Geschichten:Oh, mein gülden Raulsfeld - Die Warenschau
Kaiserlich Ochsenblut, Junkertum Raulsfeld, Dorf Raulsknochen, Mitte/Ende Efferd 1034BF
Dramatis Personae
Lomena von Sturmfels-Feuerfang, Junkerin zu Raulsfeld
Praiowart von Feuerfang, Gemahl Lomenas
Voltan Praiosfried von Heiterfeld, Junker zu Heiterfeld
Ajax Praiotin von Sturmfels-Feuerfang, Sohn Lomenas und Page auf Hohenlinden
Der Tauristar Herdan Druberpfad
Rowena von Fuchswalden, Edle von Fuchswalden und Hauptfrau bei der goldenen Lanze
Das ganze Dorf war festlich in seinen Farben geschmückt, die Kuppel der Halle der Sonne St. Raulis strahlte im Sonnenschein und überall sah man bunte Stände aus der nördlichen Kaisermark und auch so einige aus den angrenzenden Baronien. An allen Ecken herrschte geschäftiges und vergnügtes Treiben, hier spielten ein paar heitere Musikanten auf, dort verzauberte fahrendes Volk die Menge mit ihren Künsten und drüben führten fleißige Handwerker ihr Können vor. Ein voller Erfolg, war dieses Fest. Die einzigen Wermutstropfen an diesem sonnigen Tag waren wohl dieser unangenehme Blödelbarde Basto Barnelock, der sich natürlich diese große Gelegenheit nicht entgehen ließ um seine Schundlieder hier zum Besten zu geben und die griesgrämige Falcoria, die überall ihren Unmut auf dem Fest verbreiten musste und ihre Köpfe immer tief mit einigen Praioten aus Gareth zusammensteckte wenn Lomena und Praiowart ihren Weg kreuzten. Und… dieser Vorfall am späten Vormittag. Bei diesem hatte nämlich der bekannte Holz- und Schnitzhandwerker Bosper Schlagowske, begnadet in der Fertigung der Rauleska-Puppen, an seinem Stand eine sehr „unkonventionelle“ und zu rahjanische Darstellung einer Kaiserin Rohaja-Schitzstatuette enthüllt die für ordentliche Empörung sorgte. Diese hatte man aber sofort beschlagnahmen lassen und den skurrilen, bartlosen Zwerg ermahnt und so hatte sich die Situation schnell wieder beruhigt.
Gerade waren Lomena, Praiowart und ihr mittlerweiler guter Vertrauter Voltan Praiosfried von Heiterfeld an den Ochsenbluter Ständen, die alle relativ zentral standen, vorüber. An denen es Erzeugnisse aus ganz Ochsenblut und vorallem hiesige Spezialitäten gab. Als da waren schmackhafte Plinzen aus der Herrschaft Feldwacht, Lederwaren aus Arkenaue, süßer Honig und praktische Bienenwachskerzen aus Bienslach im Junkertum Mückenhang. Aus dem selben Junkertum konnte man Pötte und Pannen aus Kummelsloh erstehen, die wohl in keinem Ochsenbluter Haushalt fehlten, der etwas auf sich hielt, sagte man ihnen. Natürlich waren auch verschiedenste Waren aus den Märkten der Region und aus Raulsfeld selbst zu bestaunen. Die schon erwähnten Holz- und Schnitzwerke aus Raulsknochen, die mit Rosinen gespickten Praios-Struwen aus Kuppelblick, nebst feinsten Goldlegearbeiten von dort und natürlich die über Ochsenblut hinaus bekannten Hütehunde aus Praiograd von wo auch beste Wollwaren und Schafskäse kamen. Plus natürlich unzählige Tuch- und Klöppelwaren stände.
Voltan indes hatte sich nicht nehmen lassen, Lomena und Praiowart die angereisten Stände aus seinem Junkertum selbst zu präsentieren, und so zeigte er ihnen in kaufmännischer Manier z.B. die merkwürdigen Ernteerzeugnisse eines halbelfischen Bauerns namens Alrik Thödinger, die die Form von (über)regionaler Prominenz hatten und auch das köstliche Schenkenberger Bräu hatten sie sich zusammen mit dem Heiterfelder Junker zu Gemüte geführt.
Sowieso kam man mit dem gutgelaunten und ausgelassenen Voltan an keinem Stand vorbei der Köstlichkeiten alkoholischer Natur anbot. Und so hatte es ihm der Stand aus Bärenau und speziell der dort angebotene „Medicus“ angetan. Auch kam man nicht an den Ständen aus Uslenried und Rallerspfort, an denen Rotbier und sog. Quellwasser angepriesen wurden, vorbei die man gerade passierte.
Als man dort in gemütlicher Runde zusammenstand, begann der schon leicht beschwipste Voltan ein Loblied auf das Fest anzustimmen: „Ich muss sagen, Lomena, meine beste Nachbarin, ihr habt da eine ganz vorzügliche Idee gehabt. Feste gibt es ja wie Bäume im Reichsforst hier in der Nähe von Gareth, aber zusammen mit dieser Warenschau ist dies schon ein ganz besonderes Ereignis.“ Dabei zwinkerte er seiner Schwägerin und Edlen Dame Calinda von Nesselregen-Nesselweil zu, die sich am Stand gegenüber feinste Gewandungen aus der Reichsforster Baronie Syrrenholt beschaute, die mit Fasanenfedern von der barönlichen Fasanerie der Zankenblatter Burg geschmückt waren. Die grell geschminkte Edle die auf keinem Fest der Region fehlte, grüßte den Heiterfelder mit einem fast schon anzüglichen Lächeln zurück, ehe sie sich den, ebenfalls am syrrenholter Stand befindlichen, weithin bekannten Devotionalien und Heiligenbildchen aus Stein, Bein oder Edelmetallen, zuwand.
Praiowart indes hatte schon von diesem Stand die Kunde bekommen, dass man dort zwischen all den handwerklichen Devotionalien angeblich auch mit der einen oder anderen Reliquie handelte. Was von den Kirchen aber streng geahndet würde. Daraufhin hatte er den Stand unter strengere Aufsicht gestellt und einen Gardemann in der Nähe postiert. Denn wenn dem so war müsste Praiowart das der örtlichen Praioskirche melden, Fest hin oder her, oder den hier zahlreich vertretenden Hesindianern vom Kloster St. Ancilla aus der benachbarten Gerbaldsmark, die hier, direkt neben den gerbaldsmarker Pferdezüchtern, ebenfalls einen Stand aufgebaut hatten an dem sie allerhand Kunsthandwerk, Pergamente und Folianten anboten und die ein oder anderen Werbegespräche mit ansässigen Adligen führten.
Als hätte der Heiterfelder Junker Praiowarts Gedanken gelesen hob er an: „Meine werte Schwester hat doch heute…“ – „Feinste Tassen, Vasen und nichts was dem guten Gedeck fehlen darf und das beste was das sertiser Waldglaskunsthandwerk zu bieten hat, kommt herüber und staunet, Hohe Herrschaften.“, brüllte aber eine moppelige Händlersdame vom Stand aus Kaiserlich Sertis in der Grafschaft Waldstein herüber, so dass Voltan seine Erzählung abbrach und erst danach unbeirrt erneut ansetzte. „Wo war ich…, achja, meine werte Schwester, hat doch heute glatt ihre Tochter Selinde an dieses gerbaldsmarker Hesinde-Kloster verschachert, dort soll sie ihrem Hang zum rahjanisch-hesindianischen Kunsthandwerk der Bildhauerei nachgehen. Naja, mir solls recht sein, die Kleine ist wirklich so neugierig, dass wohl nur die ollen Hesindianer dem Herr werden können und naja, sie ist tatsächlich begabt in ihrem Handwerk. Mir ist nur dieser Abt des Klosters irgendwie suspekt, kennt ihr ihn? Vielleicht ist das aber auch nur dieses löckere, löckere kleine Weinlein. Apropos, vielleicht sollten wir noch einen, nichwahr…?“, sagte er, der nun schon ordentlich einen im Karren hatte, aber der gute Voltan, dass wussten Lomena und ihr Gatte, war durchaus darin geübt und würde sie noch lange überleben, obwohl sie nur im halben Tempo von ihm tranken, deswegen lehnten sie diese Runde auch dankend ab.
Voltan brummte kurz und wendete sich dann grinsend Salka von Feenwasser aus Gareth zu, die hier war um dafür Sorge tragen, dass die Waren aus ihrer Eibenhainer Heimat wohlplaziert waren und sicherlich auch um sich nach Handelskontakten Ausschau zu halten. Jedenfalls konnte sich diese erstmal dem Ansturm des Heiterfelder Junkers nicht entziehen so dass sich Lomena und Praiowart aus seinem Blickfeld stehlen konnten. Immerhin mussten sie hier auch Aufsicht führen.
„Mal ehrlich, meine liebste Lomena, ich muss Voltan zustimmen, das war eine ganz fantastische Idee. Vielleicht sollte man diese sogar weiter verfolgen und versuchen Raulsknochen das Marktrecht zu verschaffen so dass wir hier sowas in Zukunft öfter haben könnten.“, sagte Praiowart sichtlich stolz auf seine Gattin.“Das hat sich zu einem rechten Delikatessen- und Exquisitessen-Geheimtipp gemausert. Und das in so kurzer Zeit, aber die Lage Raulsfelds ist auch geradezu formidabel dafür, nicht wirklich ländlich und doch weitgenug um der Großstadt mal entkommen zu können. Der Großteil des hiesigen Adels ist anwesend und auch so einige aus der Nachbarschaft. Sogar Roban Albertin zu Stippwitz samt Gattin Turike und Hartmunde von Torbelstein sind extra aus Bärenau angereist, ganz zu schweigen das Elene von Mühlingen und ihre Cousine die neubestallte königliche Brotmeisterin Treumunde von Eychgras hier zu gegen sind. Nun ja, für ihr Amt auch nicht die verkehrteste Entscheidung. Obwohl ich sagen muss, dass es mich dennoch wundert, so hast du dich doch mit Parteinahme für Iralda von Ochs in Bärenau sicherlich nicht zu einer Freundin von ihr gemacht.“
Lomena sah Praiowart eine Zeit lang an, dann antwortete sie: „Ja, das hat mich auch ein bisschen gewundert, doch vielleicht konnte sie ihr neues Amt etwas vertrösten oder aber sie weiß einfach sowas zu trennen, so stand sie gar vorhin am Stande Bärenaus und plauderte mit dort mit einem Händler, während die Anverwandten von Iralda in direkter Nähe standen, keine Spur von Fehde.“ Lomena verzog das Gesicht. „Ganz im Gegenteil zu den Waldsteinern und Greifenfurtern, von denen es tatsächlich auch einige Händler und Waren es bis nach hier verschlagen hat. Da mussten unsere Leute schon das ein oder andere Mal dazwischen gehen.“
Praiowart schaute ein wenig zornig drein. „Ja, das kam mir auch schon zu Ohren. Aber hast du bei den Greifenfurtern mal deren Obstbrand oder Quastenbroi gekostet? Ein wahrer Genuss. Ich habe dann auch gleich mal etwas für unsere Vorratskammer davon erstanden.“
Als Antwort zeigte Lomena eines ihrer verzückenden, schelmischen Lächeln und entgegnete: „Du hörst dich schon an wie Voltan. Probiert habe ich da noch nicht. Aber das wird sich ganz fantastisch machen neben dem Eibenhainer Feentraum und Bärenfang aus Neerbusch. Da konnte ich nicht widerstehen. Und dazu habe ich am gleichen Stand noch ein Fässchen besten zyrpicummer Weins erstanden, keine Ahnung wie diese Leckerei aus der Heimat meiner Schwägerin seinen Weg bis hierhin gefunden hat.“
Auch Praiowart gab eines seiner seltenen Lächeln preis und schenkte Lomena sogleich eine der preisgekrönten Eychgraser Rosen aus Eslamsgrund als sie gerade deren Stand passierten.
„Oh, eine echte „Schlacht von Jergan“.“, sagte Lomena als sie das Präsent betrachtete und lachte laut auf.
„Hättest du lieber eine „Tuzaker Aufstand“ gehabt?“, witzelte auch Praiowart ob der martialischen Namen der lieblichen Rosen.
Dann schlenderten sie weiter an einem Stand aus Rossreut vorbei , der insbesondere Karaffen der Glasbläserei Bugenholt sowie die Rossreuter Hönigkringel des Bäckers Störinger im Angebot hatte als sie ein Stück weiter am Stand einiger greifenfurter Zwerge (aus der Quarzbartsippe) aus Hügelhofen (in der Baronie Hexenhain), der Butzenglasscheiben und weitere Glasartikel zur Schau stellte, ihren Sohn Ajax in Begleitung eines Tauristar aus Hohenlinden erblickten, sofort auf ihn zu ströhmten und ihn herzlich begrüßten und ihn in seiner neuen stattlichen Pagenuniform begutachteten.
Ajax stellte ihnen gerade den ihn begleitenden Tauristar als „Herdan Druberpfad“ vor als plötzlich die Bärenauerin Rowena von Fuchswalden recht aufgeregt, für ihre Verhältnisse, herantrat und Lomena an ihre Seite zog.
„Ich habe gerade die Nachricht aus erster Hand erhalten, Lomena, es gab neue Überfälle, in Retogau und im Norden der Raulsmark...“
Unbemerkt schlich sich der nahbeistehende Tauristar von der Gruppe weg. Das musste er berichten…