Geschichten:Beilunk oder nicht Beilunk - Teil I

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Version vom 31. Oktober 2016, 20:06 Uhr von Jan (D | B)
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Festung Haselhain, Anfang/Mitte Efferd 1040 BF


Wenn ich in den alten Spiegel sehe schaut mich ein anderer an. Sein Haar ist wie immer akurat, doch seinen Bart lässt er wachsen, warum weiss ich nicht. Vielleicht ist es die verzweifelte Suche nach erklärender Weisheit. Er schaut mich an, nichtssagend, nicht selten aber huscht ein spöttisches Lächeln über seine stillen Züge, wie zwei Gesichter kommen sie mir vor. Er bedeckt sein Haupt seit Neustem mit einer Ba’schan’dlyk, einer sog. Schandkappe, eine Kapuze wie sie in den Tagen nach Nebachots Fall wohl viele seiner Ahnen trugen, welche aber mit der Zeit als reine Modeerscheinung, enthoben ihrer eigentlichen Bedeutung, wieder verschwand. Seine weitere Gewandung ist die eines tulamidischen Perricumers, doch wirkt er immernoch seltsam verloren darin. Zu guter letzt zieht er sich einen alten Ring in Form eines Fuchses über den kleinen Finger der linken Hand, ein altes Geschenk seines “Freundes” aus früheren Tagen in Gestalt dessen Wappentiers. Ich weiss der Ring gemahnt den Mann im Spiegel daran stets sich selbst und sein eigenes Wohl zu achten und nicht der Idee eines gemeinsamen Wohls hinterher zulaufen, ein Unterfangen bei dem er stets scheiterte, da es für ihn keine Gemeinschaft gibt. Er ist allein und derzeit soweit zurückgezogen, dass selbst ich aber auch seine Gattin, die ihm seit seiner Erhebung zum Baron den Rücken freihält, oder seine Vögtin, ihn nicht erkennen.

Diese - Lyn - tritt in den Raum und ich wende mich ab von dem Mann vor mir, steht er immer noch in meinem Rücken und lächelt er spöttisch?

Die rothaarige, resolute Frau steht vor mir, erneut versucht sie mich mit ihrer fordernden Art aus der Reserve zu locken, doch was ihr früher gelungen sein mag schlägt nicht an. Ich stehe vor ihr, höre ihre Worte: “Selo, wir sollten langsam über die Reise nach Beilunk sprechen…” Einen Moment lang lässt sie die Worte so stehen, um dann erklärend hinzuzufügen “Zum Reichstag der Kaiserin…” Auffordernd blickt sie zu ihm und tritt einen Schritt weiter in den Raum hinein.

Mein Blick scheint sie als Antwort nicht zufrieden zu stellen, ich weiss auch selber nicht was er gerade sagt. Doch sie bekommt wieder dieses besorgte Gesicht, welches sie seit Gaulsfurt öfter an den Tage legt wenn sie mit mir spricht. Mir gefällt das Gesicht nicht und ich antworte leise und beiläufig, während ich mich bereits wieder dem Spiegel zuwenden will, schauen ob der Mann noch da ist: “Ach...das schon wieder. Wozu ist der Hoftag noch gedacht? Achja...um unsren glorreichen Sieg zu feiern, den wir mit so tapferem Heldenmut und edlen wie selbstlosem Blut errungen haben. Sollten wir hier nicht lieber weiter aufräumen?” Ich glaube meine Gesichtszüge verraten Lyn nichts, sie sind Stein. Meine Worte könnten gehässig klingen, tun sie aber nicht, auch sie sind Stein.

Lyn blickt ihn an, Verständnis in ihrem Blick - immer dieses Verständnis. Sie weiß noch genau wie sie sich damals gefühlt hat, nach Ra’ouls Tod. Kann sich noch gut an die Leere tief in sich erinnern. Sie hat damals einfach nur funktioniert und ihr scheint, als hätte Selo selbst dafür nicht die Kraft. In der Hoffnung ihm Kraft und Stütze sein zu können erwidert sie “Nicht nur um den Sieg zu feiern, sondern auch der Gefallenen zu gedenken. Und auch, um Beziehungen zu knüpfen, verstärken oder wieder aufleben zu lassen.”

Wieder bei mir frage ich mich nach dem Wert solcher Beziehungen, die von denen man meint sie würden ewiglich verdauern, egal ob durch Blut, Geschichte oder Freundschaft, sind dazu verdammt den Gegenbeweis anzutreten, die die nur dem kurze Zwecke dienen sind eben auch nicht mehr als das. Auf der anderen Seite sind letztere auch bedeutend einfacher zu händeln und planbarer. Und es fällt leichter sie abzuwerfen bevor es der andere tut, denke ich mir, während Lyns Gesicht vor mir nur ein Schemen ist. Allein solchen Verbindungen sollte mein Augenmerk dienen, nicht solchen die eh vergebens und unberechenbar sind. Sowas wie genugtuende Aufmüpfigkeit macht sich irgendwo breit, der Rest ist immer noch Stein. Anstatt auf diese Gedanken einzugehen, antworte ich nüchtern und abwesend: “Den Gefallenen? Wer sorgt sich nach einem Sieg und noch vielmehr nach einer Niederlage denn um die Gefallenen? Niemand, nur Worte und Gesten, die so bedeutungsschwanger sind wie Höflichkeitsfloskeln auf einem Ball.”, spreche ich und denke weiter: “Aber vielleicht sollten wir der Tragik etwas Dramatik und ein Quäntchen Häme untermischen.”

(...)



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Texte der Hauptreihe:
K2. Teil I
Eff 1040 BF
Teil I
Teil I


Kapitel 3

Teil I
Autor: Jan, Lyn