Benutzer:Orknase/Briefspiel

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Hier entstehen meine Briefspieltexte und werden sorgsam verwahrt, bis ich weiß, wohin sie sollen.
Es ist ausdrücklich erlaubt, Rechtschreibfehler sowie Fehler der Zeichensetzung zu korrigieren, genauso wie verloren gegangene Buchstaben richtig zu ergänzen und überzählige einzusammeln - dies gilt auch für meine anderen Texte.


Fische im Netz

Bedenkzeit

Burg Scharfenstein

Sie bat sich Bedenkzeit aus. Baron Drego verstand. Er schien wirklich ein netter Mensch zu sein und darüber hinaus über ein gutes Herz zu verfügen und dennoch, dennoch nahm sie es ihm übel, dass er sie nicht einfach so gehen lassen wollte. Dabei verstand sie ihn. Wenn sie all die Sehnsucht nach meiner Heimat beiseite schob, dann verstand sie ihn. Er konnte sie nicht einfach gehen lassen. Nicht einfach so. Und sie konnte ihm nicht einfach Gefolgschaft schwören. Nicht einfach so.

Albtraumgestalt

Einhornfrau

See Praiosborn, Praios 1045

(...)

Der Raller treu

Verschwunden

Markt Rallingen, im Travia 1044 BF

Zeit zu sterben

Prolog

Junkertum Haselbusch, Efferd 1044 BF

Es war ein winziger Augenblick, ein Moment nicht länger als ein Atemzug, ein Wimpernschlag oder gar ein Herzschlag nur der Unachtsamkeit, des Zögerns, des Nachdenkens, des Verweilens, des Müßigganges oder auch nur der Neugierde der das Leben vom Tod trennte. Und so wie es so manchem Menschen auf Dere erging, erging es auch dem Hasen, der unerwartet meinen Weg kreuzte oder kreuzte ich den seinen? Er zögerte zu lange. Schaute mich zu lange an. Dachte zu lange nach. Verweilte zu lange. Da packte ihn der vom Himmel herabstürzende Habicht mit seinen kräftigen, gelben Krallen und hielt ihn fest. Das Tier kämpfte und schrie verzweifelt um sein Leben, doch der Habicht hielt es fest. Es sprang und tobte, doch unerbittlich hielt der Habicht es fest.

Und einen winzigen Augenblick später tauchte ein Hund auf. Ein brauner, alter, etwas zotteliger Hund. Auch er verharrte. Zögerte. Schaute mich an. Interessiert. Neugierig. Er dachte nach. Er dachte angestrengt nach. Schnupperte. Ob er mich kannte? Und einen winzigen Augenblick später tauchte eine Frau auf, eilte an die Seite des Habichts, kniete sich nieder, packte den Hasen und machte ihm den Garaus, wobei sie die Bauchdecke des Tieres mit seinem Eberfänger öffnete um dem Habicht seinen Anteil zu geben. Gierig fiel der Vogel über die Eingeweide der Beute her.

So war er, mein Herr, Gebieter über Schlaf und Tod. Unablässig und unerbittlich schickte er seine Diener aus. Und nun hatte er mich hierher geschickt: Nach Hause...

Wiedersehen

Junkertum Haselbusch, Efferd 1044 BF

Blut tropfte von der schimmernden Klinge des Eberfängers. Die Frau richtete sich auf und erst da fiel ihr Blick auf mich. Einen Moment verharrte auch sie, zögerte, dachte nach. Ob sie sich wohl fragte, warum ihr Hund nicht gebellt hatte?

„Dela?“, Tessia von Haselbusch musterte mich, „Nein! Marbo... Marbodane?“

Langsam nickte ich. Gemächlich trottete der Hund auf mich zu.

„Ich... ich hätte dich fast nicht erkannt“, erklärte sie etwas verwundert, „Du... du hast dich verändert und doch...“ Sie legte ihren Kopf etwas zur Seite und musterte ihre Gegenüber. „... bist du irgendwie dieselbe geblieben.“ Etwas verwundert zuckte sie mit den Schultern. „Lediglich älter bist du geworden. Ja...“ Ein verschmitztes Lächeln legte sich über ihre Wangen. „... älter.“

Ich erwiderte ihr Lächeln: „Älter bin ich geworden, Tessia.“ Der Hund – besser gesagt eine Hündin – war nun ganz nahe bei mir. Interessiert roch sie an mir, leckte mir über den Handrücken, ehe sie sich vor mir ins Gras warf, mir ihren nackten Bauch entgegen reckte um von mir gestreichelt zu werden. „Aber Irmi...“, ich ging in die Knie und kraulte das Tier ausgiebig, „Irmi hat mich erkannt.“

„Ja...“, die Jägerin säuberte eilig ihren Eberfänger und steckte ihn zurück in die Scheide, „Es verwundert mich. Sie ist alt geworden, Marbodane. Ich meine, wie lange ist es her, dass du nicht mehr hier warst?“ Unwissend zuckte sie mit den Schultern. „Ich hatte nicht erwartet, dass sie dich nach all den Götterläufen noch erkennt. Sie erkennt ja geradeso noch Dankwart und mich, aber dich?“ Fragend blickte sie ihre Gegenüber an.

„Tiere haben ein Gespür für den Tod“, wusste ich, „Das sagt man auch uns nach oder viel mehr unserem Herrn...“

„Dann bist du gekommen, weil... ?“, die Frau schluckte schwer, „... jemand von uns sterben wird?“

Ich nickte.

Erinnerung

Junkertum Haselbusch, Efferd 1044 BF

Tessia schluckte schwer und versuchte sich an einem Lächeln während sie mir kehlig erklärte: „Sterben müssen wir alle eines Tages, nicht wahr?“

„So ist es“, erwiderte ich und sah in ihren Augen die Angst, die Angst jemanden den sie von Herzen liebte zu verlieren. Ich kannte diese Angst nur zu gut, zwar nicht von mir selbst, aber von jenen Menschen, denen ich begegnete. Mein Herr war bei den meisten gefürchtet, so nahm er ihnen doch das Liebste. Und obgleich er doch auch der Herr über den Schlaf und auch über die Träume war, so dachte kaum jemand an diese Aspekte wenn er meiner ansichtig wurde...

„Nun gut“, schloss die Junkersgemahlin sichtlich ernst, „Dann wollen wir mal auf die Haselburg gehen. Ich würde gerne sagen, dass Dankwart sich freuen wird, dich zu sehen, Marbodane, aber ich fürchte, dass das nicht der Wahrheit entspricht...“

Verständnisvoll nickte ich: „Ich weiß, Tessia, ich weiß. Er grollt mir noch immer...“

„Tief in seinem Herzen weiß er wohl, dass du keine Schuld trägst“, nun klang ihre Stimme bitter, „Aber...“ Regelrecht hilflos zuckte sie nun mit den Schultern. „Schon bevor wir dich und deine Schwester nach dem Tod eures Vaters auf der Haselburg aufgenommen haben, haben wir Kinder verloren. Das letzte kurz bevor du dein Noviziat begonnen hast...“ Damals hatte es meinem Oheim gereicht. Er hatte meine Anwesenheit einfach nicht mehr ertragen. So hatte er mich fortgeschickt. Ein Noviziat in der Boron-Kirche war ihm passend erschienen, schließlich hatte ich stets gewusst, wann jemand stirbt, eine seltsame Gabe, die nicht nur ihn verängstigt hatte. Zu jenem Zeitpunkt hatte man mir meinen heutigen Namen gegeben: Marbodane. „... danach hat uns Tsa diese zweifelhafte Gnade nicht mehr zuteil werden lassen.“

„Bist du traurig darüber?“

„Ich weißt nicht recht“, meinte sie da unsicher, „Irgendwie schon und irgendwie auch nicht. Ich... ich weiß es einfach nicht. Ich meine...“ Wieder zuckte sie mit den Schultern. „Dankwart und ich haben immerhin Lechdan und das ist mehr als manche andere haben. Ich will auch nicht undankbar sein, aber... aber manchmal frage ich mich schon, warum ausgerechnet uns das passieren musste...“ Etwas fragend blickte sie die Geweihte an.

„Darauf kann ich dir keine zufriedenstellende Antwort geben“, erwiderte ich leise seufzend, „Aber vielleicht ist euch das passiert, weil ihr das ertragen konntet, jemand anders wäre vermutlich daran zerbrochen...“

Tessia schwieg sich dazu aus, aber an ihrer Reaktion sah ich deutlich, dass sie meine Worte nicht richtig an sich heranlassen konnte und auch gar nicht wollte.

Wenige Augenblicke als die Haselburg – eher ein befestigtes Haus als eine Burg – vor uns auftauchte, wollte sie sehr ernst von mir wissen: „Ist es Lechdan? Wird er sterben?“

Ich schüttelte den Kopf: „Es ist jemand hier. Hier auf der Haselburg.“

Seltsamerweise schien sie erleichtert. Vermutlich lag es einfach daran, dass die größte Sorge meines Oheims stets jene gewesen war, auch noch Lechdan zu verlieren. Er war eben ihr einziges Kind und der designierte Erbe. Aus diesem Grund hatte mein Oheim mich auch fortgeschickt, ganz so als könnte er damit verhindern, dass es weitere Tote gäbe...

Mutter

Junkertum Haselbusch, Efferd 1044 BF

„Wie geht es...“, Tessia stockte einen Moment während sie ihren Habicht in die Voliere brachte, entschied sich dann aber ihre Frage zu Ende zu formulieren, „... deiner Mutter?“

Es dauerte entsetzlich lange, bis ich eingestand: „Ich habe sie schon sehr lange nicht mehr gesehen. Sehr lange.“

„Hm“, machte die Haselbuscherin da, „Ist sie denn nicht mehr... im... im Kloster?“

„Das Kloster ist groß“, erwiderte ich ihr da, „Vielleicht ist sie noch da, vielleicht aber auch nicht.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“ Dann hielt ich einen Moment inne. „Abgesehen davon war ich auch nicht sonderlich oft im Kloster, eigentlich war ich nur dann da, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Das war nicht oft. Die meiste Zeit war ich unterwegs. Manchmal glaube ich, dass das die Absicht meiner Lehrmeisterin war. Sie wollte mich nicht zu sehr mit der Vergangenheit konfrontieren...“

„Schade“, kommentierte die Junkerin seufzend, „Schade ist es trotzdem. Sie ist immerhin deine Mutter.“

„Ja“, entfuhr es mir kehlig, „Das schon, aber... sie könnte mir ohnehin nichts erzählen. Sie hat... hat vor geraumer Zeit eine Schweigegelübde abgelegt...“

„WAS?“, entfuhr es der Älteren vollkommen fassungslos als sie die Voliere wieder verließ, „Warum?“

Wieder zuckte ich mit den Schultern: „Auch das weiß ich nicht. Meine Lehrmeisterin hat es mir gesagt. Vor meiner Weihe. Zu dieser Zeit hatte ich nämlich überlegt sie aufzusuchen und nach... nach meinem Vater zu fragen. Aber...“ Meine Stimme brach. Über meinen Vater wusste ich kaum etwas. Er war seit langem tot. Ich hatte ihn nie kennengelernt. Selbst meine ältere Schwester Daria konnte sich kaum an ihn erinnern. „... dafür war es zu spät.“ Ich versuchte mich an einem Lächeln, denn ich spürte den mitleidigen Blick meiner Base auf mir Ruhen. „Als sie es mir sagte, hatte sie Tränen in den Augen. So wie du jetzt...“

„Ach, Marbodane“, schniefte sie, „Ich hatte so gehofft, dass sie dir irgendwann alles erklären könnte, denn ich...“ Sie schluckte schwer. „... ich weiß nicht, ob es Dankwart je tun wird und ich selbst weiß zu wenig. Und... und wenn er es nicht tut dann... dann...“ Tessia zuckte sichtlich hilflos mit den Schultern. „... dann wird es für ewig im Dunkeln liegen.“

„Und du?“, wollte ich zaghaft wissen, „Weißt du nichts?“

Tessia schaute zu Marbodane auf. Die Boron-Geweihte war inzwischen etwas größer als ihre Base. „Ich weiß nur das, was man sich darüber erzählt. Was man sich hier darüber erzählt“, erwiderte sie mit rauer Stimme und zuckte sogleich entschuldigend mit den Schultern, „Ich weiß nichts darüber, was wirklich war, denn man erzählt sich viel, auch Dinge, die nicht wahr sind und da ich nicht weiß, was war...“ Sie hielt inne. „Was soll ich dir da erzählen?“

Das dritte Kind

Aus Erlenfall nichts Gutes

Burg Scharfenstein, Firun 1045 BF

Die Worte der Geweihten wirkten geraume Zeit nach und sie arbeiteten in Drego, doch er sagte nicht, was in ihm vorging, stattdessen hob er anklagend, aber schon irgendwie versöhnlich an: „Sie hätte aber mit mir reden müssen.“

„Ja“, bestätigte Lindegard, „Das hätte sie. Sie hätte Euch über ihre Entscheidung unterrichten sollen, schließlich betrifft sie auch Euch. Doch sie hat es nicht getan.“

„Aber warum hat sie es nicht getan?“, seine Wut war in Selbstzweifel umgeschlagen, „Vertraut sie mir denn nicht? Fürchtet sie mich gar?“

„Also wenn ich an ihrer Stelle wäre und zu meinem Gatten Heim kehrte, ein Kind unter meinem Herzen, das gewiss nicht von ihm ist, dann würde ich ihm nicht mehr unter die Augen treten können...“, ergriff nun die Kaisermärkerin das Wort.

Lindegard Tempeltreu nickte bestätigend: „Ich nehme an, dass das der Grund war sich auf ihr Reichsrittergut an die Brache zurückziehen. Sie wollte einer Konfrontation aus dem Weg gehen.“

„Aber...“, hob Leudane von Leuenberg an, „... hat sie wirklich geglaubt das auf Dauer verheimlichen zu können?“

„Eine geraume Zeit hat sie es ja geschafft“, meinte da die Geweihte nur schulterzuckend, „Zum Rest kann ich nichts sagen. Sie redet nicht.“

„Aber... aber... sie ist doch schon seit Rondra wieder auf ihrem Reichsrittergut“, erinnert sich Drego, „Wann... wann ist es denn passiert?“

„Davor“, erwiderte Lindegard da schulterzuckend, „Also Praios oder Rahja.“

„Aber im Rahja war sie doch noch auf Ralling...“, mitten im Satz hielt Drego von Altjachtern inne, „Sie hat gesagt, sie habe das nicht gewollte. Sie hat...“ Er schluckte schwer. „Ja, das ergibt jetzt alles einen Sinn. Jetzt... jetzt begreife ich das alles. Alles fügt sich.“ Er straffte sich. Seine Hand glitt zu seinem Schwert. „Es waren die Erlenfaller. Sie haben ihr das angetan. Und sie werden dafür bezahlen. Mit ihrem Blut werden sie bezahlen.“

Lindegard und Leudane warfen sich vielsagende Blicke zu.

„Und zwar jetzt“, damit Schritt er zur Tür.

Die Ritterin stellte sich davor: „Ich lasse Euch so nirgendwo hingehen, Hochgeboren.“

„Ihr werdet jetzt augenblicklich aus dem Weg gehen“, befahlt er mit lauter und durchdringender Stimme.

„Nein“, kam die Antwort prompt.

Nun zog er sein Schwert und legte es an ihre Kehle: „Ihr habt Euch in eine Fehde gestürzt ohne Sinn und Verstand. Ihr habt Euch in etwas hineinziehen lassen, von dem Ihr nichts aber auch gar nichts versteht und anstatt endlich zu begreifen macht Ihr so weiter wie bisher auch. Ihr, Leuenberg, seid eine Kaisermärkerin im Reichsforst, deren Leben so viel wert ist wie die Summe die Eure eigene Familie bereit ist für Euch aufzubringen.“ Seine Augen funkelten zornig. Seine Stimme zitterte vor Wut. „Und wie viel ist Eurer Familie Euer erbärmliches Leben noch gleich Wert, Leuenberg?“

(...)

Burg Scharfenstein, Firun 1045 BF

(...)

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