Geschichten:Sorgen in Sonnenau

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Klostergut Sonnenau, 24.Boron 1047 BF

Alrike von Sommerheide, die Äbtissin des Klosters Sonnenau in Rubreth beobachtete die Kutsche, die von einem Lebensmitteleinkauf aus Rubreth zurückkehrte. Sie zog sich ihren Mantel etwas fester um die Schultern und zählte kurz nach. "Quanion, ich hatte dir doch aufgetragen acht Säcke Kartoffeln zu kaufen. Warum bringst du nur sechs mit zurück?"

"Es tut mir sehr leid, Hochwürden. Aber das Geld, was ihr mit mitgegeben habt, hat nur für sechs Säcke gereicht. Da werden wir wohl rationieren müssen." Der junge Klosterbruder machte ein zerknirschtes Gesicht, und begann die Säcke vom Karren in die Vorratskammer zu schaffen.

Alrike von Sommerheide seufzte schwer. Die Mittel des Klosters waren seit jeher knapp bemessen, und da in letzter Zeit hier auch kaum noch Zehnt an die Praioskirche ging, war die Lage noch prekärer geworden. Und auch ihre Anfrage um Unterstützung nach Gareth war bislang nicht beantwortet worden.

Sie ging in ihre Schreibstube und begann, die Ausgaben für die nächsten Wochen zu planen, und sinnierte über Essenskürzungen für die 15 Klösterbrüder und die etwa zwei Dutzend Bediensteten. Dabei murmelte sie leise vor sich hin.

"Probleme?" erklang da eine vertraute Stimme.

Als sie aufsah, erblickte sie einen großgewachsenen Mann im Türrahmen. Er war etwas älter als sie, aber sehr sympathisch.

"Silvano! Welch Überraschung", sagte sie erfreut.

"Praios zum Gruße, und willkommen in Sonnenau." Sie packte die Unterlagen zur Seite.

"Bitte setz dich doch zu mir", bat sie ihn.

Das ließ sich der große Mann nicht zweimal sagen.

"Was führt dich hierher?"

"Die reine Sehnsucht nach deiner Gesellschaft... würdest du mir wohl kaum abkaufen", ergänzte er noch augenzwinkernd und vermied so eine kleine Lüge.

"Ich bin auf der Suche nach einer neuen Stellung. Das heißt, nachdem ich auf Pfalz Randersburg von einer jüngeren Glaubensschwester ersetzt wurde, warte ich auf eine neue Order aus Gareth. Und da dachte ich mir, dass ihr hier in Sonnenau jetzt im späten Herbst noch etwas Hilfe gebrauchen könntet."

Alrike senkte kurz den Blick.

"Nicht? Also ich kann auch weiterreisen, noch liegt ja kein Schnee und..."

"Nein, Silvano, bitte... du mißverstehst mich. Ich habe dich schon gerne hier. Sehr gerne sogar. Aber... die letzte Ernte war sehr schlecht, und uns stehen momentan nur sehr wenige Mittel zur Verfügung. Ich weiß nicht, ob wir noch einen Gast über den Winter verköstigen können."

Silvano lächelte. "Ach, das lass mal meine Sorge sein. Ich kann mich schon selbst versorgen. Hab noch genügend Mittel aus Randersburg dabei. Aber... ich könnte dir ja helfen, deine Kasse aufzubessern. Bekommst du denn auch regelmäßig den Kirchenzeht ausbezahlt? Und was ist mit Spenden und Zuwendungen?"

Alrike schüttelte den Kopf. "Also von den Dörfern der Umgebung wird nur noch sehr wenig Tempelzehnt bezahlt. Ab und zu kommt mal etwas aus Rubreth, doch das meiste geht an die Tempel in der Stadt. Und Spenden gibt es höchstens mal am St. Praiwards Tag."

"Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein. Wer ist denn der hiesige Junker?"

"Dies ist eine Landedlenherrschaft. D.h. die Edle Selinde Rondira von Cronenfurt ist vom Grafen damit belehnt worden für ihre langjährigen Dienste am Grafenhof, nachdem ihr Vorgänger, dein Onkel Orbert, im blutigen Jahr gefallen war. Doch hat sie sich seit dem erst einmal hier blicken lassen, um sich kurz vorzustellen. Danach ist sie weitergereist in die Kaisermark, weil sie nun als Heroldin und Zeremonienmeisterin am Großfürstenhof tätig ist. An uns hier verschwendet sie keinen Gedanken mehr."

Silvano hatte gut zugehört. Er konnte sich schon denken, dass hier einiges im Argen lag. "Wer ist denn ihr Vogt?"

"Sie hat keinen. Das ist es ja. Niemand kümmert sich so wirklich um die Verwaltung des Gutes. Und überall ist das Geld knapp, ich weiß nicht einmal, ob wir es über den Winter schaffen werden."

Sie konnte ein paar Tränen nicht mehr zurückhalten. Silvano nahm sie tröstend in den Arm, legte ihren Kopf an seine Brust und streichelte ihr sanft über den Rücken.

"Ich werde dir helfen. Ich bin sicher, dass wir eine Lösung finden können. Nur etwas Geduld."