Geschichten:Fuchs und Stier - Nur eine Sitzgelegenheit

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Dramatis personae:


Einige Tage später in der Stadt Wasserburg, Schloß Tikaris, 14. Rahja 1034 BF

„Aber warum denn nicht? Ihr würdet auch der Stadt einen Gefallen machen“, sagte Timshal.

„Hey, ich will mein Leben genießen“, antwortete Cordovan. „Und nicht in irgendwelchen Schlössern versauern!“

Nachdem Cordovan den Baron im Goldenen Horn doch noch davon überzeugen konnte, daß es für ihn nur von Vorteil war auf die Vorschläge des Heermeisters einzugehen, sind sie gemeinsam zurück nach Wasserburg geritten um es nun amtlich zu machen (und dafür zu sorgen, daß es sich der Baron doch nicht noch anders überlegt). Nur ließ der Baron sie nun warten. Timshal vermutete, er wollte ihnen auf diese Art die nächtliche Störung im Gasthaus heimzahlen. Und da der Thron die einzige Sitzmöglichkeit in dieser Raum war, hatte sich Cordovan eben darauf gesetzt. Eigentlich wollte er sich nur hinsetzen und ausruhen.

Das mußte den Zackenberger auf diese Idee gebracht haben: Zordian als Baron abzusetzen und Cordovan als neuen Baron zu erklären.

„In der Lage wärt Ihr ja“, hatte er – halb scherzhaft – gemeint. „Die militärische Macht stünde hinter Euch. Zordian hat keinen guten Ruf in der Markgrafschaft, müßt Ihr wissen. Und ich besitze genug Kontakte im Adel um Euch Rückhalt darin zu geben, falls Ihr das wolltet. Und ist Euer Vater nicht ein Vertrauter der Kaiserin? Ich bin sicher, daß er sich da ebenfalls für Euch einsetzen könnte. Und ich bin sicher, daß auch der Markgraf nichts dagegen hätte“, hatte er noch zwinkernd hinzugefügt.

Cordovan wollte aber kein Baron sein. Ich bin doch nicht verrückt!, dachte er. Er wollte mit der Politik nichts am Hut haben. Er war eh schon genug in diese politischen Stränge verwickelt …

Dann kam Korporal Odilon in den Thronsaal. „Der Baron ist nun bereit Euch zu empfangen“, sagte er.

„Na endlich!“ meinte Cordovan und schwang sich eiligst vom Thron herunter. Nicht daß Zordian auch noch denkt, ich will Baron werden, dachte er. Davon abgesehen ist er auch nicht gerade bequem. Aber es ist ja auch der einzige Platz in diesem verfluchten Thronsaal, wo man sich hinsetzten kann!

Neben Cordovan und dem Zackenberger befanden sich auch Junker Marnion mit seinen Leuten, Perainian Huflinger, der Haushofmeister, und auch der Söldnerhauptmann Brindian im Thronsaal. Die letzteren zwei begrüßten den Baron mit einem Kniefall. Cordovan und Timshal schlossen sich ihnen dabei nicht an. Flankiert war der Baron von zwei markgräflichen Soldaten, die an der Tür zurückblieben und sich links und rechts davon postierten – Zordian sollte schließlich nicht vergessen, wer hier im Moment das Sagen hatte, auch wenn er sich mit großer Geste auf seinen unbequemen Thron setzte.

Anschließend schritt Perainian zum Thron und hielt ihm das Schreiben hin, das er unterzeichnen sollte. „Das ist es also?“, fragte Zordian. „Wir wollen gerne wissen, was darin steht, bevor wir unser Zeichen darunter setzen.“

Du weißt ganz genau, was darin steht, dachte Cordovan verärgert. Unterschreib endlich diesen verfluchten Wisch! Dann kann ich hier endlich weg.

„Wir, Zordian aus dem Hause Tikaris, Baron von Wasserburg“, begann der Haushofmeister vorzulesen, „geben hiermit kund zu wissen, daß wir unseren treuen Gefolgsmann, den Junker Marnion von Kelsenstein, zum Hauptmann unserer barönlichen Landwehr ernennen.“

Cordovan hatte mit dem Baron ausgemacht, daß der Junker dieses Kommando bekam. Damit hatte Zordian diese Verantwortung abgegeben, die er ohnehin nicht wollte (und wohl auch nicht wahrgenommen hätte, wie er bewiesen hatte). Somit hatte der Heermeister eine Kontaktperson, an die er sich wenden konnte, ohne mit dem Baron in Kontakt kommen zu müssen, der einem letztendlich nur Schwierigkeiten gemacht hätte. Als Marnion davon erfuhr, war er sichtlich überrascht.

„Des Weiteren“, fuhr Perainian fort, „sei ihm die Ausbildung der Landwehren zur Aufgabe gegeben und alle Kompetenzen übertragen, die er für Verhandlungen mit dem Heermeister Perricums oder anderen Befehlshabern des Reiches benötigt. Mit ihm Rondras Segen!“

Zordian ergriff die Feder, die man ihm reichte und er machte sein Zeichen darunter. Anschließend stand er von seinem Thron auf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum – gefolgt von den beiden Soldaten.

„Ich muß schon sagen, Cordovan“, sagte der Zackenberger schließlich. „Ich hätte nicht gedacht, daß wir so weit kommen. Ich habe Euch da wohl unterschätzt.“ Timshal blickte nachdenklich zur Tür, wo der Baron verschwunden war, wandte sich dann aber wieder Cordovan zu. „Aber Ihr wißt schon, daß Ihr Euch in ihm nun einen Feind geschaffen habt?“

„Ach, diese Adligen sind doch alle gleich – sitzen in ihren Schlössern und machen einem nur das Leben schwer. Ich glaube, ich werde mit ihm schon fertig“, sagte Cordovan zuversichtlich und Timshal blickte ihn schräg an. „Ihr seit da natürlich eine Ausnahme, Zackenberg. Mit Euch kann man in einer Schenke sitzen und Wein trinken und ab und zu auch ein Boltanspiel wagen“, grinste er und schlug dem Adligen versöhnend auf die Schulter.

„Aber Ihr seid selbst von Adel ...“, meinte der Zackenberger.

„Ja, stimmt. Aber sagt das nicht überall herum“, zwinkerte Cordovan. „Muß ja nicht jeder wissen.“