Geschichten:Düstere Schatten - Bitteres Ende
Ende Hesinde 1038 BF auf der Kressenburg
Es war spät geworden, als sich Reiter den Stadttoren näherten und um Einlass baten. Nicht lange zögerten die Wachen und trotz der pechschwarzen Dunkelheit wurden die Tore weit geöffnet, als ein gutes Dutzend Pferde durchgewunken wurde. Zwei von ihnen, es schien sich im Grenzjäger zu handeln, ritten auf flinken Ponys voraus und bahnten dem Rest der Gruppe den Weg durch die Straßen der Stadt, während zwei Jungen, augenscheinlich Knappen der hohen Herrschaften bereits zur Burg vorauseilten, um ihre Ankunft anzukündigen und einige Vorkehrungen zu treffen. Denn in der Mitte der Gruppe wurde eine groß gewachsene Frau eskortiert, die mit zwei festen Seilen gebunden und von den Reitern rechts und links neben ihr gehalten wurde. Vor ihr ritten zwei Männer mit steinernen Mienen, der hiesige Baron und der großgaretische Marschall, die dafür sorgten, dass niemand sich dem Pferd dieser Reiterin näherte. Hinter ihnen schlossen sich weitere Reiter an: Wulfhart von Keilholtz, Baron Felian von Quastenbroich, der Gallsteyner und ihre jeweiligen Knappen, die nicht vorausgeeilt waren.
Kaum näherten sie sich den Mauern der Burg, erschienen mehrere Wachen und erwarteten die Ankömmlinge. Stallburschen eilten herbei und warteten darauf, mit den Pagen und Knappen die Tiere zu übernehmen. Immer standen mindestens zwei Wachen in Reichweite, während die Grenzjäger, die die Seile hielten, diese weitergaben, um von ihren Ponys zu steigen. Erst als alle anderen bereits abgesessen hatten und ihre Pferde fortgebracht waren, durfte auch die Gefangene von ihrem Tier gleiten, ohne dass eines der Seile auch nur locker gelassen wurde. Ein halb erstickter Schrei erklang aus einem der Fenster zum Hof, als eine Person das Treiben beobachtete und den Gesichtern im Fackelschein gewahr wurde, doch als Wulfhart aufschaute, war niemand mehr zu sehen. Beunruhigt trat er an Ardo heran. "Sohn, ihr seid hier genug Leute. Ich werde nach meiner Frau sehen." Der Baron blickte ebenfalls kurz zu dem Fenster, aus dem der Schrei erklungen war, und nickte seinem Vater dann wortlos zu.
Wenig später in einer Kammer der Burg
Die Augen voller Tränen blickte Rahjamunde ihrem Mann entgegen, schaffte es aber aufgrund der Schluchzer, die ihren angeschwollenen Leib schüttelten, nicht ihm entgegen zu gehen. "Ich weiß, dass sie dich gefunden hat, Geliebter." Wulfhart trat seiner Frau entgegen und zog sie sanft auf die Beine, nur um sie dann mit seinen kräftigen Armen zu umfangen. "Ja, sie hat mich gefunden und mir dein Geschenk gegeben." Eine Kette, geformt wie eine Rosenranke, lag sicher unter seiner Kleidung um seinen Hals. "Habe ich nun sie verloren, um dich wiederzubekommen? Wieso bringt ihr ihr Pferd mit, aber nicht meine Schwester?" Wulfhart schaute Rahjamunde ernst an. "Diese Frau musste so schnell es irgend geht in Gewahrsam genommen werden. Sie und die Gruppe, die dieser Frau folgten, haben uns alle angegriffen und waren seit langer Zeit eine Gefahr für die ganze Mark. Deine Schwester hat alles gegeben und mir das Leben gerettet, damit wir diese Frau festsetzen konnten." Rahjamundes Lippen zitterten. "Sie ist also gefallen?" Sanft strich Wulfhart ihr über die Wange. "Nein, sie lebt. Sie und ihr Knappe haben schwere Verwundungen eingesteckt, genauso wie Helmbrecht und Rodrik. Trautmunde ist mit ein paar Grenzjägern bei ihnen geblieben. Sie folgen nach, sobald sie können."
Rahjamunde schaute nun auf und schlang ihrem Mann die Arme um den Hals, doch waren es nun Tränen der Erleichterung, die sie weinte. Wulfhart blickte dagegen an ihr hinab und strich ihr behutsam über den runden Leib. "Ich war viel zu lange fort." Rahjamunde lachte nun mit noch immer feuchten Augen. "Ja, aber du kommst noch zur rechten Zeit. Dein Bruder will in den nächsten Tagen kommen und sichergehen, dass alles gut läuft. Und zwei Enkel hast du auch bekommen..."