu, den Haldan kannte. Valnar von Falkenstein stand plötzlich vor Haldan im Türrahmen. „Seid gegrüßt.“, grüßte er knapp mit nicht mehr Freundlichkeit als nötig. „Seid Ihr ebenfalls gegrüßt Euer Wohlgeboren.“, antwortete Haldan und versuchte seine Überraschung zu verbergen. „Was verschlägt Euch in mein Kontor? Ich fürchte es ist solch hohem Besuch noch nicht entsprechend eingerichtet.“ „Es mag für den Moment genügen.“, erwiderte Falkenstein und blickte sich ein wenig um. „Die Interessen der Baronie treiben mich zu Euch. Kann man sich irgendwo ungestört unterhalten?“ „Sicherlich. Folgt mir.“ Haldan führte Falkenstein in sein Arbeitszimmer und verschloss die Tür, nachdem er einen der Arbeiter angewiesen hatte sie unter keinen Umständen zu stören. „Setzt Euch.“ Falkenstein nahm auf einem der Sessel Platz, welche frei waren. Auch Haldan räumte einen der Sessel frei und nahm Platz. „Nun Meister Rallersgrunder. Der Baron ist hoch erfreut ein so erfolgreiches Handelshaus in seiner Baronie willkommen zu heißen. Die Gerüchte, die man hört sind beeindruckend und er hofft auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit, auf dass alle davon profitieren mögen.“ „Vielen Dank. Ich fühle mich sehr geehrt persönlich willkommen geheißen zu werden und auch mir ist es ein Anliegen die noch zaghafte, doch erfolgreiche Zusammenarbeit weiter zu vertiefen.“ Falkenstein tat die Worte mit einem gequälten Lächeln ab. „Sehr gut. Es wäre eine Schande gewesen, wenn unsere beiden Interessen bereits zu Beginn in unterschiedliche Richtungen verliefen. Ich darf im Namen des Barons einen Vorschlag für ein sicherlich fruchtbares Geschäft vorschlagen.“ Haldan erhob sich und griff nach zwei Bechern und einer Karaffe mit Wein. Er hatte damit gerechnet, dass der Baron sich an ihn wenden würde, doch nicht so bald. Nachdem er sich wieder gesetzt hatte, antwortete er auf Falkensteins Vorstoß. „Das Handelshaus Rallersgrunder ist offen für Eure Vorschläge, Euer Wohlgeboren.“ „Es ist Euch sicherlich nicht entgangen, dass der Baron im Streit liegt mit einigen seiner Vasallen.“ Haldan nickte. „Dieser Zustand kann nicht länger toleriert werden. Der Baron war bereits geduldiger als gut für ihn war und es wird Zeit Grenzen aufzuzeigen.“ „Ihr sprecht recht offen von einem Präventivschlag gegen die Vasallen des Barons.“ „Es ist eine Maßnahme zum Schutz der Baronie.“ „Nennt es wie Ihr wollt. Es bleibt, was es ist. Ein solcher Schlag im nahenden Winter ist…“ „Unerwartet?“ „Unverantwortlich.“ „Es ist nicht Eure Aufgabe dies zu bewerten.“ „Weswegen seid Ihr gekommen?“ „Die Sicherheit der Baronie betrifft auch Euch. Jeder der betroffen ist hat seinen Beitrag zu leisten dafür. Der Baron benötigt Geld und er gibt Euch die Gelegenheit in seiner Gunst aufzusteigen indem Ihr es ihm leiht.“ Haldan ließ einige Augenblicke verstreichen ehe er antwortete. „Was ist der Baron bereit im Gegenzug zu geben?“ „Er wird sich erkenntlich zeigen, doch es ist zunächst an Euch Zugeständnisse zu machen.“ „Von welcher Summe sprechen wir?“ „Ausrüstung, Versorgung und Sold für zwei Banner müssen möglichst zeitnah bereitgestellt werden.“ „Eine solche Summe können wir nicht aus dem Stehgreif stellen. Alternativ kann das Handelshaus eigene Söldner bereitstellen. Ein Banner. Bereit bis Ende der Feiertage und Ihr stellt die Ausrüstung. Die bestehenden Verträge zur Truppenversorgung für den Feldzug der Kaiserin werden auf den Feldzug des Barons ausgeweitet.“ „Kampferprobte Männer bis Ende der Feiertage von der Soldliste des Handelshauses, Ausrüstung stellt die Baronie.“ Falkenstein strich sich nachdenklich durch den Bart. „Einverstanden. Was verlangt Ihr dafür?“ „Ein persönliches Gespräch mit dem Baron.“ „Wann?“ „Noch heute.“