Benutzer:Bega/Briefspiel in Perricum

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Eine Knappin für einen Knappen

Eine Knappin für einen Knappen — Briefspielreihe


Im Tal der Pferde

Ort: Baronie Herdentor

Zeitleiste wichtige Ereignisse

  • Anfang Praios 1041 BF - Martok beim Turnier in Gareth
  • Praios 1041 BF - Wulfhelm und die Familie regeln hinter den Kulissen Verlobungen etc.
  • Praios/Rondra 1041 BF - Entführung Darian von Brendiltal durch den Korbrunner (öffentliche Bekanntwerdung erst gegen Boron)
  • Ende Travia 1041 BF - Martoks Prozession und "Erleuchtung".
  • Anfang Boron 1041 BF - Beginnende Krise in Herdentor, wegen "Abwesenheit" Martoks, laute Ansprüchen Darians, Aurels und Irians II. auf Herdentor
  • Ende Boron 1041 BF - Treffen der Frauen in Haselhain (Bündnisse werden angegangen)
  • Mitte/Ende Hesinde 1041 BF - Tod Wulfhelm von Sturmfels
  • Ende Hesinde 1041 BF - Irian II. von Brendiltal muss Handeln und setzt einen Brief auf (an wen? Sulamith?)
  • Ende Hesinde 1041 BF - Herdentorer Hof ist gelähmt, Sebarin rasselt mit den Säbeln und die aranische Brut lächzt (Roschane zieht sich zurück?)
  • Ende Hesinde 1041 BF - Ein Treffen in Dreitempelhof wird organisiert.
  • Anfang Firun 1041 BF - Treffen in Dreitempelhof? (Sulamith, Mara, Roschane)
  • Ende Tsa 1041 BF - Dreitempler-Orden wird gegründet
  • Mitte/Ende Peraine 1041 BF - Kollegseröffnung und Malmerzusammenkunft

Sonnendämmerung

Gerüchte am Markgrafenhof

Schloss Perringrund, Sitz des Markgräflichen Hofes zu Perricum, Anfang Tsa 1041 BF:

Die weitreichenden Stallungen für die Reittiere der Höflinge waren wie immer in einem sehr guten Zustand. So, als würde eine Inspektion des Markgrafen persönlich anstehen. Aber so war Brendtil von Turatal, der Stallmeister von Schloss Perringrund. Er liebte 'seine' Pferde und hegte und pflegte sie wo er nur konnte. Das wusste auch Irian von Brendiltal nur allzu gut.

Der 30 Sommer zählende Nebachote mit Glatze und Dreitagebart schlenderte den langen Gang des Stalls entlang. Rechts und links von Pferdeboxen gesäumt. In einen der Boxen fand er schließlich den Stallmeister.

„Brendil, alter Freund, natürlich finde ich dich hier.“ Die Begrüßung der beiden ungleichen Nebachoten fiel freundlich aus. Beide kannten sich schon seit vielen Jahren, sahen sich aber denkbar selten dieser Tage. „Da ich weiß wie sehr du auf Rösser stehst, habe ich keine Kosten und Mühen gescheut und dir das hier mitgebracht.“ Irian übergab dem Stallmeister ein paar Skripte.

„Ah über die Zucht der Shadif, hab Dank!“, entgegnete Brendil sichtlich erfreut. „Ich schau gleich mal nach meiner Geldkatze.“

„Ach wo, nicht nötig“, winkte Irian gönnerhaft ab, „ist ein Geschenk.“

„Wie komme ich denn zu der Ehre?“ fragte der Stallmeister etwas überrascht.

„Für einen alten Freund, denn diese sind unserer Tage kostbar.“ Irian lächelte breit. „Erzähle mir vom Leben am Hof. Ich bekomme doch in der Abgeschiedenheit Sebarins nicht wirklich was mit.“

„Du weißt doch ich schere mich nicht um die Spielereien der Hofschranzen.“ Brendil griff wieder zu seiner Schaufel um den Pferdemist aufzusammeln, selbst das tat er selber.

„Na, irgendwas wirst du doch bestimmt gehört haben, mein Freund!“ Das Grinsen Irians verhärtete sich zu einer Fratze.

„Die alte Misha aus der Küche hat mir erzählt, dass bald eine hochadlige Knappin aus dem Garetischen eintreffen soll.“

„So?“

„Ja eine aus dem Kaiserhaus … ne aus Maraskan oder so. Eine Sanzerforst. Sie soll wohl gut reiten können.“

„Davon bin ich überzeugt.“ In Irians Augen blitze unaussprechliche Gier auf. „Aber das ist für mich nicht weiter wichtig. Was hast du noch gehört? Was zu Brendiltal … ich meine Herdentor?“ Irian spie die letzten Worte förmlich aus.

„Ah, du meinst die Verblendung des großen Martok. Man ist am Hof nicht glücklich über die neusten Entwicklungen … nun da auch noch der alte Sturmfels zu Boron gefahren ist.“

„Ja ja, die Martok-Linie hat sich als unfähig erwiesen den Norden Brendiltals zu beherrschen. Es wird Zeit das zu ändern, sonst reißt Eslams Hure noch unsere ganze Familie mit in den Abgrund.“

„Der Markgraf wird schon das Richtige tun“, antwortete der Stallmeister lakonisch und schippte weiter fleißig Pferdescheiße.

„Ja sicher, der Markgraf … .“

Als der Stallmeister das nächste Mal aufblickte, war sein Gesprächspartner bereits verschwunden.


Autor: Bega

Drei Frauen in Dreitempelhof

Dorf Dreitempelhof, Baronie Herdentor, Anfang Tsa 1041 BF:

Der Ort bildete in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit in der Markgrafschaft. Zum einen, weil es keine gewöhnliche Siedlung war, sondern vielmehr eine Art kleine Tempelstadt der drei lieblichen Schwestern, dem wohl nur Rashia'Hal das Wasser reichen konnte. Zum anderen war das Fehlen von Leibeigenen bemerkenswert. Einzig freie Bauern und Handwerker lebten hier und bewirtschafteten ihr eigenes, oder das vom Tempel gepachtete Land. Die Bewohner waren freundlich, Fremden gegenüber aufgeschlossen und fleißig. Die Güte der göttlichen Schwestern stand ihnen ins Gesicht geschrieben, wie die anderen Herdentorer über die Dreitempelhofer zu sagen pflegten.

An einem Tage im Firun begab es sich, dass drei Frauen edlen Geblüts den Tempelkomplex betraten. Die Erste, vorsichtig, gar ängstlich im Gang, schritt durch die Halle der gütigen Peraine; die Zweite, schwungvoll und entschlossen, durchquerte die Halle der lieblichen Rahja; während die Dritte erhaben und stolz, die Halle der Tsa in Richtung des zentralen Kuppelgewölbes durchschritt. Eine jede edle Dame hielt vor dem jeweiligen Altären der drei Göttinnen inne und die ein oder andere mochte ein kurzes Gebet gesprochen haben.

Vor dem Altar der ewig wandelbaren Tsa kamen die drei Frauen schließlich zusammen.

„Warum bin ich hier?“, die schneidige Stimme Sulamiths durchbrach die Stille.

„Herdentor steht am Scheideweg. Mein Sohn wird auf absehbare Zeit nicht aus Praiseneck zurückkehren. Mein Vater ist tot. Unsere Feinde stehen bereit uns zu zerfleischen.“ Maras Stimme wirkte ernst.

„Ihr habt Angst um Eure Macht“, Sulamith funkelte die Baronsmutter vielsagend an. „Ihr habt Angst, das der Sebariner Eure Enkel abschlachtet, nun, da Eurer Sohn 'indisponiert' ist.“ Bei den Worten zuckte Roschane unwillkürlich zusammen.

„Wer sagt Euch denn, dass ich nicht auch den Sturz Eures Blutes will?“, fügte Sulamith kalt lächelnd hinzu.

„Der Sebariner wird auch vor Euch nicht haltmachen, wenn er erst mal meine Kinder … .“ Roschanes leise Stimme erstickte förmlich an den ausgesprochenen Worten. Der Gedanke war zu grausam.

„Der Sebariner ist ein größeres Übel für Euch und das ist Euch auch klar.“ Die Stimme Maras klang fester und durchdringlicher als von Sulamith erwartet.

„Angenommen ich würde nicht auch Euren Sturz wollen – zumindest jetzt nicht - was schlagt Ihr mir vor?“

„Lasst uns gemeinsam - wie die drei lieblichen Schwestern - zusammenstehen und Herdentor vor dem Untergang bewahren.“ Maras Worte klangen beschwörend.

„Ganz selbstlos? Wie die lieblichen Schwestern?“ Sulamiths klang fordernd.

„Ihr bekommt meinen Sohn!“, platze es aus Roschane heraus, während sich Sulamith und Mara überrascht anschauten. „Das Haus Aimar-Gor wird die Gemahlin des Thronfolgers stellen und somit weitreichenden Einfluss auf die Geschicke Herdentors nehmen können.“

„Ihr bietet mir Euren Sohn um an der Macht zu bleiben – welch unerwartete Wendung. Doch ist dies nur die Offerte der Pfiffenstock, wie stehen die stürmischen Brendiltal zu dem Vorschlag?“ Wie eine Spinne im Netz lag Sulamith auf der Lauer.

„So wie es Roschane sagt!“ Maras Stimme klang bestimmt, auch wenn dies nicht ihr ursprnglicher Plan war - sie hatte keinen. „Yaron wird eine Aimar-Gor ehelichen und Euch die Türen zu mehr Macht öffnen.“

„Nun, verehrte Damen, dann werden wir wohl nun zusammen für das Wohl Herdentors streiten. Die Einzelheiten unserer Abmachung werden wir dann an einem weniger öffentlichen Ort festlegen.“ Sulamith blickte zufrieden in die Gesichter der beiden anderen Damen. Auch Roschane wirkte erleichtert. Doch Mara beschlich das dumpfe Gefühl, soeben das Ende ihrer Blutlinie besiegelt zu haben, doch hatte sie keine andere Wahl. Sie würde versuchen den Griff des aranischen Malmers nicht zu fest werden zu lassen.

So verließ eine jede der edlen Damen den Tempel wieder und der Bund der drei Frauen von Dreitempelhof war somit geschlossen.


Autor: Bega

Schwarze Audienz in Altentreu

Wehrschloss Altentreu, Baronie Sebarin, Peraine 1041 BF:

Irian schritt mit Shelkor die langen, dunklen Gänge entlang. Sein Herz überschlug sich nahezu, denn Baron Al'Arik hatte in den Thronsaal geladen um etwas zu den neusten Entwicklungen in Herdentor kundzutun.

Der Thronsaal, bewacht von zwei Kriegern der Zwillingsblutgardisten, war eingetaucht in diffuses, rötliches Licht. Die dunklen, fast schwarzen Wände spiegelten die kriegerische, Furcht einflößende Atmosphäre wieder, die für die Herrschaft von Korbaron Al'Arik so kennzeichnend war. Die meisten Anwesenden waren hochgerüstet, vereinzelt fanden Übungskämpfe mit dem Säbel oder mit den baren Fäusten statt. Das Gegröle nebachotischen Krieger erfüllte den ganzen Thronsaal.

Am hinteren Ende des martialisch anmutenden Saals, saß Baron Al'Arik auf seinem Thron, der eigentlich mehr eine große Kisseninsel mit ausladender Lehne war. An seiner Seite sein Sohn und Erbe Tar, sowie Hofkaplan Radamir Ralasodt. In gebührenden Abstand hatte der Hofherold Fesalon von Waraqis Aufstellung bezogen. Kastellan Halimon von Zoll und Schatzmeister Raschadan Zifara hielten sich im Hintergrund auf.

Mit Leidenschaft und Blutgier in den Augen verfolgte der Baron die Kämpfe seiner Krieger. Jeder Blutspritzer schien ihm eine korgefällige Freude zu sein. Doch als er genug von dem Treiben hatte, erhob er seinen rechte Faust und der Saal tauchte unmittelbar in eine nahezu greifbare Stille. Dem Gott des Blutes gefällige neunmal pochte der nahestehende Korgeweihte mit seinem schwarzen Ritualspeer, der Kors heilige Waffe Razhashthar symbolisierte, auf den Steinboden. Gebannt versammelten sich Irian und Shelkor zu den anderen Kriegern vor dem Thron ihres Herrschers.

„Der Bastard des Nordens ist gefallen“, erhob der Baron mit kehliger Stimme das Wort in nebachotischem Tulamidya, „mag er in den Augen seiner raulschen Kriecher auch noch am Leben sein, für uns Söhne Nebachots ist der tot.“

Unbändiger Jubel brach aus.

„Der Herr der Schlachten hat sich von dem Bastard abgewendet und ihm den ehrenhaften Tod in der Schlacht verwehrt. Es gibt keine größere Schande!“

Wieder kannte der Jubel keine Grenzen.

„Der gnadenlose Herr gebietet uns, diesen Unwerten aus den Annalen unseres Volkes zu tilgen. Niemals soll sein Name Einzug in unsere heilige Halle der Ahnen finden.“

Die geifernde Menge überschlug sich nahezu.

„Wir werden durch das Blut des Weibes waten, das sich anmaßt im Namen der einst ehrwürdigen Beshir a Danal zu sprechen.“

Der Schmerz über die Worte des Barons von Sebarin saß tief. Doch hatte er Recht, nunmehr war es Eslams Hure die die Fäden seiner Familie zog.

„An meinem Hof weilt einer der letzten ehrenhaften Beshir a Danal und es ist nun an der Zeit das wir ihm die Ehre zukommen lassen die ihm durch sein Blut gebührt. Auf das er den Söhnen Nebachots auf dem Thron des Tals der Pferde wieder zu neuer Glorie verhelfen werde. Aus diesem Grunde werde ich diesem stolzen Beshir a Danal meine Enkelin zur Frau geben. Unser vereintes Blut wird in den altehrwürdigen Mauern von Besh hassal Ammay shar herrschen, von jetzt bis immer da!“

Irian nahm die ihn anstarrende, grölende Menge nicht mehr wahr. Er fühlte sich tief beglückt über die Ehrerbietung, die ihm durch Al'Arik zuteil wurde.

Kor gefällige neunmal pochte der Geweihte des Blutigen mit seinem schwarzen Speer auf den Boden und das zweiflügelige Tor öffnete sich. Irian und Shelkor schauten irritiert nach hinten und hörten dumpf die Worte des Heroldes. „Kor gibt euch D'arian han Beshir'a Danal, Enkel des große Eslam und zukünftiger Herrscher des Tals der Pferde.“

Irian glaubte zu taumeln. Darian? Der Sohn des Säufers Aurel? Welch Schmach. Shelkor führte den innerlich brodelnden Irian schnellstmöglich aus dem Thronsaal, doch Irians Kampfgeist war geweckt, er würde sich nicht von einem achtjährigen Jungen um den ihm zustehenden Thron bringen. Niemals!

Währendessen galten die Blicke des Sebariner Barons Al'Arik der Szenerie, die er genau beobachtete, denn er hatte sie gemacht und alle hatten angebissen.


Autor: Bega

Einschätzungen aus Efferdsblick I.

Fehdegefahr im Osten Perricums?

Es berichtet Salman Alferan für die Perricumer Postille.


Burg Efferdsblick: Nach der überaus erfolgreichen Berichterstattung meiner geschätzten Kollegin Calira Bernstein aus den Walllanden, richtet sich der Blick unserer ehrenwerten Postille nun gen Osten an die Küste der Perrinlande. Glaubte ein jeder mit dem weisen Friedensschluss unseres geliebten Markgrafen im Jahre 1040 BF würde Ruhe in die Baronien Herdentor und Sebarin kommen, so droht nun neues Ungemach.

Wir erinnern uns: Nach dem Mord an Eslam von Brendiltal im Rondra 1039 BF kam es zu einem Streit um dessen Nachfolge. Im Norden der Baronie Brendiltal ergriff Eslams Bastard Martok von Brendiltal-Sturmfels die Macht, während der Süden von Al'Arik von Korbrunn erobert wurde. Nach auf beiden Seiten mit äußerster Brutalität geführter Fehde konnte keiner der Kontrahenten als klarer Sieger hervorgehen. So entschied Markgraf Rondragan Paligan in seiner Weisheit die überaus große Baronie Brendiltal zu teilen und ernannte im Phex 1040 BF Martok zum Baron von Nord-Brendiltal – nunmehr Herdentor genannt – und Al'Arik zum Baron von Süd-Brendiltal – nunmehr Sebarin genannt. Mit diesem Schritt wuchs die Hoffnung, dass im Osten unserer schönen Markgrafschaft nun wieder Frieden einkehren würde.

Doch blieb die Region ein Unruheherd. Besonders nach der publikumswirksamen Verblendung von Baron Martok im Boron 1041 BF während der alljährlichen Sonnenprozession, nahem die Spannungen zwischen Herdentor und Sebarin wieder deutlich zu. Lautstark erhob ein Neffe des großen Eslam Ansprüche auf die Führung der Familie Brendiltal und den Thron von Herdentor. Das dieser besagte Neffe, Irian II. von Brendiltal mit Namen, ausgerechnet vom verhassten Nachbarn aus dem Süden agierte und von dort auch Unterstützung empfing, goss nur noch mehr Hylailer Feuer auf schon schwelende Kohlen.

Um einen tieferen Einblick in die Gesamtlage zu erhalten, habe ich Wohlgeboren Loran von Efferdsand zu einem Gespräch gebeten.

S.A.: Wohlgeboren, Ihr seid sozusagen Auge und Ohr des Markgrafen in Sebarin. Wie schätzt Ihr die Lage vor Ort ein?

L.v.E.: Nun, mit der Teilung der nunmehr historischen Baronie Brendiltal wurde die Fehde um das Erbe des großen Eslam von Brendiltal beendet. Diese Taktik war ein grandioser Erfolg. In Herdentor konnte Martok von Brendiltal seine Macht festigen und in Sebarin Al'Arik von Korbrunn. Für den Markgrafen was das eine zweifache Gewinnsituation. Zum einen konnte er friedensstiftend auf seine Vasallen einwirken und dem Blutvergießen seiner Untertanen Einhalt gebieten. Zum andenen war es ihm so möglich die großte und mächtigste Baronie seiner Lande zu teilen. So sollte eine Gleichgewicht der Mächte am Golf entstehen.

S.A.: Was ist nun also schief gelaufen?

L.v.E.: Keiner konnte ahnen, dass sich Baron Martok schon kurz nach Beginn seiner Herrschaft in den Sphären des Götterfürsten entrückte und Herdentor quasi kopflos hinterließ.

S.A.: Was zweifelsohne Begehrlichkeiten aus dem Süden weckte?

L.v.E.: Beide Seiten wollten den Frieden nicht, er wurde ihnen durch ein Machtwort des Markgrafen 'von oben' aufgezwungen. Die alte Feindschaft glühte also im verborgenen weiter und nun, da der Norden Schwäche zeigt, sieht der Süden seine Zeit für gekommen.

S.A.: Der Korbunner wird doch aber nicht allen Ernstes glauben, er könne Herdentor erobern und annektieren, das wäre ein Affront gegen den Markgrafen.

L.v.E.: Der Baron von Sebarin ist klug genug zu wissen wem er sein Amt verdankt und wird sich daher stets Markgrafen treu geben. Zu einer offen geführten Fehde wird es meiner Meinung nach nicht kommen. Seine Ambitionen sind anders gelagert.

S.A.: Erhellt uns, Wohlgeboren.

L.v.E.: Dazu lohnt es sich einen genauen Blick auf die Machtstrukturen in Sebarin zu werfen. Denn, die wichtigsten Burgen in Sebarin werden nicht von Al'Arik beherrscht. Mantikorszahn und Efferdsblick gehören zu den Sieben Waisen und unterstehen dem markgräflichen Banner, Geyersruh wird gar von einem erklärten Gegner des Barons gehalten. Was ich damit sagen will, Al'Arik hätte auch gar nicht die Kapazitäten für eine militärische Intervention in Herdentor.

S.A.: Denn den Augenblick würden seine Feinde innerhalb Sebarins nutzen ...

L.v.E.: Sehr richtig. Sebarin versucht daher einen, sagen wir mal ... sanfteren Machtwechsel in Herdentor zu bewirken, um dort eine Mirhamonette auf den Thron zu hiefen. Die dort herrschenden Brendiltaler sind zutiefst gespalten. Seit Martoks Verblendung brechen die alten Machtkämpfe innerhalb der Familie wieder auf. Besonders Irian II. von Brendiltal tut sich da besonders lautstark hervor und kann eine immer größer werdenen Gefolkschaft hinter sich bringen – auch innerhalb Herdentors.

S.A.: Dies scheint Irian II. zumindest mit dem Wohlwollen Sebarins zu tun, schließlich agiert er von dort aus. Doch der Favorit Sebarins scheint ein anderer zu sein ...

L.v.E.: Der junge Darian von Brendiltal, ein Enkel Eslams. Al'Arik unterstützt nunmehr offen den Anspruch des Jungen auf den Thron Herdentors. Er hat vor, ihn mit einer Tochter zu verheiraten und ihn zu einem treuen Gefolgsmann Sebarins zu machen. Meine Quellen berichten mir von einem geheimen Kontrakt, wonach Sebarin die direkte Herrschaft über Ebengard und Etiliashaven als Dank für die Unterstützung erhalten würde. Ein durchaus lohnendes Geschäft.

S.A.: Was für Möglichkeiten bleibt der Entourage um Martoks Erben um sich an der Macht in Herdentor zu halten?

L.v.E.: Sie müssen sich potente Verbündete holen. Der alte Sturmfels hat viel auf das Bündnis mit den Ochsen gesetzt, doch nunmehr ist es fraglich ob das ausreicht. Vögtin Mara von Sturmfels hat nicht annähernd das Format ihres verstorbenen Vaters. Ihr könnten strategische Fehler unterlaufen. Martoks Erben werden untergehen wenn sich nicht bald was tut.

S.A.: Ein durchaus ernstzunehmender Machtfaktor sind die altaranischen Familien um das Haus Aimar-Gor. Wie werden die sich positionieren?

L.v.E.: Da wage ich keine Prognose. Landjunkerin Sulamith spielt ihr eigenes Spiel. Sie ist immer für eine Überraschung gut.

S.A.: Wohlgeboren, ich bedanke mich für das Gespräch!

L.v.E.: Sehr gerne.


Autor: Bega

Blutrache am Irianssee

Markt Altersbach, Baronie Sebarin, Peraine 1041 BF:

Aurel trat schwankend vor das Gasthaus 'Zum schwarzen Mantikor'. Wenige Augenblicke später folgenden seine Saufkumpane nicht weniger mit ihrem Gleichgewicht kämpfend. Wie so oft war der Nebachote mit ebenso haltlosen und nichtsnutzigen Männern wie er einer war durch die dunklen und zwielichtigen Gasthäuser des nahegelegenen Marktflecken gezogen um seinen Durst zu stillen. Und Durst hatte er immer reichlich. Zwar hatte Aurel seinen Sohn nun wieder, doch wurde dieser von ihm ferngehalten. Der Baron wollte nicht diesen Säufer um sein neues Spielzeug haben. So gab sich der Sohn Eslams noch mehr dem Trunk hin als ohnehin schon. Denn er wusste nur zu genau, dass ihn Al'Arik nur in Sebarin duldete, weil er durch ihn Zugriff auf den Enkel Eslams hatte und so ein nicht zu unterschätzendes Pfand gegen die brendiltaler Bastardlinie in Herdentor in den Händen hielt. Doch würde er dem Baron überdrüssig werden, wäre das wohl sein sicherer Tod.

So schwankten Aurel und seine Meute johlend und pöbelnd durch die Gassen von Altersbach - oder Al'Taba, wie die Nebachoten den Ort nannten - ein jeder mit einem Humpen oder einem Krug in der Hand, gefüllt mit Bier, Wein oder Schnaps. Die Straße führte gen Praios aus dem Hauptort der Baronie rechter Hand am Iranssee vorbei. Am Wegkreuz Richtung Altentreu hielt Aurel inne, er musste das Getrunkene wieder loswerden. So wankte er in Richtung eines Busches und öffnete umständlich seine Hose. Der sich nun lösende Druck auf seine Blase war für ihn wie eine Erlösung. Er konnte ja nicht ahnen, dass die Endgültige bereits auf dem Fuße folgte. Als Aurel von seinen Kreise zeichnenden Strahl aufsah, blickte er in die kalten Augen eines Mannes. Es bedurfte nur wenige Augenblicke und Aurel lag danieder gestreckt im eigenen Blute. Seinen Saufkumpanen sollte es nicht besser ergehen.

Am Horizont ging blutrot die Sonne auf und läutete den neuen Tag ein. Es sollte ein blutiger werden, denn die Mörder hatten ihr Werk noch nicht gänzlich vollbracht.



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Wehrschloss Altentreu, Baronie Sebarin, Peraine 1041 BF:

Donnernd knallte die schwere Tür zum Thronsaal auf. Eine Person mit schweren, blutverschmierten Stiefeln und zwei nicht weniger blutigen Bündeln in der Hand, bahnte sich den Weg durch die schweigende Menge der Nebachotenkrieger. Vor dem Thron kam die Person zum stehen. Triumphierend reckte der Nebachote den einen abgeschlagenen Kopf in die Höhe.

„Ihr wolltet ein Kind mir vorziehen? Hier habt ihr es!“

Mit diesen Worten warf Irian den Kopf vor den Thron. Die leeren, ausdruckslosen Augen des jungen Darian starrten Baron Al'Arik an. Der zweite Kopf war der von Darians Vater Aurel. Gebannt warteten die anwesenden Krieger auf die Reaktion ihres Herrn. Die Spannung war zum greifen.

„Dein Wille zur Macht ist groß. Wie mir scheint, ist es für die tief gefallenen Beshir a Danal noch nicht zu spät. Trinkt mit uns, Irian han Beshir'a Danal, Herr von Besh hassal Ammay shar und Oberhaupt der Beshir a Danal! Die Unterstützung der Kur'barun sei dir gewiss!“


Autor: Bega

Begegnungen in Marschenhof

Gut Marschenhof, Sitz des landvögtlichen Hofes zu Perrinmarsch, Ende Peraine 1041 BF:

Die Gästeschah sammelte sich in der prunkvollen Eingangshalle des Marschenhofes. Statuen und so manches Kleinod aus verschiedenen historischen Epochen Perricums säumten die Halle. Ein großes Wandmosaik zeigte eine silberne Krone auf schwarzem Grund und verdeutlichte den Anwesenden wer hier das Sagen hatte – das Haus Paligan.

Landvögtin Maia von Perricum lud nun schon zum zweiten Male den Adel der Perrinmarschen und der näheren Umgebung zum 'fröhlichen Feste zur Huldigung des neugeborenen Frühlings'. Auch Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor war aus dem benachbarten Reichsgard angereist und mit ihr ihre kopfstarke Entourage. So begleiteten die Landjunkerin ihre beiden Hofdamen Yaela von Rabenstock und Mira von Waraqis, sowie ihre Zofe Yandora von Zolipantessa. Auch der alternde Gelehrte Menning Barûn-Bari, sein Schüler Toran und der Gesellschafter Cassim von Agur waren mit von der Partie. Möchte der Hof der Landvögtin auch kein Ort für nüchterne Karrieristen sein - denn Maia umgab sich viel lieber mit Künstlern, Musikanten und Poeten – so schien es Sulamith angebracht zu sein das Umfeld der Schwester des Markgrafen im Auge zu behalten. Denn man konnte es drehen und wenden wie man mochte, Maia war allein schon ob ihrer Geburt und ihrer Stellung eine der einflussreichsten Adligen der Perrinlande. Dafür verließ sogar Sulamith die Bequemlichkeiten ihres Palastes – zumal er nur wenige Meilen vom Marschenhof entfernt lag.

Wie erwartet waren alle üblichen Verdächtigen angereist. Junker Welferich von Rabicum, Junkerin Drigelfa von Quittenstein, beide in gegenseitiger Abneigung zueinander vereint, würdigten sich keines Blickes. Leodane von Firunslicht-Bleichkraut war in Vertretung ihres am Arvepass weilenden Gemahls aus Matlakur angereist. Junkerin Samaria von Efferdsand hielt wie gewohnt mit festen Blick die ganze Szenerie im Auge, stets bereit jeden aufkommenden Zwist schon im Keim zu ersticken. Die Edlen Astaran von Pfiffenstock und Riman von Greifenwacht hielten sich derweil im Hintergrund. Auch waren Vertreter der Familie Zackenberg und des darpatischen Hauses Sturmfels zugegen – ein bemerkenswertes Detail am Rande, wie Sulamith empfand. Des weiteren waren erstaunlich viele Niederadlige anwesend, deren Familien von den Paligans profitiert hatten.

Das Stimmengewirr ebbte schlagartig ab als die Hausherrin in fließenden Bewegungen die imposante freitragende Treppe hinab schritt. Die alterslos hübsche Landvögtin wurde dabei von zwei ihrer Hausritter – dem Rosenritter Holdwin von Drosselpfort, der auch gleichzeitig ihr Liebhaber war, und dem Lilienritter Leto von Sandern – sowie ihrem Sohn Etilian begleitet. Auf halber Höhe hielt Maia von Perricum inne und begrüßte die Anwesenden in ausschweifenden und blumigen Worten. Nach der Begrüßung zog es Sulamith und die ihren in den weitläufigen Park. Allerorten spielten Musikanten, zeigten Gaukler und andere Künstler ihr Können und versuchten die Gäste der Landvögtin bestmöglich zu unterhalten. Poeten trugen ihre Verse vor und hier und da trafen sich Gelehrten zum philosophischen Austausch.

So suchte ein jeder nach seiner Art der Unterhaltung. Meister Mennig und der junge Toran mischten sich sogleich unter das gebildetere Adelsvolk und suchten so nach Hesinde gefälliger Zerstreuung, während sich Cassim in einem anregenden Plausch mit der hiesigen Kämmerin Ranara von Efferdsand wiederfand. Sulamith beobachte derweil die Szenerie bis ihr Blick an einer Person hängenblieb die sie hier nicht erwartet hatte. Auch Mira schien ebenso überrascht wie irritiert.

„Herrin ist das dort drüben nicht … .“

„Ja, Irian von Brendiltal“, beendete Sulamith den Satz ihre Hofdame. Oder 'Irian der Schlächter' dachte sich die Landjunkerin im Stillen, denn ihre Spitzel in Sebarin hatten ihr von den neuerlichen Ereignissen um den Tod der beiden Brendiltaler berichtet.

„Ich dachte der wäre im Exil in Sebarin da er sich doch mit dem Bastard-Baron überworfen hatte.“

„Der Bastard sitzt verblendet in Praiseneck, keiner hat mehr Angst vor ihm. Daher traut sich jetzt auch diese Ratte von Irian aus ihrem Loch.“ Verachtung lag in der Stimme der Aimar-Gor. Mira konnte jedoch nicht deuten ob die Martok oder Irian galt – oder gar beiden.

„Wer ist dieser junge Mann neben ihm?“

„Der junge Marix.“

„Die gefallenen Al'Anfaner?“

„Die mögen zwar ihren Ratssitz verloren haben, aber unterschätze sie nicht mein Kind.“

„Oh der Brendiltaler schaut zu uns herüber und er … nickt grüßend mit dem Kopf. Was will der?“

„Irgendwelche Spielereien der Sebariner, das soll uns nicht weiter kümmern.“ Sulamith wandte sich ab und der Hoflieferantin aus dem Handelshaus Feqzaïl zu „Ah Ayla meine Gute, schön dich zu sehen, wie laufen die Geschäfte?“

„Meine beste Sulamith, für unsereins ist es hier wie in Phex alveranischer Schatzkammer. Die Höflinge gieren nach Luxus.“ Die Stimme der Händlerin mit der prägnanten Hakennase und der asketischen Gestalt überschlug sich förmlich.

„Was wohl auch die Anwesenheit des Silbaran aus der Reichsstadt erklärt“, Sulamith schmunzelte vielsagend. „Welch gegenseitig befruchtende Verbindung ihr doch eingegangen seid.“

„Woher die hohen Herren ihr Gold haben, soll mir einerlei sei – ob nun selber verdient oder von meinem Gemahl geliehen. Die Hauptsache ist, sie geben es bei mir aus und sorgen so für volle Auftragsbücher.“

Die Damen lachten und Sulamith befahl ihrer Zofe Wein zu holen. Anders als die Aimar-Gor hatten die Feqzaïl ihr Heil nach der Abspaltung Araniens im Bürgertum gesucht und waren zu wohlhabenden Händlern aufgestiegen. Damals wie heute galten sie als enge Verbündete ihres Hauses. Diese Treue zählte für Sulamith viel.

Nachdem die beiden Damen mit besten Raschtulswaller Roten zusammen angestoßen hatten, trat Aleandra von Palmyr-Donas an Sulamith heran. Die junge Zofe der Landvögtin übergab ihr ein zusammengefaltetes Pergament.

„Verzeiht, dies soll ich Euch aushändigen.“

Sulamith nahm das Pergament entgegen und entfaltete es, nur um es wenige Augenblicke wieder zusammenzufalten. Es war von Irian von Brendiltal.


Autor: Bega

Aussichten in Salinehr

Burg Salinehr, Baronie Sebarin, Ingerimmm 1041 BF:

„Warum hast du mich hier hoch gezerrt?“, schnaufte Shelkor von Kollberg hörbar außer Atem.

„Die Aussicht, mein Freund, die Aussicht!“ Irian von Brendiltal grinste seinen Kumpanen breit an. „Seh dort drüben, das ist Besh hassal Ammay shar, mein zukünftiges Zuhause.“

„Das ist doch schon Herdentor, oder nicht?“, fragte Shelkor unwissend. Er war noch nicht lange in Sebarin und kannte sich mit den hiesigen Verhältnissen nicht gut aus. Doch er lernte schnell. So wusste er bereits, dass Brendiltal nicht gleich Brendiltal war. Die Familie war stark zersplittert, deren einzelne Fraktionen sich untereinander abgrundtief hassten. So gab es da die Linie Brendiltal-Sturmfels, oder Bastard-Linie, wie sie Irian verächtlich nannte. Diese hatte unter der Führung von Eslams Bastard-Sohn Martok die Macht in Nord-Brendiltal, dem heutigen Herdentor, ergriffen. Niemand von Eslams leiblichen Kindern oder Enkeln konnten sich den Machtanspruch Martoks widersetzen. Raul war tot, sein Sohn und Erbe verschollen und Aurel ein Säufer. Die anderen beiden Brendiltal-Junker Hadilan und Remus hielten sich bedeckt und verfolgten ihre eigenen Pläne. Einzig Irian forderte lauthals die Würde des Familienoberhauptes und den Baronsreif von Herdentor für sich. Doch Martok konnte sich auch Dank seiner Garde an der Macht halten. Nun aber war Martok verblendet, die Macht der Seinen zerfiel zusehends. Shelkor ahnte, dass Irian nun seine Zeit für gekommen sah.

„Ja, bald schon werde ich in Eslams Palast herrschen, seine Hure wird meine niederste Sklavin sein und sie wird mit ansehen wie ich ihre ach so teuren Enkel als Zielscheibe für meine Schießübungen missbrauchen werde.“

„Noch hat Eslams Hure die Zügel in der Hand wie mir scheint. Die Pfiffenstock und die aranische Spinne scheinen ihr zu folgen.“ Shelkor zückte mit den Achseln.

„Pah, diese Hure erdreistet sich im Namen meines Blutes zu sprechen“, Irian spie die Worte förmlich aus. Die kündeten von tiefsitzenden Hass. „Die stolzen Nebachoten der Erblande meiner Familie werden ihr niemals folgen. Jetzt, wo Martok gefallen und in Praios heiliger Kloake vor sich hin darbt, ist die Zeit gekommen gegen die Bastarde auf dem Thron aufzubegehren und sie in die Salzschächte der Salzberge zu werfen.“

„Wie willst du das erreichen?“ Shelkor wusste nur zu gut aus eigener Erfahrung, was es bedeutete gegen die Obrigkeit vorzugehen. Nach seinem gescheiterten Putschversuch in Weißbarûn hatten er und seine Familie alles verloren und mussten fliehen. Zuflucht erhielten die Kollberger in Sebarin – wie auch Irian.

„Die stolzen Turatal werden mir folgen und wenn der verstockte Remus endlich zu Boron gefahren ist, wird Omar ihm als Junker folgen. Auch er wird sich mir anschließen.“

„Bleiben immer noch die Fir'Enock – und die immer mächtiger werdende aranische Spinne von Reichsgard.“ Shelkor schien nicht überzeugt

„Unsere Brüder vom Stamm der Ammayin haben ihre Wurzeln verraten. Auch sie werden nun von einer Frau beherrscht und lassen sich herumkommandieren wie Tiere.“ Tiefe Verachtung lag in den Worten Irians. „Was die aranische Spinne angeht, da habe ich vorgesorgt. Ich habe etwas was sie will.“

„Wie meinst du das?“

„Wir hatten neulich bei dieser furchtbaren Feierlichkeit im Marschenhof eine aufschlussreiche Unterredung. Sie ist gewillt Eslams Hure zu verraten - sie hat mir sogar die Hand dieser Aimar-Göre Nedime angeboten. Ha, die Alte frisst mir aus der Hand und sobald ich habe was ich will, zerquetsche ich sie mitsamt ihrer Brut.“

„Unterschätze die Aranier nicht“, mahnte Shelkor, „besonders nicht diejenigen, die nach der aranischen Unabhängigkeit alles verloren hatten. Sie sind hinterhältig, ihnen ist nicht zu trauen. Das gilt im Besonderen für die Spinne von Reichsgard.“

„Ich werde mit diesem aranischen Abschaum schon umzugehen wissen.“ Irians Blicke glitt nun wieder sehnsüchtig in Richtung Herdentor. „Dort mein Freund liegt unsere Zukunft und jeder der sich mir in den Weg stellt werde ich vernichten!“

Die Entschlossenheit in Irians Stimme beeindruckte sogar Shelkor.


Autor: Bega

Verwirrspiel in Reichsgarten

Schloss Reichsgarten, Baronie Herdentor, Rahja 1041 BF:

Es war einer dieser heißen Sommertage wie sie im Rahjamond in den Perrinlanden so typisch waren. Lag die Hitze im Landesinneren zuweilen schwer über Land und Leute, wehte am Golf von Perricum stets ein laues Lüftchen, was das Tagwerk der einfachen Bevölkerng wie auch des Adels sehr viel angenehmer gestaltete.

Auf einem Felsplateu über dem Markt Reichsgard thronte erhaben die palastartige Residenz von Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor. Die Grand Dame des Haues Aimar-Gor in der Markgrafschaft Perricum hatte das prunkvolle Schloss als ihren Alterssitz erkoren – vielmehr erkoren müssen, als sie vom Markgrafenhof weggelobt wurde. Doch waren die Ambitionen der umtriebigen Adligen noch lange nicht befriedigt. Wie eine Spinne im Netz belauerte sie ihre Feinde um dann im richtigen Moment zuzuschlagen. Reto, der stets in großen Dimensionen dachte, hatte in seiner Base eine enge Verbündete und Vertraute gefunden.

So saßen beide in einer Pagode zum Schutz vor der sommerlichen Sonne und blickten auf die Weiten des Golf von Perricum.

"Wie ist die kleine Sanzerforst geraten?", unterbrach Sulamith die Stille. Ihr Blick war immer noch auf das türkisblaue Meer gerichtet.

"Ein vielversprechendes, junges Ding, noch etwas zu verbissen, aber mit großem Potenzial." Reto nahm einen Schluck Perricumer Weißen, gekeltert aus den Reben der nahen Brendiltaler Berge. "Ich sehe sie als mögliche Nachfolgerin auf den Thron – und ich meine nicht den von Tuzak, auf den sie auch legitime Ansprüche hat, nein - sollte sich einmal die Nachfolgefrage bezüglich den Markgrafenthron stellen, dann wird ihr Name fallen."

"Für das Haus Gareth wäre sie eine interessante Kandidatin. Einerseits aus ehrbaren Hause, andererseits aber ohne nennenswerte Hausmacht und durch ihren Vater Gerwulf eng mit dem Haus Gareth verbunden. Doch sicherlich werden auch einige auf die Paligan-Bastarde setzen."

"Das Paligan-Mädchen dient am Hof der Kaiserin und scheint nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Es gilt ein Auge auf sie zu haben. Was den Jungen angeht", Reto schüttelte amüsiert seinen Kopf, "der ist dämlicher als ein Darpatrind."

"Somit wäre er für gewisse Kreise sicherlich die ideale Mirhamonette. Eine nicht zu unterschätzenden Gefahr." Nun nipte auch Sulamith genüsslich an ihrem Weinglas.

"Sehr richtig, meine Liebe, es ist die Frage wie sich die perricumer Familien positionieren werden."

"Dem Rabicum traue ich alles zu!" Kurz entglitten die sonst so lieblichen Gesichtszüge der alternden Schönheit.

"Die Schlange vom Darpat müsste erkennen, dass seine Familie durch die Belehnung mit Bergthann saturiert ist. Aber auch er denkt in Generationen ... möglicherweise hegt er Ambitionen für seine Urenkel."

"Sicherlich nicht für seinen Enkel." Wieder verzogen sich die ansonsten noch seht ebenen Züge der Adligen.

"Das ist wohl auszuschließen, ja. Ansonsten zeigt sich das Haus Ochs seit einigen Götterläufen sehr umtriebig hier in der Perricumer Mark."

"Hier in Herdentor sind sie es alle mal. Aber wie dem auch sei, ich nehme an die Zolipantessa wird ein Auge auf die Sanzerforst haben? Sie darf am Hof nicht an die Falschen geraten."

"Dafür, liebste Base, ist bereits gesorgt. Madane wird sie den richtigen Persönlichkeiten vorstellen. Besonders meiner Nichte kommt da eine tragende Rolle zu. Beide werden sich gut verstehen, teilen sie doch gemeinsame Interessen wie die Falknerei."

"Du weißt ich habe meine Pläne mit Nedime, sie ist die große Hoffnung unseres Hauses."

"Da gebe ich dir recht. Doch sag, auf welches der Brendiltaler Gäule gedenkst du zu setzten? Wie mir scheint, musst du entweder die Hure von diesem Eslam, oder aber diesen Wahnsinnigen im Sebariner Exil hintergehen. Denn Nedime wird wohl nicht den Sohn des Bastards UND auch den Sebariner ehelichen können. Wobei?" Reto lehnte sich bei dem Gedanken amüsiert zurück.

"Das, liebster Vetter, lege vertrauensvoll in meine Hände. Ich weiß was ich tue." Ein vielsagendes Funkeln lag in den Augen Sulamiths.

"Meine Liebe, ich würde wohl keiner Person hier mehr Vertrauen entgegen schenken als dir." Reto wandte sich um als er Schritte herannahen hörte. Es war Meister Menning mit seinem Schüler Toran, sowie Salix, Romelio, und Tolmario, die ein verhülltes Gemälde trugen. Die Pagen Irisa, Donyata und Dalia schleppten eine übergroße Staffellage hinterher.

"Oh Meister Menning, mir geht das Herz auf", frohlockte Reto, "ist es etwas schon vollendet?"

"Dom Reto, das Meisterwerk ist vollbracht." Ein leichtes Kichern umspielte die Worte des Gelehrten und Künstlers.

"Dann lasst uns an Eurer Brillanz teilhaben!"

"Wie Ihr wünscht!" Der dickliche Maestro verbeugte sich tief und gab dann seinem Schüler das Zeichen. "Ich präsentiere Euch 'Mutter Garetia und ihre vier Kinder', das erste Meisterwerk aus der von Euch in Auftrag gegebenen 'Tetralogie der gerechten Herrschaft'."

Mit diesen Worten fiel das Leinentuch von dem Gemälde ab. Zu sehen war Königin Garetia mit den Herrscherinsignien in ihren Händen, um sie herum vier Kinder. Eines hat eine Greifenfeder in der Hand; das zweite eine Rabenfeder; das dritte einen Bullenring; und das vierte einen Säbel und eine Axt, verbunden durch ein blaues Band.

"Ganz vortrefflich, ich bin begeistert." Reto war außer sich vor Freunde und war aufgesprungen. "Diese Liebe zum Detail ... graziös."

"Dom Reto, beachtet auch den Hintergrund."

"Als ob mir das entgangen wäre, Meister Mennig ich bitte Euch." Reto tauchte geradezu in das Gemälde ein. "Die gekrönte Blutulme ... die drei Schwestern vor dem heiligen Felsen ... einfach fabelhaft!"

"Es freut mich Euren Geschmack getroffen zu haben!" Menning kicherte in sich hinein.


Bega

Verlautbarungen aus Beschelshall

Burg Beschelshall, Baronie Herdentor, Rahja 1041 BF:

Der prunkvolle Saal der palastartigen Festung Beschelshall - oder Besh hassal Ammay shar, wie die Nebachoten den Stammsitz der Familie Brendiltal nannten – war gut gefüllt. Die Vasallen von Baron Martok hatten sich hier versammelt, befohlen im Namen des Barons von seiner Mutter, Vögtin Mara von Sturmfels. Offiziell ließ Martok auch Grüße von Kloster Pra'os Necho entrichten, alle eingeweihten wussten es aber besser.

Der Edle Yerodin von Alxertis war ebenso anwesend wie die drei stolzen nebachotischen Junker Baram von Pfiffenstock, Remus von Brendiltal und Turhan von Turatal - alle drei mitsamt kopfstarken Gefolge. Selbst Landjunkerin Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor war mit ihren Hofdamen Mira von Waraqis und Yaela von Rabenstock, sowie der Kriegerin Ashina aus Reichsgard angereist, was am Hof mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen wurde, wusste man doch um das schwierige Verhältnis zwischen der Aimar-Gor und der Baronsmutter. Des weiteren hatten sich die Höflinge, verschiedene Gelehrte und Geweihte, sowie – ausgesuchtes – einfaches Volk im großen Saal der Barone von Herdentor versammelt. Die Stadt Brendiltal schickte freilich keine Abordnung, sah sich die Stadtvögtin Madalena Feqzaïl gegenüber Baron Martok als nicht weisungsgebunden.

Auf einem mit prunkvollen, mit aus der frühnebachotischen Ornamentalik angelehnten Verzierungen versehenen, säulenbewehrten Podest stand der goldverzierte Thron der ehemaligen Barone von Brendiltal, numehr Herdentor. Der Thron - dessen Lehne zwei aufsteigende Rösser formte - war verwaist, denn wie allen bekannt war, lebte Baron Martok nach seiner Verblendung - offiziell Entrückung - während einer Praios-Prozession zurückgezogen im Kloster Praiseneck. An seiner statt ruhte auf einem samtenen Kissen der Baronsreif von Herdentor. Über dem Thron prangerte eine riesige vergoldete Sonne an der Wand - als Zeichen der Glorifizierung von Baron Martok und für die Nähe der Herrscherfamilie zum Götterfürsten Praios. Links neben dem Thron saß, auf einem deutlich kleineren, aber nicht weniger reich verzierten Stuhl die Baronsmutter und Vögtin Mara von Sturmfels. An ihrer Seite stand ihre Tochter Nera. Rechts neben dem verwaisten Thron hatten auf ausladenden Kissen Martoks Kinder und Erben Yaron, Dafina und Amalion Platz genommen. Hinter den Kindern, wie zu deren Schutz, stand deren Mutter Baronin Roschane von Pfiffenstock, die beiden Hausritter Leuhelm und Ayana von Sturmfels, sowie der Hauptmann der Tiefschwarzen Sonnenrösser Hamir von Turatal. Neben Martoks Kinder stand großväterlich Abt Sulman von Greifenwacht zu Praiseneck, die wohl größte moralische Instanz in den östlichen Perrinlanden. Dieser war es auch, der zur Eröffnung der Zusammenkunft den Segen des Götterfürsten sprach.

"Der Segen des Götterfürsten ist mit Herdentor und seinen praiosfrommen Untertanen. Der Herr des Lichts ist mit denen, die nach Erleuchtung streben. Baron Martok, vor Praios gekrönter Herrscher dieser Lande, hat in Demut und Wahrhaftigkeit die schwere Bürde der Seelen Herdentors auf sich genommen, um mit dem König der Götter in stiller Zwiesprache nach endgültiger Erleuchtung zu suchen. Er sei uns allen ein Vorbild in diesen Tagen des Zweifelns und Verzagens. Praios mit dir, Martok, Sohn des Eslam! Praios mit euch, treues Volk von Herdentor!"

Während Herold Halmrich von Sennenberg-Ruchin dreimal mit seinem Zeremonienstab auf den steinernen Boden klopfte, trat Hofkaplan Mervan von Greifenwacht vor die Herrscherfamilie. Er begrüßte Baronsmutter Mara von Sturmfels, Martoks Kinder und dessen Gemahlin Roschane – in der Reihenfolge. Anschließend wendete er sich zu den Versammelten.

"Unter dem Auge des gerechten Praios sind wir hier versammelt, um in seinem Namen wahrhaftig frohe Botschaft zu verkünden."

Die Menge starrte den Geweihten des Götterfürsten erwartungsvoll an. Schließlich blickte der Hofkaplan zu Omar von Brendiltal.

"Omar, aus der Familie der Beshir a Danal, Sohn der Chaliba und Enkel des Remus von Perainsweil, erhebe dich!" Dieser tat wie ihm geheißen. "Feierlich verkünde ich im Namen des großen Martok die Verlobung mit Lomena aus der Familie Darben-Dürsten."

Der Herold schlug dreimal mit seinem Zeremonienstab auf den steinernen Boden, bis sich schließlich die große, zweiflügelige Tür öffnete. So dann erhob er seine kraftvolle Stimme, während die Anwesenden über das Gesagte tuschelten.

"Aus dem nachbarschaftlichen Dürsten-Darrenfurt beehrt uns Baroness Thiomara von Darben-Dürsten und ihre Schwester Lomena, in Begleitung des ehrenwerten Ritters Jandor von Meidersee, sowie der Knappin von Baron Thorondir, Baha von Darrenfurt."

Thiomara genoss die starrenden Blicke der Versammelten als sie mit beschwingtem Schritt mit ihrer Entourage den Festsaal betrat. Sie begrüßte in der gebotenen Form der Etikette die herrschaftliche Familie und erhob dann ihre Stimme.

"Ich überbringe die besten Grüße meines Bruders und möchte hiermit sein Bedauern ausdrücken nicht selber anwesend sein zu können. Doch muss ich in aller Bescheidenheit den ehrenwerten Herold verbessern! Mich begleitet mit nichten meine Schwester Lomena, sondern meine werte Base Leudora, damit sie vor Praios und den drei lieblichen Schwestern den Bund der Ehe mit Omar von Brendiltal eingehen kann. Doch wollen wir dem rechtschaffenen Herold diesen Fauxpas verzeihen."

Sofort fing die Meute im Saal erneut an zu tuscheln, während Omars Gesicht zornesrot anlief. Nur die beruhigende Hand seiner Mutter Chaliba auf seiner Schulter und der strafende Blick von Abt Sulman ließen ihn davon abhalten etwas unbedachtes zu sagen. Dem Herold blieb nur der etwas verdatterte und hilflose Blick zur Baronsmutter, die sich erhob."

"Hochgeboren Thiomara, Euer Erscheinen und das Eurer ... Base erfreut uns zutiefst. Es wäre mir eine Freude Euch beim Mahle an meiner Seite zu wissen, auf das wir die Einzelheiten des Bundes unserer Familien erörtern können."

Thiomara nickte mit einem kecken Lächeln im Gesicht. Der denkwürdigste Auftritt des Abends war ihr sicher – oder etwa nicht? Das Pochen des Zeremonienstabes sorgte derweil wieder für Ruhe im Saal.

"Doch, werte Freunde und Gäste, ist dies nicht die einzig frohe Botschaft." Mervan von Greifenwacht war bemüht ungerührt fortzufahren. "Baroness Dafina, ungestüm, feurig und edelmütig wie eine Brendiltaler Stute, erhebe dich, denn wir wollen feiern deinen Bund mit dem ehrenhaften Brin aus dem Hause Ochs, seines Zeichens Knappe des großen Martok!"

Wieder öffnete sich nach dreimaligen Pochen des Zeremonienstabes die schwere Tür und mit stolz geschwellter Brust trat Brin gemeinsam mit seiner Mutter Alinde von Ochs ein. Der kräftige Bursche hielt vor dem Thron inne und verbeugte sich tief. Dann ergriff er die Hand seiner zukünftigen Braut und reckte sie empor. Verhalten brach Jubel aus, wieder vermischt mit vieldeutigem Getuschel. Nun war es wieder die Baronsmutter Mara von Sturmfels die ihre Stimme erhob.

"Der heutige Tag ist ein Tag der Freude für Herdentor. In einer unruhigen Zeit, in der alte Bündnisse zerbrechen und neue geschmiedet werden, haben wir stehts das Beste für die Lande von Martok dem erleuchtet Großen im Sinn. Doch haben wir uns heute hier nicht nur versammelt um den Bund zwischen Dafina und Brin zu bezeugen. Es ist Martoks sehnlichster Wunsch, seinen Erstgeborenen in guten Händen zu wissen, so dass dieser, sein Sohn, ihm einmal folgen wird auf den Thron der streitbaren Pferde. Aus diesem Grunde begehen wir heute feierlich ebenfalls die Verlobung meines Enkels Yaron aus der Familie Brendiltal, Enkel des großen Eslam und Urenkel Wulfhelms."

Ungläubig sahen sich Gäste wie Höflinge an, was eben noch Getuschel war, glich nun einem Basar. Damit hatte niemand gerechnet und alle fragten sich nun wer die Braut sein könnte. Das dreimalige Pochen des Zeremonienstabes ließ alle neugierig zur Tür blicken, die sich sogleich öffnete. Herein trat ein großgewachsener, stattlich anzusehender Mann mit gepflegtem Schnauzbart und eine junge Frau mit vollem Haar und markanten Gesichtszügen.

"Ich bin so frei und stelle mich selber vor." Ein joviales Grinsen zog sich über das Gesicht des Mannes. "Mein Name, verehrte Herrschaften, ist Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor, im Namen ihrer kaiserlichen Majestät Reichsvogt der kaiserlichen Lande Gerbaldsmark und ich präsentiere euch freudigst die zukünftige Baronin von Herdentor, meine Nichte Nedime Eorcaïdos von Aimar-Gor!"

Stille. Den meisten der Anwesenden blieb der Mund offen stehen. Einzig Sulamith lächelte erhaben in sich hinein. Das Haus Aimar-Gor hatte sich entschieden – für den Pakt der drei Frauen von Dreitempelhof und gegen den Usurpator Irian. Welch ein Paukenschlag!


Autor: Bega

Einschätzungen aus Efferdsblick II.

Der politische Paukenschlag von Beschelshall und seine Folgen

Es berichtet Salman Alferan für die Perricumer Postille.


Burg Efferdsblick: Nach den bemerkenswerten Ereignissen von Beschelshall habe ich mich wieder nach Efferdsblick begeben um Landjunker Loran von Efferdsand um eine politische Einordnung der Geschehnisse zu bitten. Was war passiert? In Beschelshall wurden zwei Verlobungen und eine Hochzeit gefeiert und in Sebarin floss Brendiltaler Blut.

S.A.: Wohlgeboren, ich freue mich ganz besonders, dass Ihr mich wieder empfangt und die politische Lage in den östlichen Perrinlanden für unsere Leserschaft einordnet. Kommen wir gleich zu Beginn zu dem Paukenschlag von Beschelshall.

L.v.E.: Sehr gerne, verehrter Herr Alfaran. Freue ich mich doch schon sehr auf mein Porträt in Ihrer Postille. Aber kommen wir zu Beschelshall, ja wahrlich ein Großereignis von nicht zu unterschätzender Tragweite. Wenn man so will war es ja nicht nur ein Paukenschlag, sondern gleich drei.

S.A.: Klärt uns auf, Wohlgeboren.

L.v.E.: Zum einen die Verlobung zwischen Brendiltal und Darben-Dürsten ... eine diplomatische Meisterleistung der Vögtin [Mara von Sturmfels, Anm.d.R.] - wenn sie denn erfolgreich gewesen wäre. Ganz offensichtlich gab es Probleme in der Feinabstimmung ... denn die Brendiltaler gingen davon aus, dass der jugendliche Heißsporn Omar die Schwester des Barons heiraten würde, also Lomena. Doch Baron Thorondir hatte wohl nur die Absicht seine Base Leudora mit dem Brendiltaler zu vermählen.

S.A.: Was macht das für einen Unterschied?

L.v.E.: Aber guter Mann, natürlich macht es einen Unterschied ob sie die Schwester eines Barons heiraten oder nur dessen Base. Es geht hier um die Wertschätzung des Bündnisses. Die große Frage, die sich mir stellt, ist, ob es sich dabei wirklich um ein – zugegeben schwerwiegenden – Fehler der Diplomaten handelte. Leudora und Lomena sind durchaus ähnlich klingende Namen. Oder aber handelte sich dabei um eine von Baron Thorondir bewusst geplante, oder zumindest in Kauf genommene Provokation in Richtung Herdentor.

S.A.: So oder so, der Affront für die Baronsfamilie war da – und das vor aller Augen. Wie steht es nun also mit dem Bündnis zwischen Herdentor und Dürsten-Darrenfurt?

L.v.E.: Ein Bündnis und doch irgendwie keins, möchte ich meinen. Baron Thorondir hat zweierlei erreicht: Er hat guten Willen gegenüber Herdentor gezeigt, was aber gleichzeitig auch als Zeichen gegenüber Haselhain zu verstehen ist. Wir erinnern uns, die Beziehungen zwischen Haselhain und Dürsten-Darrenfurt gelten gemeinhin als belastet und Haselhain hat ebenfalls Interessen in Herdentor ... nicht zuletzt weil Baron Martoks Gemahlin eine Pfiffenstock ist. So hat Thorondir zwar einerseits Herdentor die augestreckte Hand gereicht, doch zur Umarmung kam es nicht; um in diesem Bilde zu bleiben. Zum Zweiten hat er eine seiner unliebsamen Basen gewinnbringend verschachert wie eine Zuchtstute. Wie man bei Hofe zu berichten weiß, hegt Baron Thorondir wenig Sympathie für die Nachkommenschaft seiner Tante, die bekanntermaßen im Erbfolgestreit in Dürsten-Darrenfurt eine erbitterte Gegnerin des jetzigen Barons war.

S.A.: Eine sehr komplizierte Gemengelage, in der Tat. Doch kommen wir zum zweiten Paukenschlag, zur Vermählung von Beschelshall zwischen Dafina von Brendiltal und Brin von Ochs.

L.v.E.: Ja, hier haben wir es mit ganz klassischer Diplomatie des Hochadels zu tun. Enge Verbündete sollten für ihre Treue belohnt werden. In diesem Fall ist die Belohnung für das Haus Ochs die Hand von Baroness Dafina. Die Ochsen waren und sind die große Stütze der Herrschaft der brendiltaler Bastardlinie. Ich sehe da ganz klar die Handschrift des alten Wulfhelm.

S.A.: Wird dieses Bündnis Bestand haben?

L.v.E.: Für den Moment, ja. Doch was die Zukunft bringt bleibt ungewiss, verschieben sich doch gerade die Machtverhältnisse in Herdentor.

S.A.: Ihr spielt gewiss auf den dritten Paukenschlag an.

L.v.E.: Sehr wohl, die Verlobung zwischen einer Aimar-Gor und dem Thronfolger von Herdentor. Wahrlich ein bombastisches Donnergrollen in der politischen Großwetterlage.

S.A.: Warum das?

L.v.E.: Na das ist doch klar. Sulamith, die Spinne von Reichsgard und die Baronsmutter Mara von Sturmfels sind sich spinnefeind. Es brauchte wohl so einiges um die beiden dazu zu bewegen ein Bündnis einzugehen.

S.A.:Inwieweit mochten die blutigen Ereignisse in Sebarin damit zu tun haben?

L.v.E.: Sehr viel möchte ich meinen. Nach dem gar grausamen Abschlachten von Aurel dem Säufer und dessen Sohn durch den blutigen Irian wuchs der Druck auf Herdentor, denn Irian hatte sich durch diese Taten einen Namen in Sebarin gemacht, so dass sein Anspruch auf den Baronsreif von Herdentor nun auch durch Sebarin unterstützt wurde und wohl auch noch immer wird.

S.A.: Dies führte dann also folglich zu dem Pakt der drei Frauen Mara von Sturmfels, Roschane von Pfiffenstock uns Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor. Eine Frage zum Schluss: Warum blieb es nach den Ereignissen in Beschelshall dort so ruhig? Nicht mal der heißspornige Omar von Brendiltal begehrte gegen seine, in seinen Augen falsche Braut auf.

L.v.E.: Das, mein guter Herr Alfaran, ist Hochwürden Sulman von Greifenwacht zu verdanken. Allein schon seine Anwesenheit verbietet es zu widersprechen, ist er doch in den östlichen Perrinlanden die wohl größte moralische Instanz. Der größte Erfolg für Mara von Sturmfels war sein Erscheinen zu diesen denkwürdigen Feierlichkeiten. Verwundern tut es mich jedoch nicht, denn der Sohn des Abtes ist der Beichtvater der Vögtin. Es ist davon auszugehen, dass das Kloster Praiseneck maßgeblichen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte der Baronsfamilie hat.

S.A.: Wohlgeboren, ich danke für dieses erleuchtende Gespräch.


Autor: Bega

Zorn in Sebarin

Burg Salinehr, Baronie Sebarin, Ende Rahja 1041 BF:

Lautes Poltern und markerschütternde Schreie ließen Shelkor zum Gemach von Irian eilen. Dort angekommen bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. Die hölzernen Möbelstücke waren alle in ihre Einzelteile zerlegt worden. Überall lagen Scherben zerschlagener Trinkgefäße und Vasen. Auf dem Boden kauerte Irian, sein Körper bis auf den letzten Muskel angespannt, sein Gesicht zornesrot.

"Bei den Niederhöllen, was ist denn hier passiert?", fragte Shelkor irritiert, während sich sein Gegenüber umständlich aufrappelte.

"Was passiert ist, fragst du? Fragst du das ernsthaft?" Eine dicke Zornesader zeigte sich auf der Stirn des Nebachoten. "Diese aranische Hure ... ."

"Sie hat dich verraten!", beendete Shelkor Irians Satz und musste daraufhin einem Trinkhumpen ausweichen, der in seine Richtung geflogen kam.

"Ich sage es ja nur ungern ... aber ich hatte dich gewarnt." Wieder flog etwas in Richtung des Edlen von Neu-Altzoll. "Die aranische Spinne ... Eslams Hure ... und das Pfiffenstock-Gör haben sich gegen dich verschworen."

Ein lauter Schrei Irians ließ einen vielleicht neunjährigen Burschen aufhorchen, der gerade an dem Gemach vorbei kam.

"Junge, komm her!" befahl Irian. Dieser gehorchte und wusste nicht was mit ihm geschah. Irian packte den Jungen und warf ihn kurzerhand aus dem geöffneten Fenster. Shelkor blickte fasziniert den fallenden Körper hinterher, bis dieser schließlich an den scharfen Felskanten unterhalb der Burg auseinander gerissen wurde.

"Na, immerhin die Geier haben was von deinem Wutausbruch", merkte Shelko trocken an. "Geht es dir jetzt besser?"

"Nein!", brummte Irian.

"Gut, dann richte deinen Ärger gegen die Hexen von Herdentor."

"Jaaaaaa, du hast recht. Ich werde mich rächen ... grausam rächen. Ich werde ihnen die Eingeweide raus reißen und genüsslich verspeisen." Die Augen Irians blitzen wahnhaft auf.

"Auch eine schöne Idee, aber ... wäre es nicht viel befriedigender ihnen erst das zu nehmen was ihnen am wichtigsten ist? Dann kannst du immer noch ihre Gedärme verspeisen."

"Die Kinder ... ich werde im Blut von Martoks Bälgern waten und für diese Aimar-Gor-Göre überlege ich mir was besonders grausames." Irians Fäuste ballten sich.

"Sehr schön, mein lieber Freund", Shelkor klopfte Irian auf die Schulter. "Wir verlassen jetzt dieses Schlachtfeld und dann kannst du mir haarklein erzählen was du alles mit der Aimar-Gor vor hast. Die Diener ... so du sie noch nicht alle aus dem Fenster geworfen hast ... werden unterdessen dieses Chaos beseitigen."

Irian nickte eifrig. Er würde für diesen Verrat grausam Rache nehmen.


Autor: Bega

Ehebund in Dreitempelhof

Dreitempelhof, Baronie Herdentor, 20.01.1042 BF:

Es war der 20ste Tag im Praios 1042 nach Bosparans Fall. Dieser liebliche Sommertag markierte auch gleichzeitig den zweiten Jahrestag des Zeichens des Humus, das den Herrschenden der großgaretischen Lande den Weg ins heilige Korgond.wies. Wohl wurde dieser Tag nicht zufällig für die Vermählung von Erb-Baronet Yaron von Brendiltal und Nedime Eorcaïdos von Aimar-Gor gewählt.

Zu Ehren der drei lieblichen Schwestern Tsa, Peraine und Rahja, die in dieser Tempelstadt gemeinsam verehrt wurden, verzichtete die Baronsfamilie von Herdentor auf den üblichen Pomp. Bescheidenheit, Demut und Fürsorge sollten die Maximen sein. So zog der Hochzeitstross gemächlich von Burg Beschelshall nach Dreitempelhof, dessen Weg gesäumt war von freudigen Untertanen. Braut und Bräutigam – angetan in einfachen Leinengewändern und Blumenkränzen in den Farben der lieblichen Schwestern - wurden in Sänften getragen, während ihre Vasallen, die Junker und Edlen Herdentors, im Namen des Brautpaars Almosen an die Bevölkerung verteilten.

In der Tempelstadt angekommen, begrüßte die Hochgeweihte der Peraine Tsarahja Storchentreu die Hochzeitsgesellschaft. An ihrer Seite standen die Hochgeweihten der Rahja und Tsa, Rahjada Tausendschön und Tsalieb Friedenslied.

"Im Namen der lieblichen Schwestern heißen wir euch willkommen, Schwester Nedime, Bruder Yaron!", begann Tsarahja.

"Ihr seid gekommen, um den Segen der Drei zu erbitten, auf das euer gemeinsamer Bund dem Land und all seinen Lebewesen Frieden schenken möge!", führte Tsalieb die Ansprache fort.

"Hier, vor den Augen der drei göttlichen Schwestern sind wir alle gleich!", fügte Rahjada mit lieblicher Stimme hinzu. "So tretet ein in die heiligen Hallen von Dreitempelhof und begeht mit uns das Fest eures Bundes."

Die Anwesenden taten wie ihnen geheißen. Angeführt vom Brautpaar betraten sie den Tempelkomplex von der Halle der Tsa aus – als klares Zeichen für den Neubeginn. Blumenkinder streuten dabei Blüten auf den Boden. Zentrales Gebäude des Tempels war eine kreisrunde, Kuppel bewehrten Andachtshalle. In deren Mitte thronten, auf einem Sockel aus Granit und jeweils mit dem Rücken zueinander gewandt, die drei Göttinnenstatuen. Von der Andachtshalle führten drei Nebengebäude die Gläubigen zu weiteren Andachtsräumlichkeiten der jeweiligen Göttinnen. Zwei junge Menschen, die sich vor einem Mond noch nicht kannten, sollten nun den Bund der Ehe eingehen. Unsicherheit und Zurückhaltung waren die stillen Begleiter der beiden Jugendlichen, doch wussten sie um die Wichtigkeit ihrer Aufgabe.

Der alterslos erscheinende Hochgeweihte der ewig Jungen Tsalieb Friedenslied führte Nedime und Yaron vor den Altar der Tsa.

"In der Blüte eurer Jugend tretet ihr vor unsere Herrin Tsa um das Wagnis des Neuanfangs in eurem Leben zu begehen. Mögen euch Schöpfungskraft und Wandel auf all euren Wegen begleiten. Der Segen der ewig jungen Tsa und ihren beiden lieblichen Schwestern sei mit euch! Für jetzt und immerdar. So sei es!"

Die mütterlich anmutende Tsarahja Storchentreu empfing das Brautpaar am Altar der Peraine.

"Mit schwerer Verantwortung für euch und eurer Land tretet ihr vor die Herrin Peraine um aufopfernd und selbstlos für eure Kinder zu sorgen – seien sie eure leiblichen, oder die des Landes über das ihr einmal herrschen werdert. Mögen Fruchtbarkeit und Güte in euch wohnen! Der Segen der gütigen Peraine und ihren beiden lieblichen Schwestern sei mit euch! Für jetzt und immerdar. So sei es!"

Schließlich traten Nedime und Yaron vor den Altar der holden Rahja und Rahjada Tausendschön sprach zu ihnen in lieblicher Zunge.

"Mit Freude in euren Herzen tretet ihr vor die Herrin Rahja um Harmonie zu stiften und mit Hingabe für euch und das Land dazusein. Möge die Leidenschaft für in euren Herzen nie erlöschen. Der Segen der holden Rahja und ihren beiden lieblichen Schwestern sei mit euch! Für jetzt und immerdar. So sei es!"

Am Ende sprachen die drei Hochgeweihten gemeinsam den Segen des Bundes und Nedime und Yaron waren nunmehr vermählt. Es folgte die Verköstigung der Hochzeitsgesellschaft mit Speis und Trank in den weitläufigen Gärten der Tempelstadt. Zu später Stunde machte sich das Brautpaar nach Edelhof auf um eingebettet in malerischen Weinbergen ihre Vereinigung zu zelebrieren.


Autor: Bega

Erlebnisse einer Nacht in Edlenhof

Edlenhof, Baronie Herdentor, Ende Praios 1042 BF:

Das durch das offene Fenster nach drinnen scheinende Sonnenlicht kitzelte Nedime in der Nase. Sie räkelte sich und merkte dann, dass der Platz neben ihr im Bett leer war. Noch etwas schläfrig zog sie sich ihr Nachtgewandt wieder an und ging zum Fenster. Dort begrüßten sie das satte Grün der Wiesen auf denen die hiesigen stolzen Rösser grasten. In der Ferne reckten sich die üppigen Weinberge der Brendiltaler Berge zum Praiosmahl. Sie atmete tief ein. Wahrlich, dieser Ort musste einem wie eines der alveranischen Paradiese anmuten. Das herrschaftliche Herrenhaus mitsamt der veritablen Pferdezucht diente ihrer Verwandten Sulamith als Landsitz, doch zog diese die palastartige Residenz Reichsgarten am Golf von Perricum vor. Für Nedime war das kaum nachvollziehbar.

Das Klopfen an der Tür riss Nedime aus ihren Tagträumen. Es war ihre Mutter Yurika.

"Mein Kind, du bist schon wach. Lass mich dich ansehen ... ah ... du siehst beglückt aus."

Dem ach zu kecken Augenzwinkern ihrer Mutter bedachte Nedime mit einem missbilligenden Augenrollen.

"Mutter, ich bitte dich. Ich habe im Rahjaunterricht durchaus aufgepasst ... aber irgendwie hat Yaron das Weite gesucht."

"Naja, er scheint ja nicht elfisch veranlagt zu sein wie dein Onkel, oder?"

"Nein, er war ... sehr zurückhaltend ... aber auch sehr einfühlsam. Dennoch ... es war ein eigenartiges Gefühl ... ich meine, ich habe ihn erst zweimal gesehen und nun sind wir verheiratet. Ich meine ... mit der rahjagefälligen Liebe hat das doch nichts zu tun."

"Das, mein Kind, ist die Bürde des Adels, denn wir sind nicht nur mit einer Person verheiratet, sondern auch mit dem Land und somit auch unseren Untertanen verpflichtet. Es ist die Erfüllung eines zweifachen Bundes." Yurika strich ihrer Tochter liebevoll über die Wange. "Aber lernt euch erstmal kennen."

"Wie sollen wir uns kennenlernen, wenn wir jetzt wieder getrennte Wege gehen ... ich muss zurück an den Markgrafenhof und er auf die Tränen."

"Wenn das Glück dir holt ist, wird zwischen euch echte Liebe erwachsen. Ansonsten sei froh wenn es zumindest keine Abneigung ist. Deine Aufgabe als zukünftige Baronin von Herdentor ist wichtiger als die deinem Gemahl eine liebende Ehefrau zu sein."

"Jetzt weiß ich wie sich die Zuchtstuten im Gestüt fühlen müssen." Der ironischen Unterton Nedimes war kaum überhörbar, was ihre Mutter mit einem verständnislosen Kopfschütteln beantwortete.

"Und genau das bist du mein liebes Kind!" Die sonore Stimme von Nedimes Onkel Reto surrte durch den Türrahmen ins Schlafgemach. "Aber sei unbekümmert, du bist noch viel mehr als das und aus dir wird noch sehr viel mehr werden. An der Seite dieses Jüngelchens wirst du Herrin dieses Landes sein, ihm Erben gebären ... aber glaube mir, am Ende werden es deine Erben sein."

"Ich verstehe nicht, Onkel."

"Das musst du jetzt auch noch nicht, meine Gute." Reto grinste seine Nichte mit seinem ihm bekannten breiten Lächeln an. "Aber nun husch husch mein Täubchen, die Kutsche wartet."

"Wie, jetzt schon?"

"Aber ja mein Augapfel, dein Vater ist schon in der Frühe im Eilritt los, aber wir werden ihn dann in Punin treffen. Es wird Zeit dich auf dem diplomatischen Parkett einzuführen."

"Und was ist mit Yaron?", wollte Nedime wissen. Würden sie sich wenigstens verabschieden können? Wolltes sie das überhaupt, sich verabschieden? Oder war sie gar froh sich nun einfach heimlich davon stehlen zu können? Wobei, hatte er sich nicht eigentlich heimlich davon gestohlen?

"Täubchen, was soll mit ihm sein?", fragte Reto sichtlich irritiert, "er ist ein Brendiltal ... also wird er sich bestimmt im Stall in frischen Pferdemist suhlen."

"Reto, bitte!", Yurika warf ihrem Bruder einen tadelnden Blick zu. Seine zuweilen bissige Ehrlichkeit erinnerte sie stark an ihre Mutter.

In die allgemeine Heiterkeit platzte Nedarna von Waraqis mit ihren beiden jungen Schülerinnen Loyiella und Yaniha.

"Hohe Herrschaften, es ist Zeit. Die Kutsche wartet." Die Hauptfrau der Rash'Waharis deutete eine Verbeugung an.

"Siehst du mein Kind, die Kutsche wartet, wie ich schon sagte." Und mit einem spottischen Lächeln fügte er hinzu: "Der Jugend von heute muss man aber auch alles zweimal sagen."


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Sanft streichelte Yaron das weiche Fell des jungen Hengstes. Hier, bei den Pferden, fühlte er sich am wohlsten, denn sie waren rein und ohne Hintergedanken. Es gab für ihn nichts schöneres als auf dem Rücken eines Pferdes durch das Land zu reiten. Schmerzlich vermisste er dies auf den Efferdstränen, denn dieses schroffe, felsige Eiland war für seine Seelentiere nicht gemacht. Seit einigen Götterläufen schon lebte er am Hof des Reichsvogt Leobrecht von Ochs, damit aus ihm ein standesgemäßer Adliger und zukünftiger Herrscher werden sollte. Er verstand durchaus warum man ihn aus Herdentor, seiner Heimat - von seiner Familie weit weg, auf die Tränen geschickt hatte. Nicht nur des Lernens Willen, sondern auch in Sicherheit, denn seine Heimat war nicht ungefährlich für ihn. Viele trachteten ihm, den jungen Erben des verblendeten Martok, nach dem Leben. Ja, er verstand es, auch wenn es für ihn bedeutete von seiner Familie getrennt zu sein.

Die ersehnte Rückkehr in seine Heimat war nicht so, wie er sie sich nahezu jede schlaflose Nacht ausgemalt hatte. Das Land hatte sich verändert, das spürte er. War es noch sein Land? Hatte er sich zu sehr von ihm entfernt? Er wusste nicht mal mehr wer er wirklich war. Wäre es nach seinem Großvater Eslam gegangen, wäre aus Yaron ein stolzer nebachotischer Krieger geworden. Er hätte das Zeug dazu gehabt – den agilen Körperbau, die Leidenschaft zum Reiten. Doch Eslam war tot, die nebachotischen Stammesstrukturen nahezu zusammengebrochen und im Chaos. Selbst sein Vater, der große Krieger Martok wählte für sich einen anderen Weg – den der Entrückung. Was bedeutete es in diesen Zeiten ein junger Nebachot zu sein? Sollte er alles Neue als lästerlich ablehnen und sich auf alte, glorreiche, aber längst vergangene Zeiten berufen? Sollte er sich wie sein Vater den Raulschen anbiedern, ohne aber zu ihnen zu gehören, ohne sie zu verstehen? Yarons Weg war ein anderer – er würde beide Welten in sich vereinigen müssen um in der neuen Ordnung zu bestehen. Doch wie sollte das gelingen?

Hinzu kamen nun auch die Pflichten eines künftigen Barons – die politische Ehe. Nedime empfand er als einschüchternd. Sie sprühte nur so vor Selbstbewusstsein. Aus ihr würde einmal eine starke Frau werden – etwas, was viele Nebachoten bewunderten. Doch wie würde er ihr zugetan sein? Sie kannten sich fast gar nicht. Waren sie nicht eher das Produkt eines Bündnisses? Konnte das die Basis für die Zukunft sein? Für ihn, für Nedime, für Herdentor?

Nachdenklich blickte er aus dem kleinen Stallfenster. Er sah, wie Nedime und ihre Familie eine schwarze Kutsche bestiegen. Ohne ein Wort des Abschiedes würden sich ihre Wege nun erstmal wieder trennen. Bereute er seine morgendliche Flucht aus dem Ehebett? Ja? Nein? Er wusste es nicht.

"Sie ist nun fort!" Am Tor des Pferdestalls stand ein Mann mit vernarbtem Gesicht. Es war Hamir von Turatal, der Hauptmann der Tiefschwarzen Sonnenrösser. "Ich werde Euch nach Etiliashaven bringen. Dort wartet ein Schiff auf Euch."

"Zurück auf die Tränen?" Unergründliche Traurigkeit legte sich auf Yarons Gesichtsausdruck.

"So ist es Euer Schicksal."

Liebevoll fuhr der junge Nebachote ein letztes Mal durch das Fell des Hengstes.

"Du hast es gut mein Freund. Du bist freier als ich, obwohl man dich in diesen Stahl eingesperrt hat."


Autor: Bega

Tod in Reichsgarten

Schloss Reichsgarten, Baronie Herdentor, Efferd 1042 BF:

Die frische Brise auf der Haut ließ Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor daran erinnern, dass der Sommer auch hier in den Perrinlanden nun langsam dem Herbst gewichen war. Von der Sharbana-Bastion hatte man einen atemberaubenden Blick über den Golf von Perricum. Sulamith liebte es im Sommer hier zu verweilen - meist in Begleitung ihrer beiden Hofdamen Yaela und Mira. Zu dieser Jahreszeit wurde das Meer rauer, unbändiger – aber auch das gefiel der ihr. Hier ersann sie ihre allumfassenden Pläne.

Ihre alterslos wirkenden Gesichtszüge strahlten Zufriedenheit aus. Sie hatte ihre Spielfiguren ins Spiel gebracht und alles lief nach Plan. Nedime war nun mit dem künftigen Baron von Herdentor verheiratet, was ihr maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Baronie einbringen würde. Ihr Bündnis mit Mara und Roschane – der Bund der drei Frauen – hatte sich für sie ausgezahlt. Wie auch für die anderen beiden Frauen, wie Sulamith anerkennen musste. Die Sturmfelserin konnte sich so erstmal als Vögtin an der Macht halten und die Pfiffenstock wähnte ihre Kinder in Sicherheit. Ja, Sulamith war zufrieden – für den Moment – denn in ihren weiterführenden Plänen spielten die anderen beiden Frauen keine Rolle mehr.

"Ich vermisse den Sommer, dieses Wetter betrübt mich!", Yaelas Gesichtszüge zogen sich nach unten. Die für ihre wechselnden Stimmungen bekannte Hofdame war in dunkle Gewänder gekleidet, was ihre düstere Stimmung noch unterstrich.

"Ich sehe mich auch eher als Kind der Sonne", pflichtete ihr Mira bei.

"Mein lieben Sonnenkinder, seid nicht so betrübt!", Sulamith blickte fast mütterlich zu den beiden jungen Frauen. "Euer Trübsal wird noch weichen, denn heute Abend werden uns Schausteller aus der Reichsstadt unterhalten."

"Oh wie schön!" Yaela wirkte gleich wieder etwas erfreuter.

Sich schnell nähernde Schritte ließen die drei Frauen aufhorchen. Es war Donyata, die Leibpagin von Sulamith.

"Herrin", keuchte das junge Mädchen völlig außer Atem, "Ihr müsst schnell kommen, es ist etwas schreckliches passiert!"

"Mein Kind, rede!", befahl Sulamith.

"Ich ... ich ... Ihr müsst es selbst sehen!"


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Wenige Augenblicke später standen die Frauen in dem verwüsteten Gemach von Meister Siyandor. Der etwas verschrobene und undurchsichtige Artefakt-Magier lag leblos auf dem Boden.

"Ich hatte vorhin was gehört und ... wollte dann mal nachsehen ... ich weiß ja, dass der Meister sonst nicht gestört werden will." Donyata war vollkommen außer sich,

"Beruhige dich mein Kind, du hast alles richtig gemacht!", Sulamith nahm ihren Schützling liebevoll in den Arm. Dann blickte sie zu Yaela. "Geh und hole Melandra und Ashina!"

"Was bei den Göttern ist hier passiert?" Mira blickte ihre Herrin fragend an.

Sulamith schwieg.

Als Kastellanin Melandra von Palmyr-Donas den Szenerie betrat, wich sie erstmal erschrocken zurück. Sie ließ der Rash'Wahara Ashina von Turatal den Vortritt. Diese begutachtete vorsichtig das Gemach des Magiers.

"Ist vielleicht eines seiner magischen Experimente fehlgeschlagen?", fragte Mira vorsichtig.

Der Gesichtsausdruck der Kriegerin Ashina wurde immer grimmiger ... schließlich zog sie ihren Säbel, was alle Anwesenden aufschrecken ließ.

"Meister Siyandor wurde ermordet! Sein Herz würde mit einem stumpfen Gegenstand durchbohrt ... ein Messer oder Säbel war es jedenfalls nicht."

Sofort fing Donyata an zu weinen, während sich die anderen Frauen geschockt ansahen. Sulamith war die erste die sich wieder fing.

"Ashina, durchsuche mit deinen Kiegerinnen den Palast! Es ist höchste Wachsamkeit angesagt, denn der Mörder dürfte sich noch in diesen Mauern befinden."

Mit versteinerter Miene wandte sich Sulamith von ihrem ermordeten Hofmagier ab. Sein Tod traf sie doppelt, arbeitete Meister Siyandor doch schon lange fieberhaft an einem besonderen Auftrag von ihr – einen Auftrag, den er nun nicht mehr wird beenden können. Welch Tragödie.


Autor: Bega

Weitblick in Feshaven

Dorf Feshaven, Baronie Sebarin, Efferd 1042 BF:

Kaum Licht fiel in die große Halle des düsteren Kor-Tempels von Feshaven. Das schwere, dunkle Gestein der Wände wirkte bedrohlich und abweisend. Die wenigen Feuerschalen tauchten den säulengestützen Altarraum in ein beklemmendes Zwielicht. Am Ende der Halle stand ein schmuckloser Altar aus dunklem, fast schwarzem Gestein mit blutroten Einfärbungen. Mit festem Blick auf die geflügelte Mantikorsstatue stand Irian vor dem Altar. Betend? In stiller Andacht? Nein. Herausforderung lag in dem Blick des Nebachoten. Dumpf hallende Schritte beendeten den eigentümlichen Moment.

"Ah, Shelkor mein Freund", begann Irian, dessen Stimme in der Großen Halle des Mantikors widerhallte.

"Fabilan ist zurück", erwiderte dieser kurz.

"Das vermeintlich schwarze Schaf der Tura ai a Danal." Irian hatte seinen Blick immer noch nicht von der geflügelten Mantikorstatue abgewendet. "Ich hoffe er bringt gute Kunde aus Reichsgard."

"Er verlangt dich zu sehen ... er sagt, er habe was du willst."

"Dieser schmierige Schmuggler verlangt ... na, wollen wir mal nicht so sein. Wenn er tatsächlich hat was er vorgibt, lasse ich ihn gewähren." Irian wandte sich nur Shelkor zu. "Auf zum Hafen, dort wartet die Inspektion einer wichtigen Fracht auf uns."

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Der Weg der beiden Nebachoten führte die beiden durch über den Dorfplatz von Feshaven. Unweit des Kortempels erhob sich vor ihnen der schwarze Mantikorbrunnen. Dieses Ungetüm aus schwarzem Gestein, das einen lebensgroßen, aufstrebenden Mantikor zeigte. Zu Füßen der Statue tummelten sich verschiedenste Meerestiere. Aus dem Maul des Mantikors und der Meerestiere sprudelte Wasser hervor welches sich in einem Becken darunter sammelt und dort rötlich verfärbte.

"Warum hat es dich in den Kortempel geführt?", durchbrach Shelkor das Schweigen.

"Ist dir das Wappen dieses Schmugglernestes aufgefallen?"

"Hm, nicht so wirklich ... ." Shelkor überlegte kurz. "Es zeigt eine Art Drachen, oder?"

"Das ist eben die Frage, welches Wesen zeigt es wirklich." Irian hielt inne und packte Shelkor am Arm. "Die alten Sagen berichten von einem mysteriösen Wesen, Ar'Shymruh genannt. Doch was ist das für ein Wesen? Ist es ein Drache, ist es eine Chimäre? Wem dient dieses Wesen? Kor? Oder gar niederhöllischen Mächten?"

"Warum beschäftigt dich dieses Fabelwesen?" Shelkor verstand nicht recht, worauf Irian hinaus wollte.

"Vielleicht kann ich mir die Macht dieses Wesens zunutze machen. Aber alles hat seine Zeit, erst mal schauen wir uns an was Fabilan für mich hat."

Schweigend liefen die Männer zum Hafen des kleinen Dorfes.

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Die beiden Nebachoten kletterten an Bord der Schaluppe Feshavener Machart. Wahrlich, die Nebachoten galten zurecht nicht als Volk von Seefahrern, war doch die Feshavener Schaluppe ein Mix aus verschiedenen Schiffstypen. War sie auch für die Hochschifffahrt denkbar ungeeignet, ihre Schnelligkeit machte sie zu einem perfekten Schmugglerschiff.

Vor Irian und Shelkor baute sich ein kräftiger Mann mit langem, vollem Bart auf. Viele Hautbilder waren an Armen und Hals erkennbar. Kalte, braungraue Augen blickten die beiden Männer erwartungsvoll an.

"Du hast was ich suche?", begann Irian.

"Willst du mich beleidigen?", knurrte der angesprochene Nebachote und spuckte verächtlich zu Boden. "Wenn Fabil han Tura ai a Danal sagt er beschafft was, dann tut er das auch."

"Sehr gut", grinste Irian, "dann lass sehen!"

Der Vogt von Feshaven holte ein Stoffbündel hervor und bereitete es auseinander, bis drei Schmuckstücke offenbar wurden.

"Ah die Brosche ... der Ring ... das Amulett." Irians Augen begannen zu funkeln. "Allesamt Meisterwerke des seligen Siyandor." Zufrieden warf Irian dem Schmuggler einen prall gefüllten Beuten zu. "Du kannst jetzt verschwinden!"

"Meister Siyandor?", fragte Shelkor verblüfft. "Der Leibmagier der Spinne von Reichsgard?"

"Na, die aranische Spinne wird sich wohl einen neuen Leibmagier suchen müssen, denn der greise Siyandor ist nicht mehr." Irian grinste breit.

"Wie bei den Niederhöllen ... ." Shelkor war sichtlich beeindruckt.

"Im Netz der aranischen Spinne sitzt ein Verräter ... er hatte für mich den greisen Magier ausspioniert und nach dem der mit seinen Artefakten fertig war ... ." Irian deutete eine gerade Handbewegung an seinem Hals an. "Er hat diese für mich unschätzbaren Stücke aus dem Netz der aranischen Spinne geschafft und diesem Schmuggler übergeben."

"Dann sind diese Schmuckstücke also magische Artefakte", stellte Shelkor fest. "Ich ahne für wen sie gedacht sind."

"Oh ja, es ist Zeit einigen besonderes Geschenke zukommen zu lassen!" In Irians Stimme schwang blanker Hass mit.


Autor: Bega

Martoks Erben Teil I.

Kaiserlicher Hof auf Efferdsträne, Reichsfestung Wogentrutz, Hesinde 1042 BF:

Der Wind zerrte an seiner Kleidung, an seinen Haaren, an seinem ganzen Körper. Hoch schlugen die Wellen unter ihm. Es war, als bitte die stürmische Rondra den launenhaften Efferd zum Tanz. Wie so oft stand er auf der Plattform des sogenannten Nadelturms der Reichsfestung Wogentrutz. Der Turm war auf einer kleinen Felsnadel errichtet worden und war von allen Seiten der Macht Efferds und Rondras ausgeliefert. Eine steinerne Brücke verband das Bauwerk mit der Reichsfestung. Vielleicht war es dieses Gefühl des ausgeliefert sein, was ihn immer und immer wieder an diesen Ort zog. Der Turm und er hatten etwas gemein. Oft grübelte er darüber nach, was wohl wäre wenn er nicht mehr da wäre, wenn er einfach in die Tiefe springen würde. Sie würden ihn einen Feigling nennen, unwürdig für einen Nebachoten. Er wäre dann jemand, der sich seinem Schicksal entziehen wollte und einfach in minderes nächstes Leben gehen würde. Doch, was war sein Schicksal? Er wusste es und auch wieder nicht.

Er würde einmal seinem Vater als Baron von Herdentor nachfolgen, das wusste er. Doch, wer er sein sollte, das wusste er nicht. Er war Nebachote, doch zwängte man ihn in ein raulsches Korsett. Viel konnte er hier bei seinem Knappenvater lernen – über Verwaltung, Diplomatie und auch der Schwertkampf kam nicht zu kurz. Was er nicht lernte, war, wie er als junger Nebachote zu sein hatte in dieser veränderten Welt. Das trostlose, abgeschiedene Eiland sollte zum Spiegelbild seiner Seele werden. Er hasste es hier. Er hasste sich.

Dabei hatte er hier durchaus Freundschaften schließen können. Wenn er sich nach menschlichen Umgang sehnte, dann suchte er zumeist den Geweihten der Leunin Timshal von Berlenga auf. Sie verstanden sich, oft auch ohne Worte. Auch Timshal war eine gemarterte Seele, denn er hatte eine Hand verloren und konnte den Rondrakamm nun nicht mehr führen. Was war ein Rondra-Geweihter ohne seinen Rondrakamm? Unvollständig, nutzlos, ein Nichts. So wie er.

Da war noch eine Person die ihn zuweilen aus den Dunkel seiner Seele zu befreien vermochte. Es war Timshals Bastard-Schwester Ilyane. Sie diente als Hausritterin auf Wogentrutz und war viel älter als er, strahlte Stärke und Zuversicht aus. Bei ihr fühlte er sich geborgen, sie gab ihm Halt. Ohne sie hätte es sich womöglich schon längst vom Nadelturm in die Tiefe gestürzt. Sie war das Bildnis einer Frau, die ein Nebachote verehrte, obwohl sie eine Raulsche war, schon wieder all diese Widersprüche.

Die Nachricht seiner anstehenden Vermählung mit einer Fremden hatte ihn damals tief ins Mark getroffen. Nun würde man ihm das letzte bisschen an Lebenskraft nehmen, da war er sich sicher gewesen. Die ersten Treffen mit Nedime waren sehr unterkühlt. Beide mussten nicht so recht was mit der Situation anzufangen. Sie waren doch noch so jung und für ihre Familien nur Figuren in einem Spiel. Es zerriss förmlich sein von Dunkelheit gehülltes Herz.

Es waren nun schon sechs Monde ins Land gegangen seit seiner Hochzeit mit Nedime. Gesehen hatten sich die beiden seit dem nur wenige Male. Er diente als Knappe auf diesen verfluchten Tränen und sie als Knappin am Markgrafenhof. Wie sollte sie so zueinander finden? Ihre Begegnungen wurden von Mal zu Mal weniger unterkühlt, doch verstanden sie einander nicht. Zu unterschiedlich waren ihre Lebenswelten, zu unterschiedlich ihre Herkunft, zu unterschiedlich ihre Seelen. Er wollte seiner Gemahlin ein guter Ehemann sein, aber er wusste nicht wie.

Er war nun ganz alleine, denn im unbeholfenen Aktionismus hatte er Ilyane von sich gestoßen. Sie war für ihn nun nur noch ein aus der Ferne zu verehrendes Idealbild einer Frau. Seiner Frau – die er in Wirklichkeit immer noch nicht richtig kannte.

So stand er nun auf der Plattform der sturmumtosten Felsnadel. Im fernen Morganabad trafen sich zur gleichen Zeit Kaiserin Rohaja und Maharan Arkos und schrieben wortwörtlich Geschichte. Nedime war vor wenigen Monden bei den Hadrokles-Paligan-Festspielen in Punin. Bei ihrem letzten Treffen erzählte sie unentwegt davon. Da konnte er ein Auflodern ihrer ihr innewohnenden Leidenschaft erkennen. Er konnte diese Leidenschaft nicht entfachen. Um ihn herum passierte so viel, nur nicht hier. Er war weit weg von allem. Er war im Stillstand gefangen und trotzdem wagte er es nicht zu springen. So war er verdammt im Stillstand zu verharren. Aber Stillstand war gleichbedeutend mit dem Tod, der nabachotischer Auffassung auch nur eine Station war, in der raulschen nicht. Immer wieder diese Widersprüche. Wer war er?


Autor: Bega

Martoks Erben Teil II.

Hof des Barons zu Dürsten-Darrenfurt, Schloss Darrenfurt, Hesinde 1042 BF:

Die Anspannung, der Frust stand ihr fast wortwörtlich auf der Stirn. Tiefe Zornesfalten gruben sich in ihre junge Haut. Am liebsten wäre sie aus der Haut gefahren, explodiert, hätte ihre Meinung kund getan – aber sie konnte, durfte nicht. So musste sie den beißenden Spott der Baronin über sich ergehen lassen. Jedes Mal hasste sie diese Frau ein bisschen mehr.

Seit vier Monden diente sie nun schon der frisch angetrauten Baronin als Zofe. Eine bissige und altkluge Raulsche aus der Ferne, der sie es nicht recht machen konnte und die sich nicht über die Befindlichkeiten andere scherte. Nebachoten gab es in der Lebenswelt der Baronin nicht, nur Raulsche. Wo sie her kam mochte dies stimmen. Aber Perricum war anders.

So musste sie die Launen der Baronin ertragen. Dabei hätten sie sich eigentlich gut verstehen können. Beide mussten aus familienpolitischen Gründen ihr Zuhause verlassen und in einem vollkommen neuen Umfeld klar kommen. Beide wurden mit für sie Fremde verheiratet. Wobei, in ihrem Fall stimme es nicht nicht ganz. Sie kannte Brin schon als sie noch in Herdentor lebte. Doch es änderte sich nichts, die Frauen hassten sich.

Sie hasste auch ihr Dasein als Zofe. Eloquent daher reden, repräsentabel aussehen, die höfische Etikette wahren und die Launen der Baronin ertragen – mehr erwartete der Hof von ihr nicht. Das war so wider ihrer Natur. Sie war eine wilde Draufgängerin, die sich auf dem Rücken eines Pferdes viel wohler fühlte als auf dem höfischen Parkett. Doch der Baronin gelüstete es nicht nach Ausritten.

Wehmütig sah sie frühmorgendlich den Baron und seine beiden Hausritter Ramin und Hamedan zum allmorgendlichen Ausritt aufbrechen und später mit Dreck und Staub besudelt zurückkehren. Das wollte sie auch. Die eitlen Altaranier Ramin und Hamedan lachten sie dafür aus. Aranisches Pack! Sie glaubten tatsächlich sie wären etwas besseres. Je mehr sie die beiden Männer hasste, desto größer stieg auch der Neid ihnen gegenüber. Sie führten ein Leben das sie anstrebte. Doch war ihr als Nebachotin das überhaupt möglich? Ja, denn eine neue Zeit war angebrochen. Alte Traditionen galten nicht mehr. Auch als nebachotische Frau konnte sie nun selbstbestimmt ihren Weg gehen – wenn da nicht die Fängen ihrer adligen Herkunft wären. Doch Baha hatte es ihr vorgemacht, sie diente dem Baron als Knappin und verkörperte für sie das neue Idealbild einer Nebachotin: selbstbewusst, wehrhaft, kampfbereit. Sie himmelte Baha nahezu an, wollte unbedingt so sein wie sie. Und da waren noch mehr, die aus den tristen alten Dasein hervortraten.

Auch die Kaiserin war in ihren Augen so eine starke Frau, auch wenn sie keine Nebachotin war, herrschte sie doch über ein ganzes Reich. Als sie hörte, die Kaiserin würde nach Morganabad kommen um mit dem aranischen Maharan ein Grenzabkommen zu schließen, wollte sie unbedingt dort hin und die Kaiserin leibhaftig sehen. Doch sie durfte nicht. Das war ihr aber egal, so büchste sie aus und ritt im Galopp in die nebachotische Grenzstadt. Es war ein atemberaubendes Gefühl für sie. Außerhalb der Stadt lagerten in zwei Zeltstädten die Gefolge von Kaiserin und Maharan.

Flüchtig hatte sie einen Blick auf die Kaiserin werfen können und wirkte etwas enttäuscht; sie hatte sie sich größer vorgestellt, als sie da stand, umringt von altaranischen Speichelleckern, die die Kaiserin für die erzielte 'Einigung von Morganabad' feierten. Der Moment der Freiheit sollte schnell vorüber gehen, fingen die altaranischen Böcke sie doch wieder ein und brachten sie an den Hof zurück. Dieses altaranische Pack breitete sich hier in Dürsten-Darrenfurt immer mehr aus und hatte schon weit mehr Macht und Einfluss als die hiesigen Nebachoten und Baburen, da diese auch immer wieder untereinander oder mit den Raulschen stritten. Einzige Ausnahme war Voltan von Altmark, der ein wichtiger Berater des Barons war.

So saß sie in ihrer Kammer und begutachtete den mit sehr detailverliebten Pferdesymbolen verzierten Ring. Ein Geschenk ihres Gemahls Brin, wie es von Seiten der Baronin hieß. Für solcherlei Schmuck war sie eigentlich nicht zu haben, aber dieser gefiel ihr. Brin zuliebe würde sie ihn tragen, denn dem jungen Ochsen war sie durchaus zugetan. Er war ähnlich wild und ungestüm wie sie, nur eben auf seine Weise.

Nachdenklich rieb sie sich ihren Bauch. In ihr wuchs Tsas Segen heran. Sie hoffte inständig, dass sie nach der Geburt mit ihrem Kind diesen Niederhöllen hier den Rücken kehren würde.


Autor: Bega

Martoks Erben Teil III.

Kloster Praiseneck, Baronie Herdentor, Hesinde 1042 BF:

Mit festen Blick waren seine Augen auf seinen Vater gerichtet. Regungslos kniete der ehemalige Krieger da, den Kopf nach oben gen Praiosmahl gerichtet, direkt in die Sonne starrend. Sehen konnte Martok im Diesseits schon lange nichts mehr. Seit seiner Verblendung während der Sonnenprozession 1041 BF wurde erst sein Verstand von Nebel umgeben, das Augenlicht brannte Herr Praios ihm später aus. Dennoch saß er jeden Tag von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang in einem der Gebetshöfe des weitläufigen Klosters und starrte mit leeren Augen gen Himmel.

Der Sohn blickte zu seinem Vater, dessen Augen ein weißer Schleier durchzog. Ehrfurcht und Verehrung lagen in seinem Blick. Martok hatte alles weltliche abgestreift und befand sich nun seinem Herrn Praios ganz nahe.

Er war sich sicher, Praios hatte noch etwas mit seinem Vater vor, er sollte ihm noch als Werkzeug dienen; sonst hätte er ihn sicherlich schon lange zu sich gerufen, oder seiner Seele einen neuen Körper geschenkt. Nach nebachotischem Glauben war Praios der höchste Richter der Menschen, der nach dem Tod die Seele eines Verstorbenen prüfte. War sie 12 Lebenszyklen rein und ohne Frevel, gewährte Praios der Seele den Eintritt in eines der 12göttlichen Paradiese. Der immer wieder aufs neue beginnende Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt war durchbrochen, die Seele hatte ihre endgültige Bestimmung erreicht. Doch befand Praios die Seele noch für nicht würdig, oder waren die 12 Lebenszyklen noch nicht erreicht, wurde sie zurück in die diesseitige Welt geschickt. Je nach dem wie sehr das vorige Leben nach den Gesetzen Praios und dessen Geschwister gelebt wurde, wurde die Seele in einen niederen oder höheren Stand geboren als vorher.

Diese Weisheiten des Götterfürsten hatte man ihm von klein auf verinnerlicht. Sie bestimmten nicht nur sein Leben, sondern auch das aller Menschen hier im Kloster. Das Kloster war wie ein Spiegelbild des nebachotischen Praiosglaubens. Seine Bewohner kannten eine sehr ausgeprägte Hierarchie, ein ehernes Gesetz an dem es nicht zu rütteln galt. Die letzte, höchste Instanz war der Abt, der bei den meisten Glaubensgeschwistern wie ein Heiliger verehrt wurde. Wahrlich, Hochwürden Sulman von Greifenwacht war ein weiser Mann. Sein Wissen über Recht und Tradition der Nebachoten galten als vollendet, er galt schon fast als Bruder des - zurückgezogenen - Al'Hareshs. Nicht selten wurde er als Schlichter für besonders heikle oder festgefahrene Streitigkeiten herangezogen. Sein Wort galt viel und das weit über die Klostermauern hinaus.

Der Lauf der göttlichen Sonne bestimmte den Tagesablauf im Kloster. Bei Sonnenaufgang versammelten sich die Klosterbewohner in den vielen Innenhöfen um das Antlitz des Götterfürten im stillen Gebet und Meditation zu begrüßen. Die von Praios Auserwählten, die hoch in der Hierarchie standen, wurden vom Praiosgong jede volle Stunde zum Gebet gerufen. Diese besonders von ihrem göttlichen Herrn Geküssten waren auch von den derischen Alltagspflichten befreit. Ihre einzige Aufgabe war es in die göttliche Wahrheit durch Gebete, Meditationen und Trancen einzutauchen.

Er gehörte zu den Auserwählten, denn der Abt hatte in ihm das göttliche Feuer erkannt. Die Tageszyklen verbrachte er somit mit dem Studium der alten Schriften und der Meditation. Die Zyklen der Meditation und des Gebets verbrachte er oft an der Seite seines Vaters. Er hoffte so sehr zu ihm durchdringen zu können, damit dieser seine Weisheit mit ihm teilen konnte. Er hoffte auf ein göttliches Zeichen.

Dieses Zeichen meinte er in Form eines kleinen Amuletts erkannt zu haben, dass sein Vater in seiner linken Hand fest umschlungen hielt. Als er die linke Hand seines Vaters berührte, fiel das Amulett zu Boden. Es zeigte einen goldenen Greifen mit ausgebreiteten Flügeln. Er nahm es an sich und umschloss es fest mit seiner Hand. War das das ersehnte Zeichen?


Autor: Bega

Blut der Kinder im Tal der Pferde Teil I.

Stadt Brendiltal, Baronie Herdentor, 30. Rahja 1042 BF:

Es war schon später Abend als die herrschaftliche Kutsche vor dem geschlossenen Tor der Stadt Brendiltal vor fuhr. Der Kutsche vorweg ritten die beiden herdentorer Hausritter Leuhelm und Ayana von Sturmfels. Die Nachhut bildete Hauptmann Hamir von Turatal mit einer Rotte der Tiefschwarzen Sonnenrösser.

"Im Namen von Baron Martok von Brendiltal, wir verlangen Einlass zu später Stunde. Der Mond der Rahja nähert sich seinem Ende. In wenigen Stundengläsern haben die Namenlosen Tage Einzug gehalten und keiner, sei es einfacher Bauer, noch edle Herrschaft, vermag dann noch auf Reisen zu sein." Die Worte von Ritter Leuhelm waren klar und markig vorgetragen.

"Euer Herr, ist nicht unser Herr, Ihr könnt uns in seinem Namen nichts befehlen. Wir sind einzig und allein dem Markgrafen Untertan. Wenn Eurer Baron was will, soll er selber kommen." Die Worte der Wachfrau klangen voller Häme.

"Wir nehmen das Recht auf Travias Gastung in Anspruch", wandte sich nun Ayana an die Torwache. "Wir werden im Palast der Heiler erwartet, es geht um Leben oder Tod!"

"Übt Euch in Geduld! Ich weiß, etwas was ihr schwerlich zu kennen vermögt", war die harsche Antwort der Wachfrau. Ein halbes Stundenglas später erschallte ihre Stimmer wieder vom Torturm. "Der gelehrte Herr Fesian von Norburg hat für Euch gebürgt. Einlass wird nur der Kutsche und der Leibwache gewährt. Die Söldner müssen draußen bleiben!"

Leuhelm blickte kurz zu Hauptman Hamir und nickte dann zustimmend. "Mit Euren Konditionen werden wir uns arrangieren."

Knarrend öffnete sich das Stadttor und die beiden Reiter, sowie die Kutsche setzten sich in Bewegung. Hauptmann Hamir und seine Meute mussten zähneknirschend vor der Stadt verharren - unter dem großen Eslam hätte es sowas nicht gegeben. Bewaffnete der adligen Obrigkeit der Umlande waren in der Stadt nicht mehr gerne gesehen, zu Tief saß die Erinnerung an die despotische Herrschaft von eben jenem Eslam von Brendiltal. Auch wenn er nicht mehr war und nun sein Bastard-Sohn nominell herrschte, war die Baronsfamilie bei den Städtern doch immer noch sehr verhasst.

Zügig suchte die Kutsche ihren Weg durch die leeren Gassen der schlafenden Stadt. Auf dem Marktplatz musste das Gefährt wohl über ein Hindernis gefahren sein, denn die Hinterachse brach urplötzlich in zwei und so geriet die Kutsche massiv ins Schleudern. Dem Kutscher war es nicht möglich die Kontrolle über Pferde und Kutsche wiederzuerlangen. Leuhelm und Ayana könnten nur hilflos zusehen, wie die Kutsche krachend auf die Seite kippte und sich die Zugpferde los rissen.

Sofort ritten die beiden Hausritter zum verunglückten Gefährt, stiegen ab und öffneten die Tür. Als erstes kletterte Yaron heraus. Ein paar Blessuren in seinem Gesicht zeigten, dass er den Aufprall halbwegs glimpflich überstanden hatte. Voller Entsetzen und Sorge blickte er in das Wageninnere. Mit vereinten Kräften zogen Yaron und Leuhelm eine junge Frau aus der Kutsche. Sie war in weite, in Grüntönen gehaltene Kleider angetan und trug oberhalb ihres von Tsa gesegneten Bauchs eine Brosche in Form einer Eidechse. Nedime hatte schwere Kopfverletzungen von dem Unglück davon getragen und blutete stark.

Yaron war panisch vor Angst. Was sollte er tun? Er blickte sich Hlfe suchend um. Das Unglück schien viele der Bürger aus dem Schlaf gerissen zu haben, denn die umgekippte Kutsche war auf einmal umringt von einer Menschenmenge.

"Bitte", flehte der junge Baronssohn, "meine Gemahlin ist schwanger und muss unverzüglich zum Palast der Heiler."

Erst jetzt bemerkte Yaron den grimmigen Gesichtsausdruck der Menschen. Einige trugen Knüppel, Mistgabeln oder anderen spitzen Gegenstände in ihren Händen.

"Nein, nein, nein, so haltet ein!", stammelte der werdende Vater, doch es sollte vergebens sein. Wie Berserker schlugen die Menschen auf ihn und Nedime ein. Sogar die Kutsche wurde von dem blinden Wut nicht verschont. Leuhelm und Ayana taten während dessen ihr menschenmöglichstes um ihre Herren zu beschützen. Augenscheinlich richtete sich der Hass der Menschen besonders gegen Nedime.

In einem Moment, es war Yaron als dauerte es eine Ewigkeit, sah er wie eine feiste Schlachtersfrau unvermittelt vor der ungeschützt am Boden liegenden Nedime stand und mit ihrem Schlachtbeil weit ausholte. Ohne lange nachzudenken sprang er vor seine Frau, so dass sich das Beil tief in seinen Brustkorb grub. Kurz danach sollte die fettleibige Schlachterin durch Ayanas Schwert ihren letzten, von Hass zerfressenen Lebenshauch aushauchen. Um Yaron herum wurde alles schummrig und doch konnte er es nun klar sehen. Ein Gefühl der Leichtigkeit machte sich ihn ihm breit. Er hatte getan, wofür er ausersehen war. Sein Schicksal war es nicht, einmal Herrscher dieser Lande zu werden, nein, sein Schicksal war es, seine Frau und seinen Erben in dieser Nacht zu schützen, auf das sie einmal über das Land herrschen könnten.

Sein Blick suchte Nedime, die - selbst stark am Kopf blutend, voller Entsetzen auf das Beil starrte und schrie. Dann nahm sie seinen Kopf und blickte ihn an. Unendlicher Schmerz spiegelte sich in ihren Augen. Sie war überall blutverschmiert. Eine Träne kullerte seine Wange herab, bevor es um ihn dunkel wurde. Er konnte nun gehen, er hatte sein Schicksal erfüllt. In weiter Ferne hörte er noch das Trappeln der herannahenden Pferde. Das musste die Stadtgarde sein. Es war vollbracht.

Das war der erste Streich.


Autor: Bega

(Artefakt: Brosche des Hasses)

Blut der Kinder im Tal der Pferde Teil II.

Schloss Darrenfurt, Baronie Dürsten-Darrenfurt, Namenlose Tage 1042 BF:

Mit einem inneren Gefühlschaos, zwischen Stolz und Sorge schwankend, blickte Dafina zu dem kleinen Bündel in ihrem Arm. Die Geburt vor ungefähr einem Mond war sehr schwierig verlaufen. Der kleine Junge war seit dem kränklich und sehr schwach; wirkte blass und schrie kaum. Aber auch ihr ging es nicht wirklich gut. Ihr Bauch hatte sich immer noch nicht vollständig zurück gebildet, auch schmerzte er und fühlte sich schwer an. Besuche bei verschiedenen Heilern konnten keine Linderung bringen, sondern, wenn überhaupt, nur kurzweilig von den Schmerzen befreien.

Sie hatte so sehr die Geburt ihres ersten Kindes herbeigesehnt, war damit doch für sie auch die Hoffnung verbunden endlich wieder nach Hause kehren zu dürfen. Diese Hoffnung sollte sich jedoch zerschlagen, denn ihre Großmutter hatte ihr sehr deutlich klar gemacht, dass ihr Platz nunmehr in Dürsten-Darrenfurt war. Ein Ort, der ihr immer noch so fremd war. Immerhin kam Brin regelmäßig aus Herdentor zu Besuch und brachte Kunde von Zuhause. Ein schwacher Trost.

Die altaranischen Lustböcke machten sich auch weiterhin lustig über sie und die Baronin schien den ganzen Tag nur nach Gründen zu suchen um sie zu verspotten. Dennoch blieb sie standhaft und versuchte ihr Bestes um sich in diesem Vipernnest zu behaupten. Mit der herrschaftlichen Knappin Baha hatte Dafina Freundschaft geschlossen. Das war für sie einer der wenigen Lichtblicke hier in der Verdammnis. Im Geheimen zeigte ihr die nebachotische Knappin ein paar Tricks mit dem Schwert oder dem nebachotischen Reitersäbel. Sie war ihre einzige Freundin hier.

Dafina blickte in den ausladenden Spiegel in ihrer Kammer und betrachtete sich. Ihre Haut war fahl geworden, ihre Augen ausdruckslos. Ihr einst glänzendes, dunkelbraunes Haar wirkte stumpf. Was war nur los mir ihr? Was sie sah war nicht das 16 Sommer zählende Mädchen welches sie eigentlich war. Sie sah aus, als wich das Leben aus ihrem Körper.

Es klopfte an der Tür und ein Page trat ein. "Die Baronin verlangt nach dir!"

Dafina nickte, legte ihren Sohn in sein Bettchen und betrachtete noch einmal ihr Spiegelbild. Sie rückte ihre Kette zurecht, kontrollierte ihre Kleidung. Sie musste lächeln als sie den Ring an ihrer rechten Hand erblickte. Er erinnerte sie an Brin, auch wenn er standhaft behauptete er käme nicht von ihm. Sicherlich war er nur zu stolz es zuzugeben. Ihre Finger glitten durch ihr Haar um eine widerspenstige Strähne zu bändigen. Auf einmal hatte sie einen ganzen Büschel Haare in der Hand. Erschrocken wich sie zurück. Hastig versuchte sie die kahle Stelle durch andere Strähnen zu verdecken.

Ungebrochen und mit festem Blick nach vorn verließ sie ihre Schlafkammer.

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Die Baronin hatte Hofdamen, Zofen und Diener zum Gebet in die Praios-Kapelle befohlen. Der Düsternis der Namenlosen Tage konnte nur mit Göttervertrauen begegnet werden, so war es der Wunsch der Baronin. Der Baron war freilich nicht anwesend, war doch kein Geheimnis dass dieser viel lieber seine Zeit mit seinen Hausrittern verbrachte. Dafina konnte es ihm nicht verübeln.

Mit strengen Blick sah die Baronin sie an. Ihr war so, als wollte sie gerade etwas sagen, doch hielt sie inne und wandte sich dem Praios-Schrein zu. Herr Praios hatte Dafina also vor dem Spott der Baronin gerettet – welch Fügung.

Sie wollte sich gerade zum Gebet nieder knien, als ein stechender Schmerz durch ihren Bauch und Unterleib zuckte. Schmerzerfüllt verzog sich ihr Gesicht, doch sie zwang sich keinen Ton von sich zu geben, wollte sie die anderen Anwesenden doch nicht im stiller Andacht stören. Doch die Schmerzen wurden zu unerträglich. Mit einem markerschütternden Schrei fiel das junge Mädchen zu Boden, so dass sich die andächtig Betenden erschrocken zu ihr drehten. Dafinas Körper wurde von ruckartigen Zuckungen heimgesucht, die ihre Gliedmaßen seltsam verdrehen ließen. Pulsierend hob und senkte sich ihr Körper immer wieder. Keuchend nach Luft schnappend, riß sie ihr Kleid in Fetzen und ein grausam entstellter Körper offenbarte sich dem Betrachter. Flächenweise war die Haut grau bis schwarz und das Fleisch schon abgestorben. Große Büschel ihrer Haare lagen auf dem Boden, der Geruch von Fäulnis und Pestilenz vernebelte die Sinne. Der sich auf und ab bewegende Bauch platzte schließlich auf und große, feiste Maden bahnten sich ihren Weg durch das faulige Fleisch. Schreiend flehten die Augenzeugen von diesem Martyrium auf Knien zu Herrn Praios oder rannten voller Schrecken davon. In den blutigen Augen von Dafina machte sich derweil die große Leere breit. Ihr Leiden war nun vorüber.

Das war der zweite Streich.


Autor: Bega

(Artefakt: Ring der Fäulnis)

Blut der Kinder im Tal der Pferde Teil III.

Kloster Praiseneck, Baronie Herdentor, Namenlose Tage 1042 BF:

Die Namenlosen Tage waren im Praios-Kloster Praiseneck eine besondere Zeit. Das alltägliche Leben ruhte vollkommen und alle Bewohner verbrachten die dunkle Zeit im stillen Gebet oder in Meditation, noch mehr als sonst schon. Es galt seine Seele rein zu machen vor dem bevorstehenden Mond des Herrn Praios, der Zeit des Lichts.

Für Amalion bedeutete dies, das Studium der heiligen Schriften zu unterlassen und sich ganz und gar dem seinem Gott im Gebet hinzugeben. Angetan war der junge Novize in ein weißes Büßergewandt, wie alle anderen auch, doch, was hatte ein 12-jähriger schon zu büßen? Einzig das Greifenamulett zierte seinen schlanken Hals. Es war zu seinem treuen Begleiter geworden, sein Weg seinem Herrn – aber auch seinem Vater - nahe zu sein.

In dem Jungen reifte die Erkenntnis, dass der Herr Praios einen Plan mit seinem entrückten Vater verfolgte. Doch anders als Amalion ursprünglich gedacht hatte. Martok war im nebachotischen Bruderkrieg ein grausamer Heerführer gewesen, der sich wenig um die Gebote des Götterfürsten geschert hatte. Machtgier war seine Motivation gewesen. Erst spät, nachdem Martok zum Baron ernannt worden war, kam die Zuwendung zu Herrn Praios und die Abkehr von seinem früheren Ich. Doch was wäre, wenn diese späte Läuterung nicht genug war? Hatte sich der gleißende Richter von seinem Vater abgewandt? Versagte er ihm deshalb den Einritt in Praios' Lichtpalast?

Seit 20 Monden verharrte sein Vater in einem entrückten Dämmerzustand. Unfähig zu sprechen, oder anderweitig einen klaren Gedanken nach außen zu tragen. Tag ein Tag aus blickten leere Augen gen Himmel, auf eine Offenbarung oder Erlösung wartend. Doch der Götterfürst erhörte ihn nicht.

Amalion glaubte erkannt zu haben, dass sein Vater seine Hilfe brauchte um göttliche Erlösung zu erfahren. Die vergangenen Taten, die begangenen Frevel wiegten zu schwer. Es musste seine Aufgabe sein, die Seele seines Vaters vor Praios wieder rein zu waschen.

Doch wie sollte er das tun? Noch mehr Beten? Noch mehr Meditieren? Noch mehr heilige Schriften lesen? Das heilige Wort des Herrn Praios in die Welt hinaus tragen? Nein, das konnte nicht genügen. Es brauchte ein größeres Opfer. Welch größeres Opfer konnte es geben als sein eigenes Leben?

So stand er da, in einem der vielen Innenhöfe des Klosters und blickte seinen Vater an. Dieser kniete wie immer in demütiger Pose dort und starrte aus leeren Augen gen Himmel. Vorsichtig, beinahe zaghaft berührte er die linke Wange seines Vaters. Es war eine Berührung die ohne Reaktion blieb. Tief drinnen, so war er sich sicher, würde die Seele seines Vaters noch in diesem Körper wohnen, gefangen und dem göttlichen Herrn so fern. Er musste sie befreien.

Amalion, Sohn des Martok, aus der Familie Beshir a Danal, zwölfgöttergfällige 12 Sommer alt, stand mit festem Blick vor seinem Vater. Er küsste das Greifenamulett, das er um seinen Hals trug, dann nahm er die Öllampe und befreite ihren Inhalt. Unschuldig in der Sonne glitzernd floss die Flüssigkeit den Körper herab. Er nahm eine Fackel und ließ sie immer näher an seinen Körper heran. Die Flammen lechzten geradezu nach Leben. In wenigen Augenblicken hatten die Flammen ihn fast vollständig umschlungen.

"Praios, göttlicher Richter unserer Seelen, nimm dieses Opfer an meines Vaters statt an. Mein Leben für sein Leben. Vergebe ihm!"

Die Flammen fraßen sich blitzschnell durch den jungen Körper und es dauerte nicht lange bis er sein Leben aushauchte. Die eilig herbeigeeilten Glaubensbrüder standen ehrfürchtig vor dem heiligen Feuer. Einzig Martoks Antlitz zeigte keine Regung. Sein leerer Blick richtete sich immer noch gen Himmel.

Das war der dritte Streich.


Autor: Bega


(Artefakt: Amulett des Wahns)

Heroldartikel: Tod im Tal der Pferde

Stadt Brendiltal. Gar furchtbare Kunde erreichte uns in den Namenlosen Tagen aus der Baronie Herdentor. Wie es scheint, sind alle drei Kinder des entrückten Sonnenbaron Martok von Brendiltal unter grausamen und wahrlich mysteriösen Umständen aus dem Leben geschieden.

So kam der Erbe der Baronie Herdentor, der 17 Sommer zählende Yaron von Brendiltal, in der Stadt Brendiltal ums Leben, als ein Mob aufgebrachter Stadtbürger seine Kutsche angriff und dabei äußerst brutal ihn und vor allem seine junge Gemahlin Nedime Eorcaïdos von Aimar-Gor angriff. Todesmutig warf er sich vor die Klinge eines Schlachtbeils um so das Leben seiner Gemahlin und seines ungeborenen Kindes zu schützen und lag dann im eigenen Blute. Die Überlebenden wurden unverzüglich in den Palast der Heiler gebracht. Zu deren Gesundheitszustand konnte nichts in Erfahrung gebracht werden, auch die Baronsfamilie schweigt sich darüber aus. Unterdessen kam es zu massiven Verstimmungen zwischen dem Hof von Herdentor und dem Stadtrat von Brendiltal. Wie es hieß, blockierten die Tiefschwarzen Sonnenrösser gar zeitweise die Stadttore, da der Hof dem Stadtrat Schuld am Tod des jungen Baronserben gab. Durch Vermittlung von Landjunkerin Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor konnten die Wogen zumindest etwas geglättet werden, auch in dem einige der aufständischen Stadtbewohner schnell zum Tode abgeurteilt wurden.

Nur zwei Tage nach diesem gar fürchterlichen Ereignis schreckte der grausige Tod von Baroness, Dafina, der 16 Sommer zählenden Schwester von Baronett Yaron den Hof von Dürsten-Darrenfurt auf. Die junge Baroness, die in Dürsten-Darrenfurt Baronin Fenia als Zofe diente, brach während der Praios-Mette unter niederhöllischen Schmerzen zusammen und verschied noch in der Kapelle unter grauenerregenden Umständen. Die grausigen Details, die Augenzeugen zu berichten wussten, möchte ich aus Pietätsgründen hier der Leserschaft vorenthalten.

Doch sollte dieser Schmerz des Verlustes für die Familie Brendiltal nicht genug sein. Denn ebenfalls in den Namenlosen Tagen soll sich der 12 Sommer zählende Bruder der beiden Verschiedenen, Amalion, im Praios-Kloster Praiseneck vor seinem Vater, dem entrückten Sonnenbaron Martok von Brendiltal angezündet haben und im Feuer vergangen sein. Welch Tragödie!

Somit sind alle drei Kinder und Erben des ehemals großen Heerführers Martok unter grausamen wie sonderbaren Umständen innerhalb weniger Tage – ausgerechnet in denen des Namenlosen – ums Leben gekommen. An Zufälle mag hier keiner glauben. Die trauertragenden Höfe von Herdentor und Dürsten-Darrenfurt, sowie die Praioten des Klosters Praiseneck kündigten umgehend eine genaue Untersuchung an. Erste Vermutungen beschuldigen Umtriebe des Namenlosen oder der ketzerischen Bekenner. Andere vermuten hinter den Vorfällen das mit Herdentor verfeindete Sebarin. Wie es scheint, werden die östlichen Perrinlande auch im Neuen Jahr nicht zu Ruhe kommen.


Salman Alferan für die Perricumer Postille


Autor: Bega

Sonnendämmerung – Reaktionen

"Die Saat des Bösen ist aufgegangen."

- Abt Sulman von Greifenwacht vom Kloster Praiseneck

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"Die Familie steht vor dem Abgrund, Martoks Erben sind tot, meine Tochter und die Pfiffenstock-Göre sind starr vor Trauer, das Neugeborene des Jungen ist verschollen oder gar in den Händen der Spinne von Reichsgard. Wir sind umzingelt von Feinden und sogar in unsere Heimstatt sind sie schon gekrochen. Setzt die Sonnenrösser in erhöhte Alarmbereitschaft. Wir müssen auf alles vorbereitet seit."

- Kastellanin Ederlinde von Quittenstein zum Hauptmann der Sonnenrösser Hamir von Turatal (Burg Beschelshall)

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"Der Stadtrat hatte nicht die Absicht ... ich meine ... . Ich habe keine Ahnung was da vor sich gegangen ist."

"Ich schon, meine Gute. Euch und den ehrbaren Stadtbürgern trifft keine Schuld. Da waren höhere Mächte am Werk – und mächtige Artefakte."

Stadtvögtin Madalena Feqzaïl im Gespräch mit Landjunkerin Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor. (Alcazaba Feqzaïl)

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"Wie geht es Nedime und ihrem Kind?"

"Wir mussten die Geburt einleiten ... beide leben, aber sie sind sehr schwach. Es kann noch alles passieren."

"Beide verbleiben hier, anonym und unter Euren Schutz... weder in Beschelshall noch in Reichsgarten sind sie sicher! Kann ich auf zählen?"

"Sehr wohl, Wohlgeboren!"

Landjunkerin Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor und der Heilmagier Fesian von Norburg in einem vertraulichen Gespräch. (Palast der Heiler)

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"Blutrot ist die Sonne im Mond des göttlichen Richters aufgegangen. Er hat sein Urteil gesprochen! Die Verräter an unseren korgefälligen Traditionen sind dem Untergang geweiht. Der schwarze Mantikor wird obsiegen!"

- Ansprache Baron Al'Arik von Korbrunn an seinem Hof. (Wehrschloss Altentreu)

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"Es ist vollbracht!"

Irian II. von Brendtiltal zu seinem Vertrauten Shelkor von Kollberg (Markt Neu-Altzoll)


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"Das geschieht wenn man leichtfertig mit den Wölfen heult, sie zerreissen einen letztlich im tödlichen Spiel. Sendet dennoch einen Boten nach Beschellshall und Reichsgard der unser Bedauern über diese Tragödie ausrichtet. Ich ahnte doch, dass dort keine Ruhe einkehren wird und nun hat die Finsternis selbst sich in diesem Pfuhl eingenistet und dunklen Tribut gefordert. Es darf nicht in die Lande der Säbel hineindringen, sorgt dafür Ran Yulan."

- Baronin Fatime von Pfiffenstock zu Haselhain zu ihrem ersten Dunklen Ritter der Saba'Ran. (Festung Haselhain)

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"Ich vermute hinter diesen Anschlägen die Schlächter von Sebarin, doch ist das nicht die Handschrift des Korbrunners, der verabschäut solch namenloses Werk. Doch ließ er die wirklich Verantwortlichen gewähren, zu seinem Nutzen. Doch in wie weit spielen die Pläne des Malmers hier hinein? Haben sie die Kontrolle verloren oder ist das perfides Spiel? So oder so, begeben sie sich alle in Gefilde, die man nicht betreten sollte, auf was für Mächte ließ man sich dort ein? Zu viele finstere Ungereimtheiten liegen noch im Dunkeln. Würden sie sich wirklich solch finstrer Mächte bedienen? Nutzniesser sind sie alle mal. Wir müssen gewahr sein, das Ross und der Ochs reiten in Herdentor dem Untergang entgegen, wird sich der Malmer daraus erheben oder mit ihnen untergehen? Es ist gleich, ich bin auf alle Eventualitäten vorbereitet, letztendlich bin ich Mitschöpfer dieses Zustandes."

- Seneschall Zordan von Rabicum

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"Seit dem Geschwisterkrieg vor zweieinhalb Jahren kommen die Perrinlande und allem Voran die Nebachoten nicht mehr zur Ruhe. Ihr Al'Haresh hatte es angekündigt, doch keiner dieser Sturrköpfe erhörte seine Worte, nun hallen sie wieder in Blut, Hader und Zwist, die neue Zeit bahnt sich ihren Weg mit Gewalt und Aufstand."

- Ein Perrinländischer Adliger

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"Oh unergründliche Shanja, welch Rätsel gibst du den meinen auf? Im Osten waten wir im Blute, verraten von finstren Mächten, im Zentrum wendet man sich ab und hier ward uns genommen was unser ist - unser Land."

- Arishia von Lanzenruh zur Sphinx von Rash'Lamashu.

Autor: Bega, Jan

Jadekrieger

Jadekrieger — Briefspielreihe

Einigung von Morganabad

Hesinde 1042 BF

Stimmen

Abberufen

Schloss Darrenfurt, Baronie Dürsten-Darrenfurt, Hesinde 1042 BF:

Nandrian von Altmark saß an seinem Schreibtisch und sah die Korrespondenz des Barons durch. Bittsteller, Gratulanten, Schmeichler – der junge Baron von Dürsten-Darrenfurt wurde umgarnt und das nicht zu knapp.

Der unscheinbare Meister der Schreibstube überflog die Briefe und ordnete sie penibel nach Wichtigkeit. Der Baron hasste es mit Kleinigkeiten belästigt zu werden. Ein gesiegelter Brief fiel ihm dabei ins Auge – es war das Siegel von der Junkerin von Darren-Ulah, der Tante des Barons. Nandrian überflog die Zeilen immer und immer wieder, denn so richtig glauben mochte er den Inhalt nicht.

In diesem Moment stürmte der Baron mit seinen beiden Hausrittern Ramin und Hamedan herein. Alle drei wirkten ausgelassen, geradezu neckisch. Bestimmt kamen sie gerade von ihrem morgendlichen Ausritt zurück. Und ja, die schmutzige Kleidung der der jungen Männer bestätigte seine Annahme.

„Ist das nicht ein wunderschöner Morgen?“ Thorondir breitete die Arme aus und strahlte über das ganze Gesicht.“

„Ja, es gibt nichts schöneres als den Tag mit einem wilden Ausritt zu beginnen“, stimmte Hamedan mit ein, während Ramin zustimmend nickte.

„Ah mein guter Nandrian, wie immer schon fleißig.“ Thorondirs Blick fiel auf die Stapel auf dem Schreibtisch.

„Ich habe Eure Korrespondenz wie immer nach Wichtigkeit geordnet“, antwortete der Schreiberling pflichtbewusst. „Dieses Schriftstück dürfte Euch besonders interessieren.“ Nandrian übergab dem Baron das Schreiben von dessen Tante.

„Ah, was will meine verehrte Tante denn nun wieder?“ Die Worte des Barons hatten einen deutlich ironischen Unterton.

„Kurz gesagt, sie bittet um Entlassung von ihren Ämtern als Zeugmeisterin und Hofkaplanin, sowie der Entbindung von ihren Pflichten als Junkerin von Darren-Ulah.“

Ramin schaute ungläubig erst zu Hamedan und dann zu Throndir. „Sie will was? Nach all den Scherereien dir wir darum hatten?“

„Was ist ihre Begründung?“, wollte Hamedan wissen.

„Der Ruf ihrer Kirche. Während der Verhandlungen von Morganabad hatte sie eine Unterhaltung mit dem Schwert der Schwerter, die ihr den Weg erleuchtet habe. Die Leuin schickt sie in den Sturmwächter-Tempel in den Wall. Zur Einkehr und Besinnung auf die Tugenden Rondras, wie es heißt. Weltliche Ämter wären in diesen Zeiten nur Ballast den es sich zu entledigen gilt.“ Nandrian schaute in die Runde.

„Aber sie hat doch so für weltlichen Einfluss hier gekämpft – auch gegen dich Thorondir.“ Hamedan konnte es immer noch nicht glauben.

„Ja und sie hat verloren und sich davon nie erholt.“, fügte Ramin hinzu.

„Dann kam noch der Sternenfall, Haffax … .“

„Mein Herr“, der Meister der Schreibstube räusperte sich, „nun ist es an Euch einen neuen Junker für das nun vakante Lehen Eurer Tante zu berufen. Ihre Kinder kommen nicht in Frage, da das eine tot und das andere ebenfalls im Schoß der Kirche verbleiben soll. Wenn ich einen Denkanstoß geben darf, Viburn von Aarenhaupt verwaltet das Lehen bereits erfolgreich seit Jahren an Eurer Tantes statt.“

„Ja, der Aarenhaupt, ein loyaler Mann.“, murmelte Thorondir vor sich hin und die aufmüpfige sog. Liga würde es auch beruhigen, dachte er kurz. „Ein guter … Denkanstoß … mein guter Nandrian."

"Die 'Einigung von Morganabad' hat so einige Verwerfungen offenbart", warf Ramin ein, "zwar wurden die Gebietsansprüche Perricums was Dürsten-Darrenfurt angeht vollends bestätigt, aber viele Teile der aranischen Bevölkerung auf unsere Seite sind unzufrieden damit. Es wäre wohl ein unglückliches Zeichen, ihnen nun auch noch einen raulschen Junker vorzusetzen."

"Wahr gesprochen, Ramin, denn nun gilt es den Frieden zu wahren. Also wäre es vor Vorteil jemanden mit aranischer Herkunft zu benennen ... aber die Loyalitäten der Person müssten ganz klar auf Seiten des Reiches liegen."

"Ganz recht", Ramin nickte zustimmend.

"Ich habe mich bereits entschieden. Hamedan, ich werde deine Tante Saleva zur neuen Junkerin von Darren-Ulah bestallen." Thorodir blickte mit einem kecken Lächeln zu Hamedan und schaute dann zu Ramin. "Ramin, ich weiß, du und der Reichsvogt habt Dürsten-Darrenfurt bei den Verhandlungen von Morganabad um eine Katastrophe bewahrt. Nicht auszudenken was passiert wäre, wenn Hirtenheim und Morganabad an Aranien gefallen wären ... daher ernenne ich dich zum Edlen von Sahineck! Ein lauschiger Landsitz wie mir zugetragen wurde, also genau dasrichtige für dich und Hamedan." Der Baron blinzelte seinen beiden Hausrittern zu.

Der Angesprochene blickte seinen Herren beinahe erschrocken mit großen Augen an und fiel sogleich ergeben vor ihm auf die Knie.


Autor: Bega

Feiger Mordüberfall auf altaranische Adlige nahe Morganabad?

(Todeswürfel)


Ein Bericht von Salman Alferan für die Perricumer Postille

Stadt Morganabad, Ingerimm 1042 BF: Der weise Friedensschluss zwischen unserer Kaiserin Rohaja von Gareth und dem aranischen Maharan Arkos Schah war nunmehr gute vier Monde alt, doch die Stimmung innerhalb der baburischen Bevölkerung in Perricum beruhigte sich nur langsam. In der 'Einigung von Morganabad' hatten beiden Monarchen under der Vermittlung des Schwert der Schwerter Bibernell von Hengisford die Grenzstreitigkeiten zwischen Aranien und dem Raulschen Reich ein für alle Mal beigelegt. Für die Perrinlanden war das Ergebnis dieser Übereinkunft sehr wohlwollend ausgefallen, wurden die strittigen Ortschaften wie Morganabad, Eslamskesh und Geyersruh allesamt eindeutig der Markgrafschaft Perricum zugeschlagen.

Was nun vor den Göttern, Praios voran, gutes Recht ist und vom Perricumer Adel auch schon seit Urzeiten proklamiert, scheint bei den Baburen unsererseits der Grenze immer noch für Unmut zu sorgen. Seit der Einigung kam es immer wieder zu kleinen Unruhen in Morganabad und Eslamskesh, doch gipfelte dieser Unmut nunmehr gar in einem feigen Mord?

Was war geschehen? Die edle Dame Mila von Palmyr-Donas war auf der Durchreise zu Verwandten in den östlichen Perrinlanden, als ihre Kutsche unweit der Stadt Morganabad von baburischen Gesindel angegriffen wurde. Bei dem Überfall fand die herrschaftliche Dame den Tod. Dies alleine wäre schon an Tragik genug, doch wenn wir einen genauen Blick auf die Persona der Ermordeten legen, ergeben sich ungeahnte Zusammenhänge. Die Familie Palmyr-Donas gehört zu den Familien in Perricum, die früher in Aranien viele Ländereien und Einfluss besaßen und nach dem Abfall dort alles verloren hatten. Ihr Weg führte sie nach Perricum ins Exil. Das Verhältnis zwischen den altaranischen Familien - zu denen auch die Familien Waraqis und Feqzaïl, sowie das Haus Aimar-Gor gehören, - und den heutzutage herrschenden Familien in Aranien ist bis dato sehr angespannt. Nun hält sich nachhaltig das Gerücht, die Kaiserin sei von fähigen altaranischen Diplomaten wie Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor und Saleva von Waraqis im Vorfeld des Treffens mit dem Maharan beraten worden. Hatten die exilierten Altaranier also maßgeblich Anteil am Erfolg der Verhandlungen für die Perrinlande? Viele Baburen in Morganabad und Eslamskesh scheinen das zu glauben, was deren Abneigung gegenüber den reichstreuen Altaraniern nur noch erstarken lässt.

War der Tod der Dame Mila also ein feiger Mordüberfall, also eine Racheaktion gegen die Altaranier? Die Tote war ausgerechnet eine Tante von Retos Mutter Rymiona von Aimar-Gor. Welch ein pikantes Detail. Oder handelte es sich um einen tragischen Unfall ohne politische Relevanz, wie von den Stadtoberen von Morganabad dieser Tage oft zu hören war. Während die Raulsche Liga lauthals nach Vergeltung schrie, ließ der Hof von Baron Thorondir von Dürsten verlautbaren, dass die Ereignisse erst einmal akribisch untersucht werden sollen. Denn nichts kann der junger Baron nun weniger gebrauchen als Unfrieden zwischen den Völkern in der Grenzregion zu Aranien.


Autor: Bega

Der Ruf des Südens

Zusammenkunft

Alcazaba Aimar-Gor, Reichsstadt Perricum, Anfang Efferd 1042 BF:

Etwas unruhig stand Romelio im hallenartigen Eingangsbereich mit seiner großen Freitreppe. Die im eslamidischen Stil erbaute Stadtvilla des Hauses Aima-Gor sollte Ort einer besonderen Zusammenkunft sein und jeden Moment würden sie kommen. Sein Blick fiel auf seinen Herrn Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor. Scheinbar ungerührt plauderte dieser mit seiner Base Sulamith und deren Nicht Sibella. Doch Romelio konnte diese zur Schau gestellte Leichtigkeit und Unbeschwertheit nicht täuschen. Allein die Tatsache, dass neben Reto auch die anderen beiden 'großen Spieler' des Hauses Aimar-Gor das Spielfeld betreten hatten, verdeutlichte ihm, was hier auf dem Spiel stand. Die von tulamidisch aussehenden Dienern geöffnete zweiflügelige Tür ließ Romelio wieder fokussiert nach vorne blicken. Es sollte nun also beginnen.

Schnellen Schrittes fegte die großgewachsene Ratsherrin Alsinthe Barûn-Bari durch die Eingangstür in die opulent ausstaffierte Eingangshalle. Das für ihre Scharfzüngigkeit berüchtigte Oberhaupt des Handelshauses Barûn-Bari war für ihre eingefrorenen Gesichtszüge bekannt, wie sich Romelio erinnerte. Eher würde man einen Boron-Geweihten lächeln sehen als die Ratsherrin, beliebte Reto im Scherz zu sagen. Auch sagte man der Dame nach der geheimnisumwitterten Gesellschaft der Pfauen nahe zu stehen. Begleitet wurde Alsinthe von ihrem Bruder Retodan - der als umtriebiger Ratsgesandter der Reichsstadt den aufstrebenden Markt Pelkhafen verwaltete - und dem jovialen Kauffahrer Orelian. Die Begrüßung von Seiten der Ratsherrin viel – wenig überraschend – eher kühl aus. Ihre beiden Begleiter wirkten da schon etwas freundlicher gestimmt.

Als nächstes hatten die vor allem in den Perrinlanden gut vernetzten Feqzaïl ihren denkwürdigen Auftritt. Romelio war, als hielte Satinav für einen Moment die Zeit an. In langsamen, nahezu schwebenden Bewegungen betrat Nymera Feqzaïl den Raum und alle schienen ihren Atem anzuhalten. Selbst bei Reto meinte Romelio einen Anflug von Unbehagen erkannt zu haben. Die in leichten tulamidische Stoffen gekleidete Nymera hielt ihr Gesicht durch einen tiefen Schleier verborgen. Niemand außerhalb der Familie der noch lebte, wusste wie das Oberhaupt der Feqzaïl wirklich aussah. Manch einer behaupte gar, die altaranische Handelsherrin wäre schon weit über 100 Götterläufe alt. Andere behaupten sie wäre eine Hexe, die ihre Geschäftspartner ins Unglück stürzen würde. Begleitet wurde die alte Dame von der brendiltaler Stadtvögtin Madalena Feqzaïl, die einen weitaus weniger geheimnisvollen Eindruck machte, sowie der Kauffahrerin Neride, die einen Alanfaner-Kater auf ihrem Arm trug. Romelio atmete tief durch - welch ein Auftritt.

Doch sollte Romelios Herz noch höher schlagen. Aus dem fernen Gareth war der Patrizier Wahnfried Munter angereist. Der deregewandte und freimütige Patriarch des Handelshauses Munter kam in Begleitung der verwegenen Fernhändlerin und Entdeckerin Ada, sowie – Romelio stockte fast der Atem als er ihn sah – Linnert Munter, mit dem Romelio während des Schattenzuges eine leidenschaftliche Affäre hatte. Die blauen Augen des jungen Händlers tauchten tief in die von Romelio ein und ein schelmisches Lächeln umspielte seinen Mund. Welch eine Überraschung.

Doch blieb für Gefühlsduseleien keine Zeit, denn die hohen Herrschaften waren nicht zum reinen Vergnügen hier. Am Ende der Verhandlungen sollte etwas Großes entstehen.

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Sichtlich nervös lief Romelio im Khunchomer Salon auf und ab. Die Verhandlungen dauertern nun schon mehrere Stundengläser. Worüber sie wohl diskutierten? Er wäre zu gerne dabei gewesen. Naja, eigentlich war er nur gerne bei Linnert, wie er sich eingestehen musste. Um sich zu beruhigen und abzulenken, dachte Romelio über die verwandtschaftlichen Beziehungen der vier Familien nach. Orelian Barûn-Bari und Neride Feqzaïl waren verheiratet und somit war die alte Nymera Feqzaïl Orelians Schwiegermutter. Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor war wiederum die angheiratete Tante von Orelian durch ihren Gemahl Navar von Barûn-Bari. Der war der Vetter von Alsinthe und Retodans Mutter Yargunde von Barûn-Bari. Neride und ihre Schwester Madalena hatten, soweit Romelio wusste, von der Linie ihres aus der Familie Waraqis stammenden Vater eine Großmutter aus dem Haus Aimar-Gor. Romelios Mann seiner schlaflosen Nächte Linnert Munter war mit einer Liaella Barûn-Bari verheiratet, was ihn zu einem angeheirateten Vetter von Alsinthe Barûn-Bari und ihrem Bruder Retodan machte. Die Mutter von Linnerts Gemahlin, Marasha mit Namen, stammte wiederum aus der Familie Feqzaïl.

Eigentlich, so befand Romelio überrascht, war diese Versammlung ein Familientreffen, denn alle Anwesenden waren irgendwie miteinander verwandt. Ob das die Verhandlungen einfacher oder schwerer gestalten würde, wusste Romelio nicht.

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Ein halbes Stundenglas später gesellte sich Linnert zu dem mehr als überrascht drein schauenden Romelio.

"Sind die Verhandlungen schon abgeschlossen?", wollte Romelio hastig wissen. Dabei überschlug sich seiner Stimme fast, was ihm gegenüber Linnert natürlich besonders unangenehm war.

"So gut wie", antwortet der Patriziersohn aus Gareth fast schon lapidar. "Die vier alten Granden sitzen noch zusammen und tüffteln an ein paar Details. Das Gröbste ist aber geschafft."

"Wobei ... ich hätte wohl als erstes sagen sollen 'Schön dich wiederzusehen, wie ist es dir ergangen seit unserem letzten Treffen'." Betreten blickte Romelio zu Boden.

"Schon gut, es ist eine aufegende Zeit gerade." Linnert schritt auf Romelio zu und umarmte ihn innig. "Es ist schön dich wiederzusehen!"

Romelio erwiderte die Umarmung und hatte dabei das Gefühl als würde er seinen Liebsten fast erdrücken. Langssam lösten sich die beiden jungen Männer wieder aus ihrer Umarmung.

"Wir haben heute etwas Großes vollbracht ... ein gemeinsames Handelskonsortium für den Handel mit den Südmeerwaren aus Al'Anfa und Uthuria. Einen Namen hat die ganze Unternehmung auch schon: Garether & Perricumer Südmeer Consortium. Barûn-Bari, Feqzaïl und meine Familie werden je ein Drittel der Anteile halten, die Aimar-Gor den Rest."

"Das ist ja großartig." Romelios Augen leuchteten vor Freude – wobei eigentlich freute er sich am meisten seinen Geliebten wieder zu sehen.

"Das GPSC wird Waffen, Rüstungen und Nahrungsmittel nach Hôt-Alem verschiffen und dort dann an das Imperium verkaufen. – und das unter dem Siegel der Kaiserin sozusagen. Der Aimar-Gor hat ein kaiserliches Privileg vorlegen können und einen entsprechenden imperialen Erlass bezüglich der Handelsprivilegien für al'anfaner und uhturische Waren ... keine Ahnung wie er das geschafft hat!"

"Haha, keine Ahnung". Romelio tat sich sichtlich schwer vor Linnert zu lügen und ärgerte sich, vor seinem Schwarm wie ein kleiner Praiostagsschüler zu stehen.

"Der Hauptkontor wird in Pelkhafen entstehen, das wollten die Barûn-Bari unbedingt. Von dort aus werden die Waren dann in die Reichsstadt und nach Gareth gebracht. Da kommt dann meine Familie ins Spiel. Der Perricumer Markt wird durch den Kontor der Feqzaïl in Brendiltal beliefert werden – du darfst raten wer das wollte." Linnert blinzelte Romelio zu. "Aber jetzt ist Schluss mit dem Geschäftlichen ... zeig mir dein Gemach, ich möchte mich frisch machen."

Romelio nickte eifrig und nahm Linnert an die Hand.


Autor: Bega

Anteilnahme

Morgenspaziergang

Aufbruch

Im Tal der Lieblichen Schwestern

Ort: Baronie Hengefeldt