Geschichten:Horasier in Garetien – Die Entlassung des Pagen

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Markt Ginsterfeld, 6. Ingerimm 1046 BF:

Hätte er nicht eine Art Verwarnung oder so etwas verdient? Denn schließlich sollte er für sechs Jahre als Page beim Comto dienen und lernen. So war es doch damals vereinbart worden, oder nicht? Rafims Blick war inzwischen leicht verzweifelt, doch bevor Erlan etwas beschwichtigendes sagen konnte, fragte Rafim: „Aber wieso? Was habe ich mir zu Schulden kommen lassen?“

In dem Moment verstand Erlan die Aufregung seines Gegenübers und er fing sofort an zu beschwichtigen: „Zu Schulden kommen lassen? Nichts! Eher im Gegenteil… wobei: das Du unlängst die Strecke von Unterfels nach Burg Irendor schneller geritten bist, als ich, dass hat mich schon ein wenig in meiner Ehre getroffen. Ich dachte bisher, ich wäre immer noch der schnellste Reiter im Yaquirbruch. Aber um es sofort klar zu machen: Du hast Deine Ausbildung mit Bravour bestanden! Ich bin ehrlich, anfangs hätte ich damit nicht so gerechnet. Das am zweiten Tag mit Deiner angeblich von mir angeordneten Rückreise kam ja nicht nur einmal vor. Aber ich… wir …sind zu der Überzeugung gekommen, dass Du Dich gemacht hast! Du kannst vermutlich inzwischen die höfische Etikette des Horasreiches besser, als es der eine oder die andere auf Burg Irendor jemals können werden. Du bist der Page, der ohne Aufforderung weiß, welcher Wein zu welchem Gericht zu reichen ist. Beim Reiten macht Dir kaum einer was vor, also höchstens in guten Tagen noch der Baron des Yaquirbruchs…“ - bei den letzten gesagten Worten schmunzelte Erlan - „…und Rondras Werk liegt Dir auch. […]“

Erlan beschrieb noch in weiteren Worten, warum sich Rafim als Page auszeichnet, bis dann Rafim selber wieder zu Wort kam: „Aber sollte ich nicht für sechs Jahre Euer Page sein?“

Erlan lachte kurz auf und fragte Rafim: „Das war vielleicht vereinbart. Aber was soll ich Dir als Pagen noch beibringen? Du hast in dieser Zeit mehr gelernt und geleistet als manch andere in einer längeren Zeit nicht schaffen. Ja, es war am Anfang vielleicht etwas schwierig, Dir die Flausen aus den Kopf zu treiben, aber spätestens nachdem Du Dich um ‚Donnerruf‘ kümmern konntest, warst Du ja auch für uns wieder .. Wie soll ich es jetzt ausdrücken? Hmm… ich glaube seitdem waren die Wochen, wo wir mindestens einmal wegen Deiner Eskapaden fast fluchen mussten, geringer bis gar nicht mehr vorhanden.“

Damit sprach der Comto das Pferd an, welches er für seinen Pagen vorgesehen hatte, und um das sich Rafim stets gut gekümmert hatte und welches im Laufe der Zeit quasi zu seinem eigenen Pferd wurde, was nur er ritt. Ein ungeheures Privileg, so ein quasi eigenes Pferd, welches sonst eigentlich nur der Familie des Comtos und einigen sehr hochrangigen Untertanen zustand. Aber keinem Pagen.

Damit hatte der Comto ein wahres Wort gesprochen, denn während Rafim anfangs immer noch etwas unstet, nicht immer ganz verlässlich und insgesamt eher wie ein Wirbelwind denn wie ein verlässlicher Page auftrat, hatte sich das ganze mit ‚Donnerruf‘ geändert. Übrigens, das Pferd, mit dem Rafim schneller war als der Comto - aber das sprach Rafim jetzt lieber mal nicht aus.