Geschichten:Rot und Schwarz 17 – Auf den Hund gekommen
Burg Nymphenhall, am 7 Efferd 1037BF.
Malepartus rieb sich die Hände, in sinisterer Freude war er auf dem Weg zum großen Saal. Mit sehr großen Schritten durchmaß er die Räume, dass sein Vetter Morganus C. und die Diener kaum hinterhereilen konnten. Die Angelegenheiten in Lyck waren bestens verlaufen und seine zukünftigen Pläne für die Baronie nahmen Gestalt an. Einzig trübte die Laune das sein Frau immer noch bei ihrer Familie weilte und er diesen vermaledeiten Heißhunger nicht beherrschen konnte. Darüber nachzudenken lies wieder kochende Wut in ihn aufsteigen. Er zitierte in Gedanken ein Gebet an die Herrin Travia und dachte an sein Frau, dass half zum Glück.
Mit Schwung stieß er die Tür auf, bevor der arme Diener noch reagieren konnte, und diese voll abbekam. Der große Saal wurde von dem hereinscheinenden Licht der Westsonne erhellt, ihr Licht durchstieß das helle Butzenglas der Fenster und ergoss sich warm und freundlich über den grünen Marmorboden. Am Thronpodest stand seine Schwester und fixierte mit strengem Blick die kleine Schar an Gästen. Das Häufen Garm machte sich recht elend aus, allesamt in trauerndem Schwarz gekleidet hätte man sie auf den ersten Blick für Helburger halten können. Wären da nicht die goldenen Schärpen mit dem Hundekopf. Garm Bardwig, Garm Geiselor, der Sohn von Garm Baldus Elgor, und noch ein paar andere Unwichtige.
„Die Zwölfe zum Gruß und Travia zum Gebot, willkommen auf Nymphenhall!“, schmetterte er den Garms entgegen.
„Travia zum Dank!“, erwiderte Garm Bardwig mit knirschenden Zähnen, der Rest nickte nur.
Doch davon ließ sich Malepartus nicht beirren, mit einem Satz erklomm er das Podest und nahm platz auf seinen Herrschersessel. Schwer keuchend folgte ihm Morganus C. und stellte sich immer noch nach Luft ringend links neben ihn, dabei den Haufen Papiere in seinen Händen wieder ordentlich sortierend. Martus von Helburg und seine Husardeure hielten Wache und zudem hatten die Garm ihre Waffen in der Wachstube abgeben müssen.
Entsprechend entspannt fläzte sich Malepartus in seinem Sessel und betrachtete mit unverhohlener Häme die Garms.
Der Zorn war Garm Bardwig und den Seinen deutlich anzusehen, sie fühlten sich vorgeführt und ungerecht behandelt. Und zudem war ihnen nicht klar was der Höllenwaller von ihnen wollte.
Doch dies machte er ihnen mit den nächsten Sätzen klar:
„Zuerst mein aufrichtiges Beileid, möge der Herr Boron sich Ritter Garm Baldus und Garm Gusmine gnädig erweisen. Ihr Tod und gleichfalls der von Ritter Garm Thorm und dessen Sohn geben mir jedoch Grund zum Kummer und zur Sorge, was die Sicherheit meiner Lande in den Gebieten besagter Ritterschaften belangt. Weswegen ich zu dem Entschluss gekommen bin die besagten Rittergüter Grummstein und Garmbaldushof der Verstorbenen wieder einzuziehen und neu zu vergeben!“
Lapidar und mehr zu sich selbst hatte Malepartus die Sätze formuliert, doch nun beugte er sich vor und fixierte die Garms wie der Berggeier das Aas. An einer silbernen Kette baumelte das Amulett mit dem weißen Stein, und das Licht der Sonne brach sich in ihm.
Die Garms waren allesamt noch bleicher geworden, als sie eh schon waren. Allesamt fühlte sie sich als hätte ihnen jemand den Boden unter den Füssen entzogen. Der Baron betrieb nichts Geringeres als die völlige Entmachtung ihres Hauses.
Aus Garm Baluds F., dem Sohn des verstorbenen Garm Baldus Elgor brach es voller Zorn heraus: „Wie könnt ihr es wagen, ihr Popanz aus dem Wall. Die Ritterschaften sind seid Generationen im Besitz unserer Familie und ein H….“.
„Schweig!“, donnert Garm Bardwig dazwischen und knallte dem Wütenden eine runter. Dann verbeugte er sich tief vor dem Baron: “Ich bitte Aufrichtig um Verzeihung, die Trauer um seine Eltern, und der jugendliche Übermut haben meinen Neffen die Sinne verwirrt. Im Namen meines Hauses entschuldige ich mich für diesen Fauxpas.“
Derweil packte Garm Geiselor den Wüterich am Kragen und zog ihn hinter die andern zurück.
Malepartus hingegen blieb überraschenderweise die Ruhe selbst, ein Wink von ihm hatte auch die Wache zurückgehalten. Gemächlich lehnte er sich zurück und betrachtete das Treiben.
„Schon gut, wir sehen es ihm nach, diesmal. Aber es bestätigt mich in meiner Meinung das es keinen würdigen Nachfolger für seinen Vater oder dessen Bruder Garm Thorm gibt.“
„Es gibt viele erfahrene Kämpfer in unserem Haus!“
„Ja, aber keine Ritter. Und ich bin nicht gewillt einen Waffenknecht zum Ritter zu schlagen oder einen unreifen Knappen mit einer solchen Aufgabe zu betrauen. Ich sehe niemandem in eurer Familie welcher folgen könnten.“
„Euer Hochgeboren, ich bitte euch um Gerechtigkeit Wir haben immer treu gedient, damals beim Aufstand sind wir eurer Gemahlin zur Hilfe geeilt, und sind auch mit gegen die Oger gezogen. Es gibt keinen Grund uns so zu Strafen.“
„Aber, aber, ihr solltet es nicht als Strafe sehen. Es sind die Zwänge der Notwendigkeit, die mich dazu veranlassen. Es gibt außer euch selbst, keinen in eurer Familie der nachrücken könnte. Keiner!“
„Wem wollt ihr dann die Güter überlassen, den Elfenritter oder etwa denen vom Mons? Oder noch mehr für eure eigene Familie, nur wenn ich mich nicht irre, gehen euch dort die RITTER auch aus.“
„Lasst das getrost meine Sorge sein, es werden sich schon Passende finden. Ihr solltet lernen ein wenig weiträumiger zu denken. Mein Entschluss steht fest, eurem Haus wird einzig das Rittergut Trollbrück unter euch verbleiben. Oder wollt ihr etwa hiermit um die Entlassung aus meinen Diensten bitten?“.
Garm Bardwig schwieg, derweil Geiselor und zwei andere Familienmitglieder den wüteten Garm Baldus F. festhielten und knebelten. Hätte sie ihre Waffen gehabt, es wäre zum Blutbad gekommen.
Malepartus gönnte sich einen Becher besten Höllinger, während sein Gegenüber offenbar den Kopf zerbrach und mit sich rang.
„Euer Hochgeboren, der Garmbaldshof ist seit Jahrhunderten der Sitz unserer Familie, durch alle Höhen und Tiefen hindurch. Ein Brauch unserer Familie ist es, dass ein jeder Garm dort geboren wird. Wir sind nicht mehr wir wenn wir diesen Hof verlieren, dann können wir tatsächlich gleich zu Räubern werden. Bitte nimmt uns nicht den Garmbaldushof, wir werden euch treu dienen, und alle Zweifel die ihr offensichtlich gegen uns hegt beseitigen. Aber bei den Zwölfen und der Herrin Travia, lasst uns unsere Heimat.“, echte Verzweiflung schwang in den Worten Garm Bardwigs mit.
„Mein guter Garm Bardwig, ich verstehe euren Kummer, doch sehe ich dann nur eine einzige Möglichkeit. Ihr, und nur ihr, den zu keinem Anderen aus eurer Familie hege ich solches zutrauen, ernenne ich zum Ritter über den Garmbaldushof, im Gegenzug jedoch müsst ihr Trollbrück räumen.
Garm Bardwig schluckte, es war ihm anzusehen wie schwer ihm die Entscheidung viel, denn er war noch unter den Nymer zum Ritter von Trollbrück bestellt worden.
„So sei es!“
„So sei es! Morganus, die Kontrakte.“
Eifrig schritt Morganus vor zu einem der Tische an der Fensterseite, und legte die sorgfältig sortierten Papiere dort aus. Die Vögtin und Malepartus schritten hinzu, und auch Garm Bardwig mit leicht zögerlichem Schritt.
Von Seiten der Helburger war bereits alles vorbereitet, und die Dokumente entsprechend gesiegelt. Die Entlassungsurkunde voll Trollbrück und die Ernennungsurkunde für den Garmbaldushof, und auch die offiziellen Urkunden des Anheimfalls von Grummstein und dem Garmbaldushof, der gegen Trollbrück getauscht wurde. Alles war ordentlich vorbereitet und musste nur noch von Garm Bardwig gesiegelt werden.
Während der Advokat Morganus das Wachs anwärmte holte Malepartus den Siegelring von Garm Baldus E. hervor: „Hier, diesen werdet ihr brauchen. Ich denke so oder so das er von nun an euch zusteht.“
Garm Bardwig schaute zu seiner Familie, das Entsetzen stand in deren Gesichter, doch dann nickten sie, alle bis auf den Sohn von Garm Baldus. Und mit zittrigen Händen siegelte und unterzeichnete er die Dokumente.
„Gut, so ist es nun gerichtet, ihr habt einen Monat Zeit die Güter Grummstein und Trollbrück zu räumen, bereits jetzt habe ich dorthin Verwalter entsendet, behandelt sie gut.“, sprach Malepartus während er zu seinem Sitz zurückkehrte.
Dort drehte er sich um, in seinem schwarzen Gehrock mit den silbernen Knöpfen und lächelte überaus freundlich.
„Ich vertraue darauf Garm Bardwig, dass ihr mir weiterhin treu und ergeben dient, und ich gebe euch mein Wort, wenn an diesem Dienst kein Mangel ist, wird auch in Zukunft ein Garm zum Ritter über den Garmbaldushof bestellt werden. In Anbetracht dessen das ihr noch den Leichnam Garm Baldus Elgor überführen müsst, möchte ich euch nicht länger aufhalten. Die Zwölfe mit euch!“
Den Garms hatte es wohl die Sprache verschlagen, sie verbeugten sich, folgten dann aber grußlos der Vögtin, die sie mit der Begleitung der Wachen hinausführte.
Garm Bardwig hatte soeben die Tür erreicht, als ihn der Höllenwaller noch einmal ansprach:
„Ah noch eines für die Zukunft. Hund und Katz vertragen sich nicht, daran solltet ihr immer denken.“
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