Geschichten:Grauen am Darpat - Schellenklang in der Nacht

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Dramatis Personae

Besucher auf Abwegen

[Stadt Gnitzenkuhl – Im Burghof]– Ingerimm 1032 BF

Die Luft war frisch, ganz so wie er es erhofft hatte. Doch der Duft, der in der Luft war, kündete vom Sprießen und Wachsen der Natur im Ingerimm. Tagsüber hatte man an sonnigen Plätzen schon die erstarkende Kraft des Praiosmals gespürt, doch jetzt in der Dunkelheit der Nacht merkte man, dass die Erde diese Wärme noch nicht ausreichend gespeichert hatte. Vage erinnerte sich der Junker daran, dass nahe bei den Ställen ein Weg in Richtung der Koppeln führte wo auch ein Platz war, an dem sich die Büttel am Tage mit ihren Waffen ertüchtigt hatten. Diesen Ort wollte er nun aufsuchen. Es war ein heller Boden gewesen, sodass er dort auch bei Nacht ausreichend zu recht kam. Doch leider war in dieser Finsternis nicht viel zu erkennen, das Madamal war durch aufziehende Wolken verdeckt. Solange er sich im Schatten der Burg bewegt hatte war noch Licht von vereinzelten Fackeln zu ihm gedrungen. Doch sobald er sich auf die Nebengebäude zu bewegte schritt er im Schatten der Gebäude voran. Das Schnauben der Pferde war es schließlich, das ihn erkennen ließ, dass er fehl gegangen war. Er wollte sich schon abwenden, als er raues Männerlachen hörte und ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Fieberhaft versuchte er sich zu erinnern, wo genau er sich befand.

Etwas abseits des Hofes ging es durch einen Nebeneingang in einen weiteren Hof, in dem er vermutet hatte, dass vielleicht ein Garten sei oder die Tiere gehalten würden. Marnion war alarmiert. Die Jahre im Feld hatten ihn gelehrt, dass es ihm selten trog, wenn er ein schlechtes Gefühl bekam. Seinen Umhang hatte er nicht mitgenommen. So könnte ihn sein heller Wappenrock verraten. Doch in dieser Dunkelheit sind alle Katzen grau, sagte er sich. Er hielt die linke Hand etwas über die Augen, damit sie nicht etwa schon von weitem gesehen werden konnten und er seine direkte Umgebung etwas besser zu erkennen hoffte. Langsam und vorsichtig ging er in die Richtung aus der er das Lachen vernommen zu haben glaubte. Dabei hielt er sich weiter im Schatten der Häuser und bemühte sich möglichst nicht in der Dunkelheit gegen irgendetwas zu stoßen. Bald würde er wissen ob ihm seine Sinne einen Streich gespielt hatten, oder ob das Wesen aus dem Darpat nicht die einzige Gefahr in der Gegend wäre. Ein helles Klingen drang an seine Ohren. Irritiert hielt er inne und lauschte weiter. Ein Geräusch fast wie von einem Schellenkranz eines Musikers mutmaßte er. Vielleicht vergnügten sich hier die beiden Herren, die ihnen auf der Burg aufgespielt hatten? Er versuchte dem Laut folgend die Richtung beizubehalten. Sein alarmiertes Gehör registrierte, dass das Klingeln nun abrupt aufhörte und darauf stattdessen ein gutturaler Laut folgte, wie wenn jemand versucht zu sprechen, wobei ihm aber ein anderer den Mund zuhält. Derweil konnte er deutlich eine große Gestalt ausmachen, die in diesem zweiten Hof, in dem ordentliche Reihen einen Gemüsegarten erkennen ließen, vor einem Brunnen stand. Er war gut sichtbar, denn seine Beinkleider waren hell und er trug nur einen halblangen Umhang auf dessen Seite ein Wappen prangte, dessen Aussehen er von Leomara nur zu gut kannte. Sollte das dort ihr Mann sein?

„Hab ich dich du Weib! Lass deine Spielchen, ich hab genug. Wenn du jemals wieder in dieser Stadt hier auftreten willst solltest du wissen was du nun zu tun hast.“ Grob nahm er daraufhin die zierliche Frau, die er bislang völlig verdeckt hatte weg vom Brunnen und stieß sie vor sich auf die Erde. Kein Laut war von ihr gekommen. Marnion sah nur dunkles Haar und einen Mantel, unter dem ein ziemlich unbekleidetes Bein hervorlugte. Sie hob ihr Gesicht und nun sah er dass es sich vielleicht um eine Zahori handelte, die hier im Burggarten gefangen worden war.

„Was kann ich dafür, dass die da oben schon fertig waren mit ihrem Gelage, sonst hättest du da sicher vor Geshla auftreten können. Aber was nicht ist…!“ Er lachte höhnisch und knöpfte sich den Hosenlatz auf ohne die Frau aus den Augen zu lassen. Seine Stimme klang nicht mehr nüchtern. Mit der einen Hand nahm er noch einen Krug vom Brunnenrand, aus dem er einen Schluck nahm.

Die Frau rappelte sich auf, und legte hoch erhobenen Hauptes den Mantel ab. Darunter trug sie ein prächtiges Gewand welches zum Tanz bei den Zahoris gerne getragen wurde. Auch mehrere Bauchkettchen, Fußkettchen und eine Kette, die vom Ohr zur Nase ging wurden sichtbar. Sie hatte eine außerordentlich verführerische Figur und wirkte fast noch wie ein Kind neben dem großen Mann. Er hatte eine imposante Nase, blondes Haar, und mochte vielleicht einige Jahre älter als Leomara sein. Ihre Haltung drückte keinerlei Angst aus, es schien ihm eher als hätte sie einen Entschluss gefasst.

Marnion mochte es nicht, wenn Frauen so behandelt wurden. Es imponierte ihm, dass sich die Tänzerin selbst in dieser Situation noch etwas von ihrer Würde bewahrte. Und er konnte diesen Kerl nicht leiden, egal in was für einer Beziehung er zu Leomara stand. Allerdings wollte er auch nicht ein endgültiges Zerwürfnis mit Leomara riskieren, sollte er gezwungen sein mit diesem Betrunkenen zu kämpfen. `Hah` dachte er bei sich, `ich werde ihm seine Beute schon abjagen`.

Der Nebachote ging nun deutlich hörbar schnurstracks zum Brunnen. ,,Bei Phexens Bart, so ein Glück!” rief er, den offenen Hosenlatz des Mannes einfach ignorierend. „Ihr habt die Tänzerin gefunden. Ihre Hochgeboren Baronin Geshla hat nach ihr geschickt. Kommt mit Weib, die Baronin will nun umgehend von Eurer Kunst erfreut werden. Sie hat noch einen privaten Gast, dem sie Euren Auftritt versprach.“ Marnion hatte sich zwischen den Mann und die Zahori gestellt. Er wandte sich nun ganz dem Isenbrunner zu, seine Bewegungen genau beobachtend. Dieser baute sich zu seiner vollen Größe auf und funkelte ihn gefährlich an. Marnion war sich in diesem Moment sicher, dass der Mann sehr zornig war. Bevor der jedoch etwas sagen konnte, legte der Junker schon wieder los.

„Euer Wohlgeboren, ich kann doch auf Eure Verschwiegenheit zählen. Die Baronin bat mich die Angelegenheit diskret zu behandeln, ob der sehr privaten Natur ihres Treffens.” Der Kelsensteiner zwinkerte dem verhinderten Wüstling zu, wartete aber dessen Antwort nicht ab, sondern packte die Tänzerin fest am Arm und zog sie mit sich fort vom Brunnen zurück in die Dunkelheit, den Betrunkenen weiter im Blick behaltend. Er hoffte das der Mann in seinem Zustand nicht schnell genug dachte um die offensichtlichen Schwächen seines kleinen Märchens zu entdecken Er sah, wie der Mann, der so aus der Nähe besehen sehr ansehnlich aussah, sich rasch den Latz zuknöpfte und den Mantel, der noch immer auf dem Boden lag aufhob. Man sah förmlich, wie er über das eben Gehörte nachdachte.

„ Ta’ira? Hier, den hast du liegen lassen. Wir wollen die Baronin doch nicht enttäuschen, nicht wahr?“ Er warf den Mantel achtlos in den Dreck vor ihren Füßen. Dann maß er den Kelsensteiner mit einem kalten Blick. Er schaute weiter auf die Burg, die im Rücken der beiden lag, und nur noch an einigen erhellten Fenstern von wachen Bewohnern kündete. Eine Tür quietschte und man hörte, wie etwas schweres, vermutlich aus der Küche, in den Hof gezerrt wurde. Das nun folgende Geräusch verriet, dass wohl ein Bottich ausgegossen worden war. Die Hand des Ritters lag auf seiner Waffe- ein Säbel, wie ihn die Reiter trugen, registrierte Marnion geübt. Dann zog er die Hand zurück, seine Entscheidung war gefallen.

„Wir sehen uns!“ Der Ton war kalt und eine deutliche Drohung, die er sowohl gegen die Frau, als auch gegen den ihm fremden Mann ausstieß. Vermutlich wusste er von den Besuchern auf der Burg, sonst hätte er es nicht zugelassen, dass Marnion derart handeln konnte, ohne dass er nach den Wachen rief, oder ihn einfach angriff.

Der Isenbrunner, drehte sich von ihnen weg, und verschwand in der Dunkelheit des Gartens. Es musste also noch einen anderen Zugang zu diesem geben. Ein Rascheln und Klingeln an seiner Seite erklang, als die Frau in einer geschmeidigen Bewegung ihren Mantel aufhob, und ihn sich wieder umlegte. Mandelförmige Augen musterten ihn eindringlich. Als sie schließlich lächelte konnte er sehen, wie ebenmäßig ihre Zähne blitzten.

„ Danke oisch Fremderr. Isch soll tanzen?“ Die Stimme war glockenhell und erinnerte ihn daran wie jung die Tänzerin vermutlich war. Sie schaute ihn fragend an.

Einen Moment zögerte der Nebachote. Das war knapp gewesen. Hätte ihn der Mann angegriffen, dann wäre ihm nach dem Kampf wohl nur noch die überstürzte Abreise geblieben. Mit seiner Geschichte hatte er das Gastrecht sicherlich überdehnt, während dem Mann kaum etwas vorzuwerfen war. Ein Adeliger der sich eine Zahori gefügig machte, das war kein Vergehen, sondern höchstens eine Peinlichkeit. Immerhin würde der Isenbrunner kaum etwas ausplaudern, um sich nicht selbst bloß zu stellen. Er atmete tief durch und sprach freundlich zu der Zahori.

„Ich bin Marnion von Kelsenstein, ein Gast der Baronin.” Bei diesen Worten hob er ihr Kinn sanft mit der Hand etwas an, so daß er der jungen Frau direkt in die Augen schaute. ,,Leider kannst Du heute nicht bei der Baronin vortanzen, ich habe mir das nur ausgedacht, um Dich von der Gesellschaft dieses Rüpels zu befreien.”

Marnion bemerkte ihre Enttäuschung und fügte hinzu. „Ich kann Dir aber versprechen, dass ich mich dafür einsetzen werde, dass Dein Wunsch bald in Erfüllung geht. Dafür musst Du mir aber nicht Deine Gunst erweisen, gleich wohl ich Dich sehr reizvoll finde. Wenn Du heute noch tanzen möchtest, kannst Du das gerne für mich tun, auch wenn meine Börse sicher nicht mit der der Baronin vergleichbar ist. Doch zunächst erzähl mir über Dich und sage mir, wer dieser Isenbrunner ist und was Du mit ihm zu schaffen hattest?”

Sie scharrte unsicher mit ihrem Fuß im aufgewühlten Erdreich herum. Sie schien nachzudenken. Er hatte sich mit Namen vorgestellt, und sie sozusagen gerettet, doch das schien sie nicht weiter zu beeindrucken. Ein misstrauischer Ausdruck lauerte in ihren Augen, das hatte er gesehen. Sie warf den Mantel in einer spielerischen Geste über die Schultern, sodass er nur noch spärlich ihren Körper bedeckte. Der Rock hatte mehrere bauschige Lagen, die aber leicht durchscheinend waren. Das Oberteil war eng geschnitten und hatte ein sehr großzügiges Dekollete. Die Anmut dieser Bewegung hatte ihn so abgelenkt, dass das Messer, dass sie ihm unvermittelt vor die Brust hob, völlig ungesehen in ihre Hände geraten war. So schnell, wie es dort erschienen war, zog sie es auch wieder zurück, wieder begleitet von einem glockenhellen Lachen.

„Marnion, dein Name ist schön. Du darfst misch Ta’ira nennen.“ Sie begann einen Schellenkranz vom Fußgelenk zu binden. „Dieser Caballero, der glaubbt, dass er sich alles nehmen darf? Er hatte Geschäfte zu erledigen, und ich sollte tanzen, damit der alte Comerciante seinem Handel zustimmt. Das habe ich auch getan, auch ein Cancion vorgetragen, und ich glaube der Handel wurde abgeschlossen, aberr dann meinte er ich könnte meine Geldkatze mehr füllen, wenn isch auch noch hier tanzen würde, da Gäste auf der Burg wären…nunja den Rest kennst du ja sozusagen. Cortezza ist ihm fremd, und jede Frau, die mit ihm das Bett teilen muss ist zu bedauern. Isch wäre mit ihm fertig geworden, aber trotzdem danke. Sieh disch vor, er ist ein…ein…“ Sie spie vor ihm auf den Boden aus, um zu zeigen was sie meinte. „Wir fahren weiterr, ist besserr so!“ Sie sah ihn wehmütig an, und verbeugte sich graziös. „Leb wohl Marnion der auf Ta’ira ein Auge hatte.“ Sie lächelte ihn wissen an und huschte hinter ihm in die Dunkelheit.

,,Lebe wohl Taíra. Möge der Listenreiche Dich auf all Deinen Wegen geleiten.” rief er Ihr noch nach. Ihm war fast ein wenig wehmütig zu Mute. In ihrem Alter hatte er auch noch geglaubt, das Ihm alle Wege offen stünden. Doch was dann kam, hatte seinen Jugendträumen ein jähes Ende bereitet. Er mußte wieder vorsichtiger werden. Kaum war er wieder in der sogenannten Zivilisation, schon lies er die Menschen so weit an sich heran, das sie ihn abstechen konnten wie einen Karnikel.

Das Mädchen hätte ihm niederstechen und seine Börse an sich nehmen können, wäre sie von anderen Schlag gewesen. So wie es aussah hatte er heute abend auf jeden Fall einen Menschen gerettet, doch ob es Taíra war, oder der Isenbrunner das würde nie jemand erfahren. Marnion hatte genug Lebenserfahrung, dass man mit Dank niemals rechnen darf. Im Gegenteil schien es ihm das der guten Tat die Strafe auf dem Fuße folgte. So wie Taíra den Isenbrunner beschrieb, war es sicher das Beste, wenn sie mit ihren Leuten umgehend das Weite suchte. Er selbst würde bleiben und damit wohl zur Zielscheibe dieses Kerls werden. Sollte es sich womöglich auch noch um den Mann von Leomara handeln, was er sich eigentlich nicht vorstellen konnte, sicher hätte Leomara diesem Laffen selbst längst ein Messer zwischen die Rippen gejagt, dann wäre er doppelt bestraft. Der Kelsensteiner nahm sich vor, solange sein Besuch noch dauerte, besonders achtsam zu sein. Leute wie dieser Kerl, waren sich für keine Gemeinheit zu gut. Damit lies er es bewenden und kehrte nun endgültig in seine Kammer zurück. Morgen wollte er Leomara ausgeschlafen gegenübertreten und bei der Jagd seinen Teil tun.

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