Geschichten:Hinter mächtigen Mauern - Von Bestrafern und Strafen

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Reichsstadt Perricum, Ingerimm 1035 BF

Durch das Fenster wehte feuchte, salzige Luft herein. Die schmale Luke erhellte den langezogenen Raum nur unzureichend. Im Lichtkegel saßen am Tisch Oberst Wallbrord von Löwenhaupt-Berg und der Heermeister Aldron von Firunslicht zusammen. An der Tür wartete eine Ordonanz darauf, Anweisungen entgegenzunehmen. Auf dem Tisch lag eine Handvoll Pergamente, die der Oberst mitgebracht hatte: Beschaffungsbelege, Soldlistenauszüge, die letzten Tagesberichte. Aldron betrachtete einen davon, während er den Worten des Vellberger Barons lauschte. Als der geendet hatte, nickte der Firunslichter langsam. "Heikel. Wir müssen hier dem Rat entgegenkommen. Davon ab haben die Delinquenten sich gegen maßgebliche Punkte der militärischen Ordnung gewandt und müssen bestraft werden, um diese aufrecht zu halten. Gleichzeitig müssen wir vermeiden, dass es zu einer Revolte in den Reihen der Gemeinen kommt." Wallbrord nickte knapp. Missmutig setzte er hinzu: "Inzwischen geht das Gerücht um, jeder Gemeine hätte Anspruch auf eine feste Ration Schnaps am Tag.
Vermutlich kommen diese Behauptungen aus Reihen der Matrosen. Auf See gilt derlei meines Wissens." Aldron zuckte mit den Schultern, während er noch einmal den Auszug aus der Soldliste las, auf dem die Festgenommenen markiert waren. "Das mag sein. Im Artikelbrief jedenfalls steht und stand dazu nichts. Das wäre mir bekannt.", entgegnete Wallbrord, "keine Ahnung woher dieser Unsinn auf einmal kommt." Kurz nach seinem Amtsantritt hatte Aldron damit begonnen, eine gemeinsame Grundlage an Bestimmungen für alle Regimenter zu erarbeiten. Inzwischen war jeder markgräfliche Soldat darauf eingeschworen worden. "Vielleicht einmal mehr verlesen lassen, Wallbrord. "Ist bereits geschehen", erwiderte der Angesprochene trocken. Gleich nachdem das Fehlverhalten der Soldaten ruchbar wurde. Eine weitere Verlesung wird nach Verkündung der Urteile stattfinden" "Und was diese Sache hier angeht", fuhr der Heermeister fort: "Gnade ist fehl am Platz. Der Artikelbrief gilt. Also eine harte Strafe, die aber den Zusammenhalt der Truppe nicht gefährdet. "Ihr braucht da gar nicht weiterzureden, Aldron, ich sehe das genauso wie ihr. Ich habe da auch schon eine Idee, was eine angemessene Bestrafung der Gemeinen angeht, die einerseits abschreckend genug wirkt, andererseits die Moral der Truppe nicht nachhaltig erschüttert." Aldron nickte kurz: "Ich sehe, wir verstehen uns. Und diese hier..." Mit dem Finger tippte er auf einen einzelnen Namen. "...scheint mir insbesondere nicht meinen Erwartungen an eine vorbildliche Anführerin zu genügen."
Wallbrord blickte auf die Liste und nickte dann. "Gehört schon mehr dazu, als zusätzliches Silber pro Monat. Ich habe verstanden." Dann lehnte er sich zurück. "Kann ich eigentlich etwas zu Trinken anbieten?" Bei diesen Worten machte sich die Ordonanz bereits auf den Weg zu einem Tisch an der Seite, auf dem eine irdene Karaffe und mehrere kleine Becher standen. Der junge Bursche erschrak, als die stimme des markgräflichen Feldherrn den Raum wie Eis durchschnitt. "Nein!" Etwas wärmer aber mit Tadel antwortete er dann seinem Oberst. "Travia in Ehren, aber wir sind innerhalb der Stadtmauern. Ich kann meinen Soldaten schlecht abverlangen, was wir selbst nicht leisten." Mit einem Deut und einem Wink gab er dem immer noch etwas verstörten Soldaten zu verstehen, er solle die Karaffe aus dem Raum schaffen. Wallbrord zuckte nur kurz mit den Schultern. „Schade, dabei ist der Arangensaft wirklich sehr bekömmlich."
Einen kurzen Augenblick lang hatte er es damit geschafft, seinen Vorgesetzten zu verwirren. Schließlich winkte Aldron ab und bedeutete, man solle nun doch einschenken. „Sei’s drum. Sollen sie Saft trinken, was ihr Sold her gibt...“

Am nächsten Morgen waren an einem schwer einsehbaren Bereich am Rande des Kriegshafens alle vor Ort stationierten Soldaten der markgräflichen Regimenter angetreten. In einer Reihe vor den Linien standen zwei Dutzend von ihnen unbewaffnet und ungerüstet, die Hände gefesselt.
Oberst Wallbrord trat vor die versammelten Soldaten, welche auf einem kurzen Befehl seiner Adjutantin hin Haltung annahmen. Nachdem der Oberst kurz seinen Blick über die Angetretenen schweifen ließ, richtete er mit laut vernehmlicher Stimme das Wort an sie:
"Soldaten des Markgrafen! Wie ihr - und leider auch die ganze Stadt - bereits wisst, werden den vor euch Stehenden diverse schwere Vergehen zur Last gelegt. Nach gründlicher Überprüfung des Sachverhaltes sowie Befragungen der Beschuldigten und von Zeugen sehe ich es als erwiesen an, dass sämtliche Angeklagten den Befehl missachtet haben, sich innerhalb der Stadtmauern der Reichsstadt von berauschenden Getränken fernzuhalten. Ebenfalls bewiesen ist, dass sämtliche Angeklagte sich, nachdem sie sich mehr oder weniger völlig betrunken hatten, auf verschiedene Weise unbotmäßig in der Stadt aufführten und daraufhin von der Stadtgarde festgenommen wurden. Ebenfalls bewiesen ist, dass sämtliche Angeklagte in Folge dieser Vorfälle einen halben Tag unerlaubt dem Dienst ferngeblieben sind. Besondere Schwere folgt aus dem Umstand, dass das gesamte Fehlverhalten begangen wurde, während die Angeklagten die Farben der Markgrafschaft am Leibe trugen, wodurch sie nicht nur sich selbst und ihrem Regiment sondern der ganzen Markgrafschaft Schande gemacht haben. In den Gemeinen Gerbeloh und Tulaman stelle ich die treibenden und verantwortlichen Kräfte fest, auf die insbesondere auch die schwere Schmähung mehrerer Offiziere zurückgeht, sowie im Falle der Korporalin Isenbrecht, die ihre Pflicht zur ordnenden Aufsicht schmählich vernachlässigt hat. Korporalin Isenbrecht wird aufgrund ihrer erwiesenen Untauglichkeit, diesen Rang auszufüllen, zur Gemeinen degradiert. Gemeinsam mit den Rädelsführern wird sie sich aufgrund der gesammelten Schuld vor dem Befehliger des Eliteregimentes verantworten müssen.
Als Strafe wird ihnen auferlegt, sich einem Spießrutengang durch die Reihen der Kameraden ihres Banners zu stellen, um die Ehre der Einheit, die durch diese Taten beschmutzt wurde, wieder herzustellen. Sollte von diesen Dreien einer während der Ableistung der Buße von Golgari geholt werden, so werden entsprechende Auslagen aus dem Sterbegeld einbehalten, bevor es an die Begünstigten ausgezahlt wird.
Die übrigen Pflichtvergessenen werden für einen Mond auf halben Sold gesetzt und stehen für diesen Zeitraum gleichsam unter Bewährung: Sollten sie sich im kommenden Monat auch nur die kleinste Verfehlung zuschulden kommen lassen, so sei ihnen ebenfalls der Spießrutengang auferlegt.
Alle Verurteilten haben für das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst entsprechend des Artikelbriefes durchzuführende Zusatzdienste zu leisten. Die entstandenen Kosten und Gegenwerte entstandener Schäden werden vom Sold der Schuldigen einbehalten.
Für die während der Zeit der Untersuchung im Karzer verbrachten Tage wird den Schuldiggesprochenen der Sold nicht gezahlt.
Leutnantin von Aelderklamm: Verlest noch einmal den Befehl zum Verhalten innerhalb der Mauern der Stadt Perricum."
Die Genannte salutierte kurz und tat mit kräftiger Stimme, wie ihr geheißen.
Danach ergriff Wallbrord erneut das Wort: "Wachkommando: Führt die Verurteilten ab! Die übrigen Soldaten: Wegtreten!"

GG&P-Con 2012 Garetien-, Greifenfurt- und Perricum-Con 2012


Dieser Artikel verweist auf die Handlung des GG&P-Cons 2012.