Geschichten:Ein Gespräch am Rande (was in Greifenfurt noch so geschah)
„Den Schild mehr nach links! Nein, höher, höher den Schild! Pass auf seine Rückhand auf! Travia hilf, ich kann gar nicht hinsehen!“
Nimmgalf stand mitten in der den Kampfplatz umrundenden Menge, die voller Spannung das packende Duell zwischen dem Pfortenritter Baron Erlan von Zankenblatt und dem Pulethaner Eslam han Breshi’a Danal, dem Baron von Brendiltal.
Natürlich wusste er, dass seine Rufe im allgemeinen Lärm untergehen mussten, doch er konnte nicht anders; er wollte seinem Bundesbruder von den Pfortenrittern jede Unterstützung zukommen lassen, die ihm möglich war. „Wie gerne würde
ich jetzt an seiner statt kämpfen“, hatte er zu Beginn des Kampfes noch gedacht, doch nun, nachdem die Kampfstärke des Nebachoten offenbar wurde, war er froh, nur ein unbeteiligter Zuschauer zu sein. „Uhhh!“ hörte man einen Aufschrei bei den Pfortenrittern, als erneut die mörderische Klinge des Brendiltalers am Schild des Zankenblatters vorbei ihr Ziel fand. „Nicht nachlassen!
Schild mehr rechts halten! Vorsicht! Finte von rechts oben.“ Es war klar abzusehen, wie dieser ungleiche Kampf ausgehen würde, doch Nimmgalf wollte die Hoffnung einfach nicht aufgeben.
„Nimmgalf! Nimmgalf!“ ertönte von irgendwo her eine glockenhelle Stimme.
„Komm hier rüber, hier bin ich!“ erwiderte Nimmgalf.
„Ach ìer bist du also Scherrie, endlisch àbe isch disch gefunden. Was schaust du dir denn da für ein barbarisches Schpektakel an?“ fragte ihn Simiona, seine Verlobte aus dem Horasreich.
„Mein Freund Erlan kämpft gerade um seine Ehre und sein Leben, und Du nennst es ein barbarisches Spektakel?“ Nimmgalf war erregt. „Hab ein wenig Ehrfurcht vor dem Mut eines alten Mannes, für seine Ehre Kopf und Kragen zu riskieren.“
Simiona beobachtete den Kampf für eine Weile, doch konnte sie kaum was sehen, da zu viele der größeren Leute vor ihnen standen. „Wer ist denn dieser Kerl mit dem verbogenen Schwert und wieso àt er keinen Schild?“
„Das ist der Baron von Brendiltal und er kämpft mit einem nebachotischen Krummsäbel. Auf ein Schild hat er freiwillig verzichtet. Wahrscheinlich hält er es für feige, sich dahinter zu verstecken.“
In diesem Moment brach dem Baron von Zankenblatt das Schwert knapp über dem Heft ab. Ein Aufschrei ging durch die Menge.
„Lass ihn wenigstens eine neue Waffe ziehen, du Bastard!“ brüllte Nimmgalf über den Kampfplatz, doch auch dieser Ruf ging im Gejohle der Menge unter.
„E’rfurscht soll isch zeigen? Wovor, vor der Dumm’eit eines alten Mannes?“
„Was hast du da gesagt?“ entgegnete Nimmgalf.
„Isch meine, dass es absolut törischt ist, gegen einen offensischtlisch überlegenen Gegner o’ne gewisse Vorbereitungen anzutreten.“
„Was denn für Vorbereitungen, wovon redest du überhaupt?“ Nimmgalf verstand gar nichts.
„Nun ja, wenn isch misch so unschaue, da’inten wäre ein günstiges Plätzschen. Wie wär’s, isch verpasse diesem nebachotischen Angeber einen kleinen Bolzen mit meiner Balestra direkt zwischen die Augen. Wird zwar nischt ganz einfach, aber isch denke, isch krieg das ìn. Soll isch es tun? Keiner würde rausbekommen wo’er der Bolzen kam.“
Nimmgalf konnte nicht glauben, was er da hörte. „Frau, bist du denn völlig übergeschnappt? Selbst wenn es dir gelingen würde, und du so das Leben meines Freundes retten könntest, so würdest du doch seine Ehre auf ewig zerstören. Ich wäre lieber tot, als so zu leben.“
„Du opferst also das Leben deines Freundes nur für seine alberne E’re? Du bist verrückt, Nimmgalf. Schau doch ín, der Kerl haut Erlan ja in Schtücke.“
„Ihm ist eben die Ehre wichtiger, als das Leben, Simiona. Auch wenn du es nicht verstehen kannst. Ich verbiete dir, dein Vorhaben auszuführen. Und jetzt stör mich nicht weiter!“ Er wand sich wieder dem Kampfgeschehen zu und beobachtete, wie Erlan seinem Gegner den Schwertgriff an den Kopf warf, und sich dann bei seinem Junker ein neues Schwert holte.
„Du weißt, dass er nischt gewinnen kann. Du bist ein Narr, i’n sein Leben so wegwerfen zu lassen. Isch jedenfalls werde den alten Erlan vermissen. Seine Geschischten über den òffnungslosen Kanal àben misch bei den letzten Bruderschaftstreffen immer köstlisch amüsiert.“
„Hilf dir selbst, dann helfen dir die Götter. Wer weiß, vielleicht geschieht noch ein Wunder“, entgegnete Nimmgalf, auch wenn er selbst nicht daran glaubte und schon innerlich Abschied von seinem alten Freund zu nehmen begann.
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