Geschichten:Hungrige Mäuler 1

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Residenz des Grafen von Eslamsgrund, Tage des Namenlosen, 1030 BF
Der Fallwind vom nahen Raschtulswall überzog Eslamsgrund in der Nacht des letzten Rahja. Die geschlossenen Fensterläden wurden vom Sturm mit grobem Griff gerüttelt, wie durch Heerscharen von unsichtbaren Eindringlingen.
Niteo von Illgeney im Grund sank erst spät in Mitten von üppigen Seidenkissen in einen unruhigen Schlaf, während Schwaden von Weihrauch durch die Residenz des Grafen zogen.
Der massige Leib des Hofkaplans nahm einen guten Teil des Bettes ein, zu beiden Seiten wanden sich Novizinnen.

Unbändiges Gebrüll erschütterte den Träumer. Untermalt vom wilden Trommelschlag bewegte sich eine erhabene Raubkatze über die Felsen des Gebirges und mit ihrem kraftvollen letzten Sprung sprang die Kreatur zu Niteo, der sich in kümmerlicher Nacktheit auf einem blutüberströmten Opferplatz wiederfand, ungeschützt vor dem gewaltigen Maul eines Säbelzahntigers, welcher den massigen Prälaten überragte. Stinkender Atem der Bestie umfing ihn und machte ihn benommen.
Er stürzte als fette Beute übergangslos ins tiefe Dunkel ihres Schlundes und war umgeben von Verwesungsgeruch. Unzählige Leichen hingen von einem Baum dessen Geäst sich blattlos über ihm erstreckte und sich endlos weiter zu verästeln schien. Niteo wandte seinen Blick, im Versuch bei Verstand zu bleiben mit einem bitteren Geschmack auf der Zunge, ab und sah mit dem Blick eines Falken durch das Zwielicht eines anbrechenden Tages von den Anhöhen des Gebirges nach Eslamsgrund hinein wo sich verwüstete Ortschaften mit wahllos verstreuten abgenagten Knochen erstreckten.
Irres Kichern ließ ihn eine Person bemerken, die in Lumpenkleidung im Staub neben ihm hockte und mit dem Finger verzerrte Symbole in den Heideboden zeichnete. Als das erste Blut vom rücksichtslos malträtierten Finger den Boden benetzte, da glommen Runen auf. Schließlich blieb von ihrem Zeigefinger nurmehr ein blutiger Stumpf. Ein verstörendes Knistern begann. Die von Zeichen durchzogene Erde begann zu rotieren und mit einem klagenden Jaulen brechender Zaubersiegel entstand ein Riss in den darunterliegenden Felsen.
Nito zog die Aufmerksamkeit des Wesens auf sich und aus einem menschlichen Schädel auf heraus fixierten die Augen eines Monsters ihn. Die geweiteten schwarzen Pupillen waren von einer roten Iris umschlossen. Irrsinn durchsetzt mit Grausamkeit entlud sich in einem Schrei nach frischem Fleisch und Blut.

Noch immer fuhr der Wind mit unheilvollem Wispern durchs Gehölz als Niteo nach Luft keuchend und schweißbedeckt erwachte. Die aufschreckten Novizinnen wagten nur angstvoll zu raunen. Die Fensterläden waren vom Sturm aufgerissen worden. Das Blau des Himmels war einem blassen Violett gewichen, durchzogen von schwarzen Schlieren. Die schwache Sonne erleuchtete die Landschaft matt in geisterhaften Grautönen. Es war schwül. Die Tage des Namenlosen waren angebrochen. Niteo entschied sich entgegen seinen Gewohnheiten sein Morgenmahl auszulassen, die Residenz trotz allem zu verlassen und im Tempel des Strahlenden Lichts zu beten.

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