Heroldartikel:Tod eines Reichsverräters

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Die Hinrichtung des Gero von Hartheide

Gareth. Weit über ein Götterlauf ist mittlerweile vergangen seit der Zusammenkunft der Adligen des Reiches auf Burg Mersingen, nachdem man den zwölfmal verfluchten Daimonenmeister geschlagen und den Tod unseres geliebten Königs und Reichsbehüters Brin von Gareth zu betrauern hatte (der Herold berichtete in Ausgabe 8). Ebenso wie die Erinnerung an Sieg und Verlust sitzt der Schrecken über ein weiteres Ereignis dieser Tage noch tief in den Köpfen und Herzen des Reiches verwurzelt: die Rückkehr des Reichsverräters Gero von Hartheide in die zwölfgöttlichen Lande und dessen Eid, den Lehren des Daimonenmeisters abgeschworen zu haben und gleichsam zu Zeichen seines guten Willen ein Schriftstück übergab, in welchem alle ihm bekannten Diener des Finsteren verzeichnet waren. Dieses als die ”Hartheide-Liste” bekannt gewordene Pamphlet war, wie sich der geneigte Leser auch Auslöser einiger anderer Ereignisse um Verrat und Hinterlist, aus welchem letztlich auch die Jagd auf den fürderen Baron von Weißbarûn, den nunmehr in Acht und Bann stehenden Jellinor Tremal von Kollberg, durch die Perricumer Lande resultierte. Doch mitnichten war man innerhalb des Adels wie auch der Bürgerschaft nicht willens, Herrn Hartheide zu verzeihen, zu schwer wogen die Gräueltaten, die er mit seinen gefürchteten und berüchtigten ”Schwarzen Reitern” begangen hat, von denen das Massaker zu Aschenfeld nur der traurige Höhepunkt war. Trotz dieser Taten ließ jedoch die Hinrichtung des schon dazu Verurteilten immer und immer wieder auf sich warten, so dass insbesondere aus den Reihen des Adels während der Feierlichkeiten zur Einweihung der Feste Cumrat mannigfaltige Anfragen über den Verbleib des Verräters an den Reichserzkanzler Hartuwal Gorwin vom Gro0en Fluss herangetragen; ja, allerorten schien man zu fürchten, dass auch Hartheide wie einstens der schändliche Answin von Rabenmund über kurz oder lang auf Nimmerwiedersehen aus dem Kerker verschwände. Doch, den Zwölfen sei Dank, sollte es soweit nicht kommen.

Schon Mitte Rondra machte in Gareth das Gerücht die Runde, dass der Verräter in Kürze endlich vor die gestrengen Augen Gevatter BORons treten müsse; der Redefluss und Informationswert Hartheides hatte augenscheinlich beträchtlich nachgelassen. So ward denn gegen Ende des Rondramondes in der Kaiserstadt auf dem Greifenplatz ein Podest mit dem Richtblock darauf errichtet, und ab dem ersten Tage des Efferdmondes kündeten die Herolde zu jeder vollen Stunde, da die Praiosscheibe am Himmel stand, von der Richtstätte aus von den Untaten des Verräters und der bevorstehenden Hinrichtung, und von Tag zu Tag versammelten sich mehr Bürger dort, um, nachdem die Herolde geendet hatten, in lauten Jubel auszubrechen.

So war denn am Tage der Urteilsvollstreckung, dem 12. Tage des Efferdmondes, auch annähernd die halbe Stadt auf den Beinen, um des blutigen Spektakels ansichtig zu werden. Auch etliche Adlige aus den angrenzenden Landen hatten es sich nicht nehmen lassen, sich unter das Volk zu mischen, und nicht wenige kamen direkt von der großen Weidener Herzogenturnei in die Stadt gereist oder machten wegen dieses Ereignisses einen etwas längeren Halt auf der Heimreise. Selbst die Reichsregentin wie auch des Reiches Erzkanzler hatten sich am Morgen in die Königlich Garetische Staatscantzeley geleiten lassen, um gemeinsam mit den meisten der dort versammelten Garether Burggrafen das Schauspiel zu beobachten. Anders erging es da schon dem Staatsrate Praiodan von Luring, der wenig später zusammen mit dem Wahrer der Ordnung Mittellande, Pagol Greifax von Gratenfels, und dem Hartsteener Inquisitor Celesto Custodias dem Zug voranschritt, welcher den Delinquenten zur Stätte des ihm bestimmten Todes geleitete.

Es dauerte eine Weile und kostete die Büttel einige Anstrengungen, sich einen Weg durch die aufgebrachten Massen zu bahnen, den in Ketten gelegten und mit einem weißen Gewand bekleideten Reichsverräter mit sich ziehend. Hartheides einstmals kurzgeschorenes Haar hing in wirren, langen Strähnen vom Schädel herab, und auch der Bart hatte schon lange keinen Barbier mehr gesehen. Die wütende Menge warf unentwegt mit Unrat auf den Verurteilten, so dass dessen weißes Büßergewand schließlich nur noch eine schmutziggraue Kutte war, als der Zug die Richtstätte erreichte. Nachdem die Fanfaren der Herolde verstummt waren, richtete der Wahrer der Ordnung das Wort an das Volk und hielt eine flammende Predigt wieder die Umtriebe der verderbten Daimonenknechte, und ”Heilig, heilig, heilig!” schallte es aus mehr denn tausend Kehlen über den Platz, als er geendet hatte. So wurden denn anschließend nochmals die Gräueltaten Hartheides und das Urteil verlesen. So zwangen denn die Büttel den Verräter auf die Knie, der sich plötzlich, nachdem er zuvor schicksalsergeben alles über sich hatte ergehen lassen, ohne auch nur aufzublicken, schließlich unter großen Mühen auf die Knie und drückten den Kopf auf den Richtblock.

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”Boron befiehlt es!” rief da der Scharfrichter, das Gesicht unter einer schwarzen Maske verborgen, und holte mit dem Richtschwert aus. Mit einem schnellen Hieb trennte er den Kopf des Verräters von dessen Schultern, und polternd fiel der Schädel auf die Bretter der Richtstätte, derweil sich rotes Blut auf die Planken ergoss und dort dunkle Pfützen bildete. Sodann fasste der Scharfrichter Hartheides Haupt am Schopf und hielt den Schädel in Höhe, auf dass einer jeder erkennen mochte, dass das Urteil vollstreckt war.

”Es ist vollbracht, der Verräter ist gerichtet. Mögen die Zwölfe seiner Seele gnädig sein!” rief da Celesto Custodias in die Menge und der aufwallende Jubel brachte die Erleichterung des Volkes lautstark zum Ausdruck. Lediglich Staatsrat Praiodan von Luring, dem das ganze Procedere äußerst zuwider zu sein schien, machte sich alsbald von der Richtstätte auf in die Staatscantzeley, um sich wieder seinen Amtsgeschäften zu widmen.

Hartheides Leichnam ward schließlich wenig später auf einem eigens neben der Richtstätte aufgeschütteten Scheiterhaufen verbrannt, und schnell fraßen sich die Flammen durch das pechgetränkte Holz, den Leib des Verräters dabei in schwarze Asche zu verwandeln. Auch die Verbrennung schien beim Volke auf großes Interesse zu stoßen, denn nicht wenige, die sich auf den Heimweg machten, pilgerten noch einmal am Feuer vorbei und besahen die verkohlten Überreste, gleich so, als ob sie sich noch einmal aus der Nähe vom Ende des Verräters überzeugen müssten. Die Asche ward schließlich, nachdem das Feuer verloschen war, von den Totengräbern und zwei Geweihten des Boron auf einen Totenkarren geworfen und hinaus auf den alten Boronanger nahe der Rabenstatt – der alten Richtstätte Gareths – gebracht. Dort wurde Hartheides Asche im Beisein des Inquisitors Custodias und einiger Büttel den Riten der Boron-Kirche gemäß verscharrt. Um ein Schindludertreiben finsterer Gestalten zu verhindern, wurde zudem durch den Inquisitor angeordnet, dass die Grabstätte zwölf Wochen lang bewacht werden solle.

So ist denn nun auch der letzte sich in den Händen der Reichsgerichtsbarkeit befindliche Verräter seinem gerechten Schicksale zugeführt worden. Mögen die Zwölfe geben, dass dieses alsbald auch den noch flüchtigen Schergen der schwarzen Horden beschert sein möge.



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Texte der Hauptreihe:
Autor: CD