Geschichten:Aidaloê - Teil 4b
Die Fahrt war sehr angenehm. Es herrschte ein schönes Wetter, nur wenige vereinzelte Schäfchenwolken schwebten über den Himmel, der sich unter dem Licht der im Westen untergehenden Sonne langsam aber sicher violett und dann rot zu färben begann. Es würde bald Nacht werden, doch Aidaloê war sich sicher, sie würden Untergras noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen.
Derweil betrachtete die Junkerin von Ferinstein noch die schöne friedvolle Landschaft, die wogenden Felder und die grünen Wiesen auf denen gutes Vieh gemächlich wiederkäuend stand und sich am frischen Gras gütlich tat. Ein Spatz flog vorbei und schlug einen flinken Haken um wieder an Höhe zu gewinnen.
Odana zuckte zusammen und dann lachte sie. Die Halbelfe fiel in das Lachen ein und für einen Moment genossen die beiden Frauen die Unbeschwertheit in dieser Kutsche – für einen Moment vergaßen sie die Tragödien, die sich im Herzen des Raul'schen Kaiserreiches abspielten. Dann nestelte die Junkerin an ihrem Lederbeutel, der – zusammengehalten von einer silbernen Spange – an ihrem Gürtel hing. Mit flinken Fingern öffnete sie ihn und zauberte einige Nussplätzchen hervor, die sie an Odana reichte.
„Hier, die hat uns Tertia Feinspeis für den Weg mitgegeben.“
Dankend nahm die junge Zofe ein paar der Kekse und kostete einen – und wirklich, Meisterin Tertia Feinspeis war eine exzellente Köchin und eine noch exzellentere Bäcker. Die Nusskekse zergingen wie Sahne auf der Zunge. Während sie die Nusskekse naschten, ritt Trautmann auf seiner yaquirtaler Stute Miltheda dicht neben die Kutsche.
„Euer Wohlgeboren!?“ rief er, um die Junkerin, die andächtig einen Nusskeks kaute, auf sich aufmerksam zu machen.
Aidaloê mampfte schnell um den Keks hinunter zu schlucken und schaute dann aus dem nur mit einem Vorhang verhängten Fenster. „Ja, bitte, Ritter Trautmann?“
Der Angesprochene wandte sein Gesicht nach vorn und deutete auch in die Richtung, in die sie gerade ritten. „Da vorn ist Untergras, wir haben es gleich erreicht. Dort werden wir Gastung erhalten und können dann am nächsten Morgen unsere Fahrt fortsetzen.“
Aidaloê widerstand dem Drang, sich aus dem Fenster zu lehnen, sondern vertraute den Angaben ihres Ritters. Endlich ..., dachte sie.
So gut die Kutsche auch ausgestattet war – und immerhin saß sie auf einem gefütterten Kissen – so unbequem war doch das Sitzen über einen längeren Zeitraum. Oft genug war sie hin- und hergerutscht, hatte ihre Beine hochgelegt, sich wieder zurückgelehnt, die Beine untergeschlagen, sich auf die Sitzbank gehockt – nur um irgendwie bequem sitzen zu können. Um dann von einem der zwar seltenen, aber vorhandenen Schlaglöchern fast auf den Boden der Kutsche geschleudert zuwerden. Umso mehr freute sie sich auf ein weiches Bett in einem freundlichem Gasthaus in Untergras.