Geschichten:Auf Reshminas Spuren - Teil 17
"...und haben die entsprechend markierten Steine dann überprüft. Dazu haben wir das Kartenwerk, die Beschreibungen aus dem gräflichen Archiv und die verschiedenen vor Ort Ansässigen zu Rate gezogen. Im Bereich der Flutung indes waren dies unsere einzigen Quellen. Hier in diesem Bereich nahe des Darpat hatten wir die größten Probleme. Mehrere Steine waren nicht wieder aufzufinden, aber wir haben sie einvernehmlich neu setzen können." Aldron von Firunslicht stand an dem großen Tisch in einem der Räume des Marschenhofes. Mit knappen und präzisen Bewegungen untermalte er auf den ausgebreiteten Karten die Tätigkeiten der letzten Wochen und die Ergebnisse des Vermessungsunternehmens an den Perinmarscher Grenzen. Am Kopfende der Tafel saß die Alt-Gräfin Rimiona und neben ihr verfolgte Maia von Perricum die Diskussion über die ihr unterstehenden Lande, überließ es aber bereitwillig ihrer Großmutter, das Gespräch zu führen. Ebenso zurückhaltend stand Meister Koradin neben dem Firunslichter und reichte nur bei Bedarf die Karten an. Dem Karthografen war es ganz recht so und er hatte schon erfahren, dass der Landvogt vom Arvepass sich ausreichend mit diesem Fachgebiet auskannte und er ihm das Feld soweit ruhig überlassen konnte. "Gab es denn irgendwelche Schwierigkeiten während der Vermessungen, die über verspülte Steine hinausgingen?" Rimiona nahm einen kleinen Schluck aus ihrem Becher mit Wasser, von denen jeder der Anwesenden einen vor sich stehen hatte. Sie war innerlich schon neugieirg, wie er jetzt daraus antworten würde. Zumindest über einige der teilweise bemerkenswerten Begebenheiten war sie inzwischen schon gut informiert.
Aldron räsuperte sich kurz. "Das wohl. Wir hatten mit dem Unwillen der örtlichen Bevölkerung zu kämpfen, die sich teilweise recht erdreistet hat. Aber es gelang, die Barone der Nachbarbaronien zu überzeugen und ab da war alles ein Leichtes. An den Stellen, an denen es Unklarheiten gab, konnten wir Einigung erzielen." Koradin reichte ihm eilfertig zwei weitere Skizzen aus eigener Hand an. Aldron begann an einem Beispiel zu erklären, welche Problematik sich aus einem sich verlagernden Bachlauf entstanden waren, an dem nur mit Mühe die alten Grenzverläufe wieder herzustellen waren. Rimiona hörte zu, nickte knapp und fragte dann: "Und wie hat Eslam es aufgenommen, daß ihr ihm dort einen Streifen trockenen Graslandes abgenommen habt? Ist er euch nun Gram?" Nach einer kurzen Pause akm die Antwort: "Vermutlich nicht mehr. Seine Art ist sehr offen und direkt, aber er ist ein Mann, der Recht und Ehre hochhält. Indes ist es auch so, dass an anderer Stelle er einen kleinen Teil Grund gewonnen hat. Offenbar gab es in der gesamten Gegend seit der letzten Grunderhebung einige Bodenbewegungen." Oder aber die schlitzohrigen Dorfältesten beiderseits der Grenze haben fleißg Steinerücken gespielt zugunsten der jeweiligen Klientel, fügten beide fast gleichlautend in Gedanken hinzu. Rimiona nickte knapp. "Also würdet ihr euer Verhältnis zu den Baronen als unbelastet bezeichnen?"
Aldron mußte kurz überlegen. Eslam war relativ leihct zu durchschauen. Seine Rede drückte stets unverblümt die Gedanken des aufbrausenden Kriegeradeligen aus. So sehr auch oft lospolterte, so wenig glaubte Aldron, dass er von den hitzigen Diskussionen her ihm noch irgendwie grämte. Simold war schwerer einzuschätzen, aber hatte auf ihn zumindest keinen zu abweisenden Eindruck gemacht. Man hatte eine gütliche Einigung in allen Streitpunkten gefunden und sogar die Liebelei der Niederriet hatte keine Wellen geschlagen bislang. Guten Gewissens nickte er knapp. "Das wohl, euer Hochwohlgeboren. Ich halte es für unwahrscheinlich, daß die Vermessungsergebnisse keine Akzeptanz finden."
"Oh, nun, darum geht es nicht, Aldron. Oder zumindest nicht nur." Rimiona lächelte hintersinnig. "Ihr werdet die genannten Barone bald zu Nachbarn haben. Gutes Auskommen ist dann nur förderlich. Für eure großartigen Dienste am Arvepass trägt sich der Markgraf schon länger mit dem Gedanken, euch hier in den Perinmarschen ein ansehnliches Stück Land zu überantworten. Nur standen nach der Reshmina-Flut andere Dinge an und niemand kann Land vergeben, von dem man nicht weiß, wo es endet." Mit einer Handbewegung deutete sie über den westlichen Teil der Perinmarscher Lande. Dann sah sie wieder auf.
"Macht euch ein wenig frisch. Wenn ihr keine Einwände habt, werde ich euch heute Abend in Vertretung für den Markgrafen den Lehnseid als Junker von Matlakur abnehmen. Allerdings glaube ich kaum, dass ihr Einwände haben werdet, nachdem Maia euch die Grenzen eures Junkersgutes erklärt hat..."