Geschichten:Die Belehnung oder Rondras Pläne
23. RONdra 1042 BF
Der Vorplatz von Schloss Sonnentor war völlig überfüllt. Nicht nur die zu Ehrenden waren versammelt, auch Verwandte und Neugierige versuchten einen Blick auf Barnhelm von Rabenmund zu erhaschen, der gleich mit seiner Ansprache beginnen würde. Phelixitas von Alst schob sich am Rand der Massen entlang, bis sie ihren Vater endlich erblickte. Er war früh hier gewesen und stand daher relativ weit vorn. Dennoch hätte sie ihn fast übersehen, denn nun war der Verwalter der Kaisermark Gareth aufs Podium getreten und alle Umstehenden reckten sich, um nur nichts zu verpassen. Nur eben ihr Vater nicht. Phelixitas presste die Lippen zusammen. Sie hatte ihn fast herschleifen müssen! Vor zwei Wochen etwa war die Einladung zur Siegesfeier gekommen, persönlich an ihren Vater adressiert, man wollte ihn ehren. Nibelwulf hatte nicht hingehen wollen. Wenn er sprach, sagte er, er fühlte sich nicht gut, meistens sprach er aber gar nicht. Phelixitas verstand, dass ihr Vater um seinen ältesten Sohn Firutin trauerte, aber - verphext noch mal! - auch sie trauerte um ihren Bruder! War das nichts wert? Phelixitas war sich bewusst, dass sie Ablenkung brauchte und hatte es sich daher zur Aufgabe gemacht, ihren Vater aus diesem tiefen, düsteren Loch herauszuholen, ob er nun wollte, oder nicht! Sie war sehr erschrocken, als er ihr heute Morgen auf dem Weg hierher erzählt hatte, dass er vor Mendena sicher gewesen war, auf dem Schlachtfeld zu bleiben. Sie hatte beim Versorgungstross davon gehört, dass ein Trupp verrückter Exiltobrier todesverachtende Angriffe geritten waren. Mehr als einmal hatten sie sich in die Bresche geworfen und den eigenen Truppen das Leben gerettet und mehr als einmal den Feind beim Aufbau seiner Strategie gestört. Diese Taktik hatte die kleine Gruppe auch vorher schon bei Feldschlachten angewendet, vor Mendena kam noch das Retten von verwundeten Kämpfern hinzu. Sie hatte diese Geschichten gehört und sie kaum glauben können. Aber es war natürlich anders gekommen, als sich der große Nibelwulf von Alst das vorgestellt hatte, nicht er fiel, sondern Firutin. Nibelwulf hatte am Ende der Schlacht nicht mal einen Kratzer. Und nun haderte der alte Ritter, der immer Rondra treu gedient hatte, mit seiner Göttin. Die junge Geweihte des Phex beobachtete, wie ihr Vater auf seine Hände schaute, obwohl die Ansprache begonnen hatte. Sie schob sich trotz des Protests der Umstehenden durch die Reihen und stupste ihn an.
"Firutin zu Ehren nimmst du diese Auszeichnung an!", zischte sie. "Rondra hat noch etwas mit dir vor, also musst du einfach weitermachen!" Nibelwulf sah seine Tochter an, zum ersten Mal seit Wochen, und nickte dann kaum merklich.
"... Zerber von Mersingen auf Zwingstein und Yasinthe von Brachenhag zu Brachentor. Eure Lehen grenzen direkt an die Dämonenbrache und Ihr habt Euch tapfer bewiesen im Kampf gegen die Schrecken der Niederhöllen. Ihr werdet erhoben in den Rang von Reichsjunkern und von der Krone ausgestattet mit einer großzügigen jährlichen Leibrente. Zudem erhebe ich in den Stand von Reichsrittern die Ritter Nibelwulf von Alst zu Silkwacht, Leubrecht von Vairningen zu Neu-Auenwacht, Aldur von Eichstein zu Vulpershain, Ailsa ni Rian zu Praiosborn, Irida von Gryffingk zu Parinorswacht und Madaia von Alding zu Splitterwacht. Den Ritterschlag erhalten sollen die aufrechten Streiter Korwin von Orkenwall zu Gramfelden, Hane von der Aue zu Ostbrisken, Thorgrim Donnerfaust zu Moosbrisken, Gerwin von Hirschenweide zu Uilshof. Im Namen Rondras, ihres Sohnes Famelors und dem Heiligen Hlûthar schlage ich Euch zum Ritter."
Als er seinen Namen aus dem Munde des Markvogts hörte, schaute Nibelwulf überrascht auf.
"Reichsritter auf einer Burg? Wusstest du das?", raunte er seiner Tochter zu. Die zuckte nur mit den Schultern. "Die Götter enthüllen nie alle ihre Wege", orakelte sie. "Aber ich sagte dir doch, Rondra plant noch mit dir!"
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