Geschichten:Der Ritt in den Reichsgau Teil 18

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Teil XVIII


Simolds Augen weiteten sich, als er sah, wie Ra’oul dem Junker den Gnadenstoß versetzen wollte. Sofort preschten die Krieger des Grafen los, um ihren Junker zu retten und den Nebachoten nieder zu reiten.

Luidor war ebenfalls entsetzt. Einem Moment lang zögerte er und beschloss dann doch seinen Männern den Befehl zum Vorrücken zu geben, um den Besiegten zu schützen.

Jetzt war es unvermeidlich. Schon hatte Eslam den Angriffsbefehl gebrüllt und sich gleich einem rasenden Löwen an die Spitze seiner Krieger gesetzt.

Der Baron von Dunkelsfarn hielt sein Pferd zurück, um nicht von den wütenden Nebachoten über den Haufen geritten zu werden.

Claudio wich mit seinem Ross ebenfalls zurück, er wollte keinesfalls zwischen die Fronten geraten, wenn die kriegslüsternen Wilden zum Gemetzel aufriefen.

„DAS REICHT JETZT!“ hallte eine laute und tiefe Stimme von den hohen Zinnen herüber.

Ra’oul hielt inne und ließ das Schwert sinken, woraufhin auch die Kämpfer des Grafen ihre Pferde zügelten. Eslam schloss mit den Seinen zu seinem Sohn auf, einer der Ammayin nahm das Pferd Ra’ouls am Zügel und führte es zu seinem Herrn. Auf der Wehrmauer gab es plötzlich Bewegung. Zahlreiche Schützen mit gespannten Armbrüsten bezogen Stellung und nahmen die Pulethaner ins Visier.

Ein Horn erklang und rechterhand war nun Rascheln aus dem Unterholz und den Gebüschen zu hören. Ein gutes Dutzend mit Leder und Kette Gerüstete sprangen aus ihren Verstecken und legten mit ihren Kurzbögen und Armbrüsten ebenfalls auf die Nebachoten an.

„Söldner! Es ist eine Falle!“ zischte Rondrigo und packte flink den Rundschild, der an einem Riemen auf seinem Rücken hing.

Im ersten Moment wollten die Nebachoten sich sofort auf die Söldner stürzen, doch Eslam hatte ebenfalls eingesehen, dass eine solcher Verzweiflungsangriff viele das Leben gekostet hätte. Zu viele. Hätte nicht Simold beruhigend auf ihn eingeredet, wären auch die schlechten Chancen wahrscheinlich kein Hindernis für Eslam gewesen, trotzdem anzugreifen.

„Wir sind von eurer Zurschaustellung roher Gewalt keineswegs beeindruckt“, drang die tiefe, ernste Stimme von der Wehrmauer herab.

„Zeig disch ändlich, Marbän von Raichsgau!“ rief Simold wütend.

Ein großer, breitschultriger Mann mit langem, dunklem Bart, gehüllt in edle Gewänder, erschien auf dem Wehrgang. Ein dunkelblauer Umhang umspielte seine massige Gestalt, als er neben einen seiner Schützen trat.

:Garetien:Bernhelm von Wetterfels lachte laut auf und deutete ausladend auf die Horde, die vor seiner Burg Aufstellung bezogen hatte. „Ist das schon alles? Wenn ihr unsere Festung belagern wollt, werdet ihr mehr als diesen Haufen zusammen gewürfelter Gestalten her bringen müssen! Geht nun, wir haben kein Interesse daran, unsere wertvolle Zeit mit euch noch weiter zu verschwenden. Und wir raten euch, keinem unserer Männer ein weiteres Haar zu krümmen. Falls doch, habt ihr die große Ehre die Treffsicherheit der wetterfelser Armbruster kennen zu lernen.“

Ohne eine Antwort abzuwarten verschwand Bernhelm wieder. Für ihn war die Angelegenheit erledigt.

Claudio lächelte. Der Pfalzgraf war offensichtlich ganz und gar nicht auf den Kopf gefallen. Er überlegte, ob er nicht auch lauthals Gerechtigkeit für den feigen Anschlag von Breitenhof fordern sollte, entschloss sich aber dann doch dagegen.

„Dainä Treffsischärhait kannst du dir in den Allärwärtästän schiebän Du faigär Verräter, du Sohn ainär sabbärndän Ziegä und ainäs gerupftän Gaiärs!“ wütend ließ der Brendiltaler seinen Gefühlen freien Lauf.

„Dafier, dass är so wänigk Zait hat, hat är abär viel fier uns vorbereität,“ nickte Simold, als er die Schützen durchzählte.

„Wieder hat der Pfalzgraf Gesindel angeheuert, um uns aufzulauern! Wäre das kein Hinterhalt würden wir diesem Gesindel die gleiche Lektion erteilen, die die Attentäter von Breitenhof schon erfahren haben!“ Der Junker von Breitenhof hob seine Axt und war fest entschlossen seinen Freunden in den Kampf zu folgen, sollte es tatsächlich dazu kommen. Er wusste, dass es keine gute Idee war, aber in diesem Moment war er viel zu wütend über die Dreistigkeit Bernhelms von Wetterfels.

Eslam wollte seinem Freund schon zustimmen, als der Baron von Dunkelsfarn sie zurück hielt. „Seid ihr wahnsinnig? Wir werden diese Krieger hier sicherlich unter einigen Verlusten bezwingen, aber was dann? Wir können die Festung Bernhelms nicht angreifen! Man würde uns anklagen und den Kopf abschlagen!“ Die leise Stimme das alten Mannes klang ernst und bestimmend.

Simold überschlug kurz ihre Chancen. Im Pfeil und Bolzenhagel von zwei Seiten würde viele tapfere Krieger ihr Leben lassen. Auch wenn man die Söldner dann sicherlich bis zum letzten Mann nieder machen würde, wäre damit nichts gewonnen. Die Armbrustschützen des Grafen säßen immer noch in ihrer Burg und würden jeden Angriffsversuch vereiteln. Sie konnten die Pulethaner in aller Ruhe wie die Rebhühner abschießen.

„Ihr habt die Worte des Pfalzgrafen gehört,“ meldete Luidor von Hartsteen sich ernst. Er war noch immer bemüht die Situation zu beruhigen, doch es wollte ihm noch nicht gelingen.

Ein Ritter war in der Zwischenzeit abgestiegen und hatte dem verwundeten Junker von Firunshöh aufgeholfen. Mühsam erklomm dieser den Sattel seines Rosses. Man wollte ihn mitsamt seinem Pferd zurück hinter die Mauern der Festung eskortieren, doch Radulf winkte ab und richtete sich mühsam auf. Er war leichenblass und sprach kein Wort, aber seinen Kriegern war klar, dass er seinem gekränkten Stolz nicht noch mehr zumuten würde, in dem er vor dem Feind floh.

Dabei ließen sie die beiden schwarzen Hunde Eslams nicht aus den Augen, die zähnefletschend das Vorhaben beobachteten und nur auf ein Wort ihres Herrn warteten um ihre messerscharfen Zähnen in frisches Fleisch versenken zu können.

„Ich fürchte, Baron Fredo hat Recht. Wir können hier heute nichts ausrichten.“ Resignierend ließ Rondrigo Axt und Schild sinken.

„Komm Eslam,“ raunte Simold zu seinem Nachbarn. „Der Marbän von Raichsgau ist ein feigerr Bastard! Wir wärrdän einän anderän Weg findän, um ihn zu bestrafän. Beim nächstän Mal entscheiden wier auf wälchäm Feld wier ihm begägnän.“

Der Herr von Brendiltal spie verächtlich aus. „Das wärdän wirr, Simold. Verlass dich drauf!“