Geschichten:Praiosmin von Hohenfels – Eine Antwort aus Waldstein

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Hirschfurter Grafenpalas, Efferd 1044 BF:

„Ich hörte, der junge Albin ist nach Perricum zur Heerschau gereist?“ Landrichterin Yalagunde von Zweifelfels schaute stirnrunzelnd zu ihrem Adjutanten Leomir von Zweifelfels rüber. „Es erscheint mir etwas verwegen für einen gräflichen Kämmerer.“

„Ich denke es handelt sich um private Beweggründe, aber sicher bin ich mir nicht“, erwiderte der Angesprochene mit Achselzucken. „Weißt du mehr?“ Leomirs Blick richtete sich auf seinen Knappen Sibelian, der sich gerade – wie eigentlich immer – verträumt in einem kleinen Handspiegel bewunderte. Es gab wohl keinen in den Waldsteiner Landen, der selbstverliebter war als der junge Windfels – doch sollte man sich nicht täuschen lassen, denn sein Umgang mit Schwert war ebenso schön anzusehen wie das Spiegelbild des schönen Sibelian.

„Der Storchenhain?“, fragte Sibelian ohne dabei seinen Blick von seinem Spiegelbild abzuwenden, „der ist mit seinem halbelfischen Gefährten Hals über Kopf abgereist. Die lungerten vorher vor dem Amtszimmer des Seneschalls rum. Irgendwas ist da im Busch.“

„Der Seneschall und der Kämmerer – die werden wohl nie Freunde.“ Yalagunde schüttelte missbilligend den Kopf. Sie hatten für solche Spielereien um gekränkte Eitelkeiten kein Verständnis. Der Waldsteiner Hof war in seiner Geschichte wohl nie so gespalten wie dieser Tage. Die Waldsteiner Traditionalisten um Seneschall Coswin von Streitzig standen den Waldsteiner Elfenfreunden um Landvogt Vallbart von Falkenwind zunehmend unversöhnlicher gegenüber. Dies führte zu einer regelrechten Spaltung des Hofes. Während sind die Elfenfreunde im Elfenschloss Silz mitten im verwunschenen Reichsforst versammelten, hielten die Traditionalisten auf dem gräflichen Gut Grafenruh vor den Toren der Reichsstadt Hirschfurt Hof. Doch schwappte der Konflikt seit der Ernennung des neuen Kämmerers auch auf das Hirschfurter Grafenpalas über, denn der junge Storchenhain war ein Parteigänger der Elfenfreunde.

„Es grämt dem Seneschall immer noch bei der Besetzung des Kämmerer-Postens von der Gräfin übergangen worden zu sein, er hatte wohl schon jemanden ausgeguckt und der junge Storchenhain kann sich zurecht darauf was einbilden von der Gräfin direkt per Dekret aus dem fernen Silz ernannt worden zu sein.“

Ein Klopfen an der Tür unterbrach den politischen Diskurs der beiden Zweifelfelser und Yalagundes Knappe Simion Carten Adersin von Dunkelsfarn trat ein. Der Junge aus Greifenfurter Hochadel war eher unauffällig, doch brannte in ihm ein Ehrgeiz, der für die jungen Jahre ungewöhnlich war.

„Landrichterin, Landritter, ich bringe die heutige Post.“ Mit einer Verbeugung übergab er Leomir einen Stapel Briefe. Routiniert sortierte der Landritter von Rallerstelz die Briefe nach Wichtigkeit, blieb dann aber an einem hängen.

„Ach, ein Brief aus Albernia von unseren Hohenfelser Freunden.“ Sogleich erbrach Leomir das Siegel und begann zu lesen.

„Was gibt des Neues aus der westlichsten Provinz?“, wollte Yalagunde nach einer Weile wissen.

„Ach, Baron Gilborn Praioden von Hohenfels ist von all seinen Ämtern und Titeln zurückgetreten um sich den Prüfungen er Sturmleuin zu stellen. Neue Baronin ist nun Praiosmins Schwester. Na das sind mal Überraschungen!“

„So kennen wir Albernia“, antwortete Yalagunde lakonisch.

„Der Oheim von Praiosmin ersucht meinen Rat bezüglich dem weiteren Werdegang des Mädchens. Ihre Pagenzeit bei mir neigt sich gen Ende.“ Leomir stand auf und ging zum Fenster und starrte über den geschäftigen Marktplatz der Reichsstadt Hirschfurt hinweg.

„Wo ist die Kleine?“, wollte Yalagunde wissen.

„Sie ist mit Yasinthe im gräflichen Archiv, wie so oft.“ Leomir wandte sich wieder der Landrichterin zu. „Die beiden verschlingen nahezu jeden Folianten, jedes Schriftstück zu Rechtsurteilen, wie mir die Archivarin kürzlich erzählte. Du weißt auch, wie sehr sie dir an den Lippen hängen. Ich bin fest davon überzeugt, Praiosmins Weg ist nicht der einer Ritterin, sondern der einer Rechtsgelehrtin.“

„Dann sei es so!“ Die Antwort der Landrichterin war so kurz wie prägnant.


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An Hochgeboren Anselm von Hohenfels, Burggraf von Hohenfels und Junker zu Güldenau,
 
 
 
 
es erfreut mein Herz von unseren Freunden aus dem fernen Albernia Kunde zu vernehmen. Im Namen meiner Familie übersende ich Euch die allerherzlichsten Glückwünsche zu Praiolynnas Erhebung zur Baronin von Hohenfels. Möge sie die gerechte Herrschaft im Herzen tragen und ihren Landen eine ehrbare Landesmutter sein.

Eurer Gesuch ehrt mich. Nach besten Wissen und Gewissen werde ich versuchen dieser Aufgabe gerecht werden. Die gute Praiosmin ist ein tüchtiges Mädchen. Sie betet zu jeder zweiten Praoisstunde am Schrein des Götterfürsten im Grafenpalas, auch lässt sie keine paiostägliche Messe im Tempel aus. So ist auch reichlich von der allwissenden Hesinde mit einer schnellen Auffassungsgabe und einen scharfen Verstand gesegnet worden. Ihr Lieblingsort scheint mir das gräfliche Archiv zu sein, wo sie zusammen mit meiner zweiten Pagin Yasinthe von Halmenwerth alte Folianten durchstöbert und Abschriften von Urteilen studiert, wann immer die beiden Zeit dafür finden. Praiosmin ist in unseren Hallen dafür bekannt, einen Praios gefälligen Sinn für Gerechtigkeit zu haben. Auch wohnt in ihr der Hesinde gefällige Scharfsinn. Sie ist standhaft und unverrückbar im Glauben an das Reich. Ich wage zu behaupten, Eurer Nichte die edlen Eigenschaften Eurer Familie zuzuschreiben, was mich mit großem Stolz erfüllt.

Da Ihr einen Ratschluss von mir begehrt, so möchte ich Euch anempfehlen, Eure Nichte auf das Rechtsseminar für angewandte Staatskunde zu St. Ancilla zu schicken. Dort wird Praiosmin zu einer der fähigsten Rechtsgelehrten des Reiches heranreifen. Auch wenn es mich schmerzt sie aus meiner Obhut zu entlassen. In St. Ancilla kann das freundschaftliche Band zu Yasinthe sich weiter festigen, denn wie ich von ihrem Vater vernahm, wird auch ihr Weg nach St. Ancilla führen. So verbleibe ich mit den besten Grüßen und hoffe Euch mit meiner Empfehlung Genüge getan zu haben.

Das Land und die Götter mit Euch!
 
 
 
 
Leomir von Zweifelfels Landritter zu Rallerstelz Adjutant der Landrichterin zu Waldstein

gesiegelt im Efferd 1044 BF im Grafenpalas der Reichsstadt Hirschfurt.



 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Grafschaft Waldstein.svg   Wappen Lande Hirschfurt.svg  
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  Wappen Baronie Schwanenbruch.svg   Wappen Graeflich Grafenruh.svg   Wappen blanko.svg  
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Eff 1044 BF
Eine Antwort aus Waldstein
Ein Brief aus Albernia


Kapitel 2

Autor: Bega