Geschichten:Schmerzen und Glück - Ein neuer Anfang (2. Teil)
Aus diesen wurde er hochgeschreckt, als sein Herold Grîfwin mit vernehmlicher Stimme den angekündigten Besucht nochmals ankündigte.
„Ihre Wohlgeboren Traviadane Ivetta von Rothammer Gorsingen, Edle zu Syrrenmaar“, verkündete er mit sonorer nasaler Stimme. „Ritter Trautmann von Haderstein. Seine Hochwürden Hüter der Saat Lordeirn Halburg, Seine Ehrwürden Helmbrecht von Baliho und die Dame Aidaloê Rondriga Maarblicker!“
Dann trat der livrierte Herold mit dem Wappen des Barons, dem dreifach gefalteten Zankenblatt, auf der Brust beiseite und ließ die Gäste eintreten. Erlan sah auf, als die alte Edle von Syrrenmaar gekleidet in ein weites Kleid aus rauschendem Brokat eintrat, an der alten starken Hand eine hochgewachsene Halbelfe gekleidet in schlichten roten Batist führend. Er kannte die Dame, Aidaloê hatte schon Junker Reto Hagenius begleitet als seine Erste Schreiberin und auch Junker Carolan von Gorsingen. Sie war ihm also nicht unvertraut. Erlan wuchtete sich etwas müde aus dem hölzernen thronartigen Stuhl und trat den Besuchern entgegen. Ritterlich bot er Traviadane den Arm und grüßte sie mit einem gehauchten Kuss auf die papierne Wange. Sie erweckte einen kraftlosen Eindruck, bemerkte der Baron.
„Die guten Götter zum Gruße, wohlgeborene Dame Traviadane“, sprach er und schenkte seiner Lehnsfrau ein Lächeln. „Rondra und die milde Peraine zum Gruße, Euer Ehrwürden Helmbrecht und Vater Halburg.“
Die beiden angesprochenen Priester erwiderten den Gruß ernsthaft, so wie sie jedes Schäflein ihrer Herde ernsthaft begrüßten. Der hochgewachsene Rondrianer schlug sich noch mit der Schwerthand an die Herzgegend zum rondrianischen Gruß und das tat auch der Ritter Trautmann.
Schnell waren Domestiken des Barons zur Stelle, gewandet in weiße Wappenröcke mit dem stolzen Wappen seiner hochgeborenen Herrschaft, und geleiteten auf des Barons Geheiß die Gäste zu den bereiteten Plätzen, während andere Lakaien knuspriges Brot, Wurst und Käse auftischten sowie kühlen Wein kredenzten.
„Ihr müsst ein wenig hungrig sein, nach der Reise von Maarblick. So kurz sie auch war, man sagte mir, Ihr seid eilends gefahren.“ Erlan setzte nun sein Barrett ab und entblößte so seine dunkle kurze Haarpracht, durch die er sich einw enig spitzbübisch mit der linken Hand strich.
Traviadane nippte kurz an dem Wein, denn ihre Kehle war wirklich etwas ausgetrocknet. Hernach räusperte sie sich. „Wir hatten unsere Gründe, Hochgeboren und es sind keine angenehmen.“
Jetzt sah Erlan neugierig drein. Er konnte sich schon denken, dass die Alt-Junkerin nicht zu einem schlichten Teeründchen mit Honigkuchen die guten Pferde so hetzen ließ. Nun da er in das ernste – und trauernde? - Gesicht seiner Lehnsfrau sah, wurde auch Erlan ernst. Er, der er schon viele Jahre Baron von Syrrenholt war, konnte nun ahnen, dass etwas gewichtiges auf ihn zukam.
„Es gab viele Verluste in der Schlacht um Gareth...“ Traviadane sprach, hielt dabei die Hand der neben ihr sitzenden Halbelfe Aidaloê Maarblicker. Die alte Frau schluckte, räusperte sich, als säße ihr nicht nur ein Frosch, sondern gleich eine ganze Koschkröte im Hals. Erlan beobachtete, wie ihre Augen feucht wurden und angesichts des ersten Halbsatzes, konnte er sich denken, dass sie nun von ihrem Sohn – seinem Lehnsmann – sprach.
„... Seine Wohlgeboren, Junker Carolan von Gorsingen zu Ferinstein ist mit seinem Bruder Lucardus von Gorsingen in Gareth gefallen – meine Söhne sind tot!“
Das letzte Wort brach aus ihrer heraus und Erlan konnte ihre Verzweiflung wie einen Stich fühlen.
„Von lysilla Alrika von Gorsingen, meiner Tochter, fehlt jedwede Kunde. Sie ist verschollen. Mein einziges lebendes Kind ist Tirus Dracomar von Maarblick.“
Die Verzweiflung sprach deutlich aus ihren Augen, als sie ihren Baron herausfordernd ansah.
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