Geschichten:Ein schöner Bart zu dieser Zeit – Der BoCANiker

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Zurück in Schönbartheim, Ende Praios bis Mitte Rondra 1043 BF

Nahezu den ganzen Praios war Can unterwegs gewesen und hatte sowohl die Schreibschule seiner Tochter in der Stadt besucht, als auch Rashia’Hal und zuletzt das Kolleg in Sichlingen. In der Schule hatte seine Tochter ihm noch einmal vor Augen geführt, was alles dazu gehörte ein Buch zu schreiben. Skripte schreiben, diese redigieren und ausbessern, sie rein- bzw. schönschreiben, Schmuckleisten und Bebilderungen dazu anfertigen lassen, eine Reihenfolge festlegen, die Seiten zusammenfügen, das buchbinderische Handwerk, die Veredelung des Einbands. Viele Schritte, zum Glück würde er für sein Buch nur die Skripte und Ideen liefern, den Rest würden die Studiosi in der Schule übernehmen, natürlich als eine Aufgabe der Ehre für den Vater ihrer Mentorin und Lehrerin, sowieso als Übung. Er freute sich darauf, mit den jungen Leuten bald häufiger in Kontakt zu treten, zumal er auch vorhatte selbst Hand anzulegen und ggf. einige Notizen und Skizzen dazu in das Buch mit einfließen zu lassen.

Doch allein was ihn in Rashia’Hal erwartet hatte, füllte bereits Seiten von Skripten. Er hatte die weitläufige Klosteranlage zuvor fast ausschließlich als Ort der Entspannung und des Amusements wahrgenommen, doch was hier für ein Wissensschatz lag, war ihm erst bei diesem Besuch bewusst geworden. Ein Schatz, der seine kulinarischen und botanischen Kenntnisse nochmal enorm erweitert hatte. Dort hatten ihn die Expertinnen der leiblichen Genüsse für Wein, Kräuter, Speis und Trank sich ihm und seinem Vorhaben gewidmet. Sogar die wunderschöne und erhabene Vorsteherin des Klosters hatte ihn an ihrem Wissen teilhaben lassen. Dies hatte ihn viel mehr gelehrt als nur Kulinarik - Heilkunde und Baukunst für etwaige Gewächshäuser und Gartenarchitektur, Flora und Fauna wurden ihm näher gebracht und er hatte erkannt, was er in seinen bisherigen Werken noch alles verbessern und ganzheitlicher machen konnte. So viel Skripte konnte er gar nicht schreiben, wie er hier erfahren hatte. So war er dazu übergegangen, statt alles haarklein aufzuschreiben, sich in kleinen Merkreimen auf seine ganz eigene Art zu notieren. Das würde zwar nicht jeder auf Anhieb verstehen, aber ihm erleichterten diese Eselsbrücken einiges, außerdem fand er die Idee amüsant, einige davon in sein Buch (oder sollte es eine Reihe werden?) zu übernehmen. Fast zwei Wochen hatte er in Rashia’Hal verbracht, bevor er wieder in den Süden aufgebrochen war, mit dem großen Vorhaben unbedingt bald wieder zu kommen.

Das Kolleg von Sichlingen war eine weniger vergnügliche Sache gewesen und er verstand nur so halb warum ihn seine Tochter dorthin gesendet hatte, die Stimmung dort war zwar angefüllt von klugen Worten, aber sie waren deutlich weniger praktischer Natur als in der Schreibschule oder in Rashia’Hal. Außerdem war die Atmosphäre dort abgekühlter und von mehr Konkurrenz geprägt, es schien alles nicht recht zu laufen. Hatte seine Tochter ihn deshalb dorthin geschickt, um mal nach dem Rechten zu sehen? Nein, so dachte seine “Fleckige” nicht..den Gedanken verwarf er, zumal er auch nicht gewusst hätte, wie er das von Statten bringen sollte in dieser Schlangengrube, ha, Hesinde-Kolleg, Schlangengrube, toll. Diesen Witz hatte er sich sofort notiert, in eines seiner Skripte. Dennoch war er dort zweieinhalb Tage geblieben, um in den dort angesammelten Schriften und Büchern dennoch etwas für sich zu finden und tatsächlich hatte er das. Denn die vielen Texte und Zeichnungen die sich dort, meist als lose Blattsammlungen, über die wenigen Jahre bereits angesammelt hatten, gaben ihm Inspiration für ein paar Illustrationen für sein Buch, ebenso wie weitere Ideen, über die es sich vielleicht später lohnte nachzudenken, ein bisschen Perricumer Kulturgeschichte dort, ein bisschen nebachotische Architektur hier, ein paar krude und witzreiche Gedichte (Groß-)Garetiens und manigfaltige Legenden obendrauf und er hatte ein paar Notizen mehr. Er war dann aber abgereist, als es ihm schien, dass seine Anwesenheit dort irgendetwas bewegt hatte, dass er nicht fassen konnte.

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Wie dem auch war, nun, es war mittlerweile Rondra, saß er wieder zu Hause in seiner guten Stube, der Yid’Stuhâne, zwischen seinen Kissen, den von ihm “neu erfundenen” Duftkerzen, einer leckeren Zitabar-Pfeife, natürlich leckeren krossen Kartoletten bzw. Cart’amahi, weiteren Genüsslichkeiten und Experimenten und vorallem seinen Skripten und Ideenskizzen, ganz besonders seiner neusten, die ihm durch seinen Besuch in Rashia’Hal gekommen war.

Er erschrak ein wenig, als plötzlich seine geliebte Maia hinter ihm stand, ihm sanft an der Schulter fasste und kuschelig in sein Ohr flüsterte: “Ma’Taran, main Herz und Läben, das sich auf Kissen und Zätteln bättet, du machst Fläcken auf daine…was ist das aigentlich alles?”

Der Schreck wich schnell der Wohligkeit und dem Stolz. Seine Augen leuchteten voller Eifer und Frohsinn und sein Schnurrbart wippte aufgeregt hoch und runter, “Das…”, er deutete mit ausgebreiteten Armen über das Meer an Skizzen, Skripten, Versuchen, Kissen und Zetteln. “Das, maine diamatha Zahra (diamantene Blume), ist där Bäginn von etwas ful’minantäm! Därainst wird äs ain Buch, wahrschainlich gar eine Raihe füllen, dären Inhalt Lobpraisungen der Lieblichkäit sein wärden”. Er deutete auf die Skizzen und Zettel genau vor sich und wischte ein paar Krümel galant beiseite, die erneut kleine Fettflecken hinterließen. “Und dies hiär, ganz späziell ist main neuestes, sagän wir, Kapi’tel!”. Er stockte und zwirbelte sich verlegen am Schnurrbart, “Also, äher die Grundlagänforschung dafür…”. Diesmal pickte er sich bestimmte Notizzettel und grobe Zeichnungen raus. “Dies wird maine ‘Botanica Perrico’ oder ‘Vi’Zsint Urflarzi Nebachot”, viellaicht auch einä Mischung aus bei’dem, baim Titel bin ich mir noch unains.”

Maia war irgendetwas zwischen erstaunt, skeptisch und überfordert. “Und was haben diesä Kinderzaichnungen damit zu tun?”

In Cans Gesicht schlich sich Enttäuschung, beinahe schien es so, als würden die Enden des Schnurrbart etwas absinken. “Das…sind maine…”, gab er kleinlaut von sich. Maia streichelte ihm versöhnlich über den Kopf und jeder Strich fegte seinen Verdruss hinfort, weswegen er mit neuem Elan weiter ausführte: “Jädenfalls, Ma’Taran, DIES sind Zuchtskiz’zän zur Kreuzung von Blumän und Kräutern. Ich weiß zwar nicht, ob das alläs so aufgeht, aber Rashia’Hal hat mir die Augen geöffnet, dass uns die Lieblichen nicht nur ihre Pflanzen zum Gäschenk gemacht haben, nain, sie gaben uns auch dän Verstand und die Möglichkaiten ihre Schöpfung zu ärwaitern. Schau nur…”

Und Can erklärte seiner sichtlich überraschten und beeindruckten Maia alle seine Ideen und wie er sie gedachte umzusetzen.

“...und wänn das alles funktioniärt, sollten wir im nächstän Frühling ärste klaine Ärfolge sehen. Namen habe ich für all diesä Schöpfungen natürlich auch, so möchte ich, wänn ich soweit bin, jäder nebachotischen Familie aine Blume oder ein Kraut widmen und unsäre liebän Nachbarn sollen auch etwas bekommen, siehe hier.”

Maia las die Worte auf die Cans Finger deuteten:

Pfiffenstöckchen, Lanzenro/uhsen, Rabenstockel, Schurrblüt, Brendiltäle, Darrenfurtensie, Turatalie, Korbrunnelle (wird definitiv eine Fleischfressende Pflanze!), Kollbergaranie, (das (vertrocknete) Keilgras), (Zollilie), Blutauge, Koramsmärle, Rotfurtade, Bergstämmle, Eisensitzling, Zolipantenssie, (das (tote) Rothändelchen), etc. / erweitert evtl. durch die aranischen Verwandten: Tausendhändchen, Korwaldalie, Rahjastreue / Babuaranie & Raulilie & Nebahatanie

“Laider hab ich hierzu noch kainen Merkreim geschriebän, damit wollte ich dich überraschän, aber nun ist mir die Überraschung zuvor gäkommen.” Can lächelte zufrieden, mit diesem Glanz in den Augen, der ihm so lange abhanden gekommen war und wegen dem seine Maia ihn so liebte.



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Autor: Jan, Vlad