Geschichten:Verrat am Hangwald - Auf dem Sprung

Burg Greupelwacht, Ende Phex 1043 BF

Das letzte Stück des Weges zur Burg Greupelwacht, wo er und ein Teil seiner Streiter untergebracht waren, hatte Eborian von Ruchin voll wachsender Vorfreude im Galopp zurückgelegt. Als er durch das vor ihm geöffnete Tor sprengte, wurde er im Hof bereits von Fiana von Dachsen erwartet. Die Neue hätte recht ansehnlich sein können, doch trug sie ständig ein paar dicke Gläser auf der Nase und mutete so auch äußerlich wie die Paragrapheneule an, die sie in Wirklichkeit war. Als er sein Pferd zügelte, stellte Eborian umso überraschter fest, dass sie bereits geharnischt und gegürtet inmitten einer Schar Bewaffneter und offenbar kurz vor dem Aufbruch stand.

„Ihr überrascht mich, Frau Fiana. Könnt ihr etwa hellsehen und habt die Pläne der Eslamsgrunder erraten? In einer Stunde werden die nämlich hier sein.“

„Das trifft sich wahrhaft ungünstig“, bemerkte die mit säuerlicher Miene.

„Inwiefern?“

„Tsalinde von Hartweil...“

Eborian runzelte die Stirn. Der Umgang mit Leoderichs Witwe war zuletzt nichts weniger als kompliziert gewesen. Seit dem Tod seines Freundes im Spannfelder Kessel war ihm Tsalinde mit kalter Verachtung begegnet und hatte es sogar abgelehnt, Quartier auf Greupelwacht zu beziehen. Stattdessen logierte sie mit der von ihr befehligten Abteilung Soldaten im unterhalb der Burg gelegenen Dorf.

„Was ist mit ihr?“

„Sie lässt gerade ihr Lager in Untergreupel abbrechen.“

„Was?!“ Eborian verschlug es für einen Moment schier die Sprache. Wenn die erfahrene Hartweil jetzt mit ihren Leuten abzog, würde die Kampfkraft der Schlunder nicht nur unter ihrer geringeren Zahl leiden, sondern zusätzlich noch unter der verschlechterten Moral der Zurückbleibenden, die ihre eigenen Chancen auf den Sieg in dem bevorstehenden Gefecht schwinden sehen mussten.

„Ganz sicher bin ich nicht, aber es könnte mit der jüngst eingetroffenen Nachricht aus Wandleth zu tun haben...“, mutmaßte die Dachsin, aber Ruchin unterbrach sie wenig höflich: „Erklärt es mir später und lasst aufsitzen! Wir müssen die hohe Dame zur Vernunft bringen, und zwar pronto!“

Fiana von Dachsen salutierte unbeholfen: „Hoffen wir, dass es gelingt.“