Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Vom Handel in der Mark

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Breitenau

Markgräflicher Marstall in der Baronie Hexenhain

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae


Nachdem alle ihr Mahl beendet hatten erhob sich Urion und bat seine Gäste wiederum in das kleine Kaminzimmer, in dem sie bereits gestern Abend Ardos Neuigkeiten gelauscht hatten. Meran und Baradur sowie Rondrian entschuldigten sich höflich und wandten sich anderen Tätigkeiten zu. Sie nahmen auf ihren angestammten Sesseln Platz und Urion reichte jedem einen Krug mit Zwergischem.

„Da Gerbald uns bereits morgen wieder verlässt, und wir uns in aller Frühe zur Schwadron begeben werden, um uns die Ausbildung anzuschauen, dachte ich mir, du könntest über dein Lehen berichten. Wie Renzi ja heute schon angedeutet hat, gibt es bestimmt das ein oder andere Gut in Kressenburg, welches für den Marstall oder die Baronie von Interesse ist. Von den Zinnfiguren musst du mir auf jeden Fall mehr erzählen, weil mir da schon was Nützliches vorschwebt. Und den Kindern würde die ein oder andere Figur zum Spielen auch gefallen.“

Der Keilholtzer nahm erst einmal einen kräftigen Schluck und seufzte genießend, bevor er zu sprechen anhob. „Gut, gut. Kommen wir also zum Geschäftlichen. Der Handel mit den Zinnfiguren stammt noch aus der Zeit der Kaiserzwillinge. Phexian hat mir erzählt, dass das damals ganz groß in Mode war. Zwischenzeitlich ist das Geschäft eingeschlafen und man hat sich wieder mehr auf Tempelgongs verlegt. Aber weil wir das Kupfer für die Bronze aus Schnayttach kaufen müssen, gab es eigentlich immer Überschüsse beim Zinnerz. Und alles kann man auch nicht zu Geschirr verarbeiten. Deswegen erschließen wir gerade den garetischen Markt neu und auch in Eslamsroden und Greifenfurt haben wir Händler gefunden, die unser Sortiment anbieten. Am besten geht die Kaiserkollektion. Vor allem jetzt so kurz vor dem fünfjährigen Thronjubiläum unserer Monarchin ist die Nachfrage aus Gareth enorm gestiegen. Dabei wird Kaiser Reto öfter nachbestellt als Rohaja selbst.“

Ein schiefes Lächeln machte deutlich, dass sich Ardo sehr wohl der größeren Beliebtheit des lange verstorbenen Kaisers bewusst war. „Dann haben wir noch die Kollektion großer Persönlichkeiten des Reiches. Hier läuft auch unser Heiliger Answin mit und ist bei Weitem die meistverkaufte Figur im ganzen Sortiment. Ich glaube wir aus Greifenfurt sind die Einzigen, die ihn im Angebot haben und verkaufen können ohne sofort den Verdacht des Reichsverrats auf uns zu laden. Aber selbst wenn es Gerede geben sollte, so ficht mich das nicht an. Immerhin lebt meine Familie seit über zwanzig Götterläufen mit dem Vorwurf Answinisten zu sein.“

„Doch kommen wir wieder weg von der Politik. Außer dem Zinn und allem was man daraus herstellen kann hat Kressenburg vor allem Holz. Wegen der hohen Nachfrage habe ich schon mehrfach überlegt den herrschaftlichen Forstbetrieb auszuweiten. Wie bereits unterwegs erwähnt, geht der Großteil des Bauholzes als Stützbalken in die Mine oder zum Aufbau nach Greifenfurt. Ohne Frage würde ich euch gerne ein Freundschaftsangebot machen, allein mir fehlt das Holz, um es zu verkaufen. Reserven haben wir genug, der Reichsforst hat bei uns in den letzten Götterläufen genauso wild gewuchert, wie überall sonst auch. Im Moment können wir das Holz aber einfach kaum so schnell schlagen, wie es verbraucht wird. Ich müsste mehr Leute im Forst einsetzen, ganz zu schweigen von den zusätzlichen Pferden, die es bräuchte, um die Stämme aus dem Unterholz zu ziehen. Aber wenn es hier in Hexenhain über einen längeren Zeitraum eine fest planbare Nachfrage gibt, könnte sich die Investition trotz der Freundschaftspreise lohnen. Vor allem langfristig, denn die Nachfrage in Greifenfurt wird irgendwann zurückgehen wenn alles wieder aufgebaut ist.“

Gerbald lächelte: „Mit den Zinnfiguren kann ich leider nichts anfangen und einen richtigen Tempel kann ich mir noch nicht leisten, also muss auch ein Tempelgong noch warten. Aber an deinem Holz bin ich schon interessiert Ardo. Wie du sicherlich bemerkt hast, hat meine Baronie recht wenig Wälder und die Leute dürfen lediglich den Windbruch sammeln, um ihre Feuer zu schüren. Nur in absoluter Not lasse ich es zu, dass ganze Flächen gerodet werden. Derzeit liegt noch mehr gutes Breitenauer Ackerland brach, als ich bewirtschaften lassen kann. Deshalb entsteht an der ein oder anderen Stelle auch wieder neuer Wald, vor allem im Süden, wo noch Reste des alten ursprünglichen Reichsforstes stehen. Aber dort haben vor nicht allzu langer Zeit Holzdiebe ihr Unwesen getrieben. Ich kann es natürlich nicht beweisen, aber ich habe schon meinen Verdacht, dass dies nicht einfache Bauern waren, die mir die besten Bäume geschlagen haben. Die Spuren führten zur Breite. Doch neben dem Bedarf an Feuer- und Bauholz haben meine Zwerge in Hügelhofen auch immer Bedarf an Holzkohle für ihre Glasschmelzen. Ich denke wir müssten mal durchrechnen welchen Bedarf ich habe und dann deine Kapazitäten gegebenenfalls erweitern. Außerdem kannst du ja den Greifenfurtern erzählen, dass Holz knapper wird und einen besseren Preis aushandeln, damit könntest du die kleine Zugabe an uns wieder ausgleichen. Und über neue Arbeitspferde für deine Forstbetriebe kannst du ja mit Urion in den nächsten Tagen noch in aller Ruhe reden.“

„Das werden wir mit Sicherheit tun.“ Ardo nickte Gerbalds Sohn zu. Er wusste, dass er mit Urion zu einer vernünftigen Lösung gelangen würde. „Kommen wir zu dem was wir nicht haben. Was immer wieder fehlt ist Mehl und Getreide, so merkwürdig das für einen Landstrich so fern der kargen Hänge des Finsterkamms klingen mag. Kressenburg hat vor allem im nordwestlichen Teil gute und ertragreiche Böden. Doch die Baronie beherbergt mehr Einwohner als das Land in schlechten, ja selbst in normalen Jahren, tragen kann. Das liegt natürlich an der Mine und der hohen Konzentration an Schmieden. Wir haben allein über zweihundert Angroschim, die nur mit Steine klopfen, schmieden und Bier brauen beschäftigt sind. Dazu die vielen Köhler die es braucht, um die Holzkohle für die Erzverarbeitung herzustellen und die bereits erwähnten Holzfäller, die das benötigte Baumaterial liefern. Zählt man alles zusammen, so komme ich kaum noch auf zwei Drittel Bauern.“

Ardo sah in ungläubige Gesichter und nickte bestätigend, dabei konnte er die Zahlen selber kaum glauben. Doch Phexian hatte ihm bei Amtsantritt alles haargenau vorgerechnet und auch verschiedene Volkszählungen der Vergangenheit bemüht. Es gab in Kressenburg dreimal mehr Stadtbevölkerung als das Land ernähren konnte. Seit Jahrhunderten wuchs der Anteil der Handwerker und Städter langsam aber stetig weiter an und hatte durch den Orkensturm und der damit einhergehenden Verwüstung der landwirtschaftlichen Weiler einen richtigen Sprung gemacht.

„Vor fast genau einem Götterlauf, als wir gemeinsam zu Baronen erhoben wurden, habe ich mit meinem Vetter aus Eslamsroden einen Vertrag über Getreidelieferungen geschlossen. Dank der vorteilhaften Preise die er mir angeboten hat, konnte mein Vogt danach einige Wucherverträge kündigen und vorteilhaftere Angebote aushandeln. Trotzdem ist Kressenburg auf weitere Getreide- und Mehleinfuhren angewiesen, womit wir auch weiterhin in direkter Konkurrenz zur Stadt Greifenfurt liegen, denn unser aktuelles Einzugsgebiet ist fast das gleiche.“

„Hah,“ rief Gerbald erfreut aus, „hast wohl auch die Knebelverträge mit diesem schleimigen Ratsherrn und Halsabschneider Perval Swellter abgeschlossen. Ich sage dir, da müssen wir in Zukunft aufpassen, dass der nicht eines Tages uns in der Kreide hat. Mir hat er damals mein Getreide unter Preis abkaufen wollen und merkwürdigerweise fand sich auch kein anderer mehr, der dazu bereit war. Wahrscheinlich hat er dir das Getreide teuer verkauft, das er mir unter Preis abgekauft hat. Er würde sicherlich auch nicht davor zurückschrecken, sich in den Marstall einzukaufen. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir Barone viel mehr über die wirtschaftlichen Belange unserer Lehen gegenseitig austauschen müssen, um den Wucherern den Boden unter den Füssen weg zu ziehen. Ich wäre überglücklich, wenn wir zu einer einvernehmlichen Lösung kommen könnten und ich nicht mehr an den Swellter verkaufen müsste. Das betrifft auch andere landwirtschaftliche Produkte und Nahrungsmittel. Du weißt sicherlich, dass wir hier die Rüben anbauen, die zum Goldsirup verarbeitet werden. Ebenso habe ich eine Ölmühle für Praiosblumenöl und auf unseren Weiden halten wir Schlacht- und Milchvieh, aus welchem wir einen guten Käse produzieren. Doch obwohl wir hier überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind, haben wir auch den ein oder anderen Handwerker. Die zwergischen Glasbläser in Hügelhofen hatte ich ja schon erwähnt. Vielleicht gibt es da mit deinem Zinn einen Möglichkeit einer Verknüpfung.“

„Der Swellter, fürwahr. Phexian war mehr als glücklich, dass er diesen speziellen Liefervertrag aufkündigen konnte. Selbst mit dem unverschämten ‚Schadensersatz’ den der Wucherer für die vorzeitige Vertragsauflösung haben wollte, gewinnen wir nun dank der Lieferungen aus Eslamsroden bares Gold. Ein ähnlicher Vertrag über die Hexenhainen Überschüsse würde es uns vielleicht ermöglichen uns endlich ganz von den Greifenfurter Pfeffersäcken zu lösen, zumindest was Korn und Mehl angeht. Ich mache dir einen guten Preis und egal worauf wir uns einigen, du wirst mehr bekommen als vom Swellter und ich werde trotzdem noch sparen. Vieh und Käse, Sirup und Öl, da lass mich mit meinem Vogt beratschlagen was wir wirklich brauchen. Ich bin mir sicher wir benötigen außer Wild so ziemlich alles an Lebensmitteln, doch in welchen Mengen und zu welchem Preis, das muss Phexian mir raten. Ohnehin möchte ich dich guten Gewissens an meinen ehemaligen Schwertvater verweisen, wenn du in der Zukunft etwas anzubieten hast oder benötigst. Ich werde demnächst zur Landwehrausbildung befohlen und bin wie schon gestern erwähnt auch sonst nur selten in Kressenburg anzutreffen. Ich bemühe mich zwar mich meinem Lehen stärker zu widmen, aber es zieht mich doch immer wieder dorthin wo Freunde tjosten oder üble Schergen ihrer gerechten Bestrafung harren.“

„Wegen deiner Zwerge werde ich bei meiner Rückkehr mit Väterchen Durac sprechen. Er hat immer wieder mal eine gute Idee wenn es darum geht ein Produkt zu verbessern und wer weiß, vielleicht wissen meine Schmiede auch etwas mit dem Hexenhainer Glas anzufangen. Wenn deine Glasbläser für ihre Arbeit noch Zinn benötigen sag nur ein Wort und du sollst es bekommen. Ich verkaufe die Überschüsse lieber an meine Freunde als an die raffgierigen Pfeffersäcke aus den Städten.“

„Überhaupt stimme ich dir darin zu, dass der Adel sich stärker untereinander austauschen sollte. Mit meinem Vetter in Eslamsroden habe ich ja schon den Anfang gemacht. Ich kann dir sagen, er hat sich diebisch darüber gefreut, der Reichsstadt ein Schnippchen geschlagen zu haben. Denn bis dahin war die Recihsstadt sein einziger großer Abnehmer für landwirtschaftliche Produkte und natürlich hat auch dort der Swellter seine Finger drin. Da Greifwin ihnen nun deutlich weniger anzubieten hat sind die Preise gestiegen und auch mein Vetter hat mehr davon. Ganz abgesehen davon, dass er die Reichsstadt sowieso am liebsten aushungern würde, weil der Stadtrat die barönliche Burg nicht räumen lässt, sondern weiter zum abgesetzten, und dort weiterhin residierenden, Alt-Baron hält. Zustände wie in der Wildermark sage ich dir! Leider darf Greifwin nicht mit Waffengewalt dazwischen hauen, weil die Stadt formal der Kaiserin untersteht und der Stadtrat ihm im Falle einer Belagerung mit einer Reichsverratsanklage gedroht hat. Stell dir vor, soweit ist es schon gekommen, dass wir vor den Städtern kuschen müssen! Aber wenn wir uns einig sind, können wir den Pfeffersäcken das Leben schwer machen und irgendwann werden sie gezwungen sein, unsere Wünsche wieder zu respektieren, wenn sie weiter Geschäfte machen wollen.“

„Sehr gut“, meinte Gerbald, „ich werde Morgen nach Hexenhain zurückkehren und Briefe an allerlei Leute aufsetzen. Mal sehen, was da im internen Handel so möglich ist. Selbst wenn wir dadurch nur ein paar Taler einsparen können, ist es für den Swellter sicherlich das Zehnfache an Verlust. Ich werde diese Dinge auf jeden Fall auch mit der Hesindelburgerin besprechen. Wenn ich mich da an die Verhandlungen für den Ehevertrag für Urions und Renzis Traviabund erinnere. Hilla Bernigandh hat zumindest im Bereich des Wollhandels sehr viel Wissen. Und warum sollten wir das nicht nutzen? Letztlich sind da noch Urion und Renzi mit dem Marstall und Rosskuppe. Sie verstehen sich ebenfalls auf das Verhandeln.“

Der Kressenburger nickte amüsiert. Vor allem Renzi hatte es ja auf dem kleinen Ausritt am Nachmittag kaum eine Minute ausgehalten ohne über das Geschäft zu reden.

„Im Übrigen bin ich vollkommen deiner Meinung, dass innerhalb des Adels diesbezüglich viel zu wenig beraten wird. Wir treffen uns ja immer nur zu den Kriegsräten mit der Greifin oder neuerdings mit dem Meister der Mark. Ich befürchte, nach deinen Berichten steht nach der Aushebung der Landwehr der nächste Kriegsrat bevor.“

„Ich möchte Euch ja nicht die Suppe versalzen,“ warf Urion ein, „aber ich rate euch vorsichtig zu sein, was diesen Swellter angeht. So unscheinbar wie er aussieht scheint er nicht zu sein und er hat viele Ohren. Es steht uns natürlich frei über unsere eigenen Geschäfte selbst zu entscheiden, aber wenn er davon Wind bekommt, dann wird er reagieren. Durch die letzte Versteigerung habe ich keine Schulden mehr bei ihm, aber ich weiß nicht, wie es bei den anderen aussieht.“

„Ach was! Ich habe auch nur zwei Verträge mit ihm abgeschlossen, die jetzt im Praios ablaufen und einen Kredit habe ich auch nicht mehr bei ihm. Direkt kann er mir also nicht schaden“, meinte Gerbald, „aber ich gehe davon aus, dass er versucht, uns im Preiskampf zu unterbieten, um so einen Keil zwischen uns zu treiben. Das darf nicht geschehen. Außerdem garantiere ich euch, wird der alles daran setzen, dass Hexenhainer und Kressenburger Waren in Greifenfurt nicht oder nur erschwert gehandelt werden dürfen. Er ist mittlerweile Ratsherr und hat sehr viel Einfluss, auch auf den Cämmerer der Mark. Aber den Zugang zur Stadt kann er uns Praios sei Dank nicht verwehren. Das heißt die Lieferungen unseres Zehnten, so er nicht aus Dukaten besteht, kann er auch nicht aufhalten.“

„In der Kreide stehe ich, Praios sei Dank, auch nicht beim Swellter. Phexian hat stets gut gewirtschaftet und auch wenn Mehl für teuer Geld eingekauft werden musste, so haben die Einkünfte aus dem Handel doch immer die Verluste ausgleichen können. Meinen Handelsvertrag über die Zinnwaren habe ich auch nicht mit Swellter gemacht, sondern mit einer Ratsherrin die ihm gegenüber nicht wohl gestimmt ist. Nicht, dass sie nicht auch versuchen würde ihre Vorteile daraus zu ziehen, aber ich handle mit jedem lieber als mit diesem Kriegsgewinnler.“

„Wo vor wir uns hüten müssen, sind die Bedarfe, die wir auch untereinander nicht abdecken können. Da stelle ich mir aber vor, könnten wir unsere Verbindungen in den Kosch nutzen. Da meine Baronie an das Königreich angrenzt, ließe sich so etwas sicherlich über einen der Koscher Edlen, vielleicht Erlan von Sindelsaum, organisieren.“

„Die Koscher wären in der Tat eine interessante Option. Über die Breite und den Markenstieg kann man schnell und preiswert handeln. Ich werde dieser Tage meinen Vater und meine Ritter zur Befriedung ins Wengenholm’sche schicken. Fürst Blasius hat zum Heerzug aufgerufen und wenn ich schon nicht selber teilnehmen kann, weil mich meine Pflichten für Greifenfurt hier binden, so will ich um der Freundschaft und der guten Nachbarschaft willen doch einen Teil leisten. Ganz zu schweigen davon, dass Unruhe in Wengenholm auch Unruhe an der märkische Westgrenze bedeutet.“

„Dann kann dein Vater sich mir gleich anschließen, denn stehe mit dem Koscher Cantzler in stetem Briefkontakt und habe ihm bereits meine Unterstützung zugesagt. Meine Armbruster werden die Grenze nach Hexenhain überwachen, alles offenes Land, so dass dort bei günstiger Aufteilung auch nachts nur schwer jemand die Grenze überschreiten kann. Ich selbst werden mich dem Koscher Heerbann anschließen. Wir haben vereinbart, dass ich mich ihnen erst im Wengeholm'schen anschließe. Wir sammeln uns mit den Rittern aus Hesindelburg nahe Auersbrück. Dein Vater könnte sich also den Umweg über Fürstenhort oder Angbar sparen“, meinte Gerbald. „Dies ist auch einer der Gründe, warum ich morgen abreise. Ich muss die Männer und Frauen, welche die Grenze überwachen noch genau instruieren und auch zuhause meine Angelegenheiten regeln.“

„So sei es. Ich werde morgen in der Früh eine Brieftaube nach Kressenburg schicken und meinen Rittern sagen, dass sie sich auf Abruf bereit halten sollen. Sobald ich zurück bin, werde ich sie zu dir schicken. Außer meinem Vater sind noch der Vater und der jüngere Onkel von Mechthild dabei, sowie der junge Eldwin von Korbronn. Die vier werden dir gute und treue Gefährten sein.“

„Dein Vater ist mir bekannt und wenn die anderen drei auch nur halb so viel Ritterlichkeit besitzen, sollten wir mit den Hesindelburger Rittern den Koschern wahrlich eine schlagkräftige Verstärkung sein. Aber berichte doch bitte genauer von den Vorgängen und von deinem Vetter in Eslamsroden, Greifwin heißt er, wenn ich es richtig verstanden habe. Wurde er nicht auch mit uns vom Meister der Mark belehnt? Gäbe es da eine Möglichkeit ihn zu unterstützen? Ich meine, wo er dir schon beim Handel Zugeständnisse macht, scheinst du mit ihm ja gut auszukommen. Sag, ist er nicht ein Keilholtzer aus dem jüngeren Haus? Da bin ich aber gespannt was dein Großvater und dein Vater dazu sagen?“

„Da legst du den Finger gleich in mehrere Wunden Gerbald. Ich denke, so ärgerlich die Geschichte mit der Baronsburg auch ist, da wird Greifwin sich zu helfen wissen. So hat er erst kürzlich sämtlichen Dörfern vor den Toren Eslamsrodens das Stapelrecht zugestanden, was die Versorgung der Stadt erheblich erschwert. Zudem hat er eine Verordnung zur Sicherheit der Straßen erlassen, weswegen jeder Händler der in die Stadt will seinen Karren in eben jenen Dörfern mit Stapelrecht aufbocken muss bis er von einem Beamten des Barons überprüft wurde. Dadurch sind auch die Waren betroffen die gemeinhin nicht unter das Stapelrecht fallen. Freunde Greifwins, so wie ich, haben dagegen einen barönlichen Dispenz, dass ihre Waren und Karren weder unter das Stapelrecht, noch unter den Sicherheitserlass fallen und freie Fahrt haben. Dadurch hat er es innerhalb weniger Wochen geschafft, dass die Preise in Eslamsroden erheblich gestiegen sind. Das sorgt für Unmut bei den Bürgern und irgendwann wird der Stadtrat einlenken und Greifwin die Burg übergeben müssen. Ich bin mir sicher, dass meinem Vetter noch mehr solcher Kniffe einfallen, sollte das bisherige nicht genügen.“

„Und ja, Greifwin entstammt dem jüngeren Haus Keilholtz. Ich gebe zu, ich bin ihm zuerst auch reserviert gegenübergetreten, aber wir haben entdeckt, dass wir viel dabei gewinnen, wenn wir den Familienzwist einfach vergessen. Die Gründe waren sowieso nichtig und sich über Generationen wegen Kleinigkeiten zu befehden mag einem Almadaner gut zu Gesicht stehen aber sicherlich keiner traditionsreichen Greifenfurter Adelsfamilie. Abgesehen davon, dass innere Einigkeit die Mark nach außen hin stärkt, muss ich wohl nicht weiter erklären wie gewinnbringend es für beide Seiten sein kann, wenn Vettern in familiärer Eintracht zwei aneinandergrenzende Baronien führen. Über die Handelsbeziehungen zwischen Kressenburg und Eslamsroden habe ich ja gerade berichtet. Trotzdem habe ich in meiner Familie einen harten Strauß fechten müssen, damit der familiäre Friede auch über meine Person hinaus Geltung findet. Greifwin hatte da auf seiner Seite ähnlich große Probleme. Deswegen haben wir uns ja auch dazu entschieden die Familienzweige nach acht Generationen wieder zu vereinen, sprich die Verlobung zwischen mir und Greifwins Schwester beschlossen. Bevor du fragst Gerbald: Nein, ich bin noch nicht dazu gekommen meinem Vater und Großvater zu berichten, dass die familiäre Bindung zukünftig auch über den Handel hinaus gehen soll. Diesen Gang werde ich antreten, sobald ich zurück in Kressenburg bin, denn ich denke, sie sollten es persönlich erfahren und nicht durch eine Brieftaube. Auch im jüngeren Haus gibt es massive Vorbehalte, aber Greifwin hat sich wie beim gemeinsamen Handel auch hier gegen seine störrische Großmutter durchgesetzt. Sie mag das Familienoberhaupt sein, aber er ist der Baron von Eslamsroden und faktisch die mächtigste Person in der jüngeren Familie.“

„Es wäre sicherlich gut für die Mark, die Keilholtzer wieder vereint zu wissen. Deshalb war es auch klug vom Meister der Mark beide Häuser zu belehnen. Und noch klüger war es, nicht die alten in festgefügten Bahnen denkenden Familienoberhäupter dafür auszuwählen. Aber jetzt verzeih bitte, da ich vorerst nicht an deinen Zinnfiguren interessiert bin, werde ich mich jetzt zurück ziehen. Ich wünsche dir noch einen angenehmen Aufenthalt und freue mich über unsere neuen Handelsbeziehungen. Wenn du Rat und Tat brauchst beim Aufstellen der Landwehr oder Sonstiges, dann schicke eine Taube. Ich wünsche Euch allen eine gute Nacht.“ Gerbald hob den Humpen und trank aus, bevor er sich erhob und den Raum verließ.

Mechthild erhob sich artig als der Baron ging und setzte sich errötend schnell wieder, als sie sah, dass alle anderen es bei einfachen Abschiedsgesten beließen. Ardo nahm sich vor ihr später zu erklären, dass sie zwar im Grunde richtig gehandelt hatte, aber hier bei Freunden solch überzogene Etikette nicht immer angebracht war. Immerhin war man nicht mehr in Perricum wo man auf Schritt und Tritt darauf gefasst sein musste, einen nebachotischen Junker zu verärgern.