Geschichten:Spenden für die Ostmarken – Wege des Erfolgs
Burggräflicher Hof zur Gerbaldsmark, Schloss Gerbaldsaue, Anfang Boron 1040 BF:
Es herrschte geschäftiges Treiben auf dem malerischen Wasserschloss Gerbaldsaue, seit Reichsvogt Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor vom Reichstag aus Beilunk zurückgekehrt war. Dort hatte der gebürtige Aranier im kleinen Ratssaal seine engsten Berater Borro von Agur und Marbert vom Berg, sowie seinen Privatsekretär Romelio und den herrschaftlichen Kämmerer Baltram von Wiehingen versammelt.
„Wie gewünscht habe ich die entsprechenden Dokumente zusammengetragen. Die finanzielle Situation der Burggrafschaft ist äußerst zufriedenstellend, Hochgeboren“, begann der Kämmerer zu referieren. „Die burggräflichen Eigengüter Briskengrund und Silkwiesen haben sehr effizient gewirtschaftet, nicht zuletzt Dank der fähigen Vögte Hoffing und Hartwalden. Aber auch die Abgaben der Versallen waren laut Jahresschluss beachtlich. Hier ist zu vermerken, dass einzig Olruksburg und Grambusch rückläufige Einnahmen zu verzeichnen haben.“
„Beides Lehen der Königslinden, oder etwa nicht?“, warf Marbert vom Berg vielsagend ein.
„Ganz recht“, der Reichsvogt zog seine rechte Augenbraue hoch und wandte sich zum Edlen von Pilperquell, „Borro, die Königslinden müssen wir im Auge behalten. Es kann nicht sein, dass einer meiner Märkte rückläufige Einnahmen abwirft.“
„Du meinst einer der Märkte der Kaiserin“, stichelte Marbert süffisant, was vom Reichsvogt nur mit einem ernsten Blick gestraft wurde. „Fahrt fort, Wiehingen!“
„Kommen wir nun zu einzelnen Posten. Die Kosten für die Hofhaltung hier auf Gerbaldsaue haben sich im Vergleich zum Vorjahr erhöht.“
„Eine standesgemäße Hofhaltung ist unabdinglich, schließlich repräsentiere ich hier die Kaiserin. Daher ein hinzunehmendes Übel. Weiter!“
„Am oberen Silk liegt das burggräfliche Jagdgut Auenhain, das unter Hochgeboren Eslamsgrund und Hochgeboren Tannengrund nicht genutzt wurde.“ Baltram blickte auffordernd zum Reichsvogt.
„Ein Jagdgut, so so“, der passionierte Jäger und Falkner überlegte einen Moment, „dafür habe ich eine Verwendung, aber dazu später mehr. Weiter!“
„Zwingstein meldet, dass die Flurschäden der Schlacht nahezu beseitigt wurden. So weit zu den Ländereien der Burggrafschaft. Was Eure private Schatulle anbelangt, so sind die Ausgaben für die Hofhaltung Eurer Gemahlin in Vulperquell in den letzten Monden enorm gestiegen.“ Der Kämmerer schaute betreten zu Boden, er wusste das war ein heikles Thema.
„Vulperquell“, der Reichsvogt verdrehte die Augen, „kürzt die Bezüge für meine Gemahlin um ein Drittel, das Weibsstück wird mir zu teuer. Romelio, du wirst ihr einen Besuch abstatten und ihr die frohe Botschaft mitteilen!“ Der Angesprochene nickte hastig, hatte aber innerlich wenig Verlangen diese Rauschkrauthöhle zu betreten.
„Wunderbar“, Reto klatschte in die Hände, „kommen wir nun also zum eigentlich Grund für unser Treffen. Beilunk!“ Der Reichsvogt wandte sich wieder dem Kämmerer zu.
„Ja, sehr wohl“, beeilte sich Baltram, „Die Empfehlung der Delegation war ein Silbertaler pro Einwohner. Für die Gerbaldsmark als Ganze wäre dies ein Betrag von 1000 Dukaten, für die burggräflichen Ländereien Briskengrund und Silkwiesen weitere 76 und 96 respektive.“
„Fein, fein, macht 1300 Dukaten insgesamt draus ... nein, 2000 und addiert weitere 1000 aus meinem Privatvermögen. Nicht kleckern, sondern klotzen heiß die Devise.“
Ein Raunen ging durch die Runde. „Ihr seid großzügig, Hochgeboren. Ich habe keine Befugnisse über Eurer private Schatulle, daher kann ich über...“
„Romelio wird alles nötig veranlassen! Er wird auch meine liebe Mutter unterrichten“, unterbrach der Reichsvogt den Kämmerer. „Wie steht es mit meinen Versallen?“
„Uilstein und Wiehingen haben jeweils 300 Dukaten zugesagt“, der jugendliche Privatsekretär des Reichsvogtes räusperte sich, „Boten von dort sind bereits unterwegs hierher. Pfundt, Wirselrode und Vulperauen haben auch ihre Breitschaft erklärt. Die Klöster St. Ancilla, Ridhausen und Immering wollen auch reichlich spenden. Letztere wohl eher Saatgut und Geweihte. Eine Antwort aus Brachental steht noch aus. Zwingstein ist mit der Beseitigung der Schäden der Schlacht voll ausgelastet. Von Karseitz und Königslinden ist hingegen nichts zu erwarten … .“
„Königslinden schon wieder … wird Zeit die Linde etwas zu stutzen“, warf Marbert amüsiert ein.
„Na na, Marbert, so kampfeslustig kenne ich dich ja gar nicht“, nun war des der Reichsvogt der amüsiert grinste, „aber du hast Recht. Wir werden uns zu gegebener Zeit mit denen beschäftigen.“
Es klopfte an der Tür und Sibella Eorcaïdos von Aimar-Gor trat in Begleitung eines Jünglings ein.
„Liebster Vetter“, säuselte die aranische Schönheit“, der edle Recke Thyrian von Zweifelfels wünscht dich zu sprechen.“
„Habt Dank, liebste Sibella, sei so gut und begleite doch bitte unseren tüchtigen Kämmerer hinaus, seine Anwesenheit ist nun nicht mehr von nöten!“ Reto nickte seiner Base zu und richtete seinen Blick sogleich auf den Jüngling. „Du bringst Kunde von meinem lieben Freund Trenck?“
„Sehr wohl, Hochgeboren und nicht nur das.“ Mit diesen Worten hievte der Knappe des kaisermärker Landrichters zwei klimpernde Säckchen auf den Tisch.
„Sehr schön!“, frohlockte der Reichsvogt, „auf den Trenck kann man sich noch verlassen. Ich denke es wird Zeit unsere weiteren Gäste nicht länger warten zu lassen.“ Mit diesen Worten öffnete Romelio eine weitere Tür und drei Herrschaften betraten den Raum.
„Wohlgeboren Udalbert von Cletzau, Großgaretischer Almosenmeister, Wohlgeboren Voltan von Heiterfeld, Almosenmeister der Königreiches, sowie die hohe Dame Rimiona von Heiterfeld, Ordensmeisterin des Sturmflug-Ordens.“
„Es ist mir eine große Freude die hohen Herrschaften in Gerbaldsaue begrüßen zu dürfen.“ Reto breitete jovial seine Arme aus. „Meine Herren, ich habe die gemeinsame Rückreise aus Beilunk sehr genossen. Hohe Dame Heiterfeld, es ist mir eine Freude Eure Bekanntschaft zu machen.“
„Habt dank!“, begann Udalbert von Cletzau, „Ich bin mir sicher meine Begleitung wird mir beipflichten, wenn ich Unseren tiefen Dank für Eure Einladung ausdrücken darf.“
„So, nachdem wir die Höflichkeiten ausgetauscht haben, sollten wir uns an die Arbeit machen.“ Der Reichsvogt deutete den Herrschaften am Ratskammertisch Platz zu nehmen. „Marbert, mach doch bitte unseren Freund Thyrian mit dem Rossreut bekannt. Ein hesindegefälliger Geist der seines gleichen sucht. Ach ja, Salix soll den beiden ebenfalls Gesellschaft leisten. Ein wenig erbaulichen Austausch wird ihm sicher gefallen.“ Der Ritter von Udalberts Steige verließ wie ihm geheißen mit dem Zweifelfelser den Raum. Reto fuhr fort: „Wie bereits besprochen, werden wir die Spenden für die Ostmarken hier in Gerbaldsaue sammeln.“
„Ganz recht, mein Gutster, unsere Aufgabe als Almosenmeister wird es sein den Adel zu motivieren freudig-spendabel zu sein, sowie wenn nötig – und davon gehe ich aus, man kennt das ja - die Überführung der Spenden hierher zu überwachen.“, ergänze Voltan von Heiterfeld. „Dazu ganz passend - wie gehen wir mit den Berichten von den marodierenden Söldnern um, die besonders östlich der Goldenen Au ihr Unwesen treiben sollen? Immer diese schurkischen Schurken, man könnte fast meinen die richten ihre Kalender danach ein, wann sie das Herz das nächste mal heimsuchen.“, sagte der dauerlächelnde Mann und zog an seiner Pfeife, die er sich genüsslich anzündete.
„Ah, wie glaubwürdig sind diese Berichte?“, wollte Udalbert wissen.
„Die ersten Berichte über diese Banden stammen von Stoerrebrandt und nach weiteren Nachforschungen soll es sich um bis zu 300 versprengte Kämpfer aus den Reihen Haffax handeln, die in kleinen Banden von bis zu 20 Halunken zwischen Gareth und Rommilys ihr Unwesen Treiben“, erläuterte der Reichsvogt.
„Ha, wieder so ein Zufall - genau dort, wo wir mit unseren Spendenzug durch müssen.“, stellte Voltan ohne Umschweife fest, doch sein Gesicht verriet, dass er schon mehr wusste, sein Lächeln war nur noch breiter geworden.
„Ganz Recht und kommt Ihr ins Spiel, werte Rimiona.“ Reto blickte zur Edlen von Ährenfeld. „Wir sollten den Sturmflug-Orden für die Sicherheit unserer Unternehmung heranziehen. Selbstverständlich würde ich umgehend Mitglied werden und wüsste noch eine Handvoll weitere die dies tun würden. So hätten wir nicht nur alles aus einer Hand, sondern können auch noch gleichzeitig den Orden ein wenig glänzen lassen … .“
„… Den Weg sichern, indem er Jagd auf diese Banden macht, ein Unterfangen was unserer gerade verstorbenen Initiatorin sehr gefallen hätte.“, ergänzte Rimiona von Heitefeld den Reichsvogt, die sich gewohnt kämpferisch gab.
„Wir verstehen uns, Werteste!“ Reto schmunzelte.
„So soll es also sein, wir werden den Orden unverzüglich in Aktion versetzen“, frohlockte die sonst eher nüchtern wirkende Edle überraschend gelöst, ihr gefiel die Wendung die dem Orden bevor stand, nachdem dieser zuletzt ein paar Schläge hatte verkraften müssen.
„Und denkt daran das Wort der gütigen Travia in die Goldene Au zu tragen, auf das wir in Rommilys nicht mir leeren Händen dastehen!“, jovial ausgesprochen doch ernst gemeint vom Reichsvogt.
„Da haben wir schon weitreichende und äußert gute Erfahrungen in Ochsenblut. Garetien wird sicher gut dastehen, ich bin in dieser Hinsicht wohl ein guter Griff, würde man sagen. Da könnte mir auch einer Eurer Untergebenen auch so gleich die Zahlen aus der Gerbaldsmark zu Teil werden lassen.“, gab die heitere Stimme des Heiterfelders zur Antwort, bevor die Gäste kurz darauf unter besten Wünschen den Saal verließen und sich nur noch Borro von Agur und sein Sohn Romelio mit dem Reichsvogt im Raum befanden.
„Eine Frage, Reto“, wollte der ehemalige Kanzleiassessor wissen, „du könntest dich auch einfach zurücklehnen und das Leben hier in genießen.“
„Es ist ganz einfach, Borro“, begann der Reichsvogt, „ich bin hier nur der Platzhalter für wen auch immer, vermutlich für irgendeinen Gareth-Spross oder Luring-Gareth. In wenigen Götterläufen ist mein Platz an der Sonne wieder vorbei. Ich muss mich also in Erinnerung halten und mich profilieren. Dieser Posten soll nicht der letzte für mich sein.“
Mit großen Augen sah Romelio sein großes Vorbild an. Er würde hier noch viel lernen können, um einmal selber im Glanze der Sonne zu strahlen.
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Von kleinen Strohpuppen und großen Summen | ▻ |