Geschichten:Eine Grafschaft zu ordnen – Des Pfalzgrafen neue Ideen

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Pfalzgrafschaft Schlundgau, Ende Praios/Anfang Rondra 1046 BF

Auf der Pfalz plätschern die Tage nur so dahin, der Pfalzgraf war tatsächlich ein angenehmer und äußerst beredter Gastgeber, der, so schien es, wirklich gewillt war seinen alten Ruf als “turnierbegeisterter Schürzenjäger” abzulegen. Stattdessen war es seine Vision, den Schlundgau zu einer höfischen Pfalz zu machen, die das Prädikat “kaiserlich” auch verdiente, gerade auch nach den aufrührerischen Jahren der nahen Vergangenheit.

“Ich spreche dabei nicht nur von dem schon lange nötigen Um- bzw. Ausbau dieser Pfalz, nein, ich spreche davon mich als Vertreter der Kaiserin vor Ort auch als solcher zu betätigen, mit offenem Ohr für die Belange, der einfachen Barone, Kronvögte und natürlich des Grafen. Versteht mich nicht falsch, meine Vorgänger, allen voran mein Vater, taten eine gute Arbeit, aber nun, da ich mich etwas eingewöhnt habe und nun auch eine gewisse Reife habe, möchte ich auf diesem “Erbe” aufbauen und den Schlundgau zu einer höfischen Instanz machen. Empfänge, Audienzen, Bankette und NATÜRLICH auch Turniere, sollen den Boden bereiten für eine neue Gastlichkeit, die letztlich ganz Eslamsgrund, seinen Nachbarn und dem Reich zu Gute kommen soll.”
Solches und ähnliches pflegte Marnion von Rathsamshausen jeden Abend beim gemeinsamen Speisen zum Besten zu geben und man mochte ihm glauben, bei der Mühe die er sich um seine Gäste gab und auch wie er sich darum bemühte der Gruppe, die Informationen zukommen zu lassen, die sie für ihre Inventur brauchten. Die ausgesprochene Einladung zum ersten Turnier der Pfalzgrafschaft wurde von den anwesenden Rittern mit wohlwollendem Nicken entgegengenommen.

Andererseits, seine Gewänder, seine eloquente und üppig beschmückte Frau Jadwige, die hübschen Diener und Dienerinnen, die vielen Turnier-Accessoires und der reichliche Wein, ließen auch immer wieder seinen alten Ruf des Pfalzgrafen durchscheinen. Doch bemüht war er allemal und betonte immer wieder die Neutralität der Pfalz auch während des Fuchsaufstandes, die ihm einige sogar als “untreu und zögerlich oder ignorant” ausgelegt hatten. Dabei würde er stets nur an das Beste für Eslamsgrund, als Vasall der Kaiserin, denken. Aber besonders stolz unterstrich der Pfalzgraf immer wieder seine Anstrengungen im Straßenbau und der Erschließung neuer Wege, die Zwei-Kronen-Straße von Dornensee nach Schlundgau kannte die Gruppe bereits, den “Falkenflug” genannten Pfad über Prestelburg zur Falkensteinschen Burg Rondratrutz lobte der Pfalzgraf besonders in den eigenen Himmel. “Hat dieser doch besondere Anstrengung, auf Grund des Anstiegs und der Wälder, benötigt - und auch von Baron von Falkenstein hatte ich mir etwas mehr Enthusiasmus gewünscht. Ich denke, ich werde ihn nochmal hierzu einladen. Und auch Monvaldorn und meine Vasallen in den Bergen sollen von diesen Ideen profitieren.”

Passend zu seinen neuen Ambitionen waren Felian und die Seinen nicht die einzigen Gäste auf der Pfalz. Kurz bevor sie angekommen waren waren anscheinend “zwei äußerst enthusiastische Vertreter dieser caldaistischen Bewegung hier auf ihrer Durchreise. Auch für deren Belange hatte ich ein Ohr, ich scheue dort keine noch so vagemutige oder fantasievolle Idee.” Ritter Bardsam nahm dies erfreut zur Kenntnis. Aber auch während der Gastung von Felian und seiner Gruppe, empfing der Pfalzgraf immer wieder verschiedenste Leute und hörte sie an, Gäste von denen einige gar mit ihnen zusammen speisten und von denen sie weitere Berichte erhielten, die sie wiederum in ihre Notizen einfließen ließen. So zum Beispiel der Junker der Tolakshöhe sowie Kastellan von Alarasruh in den Bergen, zusammen mit der Marktvögtin Melia Tolaker des dortigen Ortes Tolakstein und einer Entourage aus ehemaligen Speichellecker etc. der Kaiserwitwe Alara Paligan, die in beinahe vergessenen Zeiten häufig auf Alarasruh residiert hatte.
Während die Kriecher äußerst an der Inventur interessiert waren, beinahe etwas zu sehr, kündeten Kastellan und Marktvögtin zumeist davon, dass Schloss und Markt zwar “stolz und important” wären wie eh und je, aber die (kaum noch vorhandenen) Einnahmen des Marktes nicht mehr ausreichten, das Prunkschloss (und den teuren Lebensstil des Kastellans) zu unterhalten, was sie nicht verstünden, “sei es doch stets ein herrschaftlicher Ort gewesen, bis heute.”. Und tatsächlich bewies der Pfalzgraf hier diplomatisches Geschick, als er zwar auf den offensichtlich rückwärtsgewandten Blick des Besuches hinwies, aber sich bemühen wollte hier zu helfen, etwa durch kleine Zuwendungen und vor allem Kontakte, die man auf seinen Banketten usw. knüpfen würde können. Gerade die kriecherische Entourage schienen solche Ereignisse zu interessieren, während sich Kastellan und Vögtin schon jetzt bereits Hilfe von der “gräflichen Gesandtschaft” um Felian erhofften. Letzterer verwies freundlich auf die Zuständigkeit des Pfalzgrafen, würde es aber vermutlich und unverbindlich in seinem Inventur-Bericht erwähnen.

Diese Bittsteller waren aber bei Weitem nicht die einzigen weiteren Besucher, so waren auch der Junker von Kammerfels oder eine Gesandte des Boronklosters Sankt Berathraban zu Gast. Ersterer, der wie der Garm neuerdings das Symbol der Pulethaner trug, feixte recht vergnügt über seine Reise hierher, entlang der alten, immerwieder gerüchteumwindeten Burg Güldenberg erzählte, in der angeblich unendlicher Ruhm und Gold oder der Tod durch namenlose Umtriebe auf einen warteten.
Zweitere erzählte, mit äußerst wenigen Worten, zwischen denen immer kleine Pausen lagen, vom Leben im Bergkloster, das wohl gar nicht so borongefällig still war, sondern “von Pilgern belagert, die dort beten und die Gebeine des Heiligen sehen wollten”. Vor diesen Pilgern fände man nur Ruhe in 'Ghurfat La-Shay' - die Kammer des Nichts, dessen undurchbrechbare Stille, ohnehin nicht ertragbar wäre für den einfachen Pilger, vermeinte die Gesandte. Nicht zuletzt wegen den Pilgern gehe es dem Kloster aber gut, nur das hohe Aufkommen von Geiern führe in letzter Zeit zu Diskussionen.

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Doch all die gute Zeit hatte schließlich ein Ende als der Pfalzgraf samt großem Anhang allsbald nach Auenwacht aufbrechen wollte, wo ihn der Landvogt Felian vor dem Turnier unbedingt aufsuchen sollte. Aber auch die Inventaristen um den Perainsgartener mussten tatsächlich weiterziehen, hinein ins Land des Barons von Falkenstein, der “sich nicht nur in Angelegenheiten des Falkenflugs etwas rar gemacht hat, sondern ganz generell auch seit seinem Fauxpas bzgl. des Fuchsrudels und der daraus resultierenden Entnahme ‘seiner’ Stadt.”, hatte Marnion von Rathsamshausen zum Abschied noch gesagt, der aber “auf den guten Haduwulf nichts kommen lassen” wollte. “Ein so bewanderter und von den Göttern des Geistes gesegneten Mann bringt sowas doch nicht aus der Bahn.”

Dann verabschiedete man sich freundlich und fast überschwänglich und zog in verschiedene Richtungen von Dannen, der Pfalzgraf nach Westen, der Landvogt gen Norden über den neuen, noch nicht gänzlich fertiggestellten Falkenflug.

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Zur selben Zeit etwa auf Burg Grafenbein:

„Vom Falkensteiner Horst bis um die Berge Zagroschs
Von Goldingen am Drei-Land-Eck bis um den Raschtulsrück“
„Von den Ländern um die alten, schattgen Rakulshöhen
Bis Falado, Jurios und Amboss (und weit) hinter die Almadaner Pforte“
„Das ward und ist unteilbar
Das Herz, das Land – Caldaïa“

Vor der Grabkammer unter der Burg, die sie als am prächtigsten wahrgenommen hatten, knieten gerade vier Ritter und rezitierten ganz ungeniert den offensichtlich von Teilen der Großgaretischen Bewegung “entliehenen” und auf die eigenen Ideen angepassten Vers. Diese vier Ritter waren Grodane von Fürchtenforst, Geldana von Caldach, Ikerhard von Boe sowie die Almadanerin Luciana Al’Morsqueta y Ouvici. “Am Grabe und bei den Gebeinen des ersten der höchsten aller Grafen schwören wir feierlich und in Vertretung für eine ganze Bewegung unsere Treue und versprechen nicht zu ruhen, bis sein Erbe wieder hergestellt ist und für die formidabelste aller Grafschaften zu streiten und ihrem Namen Ruhm und Ehre zu bringen, allen Widrigkeiten und allen falschen Zeugnissen zum Trotz.”

Wohlgefällig, feierlich und vielleicht etwas großspurig klopften sich die vier Ritter auf die Schultern, umarmten und beglückwünschten sich zu ihrer erfolgreichen Pilgerreise. “Eine Großtat, wie sie Caldaia schon lange nicht mehr gesehen hat.” - “Geschichts- und Zukunftsträchtig gleichermaßen, Vivat Caldaia.” „Vivat Caldaia! Zeit zu vereinen, was vereint gehört. Den Rang zurück zu erlangen, der unserer Heimat gebührt: erste unter den Grafschaften… (Almadas).“, letzteres fügte die eine nur in Gedanken an, sie hatte es noch nicht aufgegeben diese Bewegung auf den richtigen Pfad zu führen. “Vivat den unsrigen, wir werden Caldaia wieder groß machen.”, übertönte diesen Gedanken ein anderer.

Ihr erster Schritt, um dieses Ziel zu erreichen, würde das Turnier während des baldigen Hoftags auf Auenwacht sein, wo sie für Caldaia Siege erringen würden.