Benutzer:Treumunde/BriefspielSeepfeil Nyrociel

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Draußen tobte der Wind, sein heulendes Klagelied durchbrach die uralte Stille des Waldes wie ein finsterer Vorbote. Die mächtigen Baumkronen, die sonst majestätisch mit den Sternen flüsterten, beugten sich dem Sturm wie ehrfurchtsvoll vor einer längst vergessenen Macht. Das Dorf der Hochelfen erwachte in hektischer Eile; Schatten huschten zwischen den edlen, glitzernden Gebäuden hindurch, während die Bewohner Schutz suchten. Die Gesichter der Elfen, sonst von Anmut und Stolz geprägt, waren blass vor Angst. Eine unsichtbare Hand der Sorge hatte sich um ihre Herzen gelegt.

Im Schutzraum, einer Halle von schlichter Eleganz, erleuchtet von sanftem, goldenem Magielicht, herrschte bedrückende Stille. Die Wände aus reinstem weißem Stein schienen die Klagelaute des Windes widerhallen zu lassen, als würden selbst sie die Dunkelheit ahnen. Menschen und Elfen saßen und standen verstreut, doch ihre Blicke waren einheitlich: Alle Augen waren auf Aldarin gerichtet. Der Anführer der Elfen wirkte wie eine Statue aus Licht und Weisheit, seine Stimme war klar und doch von einer schweren Trauer durchzogen, als er zu sprechen begann.

"Dies ist nicht das erste Mal, dass das Grauen seine Klauen nach uns ausstreckt," begann Aldarin, sein Blick glitt über die Anwesenden, als wollte er ihre Entschlossenheit prüfen. "Doch das erste Mal... das war der dunkelste aller Tage. Es geschah mehr als tausend Götterläufen, in der Zeit unserer Flucht aus Isiriel."

Ein leises Murmeln ging durch die Versammlung, doch niemand wagte, Aldarins Erzählung zu unterbrechen. Mit schmerzlicher Langsamkeit fuhr er fort: "Isiriel... einst ein Juwel der Schönheit, eine Stadt, erbaut auf den Elementen des Wassers, voll von Harmonie und strahlender Magie. Doch unsere goldene Ära wurde zerrissen von einer Macht, die wir nur aus den düstersten Legenden kannten. Das Dhaza fiel über uns, eine Dunkelheit, die unser Volk korrumpierte. Es war Faelyrian vom Himmelsturm, dessen Herz von der Finsternis verschluckt wurde."

Die Zuhörer hielten kollektiv den Atem an. Aldarin schloss kurz die Augen, als müsse er sich einen inneren Kampf liefern, um fortzufahren. "Faelyrian, oder Feyangola Finsterblick, wie er später genannt wurde, war nicht immer so. Er war einst ein angesehener Gelehrter, ein Leuchtfeuer der Weisheit. Doch seine Suche nach größerem Wissen führte ihn an eine Grenze, die niemals hätte überschritten werden dürfen. Er fand den Splitter der Leere."

"Die Leere..." hauchte Samira von Khunchom, die Hesinde-Geweihte, mit Furcht in ihrer Stimme. "Das darf nicht sein..."

"Doch es ist," sagte Aldarin mit einer Schärfe, die ihre Zweifel zerstreute. "Die Leere hat ihn verändert. Sein Herz, einst rein wie das Licht, wurde schwarz wie die tiefste Nacht. Und in seiner Dunkelheit zog er andere mit sich. Er verführte Nyrociel Schwarzluchs, einen unserer edelsten Kämpfer, und brachte ihn dazu, sich dem Schatten zu verschreiben. Doch damit nicht genug. Feyangola sammelte Kreaturen um sich – den furchtbaren Riesen Gorbanor und Drachen."

Das Klagelied des Windes schien lauter zu werden, als Aldarin mit schwerer Stimme weitersprach. "Ein Bruderkrieg entbrannte. Bruder gegen Bruder, Schwester gegen Schwester. Die Verdorbenen, wie wir sie nannten, kämpften mit Grausamkeit, die wir niemals für möglich gehalten hätten. Viele von uns fielen. Unser reiner Boden wurde getränkt vom Blut der Unsrigen. Es war ein Massaker."

Aldarin fuhr sich langsam mit der Hand über eine Silberkette an seinem Hals, als könnte sie die alten Narben seines Herzens lindern. "In unserer Niederlage flohen wir. Hierher, an diesen Ort. Weit entfernt von der Pracht, die einst unsere Heimat war. Doch Nyrociel folgte uns. Er floh auf eine Insel vor unserer Küste. Dort beschwor er die Mächte der Leere, legte einen Bann um die Insel, der uns Hochelfen daran hindert, sie jemals zu betreten."

Seine Stimme wurde leiser, schwerer. "Wir dachten, wir wären sicher. Doch von Zeit zu Zeit, wenn der Wind auffrischt und die Schatten zu flüstern beginnen, sendet Nyrociel seine Kreaturen, die Schattenluchse, um uns heimzusuchen. Wesen aus purer Dunkelheit, erschaffen aus der Leere, geformt zu Werkzeugen der Qual."

Kapitänin Shida Calisjar stand auf, ihre Beine zitterten vor Angst. "Und ihr habt nie einen Weg gefunden, ihn zu stellen? Eine Möglichkeit, seine dunkle Herrschaft zu beenden?"

Aldarin senkte den Kopf, seine Würde ungebrochen, doch sein Schmerz offensichtlich. "Unsere Magie bindet uns. Der Bann betrifft unser mystisches Blut. Doch ihr Menschen... ihr könntet die Insel betreten. Ihr seid unsere einzige Hoffnung."

Elionai trat vor, ihre Augen suchten die Kapitänin. "Ja. Ihr könntet dorthin gehen, wohin wir nicht können. Ihr könntet ein Ende setzen, wo wir nur ausharren können."

Shida betrachtete die Gruppe eingehend, ihre Augen voller Entschlossenheit. "Ihr wollt, dass wir Nyrociel stellen. Dass wir das Böse auslöschen." Ihre angstvollen Blicke suchten ihre Schiffsmagier.

Aldarin nickte, seine Stimme war nun kaum mehr als ein Flüstern. "Das ist unsere Bitte. Unsere Hoffnung."



 20px|link=[[Kategorie:|Grauen in der Nacht]]
Autor: Treumunde