Geschichten:Schattenkrieger - Es steht in den Sternen
Es steht in den Sternen
Burg Greifenklaue zu Uslenried, Ende Boron 1037
»Wir sind fertig.«
»Ah, sehr gut. Dann lasst mal hören.« Wulf bedeutete den Angesprochenen, Platz an der Tafel zu nehmen. Sinya setzte sich wie üblich an seine Seite, Areana Bellenthor, die Hesindegeweihte, nahm ihr gegenüber Platz. Alcara hingegen breitete eine grob gezeichnete Sternkarte vor sich aus, während Datierlich, der erste Schreiber zunächst einmal aufwendig seine Notizen ordnete. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, an der hochwissenschaftlichen Aufgabe mitzuwirken, was die drei Frauen jedoch ab und an reichlich Mühe ob seiner Einwände gekostet hatte.
Wulf hingegen lächelte zufrieden. Nachdem er zunächst noch sehr erbost über des Cantzlers Eskapaden gewesen war, hatte er beschlossen, in die gleiche Kerbe zu schlagen und seinerseits ein Horoskop für das abergläubische Volk in Auftrag gegeben. Also hatte er sich mit seiner phexgeweihten Gemahlin, der Hofmagierin und der Hesindegeweihten zunächst über die Symbolkraft beraten, was der Sache wohl am dienlichsten sei, und die Kundigen anschliessend in aller Ruhe ihrer Wissenschaft nachgehen lassen.
So ergriff nun die Hesindepristerin das Wort, denn sie war es, die auf diesem Gebiet die meiste Erfahrung hatte. »Fassen wir also noch einmal zusammen, unter welchen Sternen unserer Auffassung nach eine Heerschau und noch besser später eine Schlacht stehen sollte. Eine Schlacht ist ein Krieg, ein großer Streit, Kampf. Kein anderer Stern verkörpert dies mehr als Kor. Der Aspekt des Streits als solchen tritt hinter den des Krieges zurück, denn selbigen Streit galt es bereits seinerzeit auf Auenwacht auszufechten, als der Marschallbestimmt wurde. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Schlacht, welcher diese Vorbereitungen dienen, all jenes verändern und neu entstehen lassen soll, was der Einmarsch der Schwarzen Horden verdorben hat. Dafür steht Simia. Und schlussendlich soll es darum gehen, einen Sieg zu erringen, ja, zwölfgöttliche Ordnung wieder herzustellen; dies beides repräsentiert der Praiossohn Ucuri.«
Alcara nickte zustimmend.
»Unter diesen Vorzeichen verblieben phexgefällige neun Tage, wenn man eine ebensolche Konstellation an den Namenlosen Tagen verständlicherweise von vorne herein außer betracht lässt«, fuhr die Hesindegeweihte fort, und Alcara schob Wulf einen Pergamentbogen hinüber.
Der Baron überflog die Zeilen; wirklich interessieren taten ihn jedoch nur die Daten, nicht aber, welcher Stern wie stehen mochte.
»Bemerkenswert ist, dass genau jene gewünschte Konstellation in manchen Monaten des kommenden Jahres gar nicht auftritt, im Rondra und im Phex jedoch gleich zwei mal, ebenso im Hesinde«, warf Sinya ein.
»Im Hesinde ist tiefster Winter, das scheidet aus«, entgegnete Wulf. »Der Monat der Kriegsgöttin und der des garetischen Schutzgottes... Dem Grunde nach gefällt mir das sogar, so wenig ich auf Horoskope gebe.«
Alcara beugte sich vor; die sonst so stille Magierin sprach leise, fast andächtig. »Nicht zuletzt sollten wir die Mondphasen nicht außer Acht lassen. Ein deutliches Zeichen wäre der Helm, doch diesen zeigt das Madamal zur gewünschten Konstellation lediglich im Hesinde und an den Namenlosen Tagen. Der Kelch hat für jene Belange keinerlei Symbolkraft, noch dazu läge er ebenfalls im Hesindemond. Verbleiben also das Rad und die Phase der toten Mada.« Alcara legte eine kurze Pause ein, atmete hörbar tief ein und fuhr dann fort. »Der Feind bedient sich der Magie, gleich welcher Art. Diese ist am stärksten im Licht des vollen Mondes, und am schwächsten zur Phase des Todes.«
»Ergo kommen wir nicht umhin, das Rad auszuschließen und uns mehr auf die Hilfe der Götter und ihrer Diener zu verlassen als auf die Macht unserer Magier«, setzte Areana Bellenthor nach, und Alcara senkte fast beschämt den Kopf. »Somit verbleiben vier mögliche Tage: Der 4. Rondra, der 20. Phex, der 14. Ingerimm sowie der 17. Rahja.« Zufrieden lehnte sich die Hesindegeweihte zurück.
»Rondra oder Phex«, murmelte Wulf und starrte auf den Zettel. »Die Vier ist die Zahl Travias; wenig geeignet für eine Heerschau. Bleibt der 20. Phex, ein Feuertag. Spricht etwas dagegen?«
Die drei Frauen schüttelten unisono die Köpfe, nur Datierlich kritzelte Notizen auf ein Pergament.
»Meister Datierlich, Wir wollen dem werten Cantzler einmal ein wenig unter die Arme greifen. Setzt ein Schreiben auf, wohlformuliert und allerhöflichst, mit dem Wir seiner Exzellenz Unsere Meinung zu seiner Sternguckerei kundtun und wie eben von den Damen hergeleitet begründen. Ich zeichne selbst.«
Der Angesprochene nickte dienstbeflissen.
»Es sei. Habt Dank, meine Damen; ich bin sehr zufrieden damit.« Der Baron lehnte sich zurück und lächelte zufrieden in sich hinein. Der Feuertag, dass wusste er, war Kor zugeordnet...
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