Geschichten:Eine Grafschaft zu ordnen – Monvaldorn gedeiht
Königlich Monvaldorn, Stadt Nym, 12. Praios 1046 BF
Der angesprochene Damian von Malagant, der stolz die goldene malagantsche Katze als Stickerei auf seiner Kleidung zur Schau stellte, blickte gelangweilt auf und musterte den Perainsgarten scheinbar beiläufig. Dann streckte er sich, hielt die Hand mit dem Spiegel vor den Mund und gähnte, ehe er tat wie ihm geheißen: “Nun, werter Herr Landvogt, wo soll ich beginnen? Sicherlich ist euch bekannt, dass Monvaldorn noch bis vor wenigen Jahren den zweifelhaften oder - im Nachhinein - vielleicht doch passenden Namen Höllenwall innehatte. Das Wappen gehalten in den Farben des blutigen Schnitters, nur die silbernen Einhörner sind heute noch davon geblieben. Gegangen hingegen ist der ehemalige Baron, mit einem großen Knall, im wahrsten und zwölfmal verfluchten Sinne. Der Baron, euch sicherlich ebenfalls bekannt, war der durchtriebene Verräter Malepartus von Helburg, der alle um sich getäuscht hat. Bei diesem, nun als Höllensturz bekannten, Ereignis riss er sich und seine ganze Familie mit in den Tod, um dem Schändlichen zu opfern und eine unsägliche, bis heute schwelende Wunde in den Höllenwall zu reißen. Doch auch in seiner vorherigen Tarnung war der Höllenwaller kein (Ratten-)Kind von Traurigkeit.”, Damian schmunzelte.
“So hatte er es geschafft, in seiner 20jährigen Herrschaftszeit, den kompletten Vasallenadel Höllenwalls, zu denen die Helburger einst selbst zählten, zu entmachten und durch eiserne Hand mundtot zu machen. Unwürdig für den stolzen Monvaldorner Adel, auch wenn das bei einigen durchaus verdient gewesen sein mochte.” Wieder schmunzelte Damian und schielte rüber zur Ritterin mit dem etwas einfältigen, aber freundlichen Blick - Junivera von Hogenthal. Diese registrierte erst spät, dass die Spitze der Familie ihres Gatten galt, dem sie in bewundernder Liebe zugetan war. Gerade wollte sie sich, so gar nicht zu ihr passend, aufplustern und dem Malagant die Meinung husten, da hob Landvogt Felian die kräftige Hand und nahm ihr den Wind aus den Segeln, indem er sie aufforderte dort anzusetzen wo Damian geendet hatte.
“Oh, ja, sehr gern, Euer Hochgeboren, wo waren wir noch gleich, ahja, der entmachtete Monvadorner Adel, zu dem auch die edle und alteingesessene Familie meines Gatten gehört. Nun, nach dem Höllensturz, da war die Baronie ja vakant und man betrachtete es als angemessen, das verwundete Land nicht dem hiesigen Adel zu überlassen, da sich dieser, über Jahrzehnte unwürdig geknechtet, angeschickt hatte das Blatt nach dem Tod ihres Knechters selbst in die Hand zu nehmen. Dabei fielen einige in der Wahl ihrer Mittel besonders unangenehm auf, wenn ihr versteht…” Wieder untergebracht Felian, ahnte er doch was da jetzt kommen sollte, zumal die Hogenthalerin es deutlich plumper anstellte als der Malaganter.
Doch bevor sich die beiden hochschaukeln würden, warf er dem Garm einen Blick zu, der direkt anhob und fortfuhr und der Ritterin keine Möglichkeit ließ fortzufahren: “Wie die Ritterin von Marmoria berichtete ist es recht, Euer Hochgeboren, so lag der hiesige Adel nach dem Höllensturz in Fehde und erst ein Hoftag im nahen Halhof…”, der Garm spie den Namen förmlich aus, “brachte ein Ende und Höllenwall in Form von Monvaldorn einen neuen Anfang. Ein Neuanfang unter Kronvögtin Calderina von Gareth, der Tochter des Grafen und Schwester des soeben gekrönten Großfürsten. Sie soll mit Hilfe der Besinnung auf alte Mythen des Landes und der Kraft der Götter, Land und Leute heilen. Dabei soll ihr ein Achterrat zur Seite stehen, bestehend aus ihren wichtigsten Vasallen, denen ihr Einfluß zurückgegeben wurde. Die Namen jener sind euch sicherlich bekannt.”
“Und dies ist sicherlich auch von Nöten, denn so heisst es, die Wunden und Schrecken die die Taten des Höllenwallers rissen seien nur oberflächlich bekämpft worden bisher und sie würden noch tief in des Landes Eingeweiden sitzen.”, platze es aus dem jungen Wildfang Elena heraus, der Knappin des Garm, welcher dieser einen tadelnden Blick zuwarf.
Den Moment nutzte, noch etwas unsicher, Nerea von Grumharren, eine Neuritterin aus dem Gefolge der Junkerin von Grummstein. “Die Kronvögtin - und das sage ich ohne Hintergedanken - ist eine Wohltat für das junge Monvaldorn, meine Herrin wird Euch versichern, dass Calderina von Gareth es weiß zu regieren und ihren Rat dahingehend miteinzubeziehen, sie versteht die Hiesigen.” Alle anwesenden grummelten bestätigend, selbst die Hogenthal und der Malagant waren sich hier einig. Auch Felian hatte schon gehört, dass Calderina von Gareth die Eslamsgrunder und vorallem die Monvaldorner recht schnell von sich eingenommen hatte. Ja, das sie gar den ihr vorgesetzten Rat so nutze wie er gedacht war, allerdings ohne sich von ihm lenken zu lassen. Generell hatte sie es geschafft, dass Auseinandersetzungen hier nicht mehr mit der Waffe, sondern auf dem politischen Parkett geführt wurden.
Das wäre ein beinahe zu guter Einstand gewesen, dachte sich Felian, wenn es nicht auch heißen würde, dass die Kronvögtin etwas zu geradlinig und geradeheraus wäre, die zwar zügige, meist gute Entscheidungen träfe, aber auch nicht selten solche die ihr auf die Füße fielen, aufgrund der Eiligkeit mit der sie sie manchmal traf. Im Großen und Ganzen, war das wiedererblühende Monvaldorn wohl aber ihr Verdienst und der "glückliche" Umstand zum Haus Gareth zu gehören.
Aber genug um nun wieder Bardsam von Garm im schwärmerischen Ton weiter berichten ließ: “Und so vermochte die Garether Kronvögtin schon innerhalb von kurzer Zeit den Zustand der zerrütteten Baronie schnell wieder zu bessern, auch wenn die Priester und Magier - und meine Knappin - immer noch vom “vergifteten Land” schwadronieren. Doch Calderina ist das heilende Antidot für Monvaldorn und hielt selbiges, als Land der Königin, raus aus der Großgaretischen Fehde und sogar dem Fuchsaufstand. Bei letzterem stellte sie sich zwar auf die Seite der Königin und nicht ihres aufständischen Fuchsverwandten, aber konnte sie es vermeiden, dass das bereits gebeutelte Land einen allzugroßen Tribut zollen musste. Geschickt verstand sie es, uns die überschwänglichen Aufständischen vom Leib zu halten, als auch der Königin nur das Nötigste für ihren Kampf bereit zu stellen, damit Monvaldorn nicht sofort wieder ausbluten musste. So denke ich, auch wenn Caldai…Calderina von Gareth keine Einheimische ist, dass sie dennoch Monvaldorn und Eslamsgrund - gemeinsam mit ihren Anverwandten und ihrem Gatten - in eine goldene Zukunft führen wird. Schon jetzt erblühen wir und die Queste, auf die wir gemeinsam mit Euch gehen werden, ist ein Beweis dafür. Für wahr!” Der Garm hatte sich in eine Lobeshymne hineingesteigert und brach ab, kurz bevor er ein himmelhochjauchzendes “Vivat Caldaia!” herausdrückte, sowohl seine Knappin, als auch Felian, die Neuritterin als auch die beiden Streithähne Malagant und Hogenthal blickten verwundert zu dem Ritter mit dem gelb-schwarzen Hundewappen hinüber, der sich wieder fing und sich etwas verlegen, aber trotzig räusperte.
Felian selbst beendete seine Notizen und nahm sich vor, sie auf der Reise zu ergänzen. “Nun, gut, das war…wie auch immer. Das soll für’s erste reichen. Morgen zu früher Stunde statten wir dem hiesigen städtischen Archiv, bzw. dem was davon noch übrig ist, noch einen Besuch ab, dann brechen wir auf, den Rest habe ich von eurer Lehnsherrin, ich hoffe Ihr habt ebenfalls alle Vorbereitungen getroffen, wir gehen auf eine Inventur für den Grafen.”
Die Gruppe ritt mit gemächlichem Schritte die Verbundstraße, der später zum Höllendorn-Pfad wurde,, welche Monvaldorn mit dem Rest der Grafschaft verband, entlang. Ihr Ziel war die Burg Dornensee in der gleichnamigen, benachbarten Kronvogtei. Die Straße folgte dem Flusslauf der Niffel, vorbei an dichten Wäldern und saftigen Weiden. Die Bauern standen auf ihren Feldern und übersahen ihre bald einzuholende Ernte. Zufrieden und glücklich wirkten sie auf die vorbeiziehende Gruppe. Die ein oder andere Bäuerin hob ihren breiten Strohhut zum Gruße, als sie die Gruppe vorbei traben sahen.
Kurz vor der Grenze, in Mitten von wilden Wiesen voller buntem Mohn und Madablumen nach Dornsee stand ein Bauer auf seine Sense gestützt auf einem auffällig stark im Saft stehenden Feld, in dessen Mitte ein einzelner Findling stand, der mit perainegefälligen Wimpeln und bunten Blüten behangen war. Er würde besonders reiche Ernte einfahren können, da waren sich alle einig.
Während die Reisegruppe das Feld mit dem Findling und seinem Bauern hinter sich ließ, ging dieser zum Findling und kniete sich nieder. Er nahm den Strohhut vom Kopf und senkte das Haupt, als würde er beten. Doch sein Geist wurde nur von einer Erkenntnis beherrscht, “seit dem Höllensturz verlangt der Findling größere Opfer”. Sein Blick wanderte zum Fuße des Findlings, wo sich mehrere kleine Knochen gesammelt hatten. Mit sorgenvollem Blick verharrte der Bauer am Findling. Und das nicht nur aufgrund seines äußerst götterfürstigen Nachbarn.