Geschichten:Zwischen Rondra und Hesinde - Nicht alles Gold

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Schloss Auenwacht, Kaiserlich Gerbaldsmark, Anfang Travia 1046 BF

Bärfried von Hardenstatt saß vor seinem Zelt und blickte auf den Rüstungsständer, der nahe des Eingangs stand. Die dicken Platten der Gestechsrüstung waren matt, mit Kratzern überzogen und an der ein oder anderen Stelle sah man deutlich, dass sie schon öfters ausgebeult worden war. Er seuzte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, während sein Blick über das Zeltlager schweifte. Überall waren bunte Wimpel, Fahnen oder Banner und liesen daraufschließen wer in welchem Zelt wohnte. Allerorts sah man Adlige in ihrer Turniergarderobe umherlaufen, die einen in Kleidern aus Stoff, die anderen trugen tatsächlich Stahl am Körper. Nicht nur bei der Art der Kleidung unterschieden sich die Leute, sondern auch in dem Zustand ebenjener. Da gab es die reichen Barone, die stinkreichen Junkerinnen und die armen Ritter. Ein Blick zum Rüstungsständer und der daraufliegenden Gestechsrüstung versicherte ihm, dass er zu letzeren gehörte, da konnte auch der hochtrabende Titel eines markgräflichen Landvogts nicht drüberhinweg täuschen.

Vor wenigen Götterläufen besaß er zumindest noch eine ordentliche Platte die sogar in der Sonne funkelte. Doch nun hatte Stainavs Zahn seiner Turnierrüstung gut zugesetzt, das lag unter anderem auch daran, dachte sich der Einäugige, dass er wesentlich öfters Leder-, Stoff- und Kettenteile als Rüstung trug und die Wartung der Gestechsrüstung vernachlässigt hatte. Vor allem die beiden erstgenannten hatten nämlich den Vorteil, dass sie ihn am Pass warmhielten. Eine Fähigkeit, die der kalten Platte gänzlich abging. Doch auf Lanzenritte konnte er weder mit einem Lederharnisch noch nur mit seinem wattierten Wappenrock auftauchen. Er seufzte aus und der Blick wandte sich zu seinem Tulamiden, den er vor gut vier Götterläufen als erster Gewinner des Wasserburgerturniers erhalten hatte. Ein prächtiges Tier und hatte er anfangs noch Angst gehabt, dass der Pass kein Ort für ein solch anmutiges Geschöpf aus dem Süden wäre, hatte es ihn eines besseren belehrt. Die Tulamiden waren eine zähe Rasse und so leicht wie sie die widrige Hitze Araniens überstanden, liesen sie sich von dem windigen und kalten Bergpass beeindrucken.

Ja, das Pferd aus dem Gestüt Aquamarin war mit Abstand sein bester "Turnierausrüstungsgegenstand", wenn er so darüber nachdachte. Es war an der Zeit, dass auch seine Ausrüstung für den Lanzengang wieder auf Vordermann gebracht wurde. Eine komplett neue Rüstung wäre angemessen, doch eben auch unvorstellbar teuer. Sein Junkertum würde ihm sicher (zumindest hin und wieder) die Möglichkeit geben eine neue Rüstung erwerben zu können, doch die Einnahmen, welche dank seines kompetenten Vogts sogar etwas gestiegen waren, wurden direkt in die Reparatur des Gutshauses gesteckt. Bei seinem Lohn, den er als Landvogt vom Arvepass aus der markgräflichen Administration erhielt, verhielt sich das ähnlich. Nachdem er die Lebenskosten (welche am Pass verhältnismäßig gering waren) beglichen hatte wanderte der wenige Überschuss in den Ausbau der Passstraße. Alles in allem wurde ihm mal wieder gewahr, dass für eine neue Turnierausrüstung einfach kein Geld da war - oder genauer gesagt: es fehlte ganz im Allgemeinen einfach das Geld.

Abermals seufzte er aus, griff sich seinen Humpen und trank etwas von dem waldsteiner Bier, das es hier in rauen Mengen gab. Vielleicht könnte ihm ja sein Bruder helfen? Der schien zumindest nur klatschen zu müssen und aus dem Nichts entstand Silber. Immerhin hatte Bärfried es ihm zu verdanken, dass Girmbold Hasler für Ordnung in seinem Junkertum sorgte und Salix war es auch gewesen, der eine große Summe Silber für den Ausbau der Passstraße aufgetrieben hatte. Doch dann würde sich der Landvogt ja noch mehr verschulden müssen und bei diesem Gedanken drehte es ihm den Magen um. Er wusste ja jetzt schon nicht, ob er jemals in seinem Leben wieder schuldenfrei sein würde und wenn er daran dachte welche Standpauke er von seiner Frau erhalten hatte, als er dieser erzählte dass er sein Junkertum als Sicherheits für die Söldnereinheit hergab, war er nicht gewillt abermals Schulden anzuhäufen.

Er ließ seine Gedanken schweifen, vielleicht würde er einen Gönner oder eine Gönnerin finden? Schnell schüttelte er auch diese Idee aus seinem Kopf, viel zu gefährlich! Denn so wenig wie er auf eine Standpauke seiner Frau erpicht war, so wenig wollte er abermals einen Brief aus Gluckenhang bekommen, nur weil er mit der falschen Person anbandelte...