Geschichten:Abschliessende Beratungen

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Am Morgen des 21. Tsa begann man den Tag mit einem guten gemeinsamen Frühstück. Auch hier ließ sich Irnfrede nicht lumpen und tischte reichlich auf. Man war trotz einiger beschwerlicher Diskussionen in guter Stimmung, hatte man doch am gestrigen Tag schon einige wichtige Ergebnisse erzielen und Beschlüsse fassen können. Auch Perrica von Alxertis wirkte beinahe ausgeschlafen und recht gut gelaunt, jedoch war sie immer noch etwas außen vor und ruhiger. Vor allem wegen der gestrigen Diskussionen, aber auch weil sie danach noch einige Fälle berabreitet hatte. Auch Felian wirkte deutlich entspannter als am gestrigen Tage, hatte er doch eine äußerst rahjagefällige Nacht mit der attraktiven Junkerin Tsaiane verbracht. Nachdem man sich gestärkt hatte, sollte es dann in der bekannten Runde weiter gehen.

"Nun denn", begann Ardo, "heute müssen wir uns noch um die Neuaufnahmen und Ausschlüsse kümmern. Etwas, was wir auf der Ordensversammlung zu Auenwacht aus Zeitgründen nicht in Gänze abschließen konnten. Zunächst mal noch die formale Bestätigung für die drei nachträglich noch aufgenommenen Ordensmitglieder Roban von Weyringhaus, Praiosmar von Hinn und Ugdalf vom Berg. Zu jedem der drei liegen mir schriftlich wenigstens acht Fürsprecher-Stimmen vor." Ardo holte drei Pergamente hervor, auf denen die Stimmen mehrerer Ordensmitglieder aufgeführt waren.

Damit wäre den Aufnahmekriterien genüge getan. Oder spricht noch etwas gegen eine Aufnahme dieser drei neuen Mitglieder?"

Die anderen schütelten mit dem Kopf.

"Dann stelle ich fest, dass die drei genannten nun auch offiziell Mitglieder des Ordens zu Korgond sind. Perrica von Alxertis, schicke ihnen bitte förmlich ihre Aufnahmebestätigungen zu." Die Angesprochene nickte knapp und notierte es.

"Nun liegen mir auch noch Anträge zum Ausschluss oder gar Streichung einiger Ordensmitglieder vor. Die meisten davon von dir, Nimmgalf. Möchtest du das kurz erläutern?"

Der Angesprochene räusperte sich. "Sehr gerne. Der Orden dient nun bekanntermaßen dem Land und der Krone, und sollte sich dieser auch aufs höchste verpflichtet fühlen. Daher können wir keine Mitglieder in den Reihen des Ordens dulden, die sich geegnüber der Krone schuldig gemacht haben. Als erstes möchte ich den ehemaligen Baron von Haselhain nennen: Selo von Pfiffenstock. Er wurde im letzten Götterlauf vom Meilersgrunder Krongericht für schuldig befunden, und aufgrund seines Verrates an der Krone und der Unterstützung des selbstproklamierten Großfürsten für 12 Götterläufe in die Verbannung geschickt. Eine solche Person ist völlig untragbar für den Orden, daher sollte er schleunigst ausgeschlossen werden. Die erforderlichen 16 Stimmen konnte ich leider auf Auenwacht noch nicht zusammentragen, aber ich bin mir fast sicher, dass das beim Gockel nicht schwer werden wird."

"Gut. Gibt es dazu noch eine Gegenrede?" Ardo sah sich in der Runde um, kurz bevor er fortfahren konnte, hob Perrica zaghaft die Hand, Ardo schnaufte sanft aus. "Ja?"

Alle blickten auf die Perricumer Seneschallin, die sich erneut anschickte unangenehm aufzufallen und die Einträchtigkeit der Versammlung zu stören. "Nun ordentlich können Ausschlüsse nur durch 16 Stimmen durchgeführt werden. Die dünne Sachlage der Statuten sagt dabei weder ob dazu ein ordentliches Treffen, evtl. gemäß vier Jahres Rhythmus, notwenig ist oder nicht. Obendrein tue ich mich schwer einen schwereren Entschluss zu fassen als das ehrwürdige Krongericht, einer der höchsten juristischen Instanzen Garetiens, dem auch die Königin und nun der Großfürst vertrauen und dem mindest ein Mitglied dieses Kapitels beisaß. Dieses Krongericht stellte eine Schuldigkeit und eine Verbannung auf Zeit fest, eine Schuld, die also nach Ende der Verbannung als abgegolten gilt. Mir ist bewusst, dass das Ordensrecht nicht an das Krongericht gebunden ist, aber dennoch wage ich es als Gelehrte des Rechts vor Praios und Hesinde nicht mein Urteil schärfer zu sprechen, als diese hochwürdige Institution. Eine Bannung aus dem Orden auf Zeit würde hier ebenfalls eher entsprechen. Mal ganz abgesehen davon, dass der 16 Stimmen nicht genüge getan sind. Außerdem steht, meines Erachtens nach, eine ordentliche Entscheidung darüber aus, ob es tatsächlich eines gewissen Turnus von ordentlichen Zusammenküften bedarf, bei denen über etwaige Entscheidungen abgestimmt werden kann. So eine Entscheidung kann nach meinem Rechtsverstand nur bei einem ordentlichen Gesamttreffen getroffen werden, welche aufgrund des offensichtlichen Widerspruchs darin auch eine außerordentliche Zusammenkunft sein kann."

Man sah das einige in der Runde äußerst ungehalten waren über Perricas erneuten Widerspruch, doch bevor sich der Unmut darüber entladen konnte ergriff Korhilda das Wort: "Meine Freunde, wir sind doch hier kein Gericht, keine Paragraphenreiter. Wir sind ein Orden - die Gemeinschaft des Ordens vom Heiligen Altar zu Korgond. Wir folgen uralten Traditionen und so würde ich hier ein Urteil des Landes über die entsprechende Person vorziehen. Ich selbst biete mich an zu Selo von Pfiffenstock zu reisen und ihm eine korgondgefällige Queste anzuempfehlen. Gerne werde ich ihn dabei begleiten und seine Tugendhaftigkeit bezeugen - oder auch nicht. Lasst das Land entscheiden, ob es ihn noch für würdig erachtet."

Nimmgalf hatte schon zu einer heftigen Entgegnung angesetzt, ließ sich aber durch Korhildas rasch vorgetragenen Vorschlag wieder ein wenig beruhigen. "Ein Urteil des Landes? Eine korgondgefällige Queste?" Er musste kurz überlegen. "Na schön. Wenn Selo es schaffen sollte, diesen Blutschwester-Altar im Rashtulswall zu finden, dann - und nur dann - bin ich bereit von meinem Antrag abzulassen. Denn dann hat er sich wahrhaft um den Orden verdient gemacht! Sollte er aber versagen, so ist hier kein Platz mehr für ihn!"

"Mein lieber Nimmgalf, wenn wir das Land bitten möchten, dass das Land ihm eine Queste gewährt, wird auch das Land entscheiden, was es für richtig erachtet. Ich weiß, Du bist aufgebracht, aber vertraue dem Land und seinen Entscheidungen", war Korhilda bemüht die Wogen zu glätten. Perrica fühlte sich das erste Mal nicht mehr völlig unverstanden und atmete tief durch, etwas von der Schwere wich von ihr.

So dass ein Nicken aller Beteiligten den Vorschlag der Baronin zu Wasserburg mit zu beschied.

"Schön, aber die letztliche Entscheidung in wie weit die Queste im Sinne des Ordens als erfüllt gewertet wird, obliegt selbstverständlich uns!" Nimmgalf ließ keinen Zweifel daran, dass er das Kapitel damit meinte.

"Als nächstes hatte ich den Ausschluss von Alrik Herdan von Prailind gefordert. Er hatte seinen eigenen Tod vorgetäuscht und sich unter falscher Identität dem Reichsverräter Haffax angeschlossen. Er sitzt zur Zeit eingekerkert auf den Efferdstränen und wartet auf seine Aburteilung. Und das schon seit Jahren."

"Konntest du auch für ihn die erforderlichen Stimmen für den Ausschluss zusammenbringen?" fragte Korhilda. Das musste Nimmgalf allerdings ernuet verneinen. "Die meisten Ordensbrüder und -schwestern wollten noch abwarten, bis ein Urteil gefällt wurde, und seine Schuld zweifelsfrei feststeht."

"Dann schlage ich vor, dass wir damit auch noch so lange warten sollten", warf Felian ein. "Perrica, könntest du eventuell den Prozess über Prailind vorziehen oder beschleunigen? Da er ja in Perricum einsitzt wird er doch auch dort verurteilt werden, oder?" fragte Felian

"Nein, tatsächlich sind die Efferdstränen ein Reichsgefängnis mit Reichstatus, Prailind hat außerdem seine Verbrechen nicht in Perricum begangen soweit wir wissen. Ich bin nur Seneschalling, aber auch als Landrichterin der Markgrafschaft, läge weit außerhalb meines Einflussbereichs. Das muss vor ein Reichsgericht gehen. Außerdem...", alle begannen leicht mit den Augen zu rollen. "...außerdem, gilt hier Gleiches wie beim Pfiffenstock, die Formalia müssen oder sollten erfüllt bzw. diskutiert und beschlossen sein. Wenn gleich in diesem Fall eine schärfere Strafe zu erwarten ist durch das Reichsgericht, auch wenn Prailind öffentliche Reue gezeigt hat, so hat er doch mit einem Dämonenpaktierer und Erzverräter gemeinsame Sache gemacht."

"Gut, dann sollten wir diesen Punkt vertagen, bis ein Urteil über Alrik Herdan von Prailind gesprochen wurde", schloss Ardo. Alle waren einverstanden, auch wenn Perrica eine längere Vertagung erwartete.

Kommen wir zu einem unschönen Punkt, den Ausschluss des Malepartus von Helburg. Die Forderung, dass sein Name aufgrund seiner Frevel wider die Zwölfe aus den Ordenschroniken gestrichen wird, steht im Raum. Ich denke, ein jeder hier weiß, was der Genannte sich hat zuschulden kommen lassen, ich möchte diese Gräuel hier nicht wiederholen. Spricht etwas dagegen, dass wir ihn ausschließen? Auch hier kam ein Räuspern aus der Ecke der Alxertiserin, wenn diesmal auch kaum hörbar. "Die Formalia erwähnte ich ja bereits. Auch wenn es mir schwer fällt in diesem Fall darauf zu pochen, da hier außer Frage steht, dass wir es mit einem zigfach verfluchten Individum zu tun haben. Dennoch, wer seine eigenen Regeln und Moral verletzt, um solche ohne jede jegliche Regel und Moral abzurteilen, der sollte Vorsicht walten lassen. Ich bin mir sicher, dass wir für die Tilgung des Höllenwallers mit Sicherheit mehr als die benötigten Stimmen zusammen bekommen, inklusiver meiner, aber ich bitte darum dies ordentlich zu tun."

Korhilda räusperte sich. "Perrica so ganz kann ich dem nicht beipflichten. Wir schließen Malepartus nicht aus dem Orden aus, durch Tod hat er es bereits selbst getan. Hier geht es um das Auslöschen aus der Chronik. Da er götterlästerlich den Zwölfen gefrevelt hat, kann es darauf nur eine Antwort geben. Und ich setze hier die Zustimmung aller göttergläubigen Edelleute voraus. Hier darf es bei den Zwölfen keine zwei Meinungen geben. Daher übertreten wir in diesem speziellen Fall auch nicht unsere Kompetenzen."

Perrica bemerkte, dass sie vielleicht aus Reflex, der ganzen Gegenreden wegen, in diesem Punkt etwas zu weit gegangen war: "Nun gut, in diesem speziellen Fall gebe ich dir Recht, Korhilda, der 'juristischen' Absicherung wegen schlage ich allerdings vor eine entsprechende Bekanntmachung unter den Mitgliedern zu veröffentlichen dadurch zu ergänzen das dem im Sinne des 'Gleichstellungsprinzips' des Ordens innerhalb von 4 Monden widersprochen werden kann, unter Angabe von entlastetenden Gründen natürlich. Dies wird niemand tun, aber wir haben grundlegend nicht unseren Prinzipien widersprochen. Dies sollte aber nur für diesen speziellen Fall gelten, alles weitere sollte ordentlich behandelt werden, damit wir uns das Vertrauen unserer Mitvertrauten auch erhalten, die uns immerhin zum Kapitel gewählt haben, auf Zeit."

Niemand widersprach. "Dann werden wir ihn also auch aus den Chroniken tilgen und von mir aus auch so ein Widerspruchspalaver einbauen." Ardo war sichtlich genervt.

Er sah daraufhin Nimmgalf an: "Übrigens, die verbliebenen Pulethaner im Orden, namentlich Yendor Falkwin Limpurg von Gallstein und Chaliba von Brendiltal haben sich, laut einem Schreibens des Gallsteiners, inzwischen schriftlich von den Taten ihres ehemaligen Bundesbruders Malepartus distanziert. Es besteht also keinen Grund auch deren Mitgliedschaften einer Prüfung zu unterziehen."

Nimmgalf nahm dies zu Kenntnis, sagte aber nichts dazu.

"Gut. Damit haben wir auch den Punkt der Ordensausschlüsse erledigt. Bleibt nur noch einen Termin für die nächste Ordensversammlung festzulegen. Was haltet ihr davon, wenn wir uns im kommenden Götterlauf wieder im Travia treffen?"

Auch hier, wenn auch müde davon die Spielverderberin zu sein, hakte die Perricumer Seneschallin ein: "Zu außerordentlichen und ordentlichen Zusammenkünften habe ich mich ja bereits geäußert. Dies steht, aus meiner Sicht noch zur Diskussion bei der nächsten ordentlichen Gesammtversammlung, die auch eine außerordentliche sein kann. Einem nächsten Treffen unsererseits am 30. Travia nächsten Jahres steht aus meiner Sicht nichts entgegen. Ich möchte euch meine Mitherzen dennoch anhalten, dass wir uns bis dahin über folgende Sachlagen Gedanken machen, weil sie essentiell für den Orden sein könnten. Ad Primum: Etwa steht in der Gründungsschrift des Ordens und dem Ordens-Beinamen geschrieben, dass wir als 'Vertraute der Krone' samt Menzelsband, diesen dienen, auf sie Schwur leisten und uns unter dessen Siegel treffen. Was aber wenn, wie jetzt, diese Krone ruht und durch den Nardesreif vertreten wird? Eine gewichtige Frage. Ebenso gewichtig - wie genau können, wollen und werden wir uns dieses Vertauen der Krone, bzw. des Reifes, überhaupt verdienen und wie die dienen wir der Krone bzw. dem Reif? Ad Secundum: Der Altar von Korgond ward gefunden und wieder verhehlt, ebenfalls im Gründungsschreiben steht jedoch, dass das Auffinden des Altars höchste Aufgabe des Ordens ist, was bedeutet das für die Zeit nach der Auffindung? Gibt es andere, weitere Altäre? Kann der Orden selber welche bauen/ergründen? Und da der Orden Krone, Land und Göttern zu gleich dient, wie könnten solche aussehen? Und ad Teritum: Das Prinzip der oder des Gleichen unter Gleichen findet sich sowohl in den Statuten als auch im den Statuten vorangestellten Gründungsschreiben wieder, was bedeutet diese Geschwisterlichkeit für den Orden, seine Mitglieder und etwaige Aufnahmen und Ausschlüsse?" Perrica schloß damit nun endgültig und sah hinüber zu Ardo und bat ihn ein paar letzte Worte zu sprechen, dafür entwickelte sie Ogerstark und legte es behutsam mit der Spitze zur Tischmitte.

Ardo atmete ruhig durch. Er musste sich schwer beherrschen um aufgrund des neueren langen Vortrags der Perricumerin nicht die Fassung zu verlieren und auf den Tisch zu hauen. Und anscheinend ging es Nimmgalf und Felian ähnlich.

"Meine Mitherzen, wir haben bei diesem Treffen schon vieles erreicht. Es wurden die organisatorischen Aufgaben zugewiesen, womit die gewählte Ordensführung wieder arbeitsfähig sein sollte. Ich bin sehr zuversichtlich, dass ein jeder seine Aufgaben gewissenhaft erfüllen wird.

Des Weiteren haben wir etwas Klarheit gewonnen über unser wichtiges Ordensziel, mehr über die Träger der Acht Schwerter zu erfahren, auch wenn wir hier noch einiges aufarbeiten müssen, und bezüglich der Bewertung der einzelnen Träger noch kein Konsens herrscht.

Sowohl bei Neuaufnahmen als auch bei Ausschlüssen muss auch bei einer ausreichenden Anzahl an Stimmen immer das Ordenskapitel das letzte Wort haben, um Missbrauch zu vermeiden und damit der Orden von aussen nicht unterwandert werden kann. Das ist meine Meinung und davon weiche ich auch nicht ab. Das nächste Ordenstreffen - wir unterscheiden hier nicht mehr zwischen ordentlich/ausserordentlich, denn das verwirrt nur - findet dann im Travia des nächsten Götterlaufes statt, wobei der Ort noch festzulegen ist."

Die anderen stimmten zu, auch wenn sich der ein oder andere noch weitreichendere Beschlüsse gewünscht hätte. Aber es würde ja künftig noch weitere Treffen geben.

Damit endeten dann auch die offiziellen Beratschlagungen der Herzen von Korgond auf Burg Erlenstamm.