Geschichten:Rot und Schwarz 15 - Der Brautvater fehlt

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Garmbaldushof, 1 Efferd 1037BF.

Der Garmbaldushof war ein stattliches Gut, und an diesem Tag voll hektischer Betriebsamkeit. Blumenkränze schmückten das Herrenhaus, eine große Tafel ward aufgebaut unter den reifenden Obstbäumen unweit davon. Das Gesinde deckte die Tafel, rollte Wein und Bier in großen Fässern heran und brachte allerlei köstliche Speisen aus der Küche.
Den Gästen jedoch war der Appetit vergangen, denn das Oberhaupt der Familie und Herr dieses Gutes fehlte bereits seit Tagen. Und ohne seinen Segen weigerte sich der hochangesehene Prälat Eslamon Rappsilber aus Lyck das Brautpaar zu verheiraten.
Hätte der Vater des Bräutigams nicht darauf bestanden dass die Hochzeit stattfindet, dann hätte Gusmine Garm, die Gattin von Garm Baldus, alles abgeblasen. Ihr waren der Bräutigam und dessen Familie eh zuwider. Alles sollte ohne Wissen der anderen Familien stattfinden, insbesondere der Baron und seine Rotte durften davon nichts vorzeitig erfahren. Für ihre Tochter hatte sie sich was anderes vorgestellt. Aber der schneidige Malagant hatte ihren Gemahl um den Finger gewickelt.
Gusmine war alt geworden, jeder in der Familie zollte ihr Respekt, sie konnte sich noch an die Zeiten erinnern, als sie noch Edle zu Garmbinnen waren. Vorbei und Vergessen, getilgt und zum Dienstadel degradiert. Ihr Gesicht zählt mehr Falten als es Bäume im Silva Vetusta gab. Und alles nur weil Garm Baldus einfach kein Gespür für Politik hatte. Ein langes Seufzen entrang ihr. Sie spürte es in ihren Knochen, das etwas Schlimmes passiert war. Diese Reise hätte ihr Mann niemals unternehmen dürfen. Alles die Schuld von diesem vermaledeiten Malagant. Zornig spukte sie aus, besorgte Gesichter drehten sich in ihre Richtung. Sie hatte genug.
„Lasst endlich den guten Prälaten zufrieden, Malagant! Er hält sich nur an das, was ihm mein Gemahl aufgetragen hat. Und da er nicht kommt, wird es eine Verbindung zwischen unseren Häusern nicht geben.“, mühsam war sie aufgestanden, stützte sich mit beiden Händen auf ihren Stock und blickte finster drein. Zu lange schon redete der Vater des Bräutigams auf den Praiosgeweihten ein.
Lucian Malagants Gesicht war rumgeschnellt wie der Kopf einer Natter, unverhohlener Unmut machte sich auf seinem Gesicht breit. Es war ihm anzusehen wie wenig Achtung er vor Gusmine Garm hatte. In seinen Augen war sie ein altes unnützes Fossil. Doch dann setzte er die gespielte Mine der Gelassenheit auf. „Meine gute Gusmine, wir wollen doch das junge Glück welches wir zusammengebracht haben, nur aus Mangel an einem Brautvater nicht ihren Bund vollziehen lassen. Was wenn sogar jemand mit Absicht dahinter steckt, dass sich Garm Baldus verspätet. Es wäre dem Oberhaupt eurer Familie sicher nicht recht, wenn seine Pläne auf diese Weise verhindert würden. Unsere beiden Häuser werden großen Nutzen aus dieser Verbindung ziehen. Viel lieber sollte ihr mir helfen, auf euer Wort wird seine Hochwürden sicherlich hören.“ Mit geschmeidigen Gesten unterstrich Lucian Malagant seine Worte. Und für einen kurzen Augenblick wankte Gusmine in ihrem Vorsatz diese Farce zu beenden. Das Schicksal in Form nahender Reiter sprang ihr hilfreich zu Seite. Der Kappe von Garm Geiselor sah sie zuerst, und alarmierte aufgeregt seinen Herrn:“Husardeure, es näher sich Husardeure!“, selbst der Malagant wurde bleich, hatte der Baron doch etwas erfahren.
Die Garm bewaffneten sich, man wusste bei dem Baron nie wo man dran war, jedoch näherte sich der Trupp gemütlich. Garm Bardwig schritt zu Gusmine: „Es ist Hel Mortas, das heißt sie kommen direkt aus Höllenwall.“ Unruhe und Besorgnis waren in den Gesichtern zu lesen. Auch der Prälat stellte sich zu Gusmine Garm, als wolle er alles Unbill von ihr fernhalten. Die Malagants wiederum zogen sich hinter die Garms zurück.
Als die Reiter nur noch wenige Dutzend Schritte entfernt waren, gab Hel Mortas denn Husardeuren ein Zeichen, worauf sie zurückblieben. Er alleine näherte sich der kampfbereiten Gesellschaft.
„Praios zum Gruße!“
„Praios zum Dank. Womit verdanken wir euren Besuch?“, Gusmine war zu alt um Angst zu haben, auch wenn ein jeder der dreisten Drei ein übler Totschläger war.
„Trauige Kunde bring ich euch. Wir stellten vor wenigen Tagen einen Ferkina bei Widderhall, der versuchte mit seiner Beute in den Wall zu gelangen. Neben zwei Pferde aus euerm Haus hatte er die abgeschlagene Hand Garm Baldus dabei. Bevor wir ihn töteten erfuhren wir noch wo er den Ritter überfallen hatte, es war in der Nähe von Eichwyl. Auf Geheiß des Barons wurde der Leichnam eures Mannes und seines Begleiters nach Höllenwall verbracht. Der Baron von Höllenwall ordnet hiermit an, dass ihr euch und sämtliche Ritter des Hauses Garm die in seinen Diensten stehen, sich umgehend nach Nymphenhall einfindet. Und um es offen zu sagen, ich würde diesem Wunsch zügig beikommen.“

Die letzten Worte hörte Gusmine nur noch verzehrt, ein mächtiges Rauschen erklang in ihren Ohren, und ein schwarzer Schatten überzog die grau gewordene Welt. Sie wurde hinfort gehoben, und sah auf einmal das Gut von oben. Garm Bardwig kniete neben ihr, sie lag mit starrem Blick am Boden. Doch es war ihr gleich, die Welt verschwand hinter grauen Nebeln, und nur noch ein mächtiges Krächzen war zu hören.



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1. Eff 1037 BF zur mittäglichen Rondrastunde
Der Brautvater fehlt
Das Ende der Meute


Kapitel 16

In Praios' Namen
Autor: Malepartus