Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 55: Im Lager der Reshminianer

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Dramatis personae:


Markgräflich Perrinmarsch, Praios 1034 BF


Nach einem weiteren schweigsamen Ritt stieß die dezimierte Gruppe auf das provisorische Lager der Reshminianer direkt am Darpat gelegen. Man steuerte eiligst das Zelt der Hauptfrau an und schilderte ihr die neusten Nachrichten und die aktuelle Situation. „… uand szo übar’gäbän wir äuch diä äurä, dasz ihr ihr ainän prai’osgäfälligän Richt’spruach angädaiän lassän könnt. Däswaitärän muss där Laichnahm däs ädlän Kor’win han Beshir a Danal schläunigst in sainä Hai’mat übärführt wärdän, damit är dort tra’ditionäll bästattät wärdän kahn. Diä Übärführung solltä unbädingt durch ainän Nebachosja stattfindän. Uand szu gutärlätzt kann äs nur im Sinnä däs Ordänsz sain, wänn ihr unsz nach Giezien’Chul und Wassär’burgh bäglaität um dän Schandtätärn ain für allä mal das Handwärk szu lägän.“, schloß Al’arik seinen Bericht um in Gedanken anzufügen, dass er eigentlich der Hilfe des Ordens wohl nicht benötigen würde, aber die Raulschen wohl eh darauf bestehen würden. Nebenbei grinste er auch Gerion zufrieden an – denn er wollte hier die Worführung übernehmen, doch ist ihm Al’Arik zuvorgekommen. Allerdings war er auch ein wenig enttäuscht, da er kein Ärger in Gerions Gesicht erkennen konnte, genaugenommen war überhaupt keine Regung zu erkennen.

Fassungslos schaute die Rittmeisterin den Mann an. Zuerst wollte sie sich gar nicht erst die Mühe machen dieses Kauderwelsch zu verstehen, aber sie Situation war dergestalt, dass er wohl angesichts der Sachlage in der Position wähnte der Ranghöchste zu sein. „Moment, ihr wollt sagen, dass Ritterin Nedarna von Trollsteige in euren Augen unter dem Verdacht steht Korwin von Brendiltal ermordet zu haben?“

Dies nickte Al’Arik nur kurz ab. Und warf Nedarna einen undeutbaren Blick zu. Aus kalten blauen Augen, die aus dem geröteten Gesicht besonders gut hervor stachen, warf sie fragende Blicke in die Runde bis sie zuletzt auf der Rittfrau zur Ruhe kamen.

„Ich erwarte einen ausführlichen Bericht sobald wir unterwegs sind. Überdenkt wohl, was ihr mir zu sagen bereit seid, ich bin kein Richter, doch diese Tat kann nicht ungesühnt bleiben.“Der Ton, den sie dabei angeschlagen hatte war in aufrichtiger Sorge gesprochen und sie fasste ihr dabei in einer vertrauten Geste auf den Unterarm.

Deren Augen hatten bis dato noch auf dem Nebachoten geruht. Allerdings war Nedarnas Gesichtsausdruck nunmehr, da sie sich gefangen hatte, schwer zu deuten. Die Berührung der Hauptfrau ließ sie in deren Augen blicken. „Natürlich, Rittmeisterin. Den werdet Ihr erhalten. Nur gibt es da nichts an Worten zu überdenken, sondern allein Tatsachen zu berichten. Und diese werdet Ihr wahrheitsgemäß erfahren.“

Pflichtbewusstsein und Dank lagen im Blick der Ritterin. Nur ein kleines kaltes Funkeln in ihren blauen Augen wies auf die Wut hin, die noch unter der Oberfläche brodelte.

Al’Arik konnte es nicht fassen, die Rittmeisterin wollte Nedarna doch tatsächlich mit auf den Zug nehmen. Er rang sichtlich nach Fassung, behielt sich aber vor seine Meinung hierzu zu einem späteren Zeitpunkt kund zu tun. Jetzt sollte es schnell gehen und eine Diskussion würde das Ganze nur unnötig in die Länge ziehen. Aber spätestens in Gnitzenkuhl-Stadt würde er sich dafür aussprechen die Ritterin dort unter Arrest zu stellen, bis der Vorfall geklärt wäre.

„Wenn dem so ist, steht sie bis auf weiteres unter meinem Arrest.“ Sie pfiff zwei der anwesenden Reshminianer herbei, nicht unbeabsichtigt dabei welche, deren Wurzeln eindeutig nebachotischer Herkunft waren. Ilayida von Zarren und Lucan von Zollenstein kamen sogleich herbei- mit feixendem Grinsen- sie hatte die Beiden wohl gerade bei einem ihrer üblichen Kabbeleien gestört.

„Ihr werdet ab nun die Hohe Dame Nedarna von Trollsteige nicht mehr aus den Augen lassen. Bis wir geklärt haben, was vorgefallen ist, steht sie unter Arrest.“ Ilayidas Augenbrauen zogen sich sogleich vor Verwunderung nach oben, wohingegen ihr Gefährte nur ein „Jawoll“ erklingen ließ.

An Al’Arik gewandt sagte Malina: „Was den Leichnam angeht, sehe ich natürlich ein, dass er gemäß den Riten eures Volkes bestattet werden sollte. Allerdings kann ich dazu kaum meine Leute entsenden … die neuesten Spuren lassen dies vorerst nicht zu. Ich denke, dass man am besten ein Fuhrwerk in Gnitzenkuhl anmietet, und bittet, dass es von dem örtlichen Boroni geleitet wird. Vielleicht erklärt sich auch einer der Gnitzenkuhler Nebachoten bereit den Zug zu geleiten.“

„Ich bihn miär niecht szichar ohb där Szustand däs Laichnahms uand dasz Wättär diäs szulassen, äuär Woahl’gäbohrän. Könnt ihr szichär nicht ain odär zwai äurär Läutä äntbährän? Äuär Schwiegärvah’tär, där Baron, würdä äs sichär guth haiszän, immähin gähert är szur Familiä.“, damit wähnte sich Al’Arik als Sieger in diesem Punkt und lauerte auf die Antwort der forschen Raulschen. Der Blick aus Malinas Augen drückte kurz Belustigung aus, bevor sie sich wieder im Griff hatte. Dann sah ihn herablassend an. Die Pause, die zwischen seinen Worten und ihrer Antwort lag, währte inzwischen schon recht lange.

„Ihr könnt euch versichert sein, dass mein Stand innerhalb MEINER Familie nicht davon abhängt wie schnell ich dies in die Wege leite in meiner Eigenschaft als Erste Feldrittmeisterin der Reshminianer. Wir werden sehr schnell schon die Grenzen überschritten haben und das Fuhrwerk mit Sicherheit bald bereit stehen. Die Verzögerung von sagen wir… vier Stundengläsern wird wohl meine Reputation nicht bleibend beeinträchtigen.“

Spätestens nach diesen Worten grinste sie herausfordern und zugleich amüsiert ihr Gegenüber an. Dieser bezweifelte, dass sie nur vier Stundengläser dafür brauchten das Lager abzubauen, sich bereit zu machen und den gesamten Weg gen Gnitzenkuhl zurück zu legen, plus die Bereitstellung eines Gefährts und die erneute Rückfahrt bis hin nach Brendiltal, bei diesen sommerlichen Temperaturen. Dies würde dem Leichnam sicher nicht gut zu Gesicht stehen, dachte er sich und äußerte dies auch relativ harsch winkte aber mit den Worten „…abär mah’cht doach wasz ihr wohllt, dasz tudt ihr doch so’wiso.“ ab. Ihm war es mittlerweile auch zu müßig mit diesen besserwisserischen Raulschen zu diskutieren, vorallem weil sie einem immer jedes Wort im Munde umdrehten und ein wahrhaftiges Wort nicht zu schätzen wussten. Er drehte bei und suchte einen Handwerker aus dem Tross auf, der sich seine in Mitleidenschaft gezogene Rüstung ansehen sollte.

Dann begann sie geschäftig durch das Lager zu gehen und verteilte verschiedene Befehle die sogleich eine rege Betriebsamkeit ausbrechen ließ und nach einem knappen Stundenglas waren alle Zelte abgebrochen und die Gruppe der Reshminianer einsatzbereit.

Da Gerion erfuhr, daß sie auch über Gniztenkuhl reiten würden, nahm er sich vor seine beiden Männer, die er dort zurückgelassen hatte, mitzunehmen.

Und auch Nedarna ließ die Zeit nicht ungenutzt verstreichen und untersuchte Berlyn ah Go auf Verletzungen. Als der Trupp los ritt, setzte sich Malina von Niederriet-Brendiltal mit Nedarna von Trollsteige an die Spitze der Truppe, gefolgt von deren Aufpassern, und begann sogleich mit ernster Miene eine eingehende Befragung der jungen Ritterin, die deren Fragen respektvoll und pflichtbewusst beantwortete. Auch schwor Nedarna nochmals, dass sie nichts mit dem Mord an dem edlen Kor’win zu tun hatte. Allerdings konnte sie auch nicht sagen, wie ihr Dolch in dessen Brust geraten war.

Als sie schließlich mit einem unzufriedenen Schulterzucken zu einem Ende kam, ließ sie an der Stelle Nedarnas noch den Edlen aus dem Brendiltaler Feshaven an ihre Seite kommen, und begann auch ihn seine Sicht der Dinge schildern zu lassen, wobei dieser auch nochmal seinen Unmut über die Begleitung Nedarnas äußerte und dafür plädierte sie vorerst in Gnitzenkuhl-Stadt zu arrestieren nach dem er seine Sicht geschildert hatte. Zu guter Letzt kam auch der Magus dazu seine Einschätzung zum Besten zu geben, wobei er deutlich merkte, dass Malina sehr besorgt über diese unerfreulichen Entwicklungen war. Hier betonte Gerion, daß niemand von ihnen den Mord selbst gesehen habe, aber daß doch alles gegen die Ritterin spräche. Er schlug auch vor einen Geweihten des Praios in dieser Sache hinzuzuziehen – dieser wäre mit Sicherheit in der Lage die Wahrheit herauszufinden.





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Texte der Hauptreihe:
K99. Politik
Pra 1034 BF
Im Lager der Reshminianer
Alfred & Chaantrea


Kapitel 60

Ungewisses Warten I
Autor: Jan, NR, Balrik, Nedarna