Geschichten:Die Spur der Bekenner – Feuer & Glut

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Kronfeste Serrinstein, Königlich Serrinmoor, Anfang Rahja 1041 BF

Am nächsten Morgen setzte sich der großfürstliche Tross Richtung Serrinmoor in Bewegung. Die Spur der Ketzer führte weiter nach Südwesten. Die alten Granden um Malwarth, Leomar, Selo und Marnion drängten den großfürstlichen Prinzen dazu, in der Kronfeste Serrinstein Quartier zu nehmen und der dortigen Kronvögtin Celissa von Falkenwind seine Aufwartung zu machen. Unglücklicherweise war diese abwesend – sie verweilte wohl bei ihrem Bruder, dem Baron von Falkenwind, wie es hieß. Vertreten wurde sie durch ihre Mutter Rahjagunde.

Die alterslos schöne und geheimnisvolle Frau empfing die Entourage des Prinzen freundlich, aber unverbindlich. An den Geschehnissen auf der Pfalz Kaiserley zeigte sie wenig Interesse und wirkte schnell gelangweilt. Vielmehr umgarnte sie mit ihrer betörenden Aura die stattlichen Mannsbilder. So zeigten die meisten der alten Granden wenig Elan den Prinzen und seine Ritter in den nahegelegenen Marktflecken Weißenstein zu begleiten. Dort hätten einige Bekenner wohl gar die Geweihtenschaft des Praios-Tempels unterwandert, wie Gerüchte besagten, und das schon seit einigen Götterläufen. Die junge Kammerdienerin Enaya hatte dem Prinzen in einem vertrauten Moment zugeflüstert, dort Antworten auf seine Fragen zu bekommen.

Unverzüglich ließ der Prinz Sigman die Pferde satteln und zog mit seinen Leibrittern und Knappen, sowie den drei Märkern Answin von Heißwassern, Praan von Rieperngaum und Mahelon von Pfiffenstock, aus, um die seltsamen Umtriebe in Weißenstein zu erkunden. Auch Gerion von Keres und Adrianus von Amselhag begleiteten den Prinzen.


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Markt Weißenstein, Königlich Serrinmoor, Anfang Rahja 1041 BF

Weißenstein lag etwas abseits der Serrinmorrer Landstraße. Die Reiterschah folgte dem gut ausgebauten Knüppeldamm durch die berüchtigten Serrinmarschen. Vorsicht war geboten, das zeigte auch die Unvorsichtigkeit der jungen Morgana von Sennenberg-Ruchin, als sie mit ihrem Pferd, wohl in einem Schwang von Übermut, den sicheren Damm verließ und beinahe mit ihrem Reittier im Moor versank. Nur Dank dem beherzten Eingreifen von Obarin von Pfiffenstock, Madalieb von Stolzenfurt und Raulgerte von Albensteyn konnte Schlimmeres verhindert werden.

Die kleine Siedlung, einst Hauptort der ehemaligen Baronie Weißenstein, war das klerikale Zentrum des Waldsteiner Praiosglaubens, denn hier stand der größte und wohl bedeutendste Tempel des Götterfürsten der Grafschaft. Die hiesige Junkerfamilie war für ihre Praiosfrömmigkeit und -strenge bekannt und berüchtigt.

„Seht her, dort drüben!“, rief Mora von Zweifelfels aufgeregt. Mehrere schwarze Rauchschwaden stiegen unaufhaltsam in den Himmel.

„Ist das etwa der Tempel des Götterfürsten, der da in Flammen steht?“, schrie Iriane Phexlieb von Ruchin entsetzt.

„Nein, nein!“, beruhigte Bran von Sturmfels, „die Feuer lodern außerhalb des Dorfes.“

„Scheiterhaufen!“, entgegnete Yasinthe von Siebenthal mit ruhiger Stimme.

„Ganz recht, folgt mir!“ Mit diesen Worten gab der großfürstliche Prinz seinem Pferd sie Sporen und die Reiterschah folgte seinem Beispiel.

Als die Reiter an ihrem Ziel eintrafen, stockte ihnen der Atem. Die Szenerie war gespenstisch. Der dichte Qualm biss in den Augen, überall roch es nach verbranntem Fleisch. Thallion von Greifstein wurde leichenblass, Übelkeit stieg in ihm hoch. Auch der sonst so resolute und unerschrockene Tawil von Sturmfels wirkte sichtlich schockiert. Den Göttern zur Ehr zwölf Scheiterhaufen brannten lichterloh. Die markerschütternden Schreie der Brennenden würden noch lange nachhallen in den Ohren, auch wenn ihre Körper nur noch ein schwarzes Etwas oder ein Häufchen Asche waren.

Im dichten Rauch erspähte Ucurian von Sturmfels-Feuerfang eine Menschengruppe. Sie standen vor ein einem gerade neu aufgeschichteten Scheiterhaufen an dem eine junge Frau festgebunden wurde. Prinz Sigman gab ernsten Blickes das Zeichen dorthin zu reiten. Dort angekommen saßen er und seine Gefährten ab. Elissa Rondara vom Berg und Ardur von Zackenberg sahen sich hastig um.

Zwei ältere Herren, der eine mit Glatze und im prunkvollen Ornat eines Prälaten der Praios-Kirche angetan, der andere offensichtlich ein Adliger, sowie ein knappes Dutzend Gardisten des hiesigen Junkers standen andächtig um den Scheiterhaufen herum. Barduron Wenzel von Stolzenfurt meinte im dichten Rauch auch die reinweißen Umhänge der Bannstrahler zu erblicken. Oder täuschte er sich?

Der weltlich gekleidete, ältere Herr drehte sich zu den Neuankömmlingen und stellte sich als Junker Arnulf von Weißenstein vor. Den weitaus älteren Mann im Praios-Ornat erkannte Praan, es war der ranghöchste Diener des Götterfürsten in Waldstein, Prälat Gutfried von Weißenstein.

Nach der formalen, noch etwas skeptischen Begrüßung erhob Praan das Wort. „Meine Brüder vorm gleißenden Antlitz des Götterfürsten, was ist das Vergehen dieser jungen Maid und den anderen Gerichteten?“

„Schwester Praiodane ist die Rädelsführerin dieser Ketzer, sie plante im Schatten die Unterwanderung dieser Stätte des Lichtes. Ein Vergehen wieder Ordnung und Wahrheit.“, begann Gutfried von Weißenstein, „Sie hat die verderbten Lehren in unseren heiligen Tempel getragen und verbreitet. Die anderen waren ihr höriges Gefolge.“

Die Versammelten des Rudels und ihrer Begleiter beäugten skeptisch die Situation, doch konnten an den Anwesenden und ihren Worten keine Lüge finden. Während die Irrlehrende am Pfahl flehte und bellte und letztendlich die "Tunichtsigen, falschen Ritter..." verfluchte und "ihnen ihren Praios gegebenen Stand absprach, da sie diesem nicht würdig waren, da sie dem Herrlichen in ihrer Falschheit spotteten." Genug Beweis letztendlich.

Mit der brennenden Fackel in der Hand und dem heiligen Feuer im Blick wandte sich der Prälat der Praios-Kirche dann der jungen, immer noch fluchenden Frau zu. „Du, verdammte Frevlerin und Verführerin unbescholtener Untertanen unserer Königin, du wirst nun brennen und vor den gleißenden Richter treten.“ Mit diesen Worten setzte er den Scheiterhaufen in Brand.

Pure Verzweiflung stieg in der Verurteilten auf. Nun flehend warf sie verzweifelte Blicke in Richtung des Fuchsrudels. „Ich bin unschuldig, so helft mir doch. Ich habe nur das Wort des Götterfürsten gelehrt, wie es mir auferlegt wurde. Meine Seele ist rein und ohne Frevel. So helft mir doch …. ahhhhh.“

Iriane wollte einen Schritt vorgehen, doch wurde sie von Tawil abgehalten. Schützend legte er seinen Arm um sie, damit sie das Grauen zumindest nicht mit ansehen musste. Die markerschütternden Schreie der brennenden Frau würde keiner der Knappen jemals vergessen.

Adrianus wendete sich unter dessen an den Prinzen, der bis jetzt die Szene regungslos mitverfolgt hatte. „Mein Prinz, hier läuft etwas aus dem Ruder. Ihr müsst dem Einhalt gebieten. Wenn die Bevölkerung das hier falsch auf nimmt, wird es einen Aufstand geben der sich zu einem Flächenbrand entwickeln kann. Und die Bannstrahler fackeln nicht lange. Ein Gemetzel wird auf euch, euer Haus und auch das Fuchsrudel zurück fallen. Wir dürfen den Ketzern nicht mit erbarmungsloser Härte in die Hände spielen. Das Volk braucht wieder einen rechten Weg und eine Herrschaft an die es glauben kann. Das hier ist Barbarei und ihr seit die einzige Autorität, die das unterbinden kann.

Praan fuhr herum und blaffte den jungen Krieger an. „Selbst wenn ich euch bedingt Recht gebe. Wie stellt ihr euch das vor? Hier wurde Recht im Namen des Herrn gesprochen. Wollen wir das in dieser Situation anzweifeln? Außerdem sind die Bekenner von der Mutterkirche verboten und zu Häretikern erklärt. Das wäre ein direkter Affront gegen die Kirche. Bedenkt das, mein Prinz.“

Der Krieger ließ sich nicht durch die Autorität des älteren Geweihten einschüchtern. „Ja, genau das sollten wir. Wir müssen dieses Urteil untersuchen. Und ich schlage während der Untersuchung einen theologischen Disput vor. Wir laden die Bekenner unter freiem Geleit hier auf Weißenstein zu einer Debatte ein. Unter den Augen des Prinzen sollen sich die Gruppierungen der Praioten in einem Streitgespräch mit den Lehren der Bekenner auseinander setzen und ihre Lehre vertreten. Die Bekenner müssten sich stellen, ihre Lehre ausbreiten und werden angreifbar. Wir gewinnen Zeit, mehr Einsicht ihn ihre Organisation und mit der Gnade des Herrn wird es vielleicht eine Lösung geben. Was meint ihr?“

„Welche Bekenner meint Ihr genau, Amselhag? Die, die gerade verbrannt sind? Wir müssten schon einen Nekromanten bemühen um mit denen einen, wie Ihr sagtet, theologischen Disput zu führen.“ Der Unterton von Ardur klang nicht ohne Hohn.

„Für die Gerichteten können wir nichts mehr tun“, stellte Prinz Sigman mit fester Stimme fest, „doch unsere Aufgabe ist hiermit noch nicht erfüllt. Die Bekenner sind keine rein klerikale Angelegenheit. Wir werden uns dieser Angelegenheit annehmen ohne unsere hehren Tugenden zu verraten!“

Die gesamte Gruppe wandte sich letztendlich ab, während das Feuer hinter ihnen noch zischte und gluckste. Die Stimmung war irgendwo zwischen erhaben, aggressiv und niedergeschlagen anzusiedeln.

Doch natürlich kam man ins Gespräch, darüber wie sie den Bekennern - nach den vielen Geschichten aus Greifenfurt - auf die Schliche gekommen waren und gar die Bannstrahler zur Unterstützung der Garde des Junkers.

Doch waren ihnen wohl zwei dieser Irrgläubigen entkommen, einer davon selbst gerade erst aus Zalgo hier eingetroffen. Beide konnten sich wohl in die östlichen Wälder flüchten.

Wo eben noch enttäuschter Edelmut war, blitzte nun neuer Tatendrang beim Prinzen auf und er trieb sein Gefolge an die letzten beiden Flüchtigen zu erhaschen.