Geschichten:Der uralte Bund - Lange Schatten

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Pfalz Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF

Ritter von Runkel, der überführte Ketzer, war an beiden Armen mit dicken Eisenketten gefesselt und ein Knebel verhinderte, dass er abermals irgendwelche Dummheiten mit seinem Mund veranstaltete. So hergerichtet, kniete er auf dem kalten und feuchten Zellenboden, die Arme von sich gestreckt und den Blick zur Tür gerichtet.
Wenn Blicke töten könnten, so würde ein jeder, der durch die Zellentür schritt, auf der Stelle tot umfallen. Der Hass des Ritters kannte keine Grenzen und er blickte mit grimmiger Sehnsucht seinem Prozess und der sicherlich darauffolgenden Hinrichtung entgegen. Was dieses Geschmeiß auch veranstaltete, er würde es grimmig für seinen HERRN ertragen!

Langsam schob sich ein Riegel zurück und die schwere Zellentür schwang schwerfällig auf. Der Ritter erwartete das weiße Ornat der Praiospfaffen, unter deren Tempel er in dieses Loch verbracht wurde. Doch zu seiner Überraschung schritt eine Gestalt herein, die sich in dunklen weiten Gewändern gekleidet und die Kapuze tief in ihr Gesicht gezogen hatte. Der Greifenfurter wollte seiner Verwunderung mit einem Ausspruch Gestalt verleihen, doch die ab-gebissene Zunge sowie der Knebel machten seine Bemühungen zunichte. Als die Gestalt dann die Tür geschlossen und die Kapuze zurückgezogen hatte begann der Ketzer jedoch belustigt zu grunzen. Er erkannte den unscheinbaren blonden Höfling, den er im Rondratempel zusammengeschlagen hatte. Was wollte der denn nun von ihm? Weitere Antworten würde keiner mehr von ihm bekommen, egal welcher Methoden sie sich bedienen würden!

„Ah, ich sehe, Ihr erkennt mich. Schön, das tut nicht jeder.“, er stutzte kurz und ein warmes Lächeln huschte über die Mundwinkel des Perricumers. „Unsere gemeinsame Vergangenheit wird Eurem Gedächtnis sicherlich geholfen haben… Naja, wie auch immer“. Die halbe Portion machte einen Schritt auf den Ritter zu, welcher sich nun in seinen Ketten dem Blonden entgegenwarf und wie ein wildes Tier versuchte, sich hin und her zu werfen.

Zur Überraschung des Hünen blieb sein Besucher jedoch ruhig und unbeeindruckt stehen. Da war keine Regung von Furcht oder Angst bei ihm zu sehen, ganz anders als noch im Tempel. Langsam schüttelte Salix seinen Kopf, „Na na, wer wird sich da denn so aufspielen wollen? Ihr seid Dreck, ein Splitter im eitrigen Fleisch des Landes, der gezogen werden muss. Man sollte erkennen, wenn man verloren hat.“ Ein Anflug von Geringschätzung sah man im Gesicht des Zackenländers aufsteigen. „Wisst Ihr, Euer Temperament steht Euch genauso im Wege, wie es eurer Partnerin im Wege stand“. Salix schmunzelte kurz, „Pech für Euch, Glück für mich. So war es sehr vorhersehbar, dass sie versuchen wird, mir ihr Schwert in den Rücken zu rammen, wenn ich vor ihr stolpern und zu Boden gehen würde…“. Der blonde Adlige zwinkerte seinem Gegenüber zu.
Dann blickte er sich in der Zelle um. Neben dem Gefangenen und seinen Ketten befand sich nichts weiteres im Raum. Schließlich nickte er zufrieden und schritt um den Greifenfurter, der versuchte, ihn im Blick zu behalten, herum.
Doch spätestens, als Salix unter den Ketten hindurchhuschte, konnte der Blick des Ritters ihm nicht mehr folgen. Nicht mal seine Schritte konnte er hören, doch er spürte die Präsenz des Adligen in seinem Rücken. Dann hörte er ein Ploppen, als hätte jemand einen Korken von einem Gefäß gezogen und ohne Vorwarnung schloss sich ein Arm um den Hals des Ritters von Runkel und zog sich zusammen. Er versuchte, sich durch hin- und herwerfen aus dem Griff des Perricumers zu lösen, doch dank seiner eigenen Fesseln und einer Kraft, die er der halben Portion gar nicht zugestanden hätte, waren alle Versuche zum Scheitern verurteilt. Schließlich wurde ihm schwarz vor Augen und er verlor das Bewusstsein.
Salix richtete sich auf, zog eine Nadel aus einer Tasche und stach damit dem gefangenen Ketzer in das Ohrläppchen, um ganz sicher zu sein, dass dieser sich nicht nur bewusstlos stellte. Als dieser keinen Ton und keine Regung von sich gab, beugte Salix den Mann nach vorne, lockerte dessen Knebel, pfriemelte die Unterlippe zwischen die Kiefer des Mannes und drückte so fest zu, dass der Greifenfurter sich selbst die Unterlippe abbiss. Während das Unterlippenstück zu Boden fiel, als der Kiefer des Mannes nicht mehr zusammengedrückt wurde, zog der blonde Adlige einen Zettel aus einer seiner Taschen hervor und las sich die Notizen durch. Schließlich nickte er zufrieden, warf den Knebel vor die Knie des Ketzers und drückte dessen Kopf und Oberkörper so weit zurück, bis er in den Ketten hängen blieb.
Mit etwas Ekel hob er die Unterlippe des Ketzers auf, öffnete dessen Mund und steckte sie tief in dessen Hals hinein. Er musste ein bisschen herumhantieren, doch schließlich schaffte er es, die Unterlippe in die Luftröhre des Greifenfurters zu platzieren, wo sie diesem nun die Luft abschneiden würde.
Salix machte einen Schritt zurück und begutachtete sein Werk. Dem Greifenfurter floss ein Rinnsal aus Blut über das Gesicht und in seine Nase hinein, vor ihm lag der Knebel, der solcherlei Dinge hätte verhindern sollen. „Tja, da hat wohl jemand den Knebel nicht richtig festgezurrt. Zu schade aber auch…‘‘, schoss es ihm durch den Kopf, als er seine Kapuze aufzog und auf demselben Weg verschwand, wie er gekommen war.