Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Duell an der Katter

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Quelle der Katter, Mitte Firun 1037 BF

Er hatte tatsächlich noch mehr Familienmitglieder herangeführt. Sein Vetter war allein gekommen, dessen Sohn fehlte auffällig, dafür war sein Neffe anwesend. Ob sie gekommen waren, um ihn scheitern zu sehen oder zur Unterstützung, vermochte Haldora von Schwingenfels nicht zu sagen. Sie standen allesamt den Schwingenfelsern am Rande der Senke gegenüber.

Der alte Junker zu Poppelhoven trat hervor in die Senke. Ihm folgte Borstefred. Hadrumir schaute in die Reihen seiner Leute und trat ebenfalls in die Senke. „Wir alle wissen, warum ihr Beiden hier seid?“ begann Bolter von Katterquell. „Seid Ihr bereit?“

Haldora konnte sehen, wie sich Hadrumir zu ihr und Oderik herumblickte. Haldora spannte sich an. „Bevor wir beginnen, mache ich von meinem Recht Gebrauch, einen Stellvertreter für diesen Kampf zu benennen!“ sprach Hadrumir mit lauter Stimme.

„Was soll denn das für ein Blödsinn sein?“ polterte Bostefred los. „Traust Du Dich nicht, selbst für Dich einzutreten?“

Haldora sah Hadrumirs Lächeln. „Doch! Aber wir sind der Meinung, dass es jemanden gibt, der diesen Anspruch besser vertreten kann!“

„Und wer soll das sein?“ polterte Borstefred weiter. Hadrumir drehte sich nur um. Haldora trat hervor. „Sie?“ schrie Borstefred! „Ich kämpfe doch nicht gegen eine Schwangere!“ Nur zu gerne hätte sie selbst diesen Kampf aufgenommen, doch in ihrem Zustand konnte sie es nicht. Also, blieben nur ihr Gemahl oder ihr Bruder. Ihren Bruder hätte sie aber niemals dazu gebracht, hierher zu kommen und diesen Kampf aufzunehmen. Also löste sie nur ihren Schwertgürtel, trat auf Oderik zu und gürtete ihn mit Bodeberts Schwert. Borstefred stierte die beiden Eheleute an, als Haldora leise sprach: „Er wird mein Kämpfer sein!“

„Das können die doch nicht machen! Das ist gegen die Traditionen!“ polterte Borstefred nunmehr so laut, dass es im gesamten Wald zu hören sein musste. Leise räusperte sich Bolter von Katterquell. „Ich denke doch, dass sie dies dürfen.“ Borstefred fuhr wutschnaubend herum. „Was?“ „Dein Urgroßvater Ulfred hat dies bereits getan, als er sich gegen seinen Bruder zur Wehr gesetzt hat! Hadrumir kann einen Vertreter ernennen!“

Borstefred schaute sich gehetzt um. „Dann ernenne ich ebenfalls einen Vertreter!“ Bolter an seiner Seite blieb ruhig. „Das steht Dir frei, sofern Du einen findest!“ Borstefreds Blick ging zu seiner Verwandtschaft, doch keiner schien für ihn eintreten zu wollen. Borstefreds Augen funkelten zornig. „So ist das also!“ spie er aus. Leise fluchte er: „Illoyales Pack!“ Dann drehte sich zu Hadrumir herum. „Das Jüngelchen mache ich fertig!“

Hadrumir wandte sich zum Gehen und kam auf Haldora und Oderik zu. Er schaute Oderik tief in die Augen. „Er ist dort, wo wir ihn haben wollten. Du bist darauf vorbereitet. Halt Dich an unseren Plan und Du gewinnst den Kampf!“ sprach er ruhig auf Oderik ein. Haldora hauchte ihm noch einen Kuss auf die Wange und dann trat Oderik in die Senke.

Die beiden Kontrahenten belauerten sich in der Senke. Haldora hielt den Atem an. Oderik hielt sich tatsächlich an den Plan und begann das Duell mit schnellen Hieben. Borstefred reagierte routiniert und parierte die Schläge mit all seiner Erfahrung. Doch Oderik trieb ihn so auch vor sich her. Das würde Borstefred nicht lange aushalten und das war diesem wohl auch klar. Überraschend parierte er einen der Schläge Oderiks nicht mit dem Schwert, sondern ließ den Hieb an seiner Armschiene abgleiten. Haldora hatte ein solches Manöver schon einmal gesehen, doch war sie überrascht, dass es der Katterqueller anwendete.

Anscheinend hatte auch Oderik nicht damit gerechnet. Bostefreds Klinge fuhr ihm gefährlich über die linke Schulter und er sah sich plötzlich in die Defensive gedrängt. Borstefreds Hiebe galten nunmehr Oderiks Beinen. Jetzt war es Oderik, welcher langsam zurückwich. Mit einer Finte verschaffte er sich jedoch wieder mehr Raum. Es begann ein offener Schlagabtausch und der Kampf wogte hin und her. Beide Streiter ließen bisher nicht in ihrem Handeln nach. Haldora vermochte nicht zu sagen, wie viele Schläge die beiden Kontrahenten bereits ausgetauscht hatten.

Doch mochte dies eher gut für Oderik sein. Sein jüngeres Alter konnte ihm zum Vorteil gereichen, wenn sich der Kampf in die Länge zog. Haldora schaute trotzdem angespannt, denn das wusste auch der Katterqueller. Mit einem mächtigen Überkopfhieb deutete er einen Ausfall an, zog dann jedoch die Klinge quer durch. Oderik bekam so gerade noch seine Klinge zur Parade umgelenkt, doch nun hatte er seinerseits die Seite des Katterqueller offen. Tief fuhr seine Klinge in den linken Oberschenkel des Katterqueller. Haldora sah dessen schmerzverzerrtes Gesicht. Mit der Wunde würde er noch langsamer werden. Das musste doch jetzt für Oderik ein entscheidender Vorteil sein.

Haldora konnte sehen, wie Oderik jetzt die Oberhand über das Kampfgeschehen erlangte. Der Katterqueller reagierte fast nur noch. Es waren seine Instinkte, welche ihn im Kampf hielten. Haldora hatte die Hände zu Fäusten gebildet und sah, wie Oderik erneut einen Treffer setzte. Der Katterqueller hielt sich jetzt die Seite.

Und dann passierte es, was unausweichlich schien. Oderik hatte erneut eine Finte gesetzt und der Katterqueller geriet ins Straucheln. Oderiks Klinge fuhr ihm in die linke Schulter und er verlor das Gleichgewicht und stürzte. Einen Moment wirkte Oderik unschlüssig. Er schaute zu Hadrumir und ihr. Hadrumir nickte ihm anerkennend zu.

Oderik fragte tonlos: „Gebt Ihr auf, Katterquell?“ Borstefred spuckte ihm vor die Füße und lächelte ihn schief an. „Du wirst das hier schon zu Ende bringen müssen, Jüngelchen!“ Haldora hielt den Atem an, als sie sah, wie Oderik das Schwert zum Hieb hob. Im nächsten Moment hörte sie einen Schmerzensschrei durch die Senke fahren. Irgendwie hatte Borstefred sein Schwert zu packen gekriegt und ehe Oderik seinen Hieb setzen konnte, hatte ihn Borstefred in der Seite getroffen. Haldora schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen. Das war sehr viel Blut, was da an der Klinge Borstefreds tropfte und man sah, dass Oderik schwer getroffen taumelte.

Borstefred erhob sich langsam und schnaufend. Langsam kam er auf Oderik zu. Seinen ersten Hieb parierte Oderik, auch den zweiten wischte er beiseite. Haldora schöpfte Hoffnung, obwohl man sah, dass der Treffer Oderik schwer zugesetzt hatte. Er schaffte es auch, noch einen dritten und vierten Hieb Borstefreds abzuwehren. Sein Gegenstoß wirkte jedoch fahrig und nachlässig ausgeführt. Mit dem nächsten Angriff Borstefreds verlor Oderik endgültig die Orientierung. Seine Parade wirkte sehr schwach und der folgende Hieb traf ihn im linken Bein. Sein Schwert fiel zu Boden und Haldora sah ihn noch mehr taumeln.

Hämisch grinsend rammte Borstefred ihm seinen Knauf gegen die Schläfe und Oderik sackte zusammen wie ein nasser Sack. Tränen stiegen Haldora in die Augen. Irgendjemand war an sie herangetreten und hatte sie in den Arm genommen. Sie sah, wie Borstefred den schlaffen Körper Oderiks anstieß.

„Reicht Dir das jetzt?“ rief er herüber. „Ist jetzt klar, wem Lechmunde gehört?“

Hadrumir wollte etwas erwidern, doch Borstefred deutete mit dem Schwert auf Haldora. „Ich hab nicht Dich Verräter gefragt, sondern meine Schwägerin!“ rief er schief grinsend. Haldora realisierte im ersten Moment gar nicht, dass sie gemeint war. Sie schaute betreten zu Elgor Karstrand, dem Hauptmann der Orbetreuer Schwingen, welcher sie gestützt hatte und ihr jetzt zuflüsterte: „Er meint Euch, Wohlgeboren!“

Haldora straffte sich. Sie schaute in die Senke. Waren die Götter wirklich so grausam zu ihr? Tränen kamen ihr erneut in die Augen, als sie schließlich mit einem Nicken ihr Einverständnis signalisierte. Borstefred ließ das Schwert fallen. „Dann will ich dem Jüngelchen sein Leben schenken! Seht es als mein Geschenk zur anstehenden Geburt, Schwägerin!“ Er wandte sich zum Gehen, wobei er von Bolter gestützt werden musste.

Haldora sah, wie Hadrumir in die Senke sprang und sich über den gestürzten Oderik stellte. „Borstefred!“ rief er dem Katterqueller nach. „Was denn noch?“ missmutig drehte sich dieser um. „Ihr werdet sie anständig behandeln! Sie wird Briefe und Gäste empfangen dürfen! Und sie wird Briefe schreiben dürfen! Ich werde Dich beobachten! Wenn ich in Erfahrung bringe, dass es ihr schlecht ergeht, dann werde ich wiederkommen!“

Borstefred lächelte dreckig. „Hoffentlich hast Du dann den Mumm in den Knochen, es selbst zu Ende zu bringen!“