Geschichten:Plitzenbergs Fallen - Gefallene

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Irgendwie war er in die Truppe der Rallerspforter Baronin geraten. Ihre Leute kämpften wacker gegen die Menschenfresser, so gut es eben ging. Zwei, nein drei warfen sich jetzt erneut gegen den mickrigen Wall aus Schilden, den sie bildeten. Sie tauchten einfach aus dem Staub auf, den der Kampf aufgewirbelt hatte. Man konnte kaum sehen, so dicht waren Staub und Getümmel. Eben noch hatte er einen Blick auf seinen Kumpel Alderan von Cronenfurt werfen können. ein sagenhafter Zecher und ein Freund, wie man ihn sich nur wünschen konnte, doch dann war dieser mit Danos, Rondredt von Hartsteen-Wildgrund und den Stadtluringern abgedrängt worden.

Barnemund riss den Schild hoch, als er einen Schatten blitzschnell von oben kommen sah. Ein Schmerz durchzuckte ihn brüllend. Es fühlte sich an, als hätte ein Mühlstein seinen Schildarm zertrümmert und würde jetzt fröhlich weitermahlen. Barnemund keuchte, war in die Knie gegangen, ließ den Schild sinken.

Ein weiterer Schatten sauste heran – schon wieder die Keule des Ogers!

Er wusste, sie würde seinen Schädel zertrümmern wie eine Walnuss. Es durchzuckte ihn kurz: Ließ man denn kurz vor seinem Tod noch einmal sein Leben vor dem inneren Auge passieren? Würde man alles noch einmal, sehen, in der Kürze eines Augenblicks, ehe sich dieser zur Ewigkeit streckte?

Er erfuhr es nicht. Halderich stieß ihn zur Seite, die Keule schlug dumpf in den Staub.

Halderich hatte ihn gerettet! Spitzbübisch grinste der Ruchiner herüber. Er war kurz nach Barnemund zur Luringer Knappenschar gestoßen und auf Burg Luringen geblieben, wie so viele. Er rappelte sich wieder auf. Tatsache – sein Arm Schildarm war gebrochen, der Schild nutzlos. Also griff er das Schwert fester, das Graf Rondger ihm geschenkt hatte.

Er brüllte laut, als er sich auf den Oger stürzte – links von ihm Halderich, der ebenfalls brüllte, rechts von ihm Ernelgunde von Luring, die ihn schon so oft bewirtet hatte, wenn er von Rubreth kam.

Der Oger schlug zu, Barnemund duckte sich. Schlug seinerseits zu. Fand sein Ziel. Das Schwert bohrte sich in den Unterarm des Ogers. Der brüllte, Barnemund brüllte.

Plötzlich traf ihn etwas von links. Es schepperte gewaltig, und Barnemund durchzuckte der Gedanke: Das war doch Halderichs Helm? Da war doch sein Kopf drin. Wo ist denn jetzt der Rest von ihm?

Dann verlor er das Bewusstsein.

Er blinzelte.

Er blinzelte in das verdreckte Gesicht des gräflichen Herolds. Olbert von Folterdingen zwinkerte zurück: „Ah“, brummte er, „Ihr lebt, Plitzenberg. Ein Wunder! Kommt hoch.“

Er half Barnemund aufzustehen, dem alles weh tat: der Arm, das Bein, der Leib, der Kopf. Er hatte einen Helm in der Hand, blutverkrustet. Er drehte ihn hin und her. Seiner war es nicht. Es war Halderichs. Halderich? Wo war denn Halderich? Barnemund schaute sich um. Und verstand nun, was Olbert gemeint hatte: Um ihn herum lag ein Berg von toten Leibern. Abgetrennte Gliedmaßen türmten sich über zerschundene Leichen, drei Ogerkadaver verdeckten viele Tote, wurden von vielen Toten verdeckt. Auf einen Blick erkannte er Baronin Doranthe und ihren Knappen Robur, auch ein Folterdingen wie der Herold. Barnemund tat einen Schritt und erschrak, sprang schmerzhaft beiseite: er war einer Toten ins Gesicht getreten: Ondwina von Pfortenstein. Noch ein Schritt, noch ein Toter: Ritter Retodan von Goyern. Dann sah er – staubbedeckt – den langen Odo, der über das Schlachtfeld stolperte und eine Tote in den Armen hielt: Herwendas Kopf hing herab, ihr Arm war dramatisch nach vorn gewinkelt und wippte im Takt von Odos Schritten

Barnemund ging in die Knie, übergab sich.

Olbert klopfte ihm auf die Schulter – die falsche. Barnemund schrie vor Schmerzen, spuckte dem Herold Kotze ins Gesicht als er aufsprang: „Fasst mich nicht an, Mann!“

„Schon gut, schon gut, Plitzenberg. Last Euren Zorn fahren, freut Euch, dass Ihr noch lebt. Das wird auch Graf Danos freuen.“

„Graf Danos?“

„Graf Rondger ist gefallen.“

„Gefallen?“ Barnemund fiel. Fiel erneut in Ohnmacht.




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Texte der Hauptreihe:
K8. Fall
12. Pra 1003 BF
Gefallene
Verfallen


Kapitel 4

Gefallen
Autor: BB