Geschichten:Von Sonnenau bis Luring

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Silvano war am morgen des 27. Hesinde von der St. Praiwards Abtei im Klostergut Sonnenau aufgebrochen. Die Äbtissin hatte sich von ihm verabschiedet mit den Worten: "Komm bitte bald wieder. Wir brauchen dich hier. Ich brauche dich." Der Blick, den sie ihm dabei zugeworfen hatte, sollte ihm noch lange im Gedächtnis bleiben, und lies seine Gedanken immer wieder kreisen. Konnte es eine gemeinsame Zukunft geben? Er wagte es kaum zu hoffen. Da es in der Nacht wieder geschneit hatte, kam er mit seinem Pferd zunächst nur sehr langsam vorwärts. Als er die Reichsstrasse 6 erreicht hatte und sich gen Westen wandte, wurde es etwas leichter, da dort auch schon einige Fuhrwerke vor ihm unterwegs waren und den Neuschnee schon geplättet hatten.

Am späten Nachmittag erreichte er den Markt Waldwiesen. Hier residierte die ehemalige Junkerin zu Schwollau Damiane von Mohnfeld mit ihrem Gemahl Eran in einem schlichten Anwesen. Sie war vor einiger Zeit aufgrund der Verfehlungen ihres Vaters zu einer einfachen Edlen herabgestuft worden. Daraus resultierte ein starker Vorbehalt gegen den Luringer Grafen, den sie für den Übeltäter hielt. Die Edle empfing den Lichtträger freundlich und bot ihm Speise und Unterkunft in ihrem kleinen Stadthaus. Ihre Kinder waren bereits aus dem Hause, besonders stolz berichtete sie, dass ihre Tochter Rumhilde vor Kurzem ein Noviziat im Rubrether Rondratempel begonnen hatte. "Ah, bei der Konkurrenz!" kommentierte es Silvano mit einem Augenzwinkern, was das Edlenpaar ein wenig Schmunzeln ließ.

Im weiteren Gesprächsverlauf gewann Silvano den Eindruck, dass Damiane weniger Groll hegte, weil sie nun keine Junkerin mehr war - das schien ihr weitgehend egal zu sein. Viel mehr verärgerte sie, dass sie für etwas bestraft worden war, was nicht sie sondern ihr Vater zu verantworten hatte. Sie verachtete dieses Sippenhaft-Gebaren, welches im Adel häufig anzutreffen war, und Silvano konnte dies gut nachvollziehen.

Gegen die neue Junkerin Aurora von Luring-Schneitzig hegte sie keinerlei Groll, und strebte auch nicht danach, ihr das Junkertum wieder streitig zu machen. Sie hatte ebenso wie ihre Mutter damals, aufopferungsvoll für das Reich gekämpft, und das Luringer Familienschwert Güldenbeiß nach Graf Danos Tod aus Mendena wieder zurück in die Heimat gebracht. Dafür war sie schließlich mit dem Junkertum belehnt worden. Und das völlig verdient, wie Damiane fand.

So verbrachte man noch einen gemütlichen Abend am Kaminfeuer mit Wein und Met. Am nächsten Tag verabschiedete Silvano sich wieder von den Mohnfelds und reiste weiter gen Westen.

Am frühen Nachmittag erreichte er dann die Stadt Luring, wo er ebenfalls Station machen wollte, da die Grafenstadt in etwa auf halbem Weg nach Baringen lag. Er ritt schnurstacks zum hiesigen St. Quelbans Tempel, sicherlich einer der bekanntesten Tempel der Grafschaft Reichsforst, der nach dem Heiligen Sankt Quelban, einem Luringer Lokalheiligen aus den Magierkriegen benannt war, der für die Abwehr schändlicher Magie bekannt war. Der uralte Lichthüter Sharban von Greifenstolz, war schon seit einiger Zeit nicht mehr in der Lage noch Besucher zu empfangen. Also bat Silvano um eine Unterredung mit seinem Stellverteter Raulbrin vom Eberstamm, dem Bruder der Ochsenbluter Burggräfin Alara vom Eberstamm. Der recht füllige und lebensfrohe Geweihte freute sich sehr über den unerwarteten Besuch seines Glaubensbruders, und lud ihn direkt in sein Stammlokal Grafenglück ein, wo das Essen wirklich vorzüglich war.

Auf den Grafen angesprochen verfinsterte sich seine Miene allerdings etwas. Silvano bemerkte gleich, dass dem Geweihten dieses Thema etwas Unbehagen bereitete. Nach seiner Ansicht war der Graf von falschen Freunden umgeben, die sein Vertrauen erschlichen hatten. "Unter Danos wäre so etwas nicht passiert!" polterte der Eberstammer, der in etwa im gleichen Alter war wie Silvano selbst. "Der hätte dieses Pack über die Rakula gejagt, darauf mein Wort!" Das letzte sprach er allerdings ein wenig leiser aus - konnte man doch nicht wissen, wer ihnen alles zuhörte.

Nicht ganz zu unrecht, denn nach einer Weile erhob sich vom Schanktresen eine junge Dame, und eilte zurück zur Grafenresidenz. Sie hatte Neuigkeiten erfahren, die sie unbedingt weitergeben wollte.