Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 20: Auf dem Darpat

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Auf dem Darpat, Praios 1034 BF


Am frühen Morgen, kurz nachdem das Praiosrund über der östlichen Küste aufgestiegen war, lief die Admiral Dozman aus dem Hafen zu Perricum aus. Neben der Mannschaft und den Rittern aus dem Orden des Heiligen Zorns der Göttin Rondra hatte sich ein weiterer, aber eher schweigsamer Mitreisender eingefunden, um bei der Queste gegen das Ungeheuer vom Darpat zu helfen. Bruder Thurbold, ein Ordenbruder im Orden des Heiligen Golgari war bereits am gestrigen Abend an der Fähre zu den Gefährten hinzugestoßen.

Alfred stand am Bug des Schiffes und blickte ihrem fernen Ziel entgegen, Haselhain. Der Zornesritter trug seine übliche Plattenrüstung, hatte jedoch auf seinen Helm verzichtet und diesen in einer Truhe unter Deck belassen. Die leichte Briese strich durch die blonden, etwas längeren Haare des hühnenhaften Ordensritter, der fast wie eine Statue still stand. An der Reeling hatte er seinen, in ein Wachstuch gehüllten, Kriegsbogen gelehnt und nur leicht die Hand darauf gelegt, um zu verhinden, dass dieser über Bord gehen würde. Für einen Moment dachte er an das erhebende Gefühl zurück am gestrigen Nachmittag in der Löwenburg gewesen zu sein. Auch wenn er dort nichts weiter über das ‚Ungeheuer’ in Erfahrung gebracht hatte, war der Besuch des Haupttempels der Herrin Rondra immer wieder ein besonderes Erlebnis. Zunächst hatte er vorgehabt alleine dort hin zu gehen, hatte sich jedoch dann wieder umentschieden und Chaantrea mitgenommen, sodass Unswin alleine die Schule der Austreibung aufsuchen musste. Für die Novizin war es seiner Meinung nach wichtiger, klerikalen Beistand erfahren zu haben, als Informationen in der arkanen Reichsakademie zu beschaffen.

So war Unswin also alleine dorthin gegangen und mit der Information zurückgekehrt, das Orden des Golgari sich inzwischen ebenfalls um die Aufklärung der merkwürdigen Todesfälle bemühte. Kurz vor der Abfahrt der Admiral Dozman hatte dann auch Bruder Thurbold, ein Ritter Golgaris, darum gebeten, die Zornesritter gen Haselhain begleiten zu dürfen. Der Wunsch wurde dem Golgariten ohne Zögern gewährt, konnte man angesichts der unheimlichen Gerüchte doch nicht genug göttergefällige Streiter um sich scharen.

Ritter Unswin saß während der Fahrt mittig auf einem Stapel Taue und hielt wie sein Leutnant den Kriegsbogen bereit. Er scheute weder den Blick über die Reling noch verursachte die Bewegung des Wassers bei ihm Übelkeit. Aber er saß doch lieber im Sattel auf dem festen Rücken seines Pferdes, als auf unsicher wankenden Planken über den breiten Strom des Darpat zu fahren. Die Novizin Chaantrea stand derweil bei Alfred am Bug und hielt aufmerksam Ausschau. Nach dem Besuch in der Löwenburg war sie noch immer ganz aufgeregt und zum ersten Mal seit ihrer Aufnahme das echte Bedürfnis sich vor Rondra und ihren Ordensbrüdern zu beweisen.

Hakon musterte die bunte Schar seiner Passagiere. Eine interessante Truppe, einmal mehr hieß es zu versuchen, das Ungeheuer oder was auch war zu stellen. Er stand neben der Steuerfrau und wusste jetzt schon, dass es ein heißer Tag werden würde. Allerdings war Schläfrigkeit das letzte, was er gebrauchen konnte. „Wollen mal sehen, wie schnell die Mannschaft ist.“ Eine Aussage die bei der Seefrau neben ihm zu einem schelmischen Lächeln führte, wusste sie doch, was nun kommen würde. „ACHTUNG AN DECK! SCHIFF KLAR MACHEN ZUM GEFECHT!“ Sollte sich tatsächlich so etwas wie Müdigkeit bereit gemacht haben, so verflog sie rasch. Während die Seesoldaten der ‚Admiral Dozman’ sich daran machten, sich zu rüsten, wurden die beiden Hornissen und auch die leichte Rotze zum Einsatz bereit gemacht. Mehr als einmal stand einer der Passagiere dabei im Weg oder wurde mit mal freundlicheren, mal raueren Worten aufgefordert die Position zu wechseln.

Zunächst etwas überrascht, da er beim schnellen Umschauen keine Gefahr entdecken konnte, realisierte Alfred schnell, dass es sich um eine Übung handelte. Ein kurzer Blick und Nicken zu Unswin reichte diesem als Aufforderung dem Befehl des Kapitäns Folge zu leisten. „Macht Euch kampfbereit“, beorderte er Chaantrea „und bleibt in meiner Nähe!“ Er selbst nahm den Kriegsbogen aus seiner Hülle, zog die Sehne auf und schritt schließlich schnellen aber nicht hastigen Schrittes zu dem Pfeilköcher. Dabei zeigte sich, dass der Horasier durchaus wusste, wie er sich auf einem Schiff zu bewegen hatte und es ihm selbst, wie auch Chaantrea in seiner Begleitung, gelang, den Aktionen der Mannschaft nicht im Wege zu stehen. Schließlich nahmen Chaantrea und er Plätze am backbordigen Bug ein.

Unswin gerade noch dabei seinen Bogen zu spannen, als auch schon die ersten Matrosen an ihm vorüber liefen und ihn seines Platzes verwiesen. Er zwängte sich durch das plötzliche Gewimmel an Deck, bekam dabei mehr als einen unbeabsichtigten Stoß weil er den Geschützmannschaften in die Quere kam und trat schließlich sichtlich verärgert zu Alfred und Chaantrea an den Bug. Da er den Sinn und Zweck von solchen unangekündigten Übungen kannte, war er jedoch nicht in erster Linie dem Kapitän, sondern eher sich selber Gram, weil er mit der ungewohnten Situation an Deck des Schiffs nicht so gut klar gekommen war. Gut sechs Jahre muss es her sein, das Bruder Thurbold die Planken eines Schiffes betreten hatte. 6, dem Ewigen heilige Jahre und auch dieser Anlass war sicherlich kein Deut besser als die Heimreise des Ordens über das Meer. Etwas ging um im Land und er hatte in den letzten Tagen, seit seiner Abreise zu wenig handfestes erfahren.

Zugegeben, das Faseln des wirren Olrugh hatte den Orden aufmerken lassen, doch viel mehr beunruhigte den alten Kämpen die Worte seines Abtes – welcher bei all seiner Streitbarkeit, doch ein gesegneter Mann war – weshalb er den Worten einfach Glauben schenken musste.

Doch seine Gedanken schweiften ab, noch weiter zurück in der Zeit, zu seiner ersten Schiffsreise. Damals war er noch ganz grün hinter den Ohren. Gelockt vom Abenteuer im Reichsheer trugen sie den Krieg übers Meer auf die verfluchte Insel der Echsen. Alles schien ihnen möglich wenn Kaiser Reto nur voranschritt und alles wurde Möglich, darunter auch Gräueltaten, die den Golgariten noch heute in seinen Träumen verfolgen.

Manch einer meint ja die Golgariten hätte keine Seele mehr, sie würden nicht träumen oder hätten vor nichts Angst, doch nur die wenigsten Wissen, das ein jeder von Ihnen einen Grund hat sich dem Herrn des Vergessens anzubieten. Wahrlich, Thurbold verband nichts Positives mit den hölzernen Bohlen eines Schiffes und er wusste, diese Reise würde daran wohl nichts ändern.

Das die Rondrianer ihren Spott mit dem Kriege führten und diesen spielten so oft sie konnten, bereitete Thurbold jedoch arges Grummeln in der Magengegend. Mürrisch verfolgte er daher deren kleines Manöver an Bord, ohne auch nur eine einzige Regung zu machen.

Der Sturmfelser hatte die kleine Übung gerade beendet und befohlen das Segel zu hissen. Es kam leichter Wind auf und den wollte er nutzen, da erklang von Backbord der Ruf eines Matrosen. „Leiche im Wasser! Backbord voraus.“ Schon gingen die Blicke zur bezeichneten Stelle. In der Tat, ein Mann schien im breiten Schilfgürtel auf der Perricumerseite des Darpat zu treiben. Sofort ließ der Kapitän die Fahrt aus der Galeere nehmen, um kurz darauf den vollen Stopp zu befehlen. Es dauerte, bis das Beiboot besetzt war und zum Toten vordringen konnte. Der Schilfgürtel war hier recht dicht und reichte weit in den Fluß hinein. Nicht viel später wurde die Leiche eines Mannes an Deck gehievt. Er konnte noch nicht länger als zwei bis drei Tage im Wasser gelegen haben, was es für Umstehenden deutlich angenehmer machte. „Muss einer von den Tulamiden sein, Käptn.“ Machte der Bootsmann seine Meldung. „War sonst nichts zu finden.“ Es stimmte, die Kleidung bestätigte die Aussage des Mannes. „Gut, hier werden wir kaum etwas tun können. Vielleicht könnt Ihr noch etwas feststellen“, Hakon nickte in Richtung seiner Gäste. „Ich lasse derweil die Fahrt wieder aufnehmen.“

Im Orden war es jeher eine große Kunst, den Toten ihre letzten Geheimnisse zu entlocken. Ganz ohne Zauberei oder schlimmeren Hexenwerk natürlich.

Doch Thurbold war einer dieser Ritter, die sich nie sonderlich für solcherlei Dinge interessiert hatten. Heute muss ja ein jeder angehende Ritter sich im Lesen solcher Dinge verstehen und vor allem die Novizen aus Krähenwacht sind darin wahre Meister, aber er konnte hier nicht viel tun und so nickte er nur kurz und zog sich wieder auf die Kiste in der Nähe zurück, wo er wieder in dem Buch zu lesen begann, welches er während dem Spiel an Bord zu lesen begonnen hatte. Die weitere Reise verlief recht ereignislos, so dass die Admiral Dozman gegen Nachmittag, kurz nachdem sie das Gaulsfurten passiert hatten das kleine Fischerdorf anliefen, in dem vor zwei bis drei Tagen ein Fischer vom Untier getötet worden sein und ein Augenzeuge überlebt haben soll.



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Texte der Hauptreihe:
K99. Politik
Autor: CK, RO, DL, MK