Geschichten:Ein neuer Staatsrat - Abends auf Burg Scharfenstein

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Burg Scharfenstein, Baronie Schwarztannen, Grafschaft Reichsforst, 25. Rahja 1029BF, abends


"Hat er wieder nichts gegessen?" fragte Enria von Schwarztannen die Magd Hanna.

"Nein, Herrin. Er hat sein Essen kaum angerührt. Als ich gerade oben war, um zu schauen, ob der Herr Baron noch etwas braucht, hat er mir aufgetragen, das Tablett wieder mitzunehmen." "Was macht er denn die ganze Zeit?"

"Als ich oben war, stand er nur am Fenster und hat die Sterne beobachtet. Er hat sich gar nicht zu mir umgesehen. Und…", die Magd blickte sich um und flüsterte, "… und ich glaube, er hatte wieder diese Haarsträhne in der Hand." Erwartungsvoll blickte Hanna ihre Herrin an.

"Hat er diese Elfe immer noch nicht vergessen? Seit dem großen Sturm ist er wie ausgewechselt. Er sollte sich mal langsam wieder um seine Baronie kümmern." erwiderte Enria zornig. "Du kannst jetzt gehen. Wenn ich noch etwas brauche, rufe ich Dich."

Eine halbe Stunden später klopfte es an der Tür. "Ja?" rief es von innen heraus. Enria von Schwarztannen betrat das Arbeitszimmer ihres Sohnes. "Wie ich höre, hast Du schon wieder Dein Abendessen nicht angerührt. Was ist denn bloß los mit Dir? Seit Tagen schließt Du Dich hier oben im Turm ein. Ist es immer noch wegen diesem Ereignis in der Sturmnacht?"

Raulfried blickte weiter hinaus aus dem Fenster und schien das Gesagte seiner Mutter nicht zu hören.

"Du musst Dich wieder um die Baronie kümmern! Meister Hochsettler möchte Dich wegen des Ausbaus der Burg sprechen und die Königin will voraussichtlich einen neuen Staatsrat für Garetien bestimmen." Sie wartete einen Augenblick und fügte dann hinzu, "Hörst Du mir überhaupt zu? Ein Staatsrat! Das bedeutet ein weiterer der uns Vorschriften macht und nur an unser Geld will. Darauf müssen wir reagieren."

"Ein neuer Staatsrat? Gibt es bereits Meinungen im Königreich dazu?" drehte sich Raulfried endlich zu seiner Mutter um.

"Luidor von Hartsteen hat Ederlinde von Luring vorgeschlagen. Ansonsten sind noch der Baron von Höllenwall und ein Zwerg aus dem Schlund vorgeschlagen worden."

"Ederlinde von Luring? Sie wird doch bald den Baron von Hirschfurten heiraten. Hat dieser sich auch bereits dazu geäußert?"

"Ja, das Komische ist nur, dass er selber seinen Vetter Junkobald von Hirschfurten vorgeschlagen hat."

"Das ist ja hoch interessant. Ich frage mich, was da wohl hintersteckt. Vermutlich sieht sich unser strahlender Reichsforster Ritter nicht zum Gatten der zukünftigen Staatsrätin berufen.", lachte Raulfried kurz auf.

"Und welche Meinung hast Du dazu, mein Sohn?"

"Ich denke, ich muss mich mit Nimmgalf treffen. Die Position seiner Pfortenritter wird die Königin sicher nicht unbeachtete lassen. Ich denke, es wird Zeit sich einmal ausführlich um die Zukunft von Reichsforst zu unterhalten."

"Reise doch über Waldfang. Ich habe gehört, dass seit ein paar Monden die Nichte der Baronin die Amtsgeschäfte übernommen hat."

"Waldfang? Der Umweg kostet mich einen Tag.", stöhnte der junge Baron.

"Wir müssen unsere Beziehungen zu unseren Nachbarn verbessern. Wir müssen unserer Stimme wieder mehr Gewicht verleihen. Außerdem…", sie machte absichtlich eine Pause, "außerdem ist sie noch unverheiratet. Eine Verbindung mit Waldfang wäre sicherlich keine schlechte..."

"Genug. Fang nicht schon wieder mit diesem Thema an. Ich werde morgen reisen. Lass mich nun allein." unterbrach Raulfried genervt seine Mutter und blickte wieder aus dem Fenster.

Beim Verlassen des Raumes konnte Enria sehen, wie ihr Sohn wieder die Haarsträhne dieser Elfe gedankenverloren betrachtete. Seufzend schloß sie die Tür hinter sich.