Geschichten:Bekennt euch, Frevler – Auf den Hund gekommen

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Stadt Breitenbruck, 6. Ingerimm 1041 BF, später am Abend:

Das Pferd stand dampfend in der schmalen Gasse, nachlässig an einem Haken festgebunden, während seine Reiterin forsch gegen die schwere Holztüre pochte. „Macht auf, Pagol Vejrat. Und wagt es nicht, mich länger als notwendig warten zu lassen.“

Die Türe schwang auf und gab den Blick in eine kleine, asketisch wirkende Kammer frei. Lediglich eine schmale Bettstatt und ein ebensolches Regal mit einer Handvoll in Leder gebundener Bücher sowie ein Tisch, zwei Hocker und ein Waschbecken füllten den Raum. Der hagere Mann mit der Hakennase und dem zerfurchten Gesicht, der die Türe geöffnet hatte, verbeugte sich weniger ehrerbietig denn spöttisch. „Welch eine unerwartete Ehre, die Greifin höchstselbst in meinem bescheidenen Quartier begrüßen zu dürfen.“

Wortlos betrat Irmenella den Raum und ließ sich auf einem der Hocker nieder. Ihr unverhoffter Gastgeber blickte noch einmal irritiert zur Tür heraus, dann schloss er diese und setzte sich seiner Landesherrin gegenüber.

„Keine Bedeckung?“

„Keine Zeit.“

Ein kurzer Blick des Mannes auf den vorgewölbten Bauch seines Gastes, der mit scharfem Blick beantwortet wurde, obgleich sich die Hände schützend darum gelegt hatten, das straff gespannte Tuch unterstützend, das dem Rücken Erleichterung verschaffen sollte. Die Furchen im Gesicht des Mannes vertieften sich. „So schlimm?“

Die Greifin atmete einmal tief ein, dann seufzte sie: „Palinor vom Greifener Land, der Baron von Feldharsch, ist ermordet worden. Nach meinen Informationen wurde er direkt vor der Tür der Vogtei abgestochen wie ein Schwein. Mitten in der Nacht, die Kerze lag neben ihm.“

„Und was habe ich damit zu tun?“ In der Stimme ihres Gegenübers lag ein lauernder Unterton.

Bekenner.“

Der Mann erhob sich in einer fließenden Bewegung. Ob Wut seine Handlung steuerte oder Frustration, er wusste es selber nicht. „Wie oft soll ich es noch sagen? Ich…“

„Ich habe nichts dergleichen behauptet,“ zischte es von der anderen Seite des Tisches herüber. „Ich kenne Eure Akte.“ Und mehr als das, ergänzte sie in Gedanken. „Setzt Euch.“

Das Manöver geschah widerwillig und wurde von einem unangenehmen Starren begleitet, das an der Greifin einfach abfloss. „Ich brauche Eure Hilfe.“

„Ich bin damit fertig.“

„Ihr wart Nemrods bester Mann in der Mark.“

„Nemrod ist tot.“

„Erzählt mir etwas, was ich noch nicht weiß. Sagt mir, wer Nazarius, der Bekenner, ist.“

Der Kopf des Mannes ruckte empor, die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen: „Nazarius?“

„Er war der Mörder.“

„Dann solltet Ihr Eure Jubiläumsfeierlichkeiten auf der Kaiserley absagen und alle Gäste schleunigst nach Hause schicken.“

„Ich dachte, dass ich stattdessen den Hund von der Leine lasse.“

Pagol sah sein Gegenüber lange an, dann nickte er. „Ihr werdet mich nicht mehr erreichen, bis er tot ist.“

„Ich habe nicht vor, Euch zurückzupfeifen.“

Der Mann stand langsam auf: „Ich will nicht unhöflich erscheinen, aber…“

„Ihr habt zu tun, ich weiß. Solltet ihr Auslagen haben…“

Vejrat nickte kurz. „Der Segen des Herrn auf Euch.“

„Und auf Euch, Pagol, und auf Euch.“