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Briefspiel in Waldstein
Ein neuer Herr
Ein neuer Herr - Briefspielreihe
Hochzeit in Waldstein
Vorahnungen
Burg Zweifelfels, Ende Travia 1042 BF:
Seit dem ersten Hahnenschrei erfüllte ein geschäftiges Treiben die altehrwürdigen Mauern der Stammfeste der Familie Zweifelfels. Mägde huschten gehetzt über den Burghof, Diener schmückten die Gänge und Hallen mit frischen Blumen und allerlei Zierrat. Nach all der Dunkelheit die in den letzten Götterläufen auf die Feste einbrach, sollte nun wieder das Helle und Gute alles überstrahlen, denn es war ein besonderer Tag. Es sollte der Vermählung zwischen Baron Gisborn von Zweifelfels und der nostrischen Grafentocher Isida von Salza gefeiert werden.
Vergnügt liefen die beiden Zofen Yera von Birkentau und Samia von Heiterfeld über den Burghof; vorbei an den, mit in der Sonne glänzenden Rüstungen bewehrten Zweiflinger Grenzwächtern. Hauptmann Yendar Leodan von Zweifelfels hatte zum Appell befohlen.
"Ich bin ja so aufgeregt", frohlockte Yera, "Unsere Herrin wird einfach traumhaft aussehen."
"Komm jetzt, wir müssen ihr noch die Haare machen", entgegnete Samia leicht gehetzt.
"Nein du verstehst das nicht, das ist heute ein besonderer Tag!"
"Ja schon klar, die Vermählung mit einem Baron wäre wohl für jede von uns etwas Besonderes."
"Das meine ich nicht!" Yera hielt inne und dämpfte geheimnisvoll ihre Stimme. "Wenn die Herrscher dieser Lande den Bund der Ehe eingehen, dann ist das anders als wenn du oder ich heiraten würden."
"Wie meinst du das?" Samia runzelte ihre Stirn. Sie hatte erst vor einem Mond ihren Dienst am Hof des Barons angetreten und wusste von den hiesigen Sitten und Gebräuchen nicht viel. Sie war behütet in der Kaisermark aufgewachsen.
"Also, nach der offiziellen Zeremonie, den Feierlichkeiten und dem Turnier gilt der Ehebund erst dann als vollzogen, wenn das Brautpaar eine Nacht gemeinsam im verwunschenen Reichsforst verbracht hat."
"Aber ist das nicht gefährlich?", Samia wurde leicht bleich um die Nase, "Bei all den blutigen Sachen du mir erzählt hast ... und den wilden Tieren ... das können die doch nicht machen!"
"So ist es der Brauch, das haben alle vorher auch so gemacht. Baron Debrek und die Rallerspfort auch. Ich glaube ja, sie verbringen die Nacht in Rahjas lieblichen Hain und werden dort die schönste und lustvollste Liebesnacht erleben. Ach, Baronin sollte man sein." Yera kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus.
"Mädchen, nicht träumen!", die schneidige Stimme von Helana von Hengefeldt riss die beiden Zofen aus ihren Gedanken. "Die Herrin erwartet euch bereits!"
Pflichtbewusst folgten Yera und Samia der Hofdame in die Gemächer der zukünftigen Baronin von Zweifingen.
Unruhig lief Gisborn in seinem Schlafgemach auf und ab. Sein extra für diesen Tag gefertigtes Gewandt zwickte überall, ihm war flau im Magen und sein Kopf fühlte sich an, als ob 100 Zwerge darin auf einem Amboss schlugen.
"Der Salzene Prinz ist nervös ... wie goldig!", amüsierte sich Iserion, der seinem Freund die ganze Zeit bei dessen 'Zimmerrundgang' zugeschaut hatte.
"Ich bin nicht ... naja vielleicht ein bisschen", gab Gisborn schließlich zu. "Es ist weniger wegen der Hochzeit an sich. Ich mag Isida und sie mag mich ... so einen guten Start haben die wenigsten arrangierten Ehen."
"Was ist es dann?", wollte Iserion wissen.
"Es ist eher das Drumherrum." Gisborn hielt inne und schaute seinen Freund mit festen Blick an. "Ich habe die letzten Nächte kaum geschlafen – und nein, es ist nicht vor Aufregung, sondern weil ich Dinge sehe wenn ich schlafe."
"Deine zukünftige Gemahlin im Rahjakleid?", witzelte Iserion.
"Nein, ich meine es ernst." Ein straffender Blick traf Gisborns treusten Freund. "Es geht um die alten Traditionen."
"Ah die Nacht im Forst, ich hörte davon. Du hast sehr viel länger alleine im Reichsforst überlebt, das sollte dich also nicht beunruhigen." Die Stimme Iserions klang sanft.
"Das ist es nicht, ich glaube meine Träume führen mich an einen anderen Ort!"
"Also nicht der sagenumwobene Hain der holden Rahja?", ein Grinsen zauberte sich auf das Gesicht des Magiers.
"Ich bin mir nicht sicher ... es wirkt alles irgendwie dunkler ... ."
"Du bist der Salzenen Prinz, der der eins ist mit dem Land. Höre auf das Land, auch wenn du so mit vermeintlich althergebrachten brechen musst, denn du bist die Gegenwart und die Zukunft. Vertraue dir selbst!"
Gisborn umarmte seinen Freund. Iserion hatte wohl Recht.
Autor: Bega
Freundschaftsbekundungen
Burg Zweifelfels, Ende Travia 1042 BF:
Noch vor der eigentlichen Hochzeitszeremonie kamen die Höflinge und Gäste in der Großen Halle zusammen. Es sollte der Bund der Freundschaft zwischen den Familien Zweifelfels und Pfiffenstock zelebriert werden.
Hofherold Salerion von Rallerhain pochte mit dem kunstvoll verzierten Zeremonienstab vier Mal auf den steinernen Boden um so für die dem Anlass gebührende Ruhe zu sorgen. Als erster trat Junker Oldebor von Zweifelfels vor den Baron.
"Lange wärte die Zeit der Zwietracht und der Dunkelheit in unserer altehrwürdigen Familie. Doch diese Zeiten sind nun vorbei, denn unsere Stammlande haben einen neuen Herren. Dies sei mir der Anlass auch meinen bescheidenen Beitrag für die Familie zu leisten. Hiermit seien der glücklichen Braut die nördlichen Lande meines Lehens zum Geschenk gemacht. Möge sie dort forthin als Edle den Untertanen eine gerechte Herrin sein." Die Leibpagin Eyala überbrachte, noch sichtlich aufgeregt, ihrer Herrin die Belehnungsurkunde. "Doch was wäre eine Familie ohne ihre engsten Freunde." Der Blick Oldebors richtete sich zu Mahelon und Sibela von Pfiffenstock. "Die südlichen Lande meines Lehens sollen daher unter dem dem Banner des Doppelsäbels an meiner Statt regiert werden. Sibela von Pfiffenstock, Ihr dürft Euch fortan Edle von Zweifelspitz nennen. Steht mir mit Rat und Tat bei, auf das die Lande weiter erblühen."
Die Angesprochene nickte erfreut und nahm das Pergament vom Pagen Rondrik entgegen.
Nunmehr trat Mahelon von Pfiffenstock vor den Baron. An seiner Seite Amara, die ein eingerolltes und gesiegeltes Pergament in den Händen hielt.
"Hochgeboren Gisborn von Zweifelfels, Herr über die Zweiflinger Lande und ehrbarer Freund meines Blutes. Ich spreche zu Euch um den Bund unserer Familien nun auch mit dem Blute unseres Landes zu preisen. Mein Oberhaupt übergibt Euch in tiefer Freundschaft die Ländereien Sahabur. Sie gehörten einst zu den Stammlanden meines Blutes, doch wird es kein Verlust sein, wenn er Euch damit ganz nah an seinem Herzen weiß!"
Nach dem Mahelon gesprochen hatte, schritt Amara mit der Belehnungsurkunde zu dem Baron. Mittlerweile war er es sogar beinahe gewohnt sein Oberhaupt und Gockel zu sprechen, ab und zu dachte er sogar darüber nach ob er sich in Selo getäuscht hatte.
"Habt Dank, treuer Freund. Auch meine Familie möchte Eurem Blute von unserem Herzen geben. Baron Selo möge fortan die Lande Wuchsenwald in der Baronie Osenbrück sein Eigen nennen." Baron Gisborn übergab seinem Leibpagen Alarion ebenfalls ein Pergament. "So seien wir nunmehr Herr und Diener zugleich. Auf das der Bund von Einhorn und Doppelsäbel unsere Blute zu einer neuen goldenen Ära führen werde!"
Autor: Bega
Vereinigung
Burg Zweifelfels, Ende Travia 1042 BF:
Zur feierlichen Zeremonie versammelten sich alle Anwesenden in der Großen Halle. Sie war festlich mit Blumen und Pflanzenranken geschmückt worden. Baron Gisborn saß, in feiner Robe, auf dem uralten Thron der Barone von Zweiflingen. An seiner Seite das Oberhaupt der Familie Nartara, seine Eltern Leomir und Alissa, sowie sein Vertrauter Iserion. Linker Hand hatten die ehrwürdigen Geweihten Adala Praiosmin, Leuwyna, Gundomir, Arlgard und Angara Aufstellung bezogen. Rechter Hand standen Gisborns engste Freunde Tybald, Yendara, Virinya und Haldan.
Still wurde es in der Großen Halle, als die Braut mit verbundenen Augen, geschmückt mit einem Blumenkranz auf dem Kopf und angetan in weiten Gewändern, den Raum betrat. Geführt würde sie von Gisborns Onkel und Schwertvater Leomar, der auch als Arrangeur der Ehe galt. Es folgten die beiden Zofen Yera und Samia.
Vor dem Thron blieb die Braut stehen. Gisborn erhob sich von seinm Thron und ging ein paar Schritte auf Isida zu. Dabei lächelte er sie sanft an, was sie freilich nicht sehen konnte und sprach dann zu den Versammelten.
"Heute, zum zweiten Jahrestag der sechsten Offenbarung Korgonds, habe ich euch gerufen, um den Bund mit der vor dem Land reinen Isida aus dem Hause Salza zu bezeugen. So geleite ich feierlich meine holde Maid zum Thron meiner Ahnen um dort an meiner Seite Platz zu nehmen. Wie Mutter Garetia über ihre Kinder wacht, soll es nun an uns sein über das Land zu wachen, für unsere Untertanen zu sorgen und ihnen Schutz zu geben, also wären sie unsere Kinder. Heilig sei unser Bund, der in seiner Heiligkeit nur dem Bund mit dem Land selbst nachsteht. Als Zeichen unseres Bundes, wie auch meiner Herrschaft, soll das Füllhorn und das Schwert dienen. Das Füllhorn steht für Wachstum und Wohlstand – mögen wir gemeinsam dem Land Wachstum und Wohlstand bringen. Das Schwert steht für Stärke und Schutz - mögen wir gemeinsam dem Land Stärke und Schutz geben."
Mit diesen Worten geleitete Baron Gisborn seine Braut zu ihrem Platz an der Seite seines Thrones.
"Nachdem die anwesenden geweihen Damen und Herren ihren Segen gespendet haben, werden wir diesen Bund feiern wie es sich für mein Blut geziemt und zwar mit einem ritterlichen Turnier."
Jubel brach aus. Der Anfang der Hochzeitszeremnie war vollbracht. Es folgten sie Segnungen der Geweihten, denen Gisborn aber nur schemenhaft zuhörte, denn sein Geist war bereits woanders.
Es dämmerte bereits, als ich das Brautpaar unter Jubelrufen von der Festgemeinde verabschiedete. Doch führte sie ihr Weg nicht in die privaten Gemächer der beiden, nein, denn in den Augen einiger war der Bund der beiden noch gar nicht vollzogen – daran mochte auch dre Segen der Geweihten nichts ändern. So führte die Oberhexe Nartara Gisborn und Isida in die Kavernen tief unter der Festung.
Gisborn wusste was ihn erwarten würde. Er blickte zu Isida, deren Augen wieder verbunden waren. Sie war so tapfer, ohne Angst, obwohl sie nicht wusste was ihr nun bevorstand.
In der durch unzählige Fackeln hell erleuchteten Felsenhalle führte Nartara die beiden zur Statue der Schwarzen Kriegerin. Gisborn blickte ehrfürchtig zur barbusigen Frauengestalt mit Luchskopf auf. Beharrlich zog er seinen Dolch aus Toshkrilstahl. Die Klinge reflektierte das Lichte der tanzenden Fackeln. Er spürte den Atem Isidas, seiner frisch angetrauten Frau und ihr pochendes Herz. Langsam führte er den Dolch an ihren Körper. Mit lodernden Blick beobachtete Nartara die Szenerie. Würde sich ihr Schützling beweisen? Ein Schnitt. Ruhe. Isida hatte keinen Laut von sich gegeben. Sie hatte es still ertragen und sich ihrem Schicksal gefügt. Blut tropfte in die Opferschale. Der Schnitt in die Handfläche seiner Gemahlin war nicht tief. Auch er schnitt sich in die Handfläche bis das Blut in die Opferschale tropfte. Beide Hände vereinigten sich in einem sanften Griff. Gisbron und Isida waren nun im Blute vereint.
Nartara wischte mit ihrer knochigen, gar krallenartigen Hand durch das Blut in der Opferschale.
"Die Schwarze Kriegerin hat euer Opfer angenommen. Heute Nacht werdet nicht ihr den Tod im Mittwald finden! So gehet hin und vollendet den Bund im Namen der allesgebährenden Urmutter und nehmt euer Schicksal an!"
Autor: Bega
Dreieinigkeit
Irgendwo im Reichsforst, Ende Travia 1042 BF:
Es musste schon weit nach Mitternacht gewesen sein als Gisborn und Isida scheinbar ohne Ziel durch den nächtlichen Forst streiften. Doch sie hatten ein Ziel. Ihr gemeinsamer Bund musste nun auch vor dem Land vollzogen werden. Eine innere Stimme schien Gisborn zu lenken, zumindest spürte er in welche Richtung sie zu gehen hatten.
Die meisten Kreaturen des verwunschenen Forstes hatten sich zur Ruhe gebettet. Aber nicht alle! In der Ferne hörten sie das Heulen eines Wolfsrudels. Ein Uhu beobachtete die nächtlichen Eindringlinge regungslos.
Isida stockte einen Moment."Still, horch!"
"Das ist nur ein Kauz", versuchte Gisborn zu beruhigen.
"Der Kautz, der traurige Wächter des Forstes, war es also der schrie, um uns gräßlich gute Nacht zu wünschen.“
"Beachte ihn nicht weiter!"
So zogen die beiden weiter, einem undefinierbaren Gefühl oder Drang folgend, durch den dunklen Forst. Das Licht des vollen Madamals versuchte sich durch das dichte Blättergewirr des Waldes zu kämpfen. Schließlich gelangten sie an eine Lichtung, hinter der sich ein Felsvorsprung aufbaute. Unzählige Glühwürmchen tanzten im Mondschein. Seltsam anmutende Pflanzen, die Gisborn noch nie zuvor gesehen hatte, reckten ihre Hälse zum matt leuchtenden Madamal, das sich glänzend in einem kleinen Waldsee spiegelte.
"Welch wundersamer Ort", murmelte Isida kaum hörbar, "so geheimnisvoll furchteinfloßend und anziehend zugleich."
"Wunderschön!", Gisborns Stimme klang seltsam entrückt. "Wir müssen dem Wasser folgen."
Vor dem kleinen See blieben ie beiden stehen. Vereinzelt bedeckten blühende Seerosenteppiche das dunkle Gewässer. Gisborn begann sich zu entkleiden und auch Isida tat es ihm gleich. So standen sie da, Hand in Hand so wie das Land sie schuf. Mit Bedacht tauchten sie ihre Zehenspitzen in das Wasser. Es fühlte sich angenehm sanft auf der Haut an. Mit jeden Schritt glitten ihre Körper tiefer in das Nass, bis sie vollständig in der unergründlichen Dunkelheit des Wasser verschwunden waren. Stille.
Gisborn war der erste, der aus dem Wassere wieder auftauchte und sich in einer einer Art natürlichen Basin wiederfand. Isida folgte nur wenige Augenblicke später. Beide befanden sich in einer Höhle. Am Rand des Bassins waren faustgroße Kristalle eingelassen, die zu leuchten begannen. Die Felswände waren geschmückt mit bizarren Kristallformationen, die im Lichte der Leuchtquellen in den Farben des Regenbogens glänzten.
Die beiden frisch Vermählten schritten vorsichtig einen mit weichen Moos bewachsenen Pfad entlang. Die nach und nach zu leuchten begannenden Kristalle zeigten ihnen den Weg zu einem Durchgang am anderen Ende der Kaverne. Zwei steinerne Statuen mit verästelten Kronen auf ihren Häuptern flankierten den Eingang. Die Statuen mussten schon uralt gewesen sein, denn viele Details fielen wohl Satinav zum Opfer. So konnte Isida nicht mehr erkennen, ob die Dargestellten männlich oder weiblich waren. Oder waren sie gar bewusst geschlechtslos?
Hinter dem Eingang offenbarte sich ein riesiger Felsendom. Das natürlich gewachsene Gewölbe war netzartig von fluoreszierenden Flechten und Ranken bewachsen, die ein atemberaubend schönes, in unzählig bunten Farben leuchtendes Muster auf die Felsendecke zauberten. Am höchsten Punkt des Felsendoms befand sich eine kreisrunde Öffnung durch die das nächtliche Mondlicht strahlte.
Das Mondlicht erhellte ein ebenfalls kreisrundes Wasserbecken, in dessen Mitten eine dreiköpfige Frauenstatue das rauschende Nass in alle Richtungen verteilte. Am Rande des Beckens stand eine androgyne, männliche Statue mit verästelter Krone und Schwalbensymbolen, neben einer weibliche Statue ebenfalls mit Krone, sowie mit verbundenen Augen, Schwert und Füllhorn in den Händen.
Gisborn nahm sanft Isidas Hand und führte sie über den weichen Moosuntergrund in Richtung des Brunnenbeckens. Vertrauensvoll blickte er ihr tief in die Augen.
"Bis hierher bis du den Weg mit mir gegangen, ohne Klagen und ohne Fragen zu stellen." Liebevoll strich er seiner Gefährtin über die Wange. "Noch gibt es ein zurück. Sind wir erstmal vor dem Land eins, sind unsere Schicksale auf ewig miteinander verwoben."
"Mein Geliebter", Isidas Augen funkelten, "das alte Volk des Mittwalds nennt dich 'Der der eins ist mit dem Land'. Ich würde dir überall hin folgen nur um eins mit dir zu sein."
"So sei es!" Gisborn führte Isida in das Brunnenbecken. Das Wasser war überraschend warm und kribbelte angenehm auf der Haut. Als beide im heiligen Quell standen, sonderten die Flechten und Ranken bunt leuchtende Sporen ab, die sogleich die Höhle in ein Meer aus bunten Lichtern tauchten. Gisborn und Isida fühlten sich wie in einem Traum. Ihre Sinne überschlugen sich. Jede Berührung, jeder Windhauch glich einer inneren Explosion. So verloren sich beide im Rauch und vereinigten sich vor und mit dem Land.
Nackt und orientierungslos lief sie durch den Wald. Sie hatte Angst, war wie von Sinnen. Das Heulen der Wölfe kam immer näher. Ein Waldkautz schrie, als versuchte er sie vor dem bevorstehenden Tod zu warnen. War er der Tod verkündende Gesandte der Schwarzen Kriegerin?
'Nein, nicht heute!', flüsterte Isida zu sich selber. Die dunkle Nartara hatte von dem Segen der Schwarzen Kriegerin gesprochen, der über Gisborn und ihr liegen würde. Doch wo war ihr Gemahl?
Wenige Schritte von ihr entfernt blinkten Glühwürmchen auf und entfalten ihr warmes Leuchten. Isida folgte den leuchtenden Tierchen. Diese führten sie wieder zu dem kleinen Waldsee. Die Wasseroberfläche war dieses Mal seltsam unruhig. Unterhalb der Wasseroberfläche sah sie eine Gestalt.
"Gisborn?"
Doch die nackte Gestalt, die vor ihr aus dem Wasser auftauchte war nicht Gisborn. Das Gewässer entließ einen makellos schönen Frauenkörper. Sinnliche blaue Augen tauchten tief in die Isidas.
"Yera? Du hier?" Isida erkannte ihre vertraute Freundin.
Doch Yera legte nur ihren Zeigefinger auf Isidas Lippen. Keine Fragen, keine Antworten. Sich nur in dem Moment verlieren. Beide Frauen gaben ihrem inneren Feuer nach und ließen sich von ihren Gefühlen leiten.
Gisborn erwachte auf einem Moosbett unweit des Brunnens mit der dreigestaltigen Frauenstatue. Seine Sinne spielten noch verrückt und es war ihm als drehte sich alles um ihn herum. Das wabernde Licht der fluoreszierenden Flechten und Ranken, die seltsam leuchtenden Sporen die sanft durch den Felsendom umher glitten, all das entbrannte in ihm wieder diese vorher nicht gekannte Leidenschaft. Er sah sich um, doch von Isida keine Spur. Unbekleidet wie er war, bewegte er sich langsam auf dem im Mondschein hell leuchtenden Brunnen zu. Vom Grund des Beckens tauchte eine Person an die Wasseroberfläche, doch zu Gisborns Überraschung es war nicht Isida.
Es waren die bernsteinfabenden Augen von Iserion in denen sich Gisborn voller Leidenschaft verlor.
"In meinen Träumen bist du mir unzählige Male erschienen." Gisborns Stimme erzitterte. "Ist auch dies nur ein Traum?
"Traum und Wirklichkeit sind eins."
Zaghafte Berührungen wurden zu innigen Umarmungen, verstohlene Küsse zu leidenschaftlichen Liebkosungen. Noch nie gekanntes Feuer brach sich seinen Weg und die Körper wie auch die Seelen der beiden Männer vereinigten sich.
Erschöpft, aber noch durchflossen von Begierde und Leidenschaft tauchte Isida aus dem Wasser. Sie befand sich nun wieder in der Höhle vor dem Felsendom. Wie in Trance hob sie vereinzelte Flechten und abgefallene Ranken vom Boden auf und fügte sie zusammen. Wie von fremder Hand geführt, erreichte sie wieder das Wasserbecken im Zentrum der natürlichen Halle. Im Becken der dreigestaltigen Frauenstatue sah sie Gisborn und Iserion beim Liebesspiel. Doch kein Gram bemächtigte sich ihr, keine Scham durchfloss den beiden Männern. Gisborn streckte einladend seine Hand in Richtung seiner Gemahlin.
"Die Drei-Eine erwartet dich bereits." Güte lag in der Stimme Gisborns. "Lass uns zusammenfügen was zusammen gehört und uns ihr mit unseren Körpern und unseren Seelen hingeben."
"Das Land schenkt dir, Der-eins-ist-mit-dem-Land, eine neue Zier. Als Zeichen für die alten Bund und die neue Zeitenwende." Gemächlich glitt Isida zu den beiden Männern ins Nass und setzte Gisborn die verästelte Krone auf, in deren Mitte sich ein hell leuchtender Kristall befand.
"So folgen wir unserer Bestimmung und dienen dem Land!" Iserion nahm Gisborn und Isida an die Hand.
Die Drei versammelten sich um die dreigestaltige Statue der Drei-Einen und begannen ihren Reigen. In einer ihnen unbekannten Sprache besangen sie sich in tranceartiger Extase.
Autor: Bega