Geschichten:Bärenau bei Nacht - Ein lohnendes Opfer

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Die Stadt Bärenau erstrahlte im warmen Licht des frühen Abends. Die engen Gassen pulsieren vor geschäftigem Treiben, Händler priesen ihre Waren an, und die Geräusche der Stadt verschmolzen zu einem lebendigen Klangteppich. Zwei Gestalten, ein junger Bursche und ein entschlossener Mann, bewegten sich unauffällig durch das Getümmel.

„Du bist bereit, deine ersten Prüfungen im Namen des Fuchsgottes zu bestehen,“ ermutigte Drego den jungen Welf bei seinem Vorhaben. Gemeinsam spähten sie die Bürger aus, immer auf der Suche nach wohlhabenden Opfern, deren Reichtum ihnen den nächsten Tag erleichtern würde. Ihre Augen suchten die Menge ab, stets wachsam und auf der Hut.

Als sie die Straße entlang schlenderten, erblickten sie das prächtige Hotel Grafenrast, die nobelste Herberge der Stadt. „Dort drinnen werden wir fündig,“ frohlockte Welf. „Gleich hoch hinaus, junger Schüler?“ neckte der Phexgeweihte. Die Fenster glänzten im Licht der untergehenden Sonne, und die Geräusche von Gelächter und Gesprächen drangen nach draußen. Es war ein Ort, an dem nur die Reichen und Einflussreichen verkehrten.

Drego deutete mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung seines Kopfes auf das Hotel. Welf nickte und folgte ihm leise. Sie betraten das Hotel durch den Haupteingang, wo ein prächtiger Kronleuchter das Foyer in warmes Licht tauchte. Die Gäste schienen in angeregte Gespräche vertieft, und niemand schenkte den Neuankömmlingen besondere Beachtung.

Während sie durch die mit Teppichen ausgelegten Gänge schlichen, stießen sie auf eine halb geöffnete Tür. Durch den Spalt konnten sie einen jungen Mann in eleganter Kleidung sehen, der an einem massiven Schreibtisch saß. Dokumente und Bücher lagen verstreut um ihn herum, und er schien in tiefe Gedanken versunken.

„Das ist Bardomar Drakenstein,“ flüsterte Drego und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ein Historiker von großem Ruf und vermutlich ebenso großem Vermögen.“ Welfs Augen blitzten auf. „Er wird ein lohnendes Opfer sein,“ stimmte er zu.

Sie beobachteten den Historiker eine Weile, studierten seine Bewegungen und versuchten, ein Gefühl für seine Gewohnheiten zu bekommen. Bardomar Drakenstein war in seine Arbeit vertieft, und für Außenstehende schien es so, als ahnte er nicht, dass zwei Paar Augen ihn scharf im Blick hatten.

„Wir müssen vorsichtig vorgehen,“ sagte Drego leise. „Er ist wahrscheinlich nicht ohne Schutz. Aber wenn wir es richtig anstellen, könnte uns dies ein Vermögen einbringen.“ Welf nickte entschlossen. „Ich bin bereit. Wir warten, bis er eingeschlafen ist oder sein Zimmer verlassen hat.“

Die Nacht legte sich über Bärenau und verwandelte die Stadt in ein Meer aus Schatten. Für Welf und Drego begann nun das Spiel aus List und Gefahr. Das Hotel Grafenrast war ihr Jagdrevier, und Bardomar Drakenstein ihr ausgewähltes Ziel.