Garetien:Grundlinien der Politik in Garetien
Politische Landschaft
Garetien gliedert sich vor allem in die politischen Einheiten der Grafschaften, wobei die Kaisermark die mit Abstand reichste und volkreichste Grafschaft ist. Sie ist allerdings - trotz ihrer enormen wirtschaftlichen Potenz - in vielen Dingen abhängig von den sie umgebenden Grafschaften, nicht nur landwirtschaftlich. Denn ohne die Macht des Adels in den Grafschaften Reichsforst, Hartsteen und Eslamsgrund könnte sich die Aristokratie in der Kaisermark gegenüber der bürgerlichen Strahlkraft und dem politischen Gewicht der Kaiserstadt Gareth ihrer selbst nicht sicher sein. Der Aufstand der Meilersgrunder hatte gezeigt, wie weit der Pöbel kommt, wenn ihm nicht mit roher Gewalt entgegengetreten wird.
Die Grafschaften
Unter den Grafschaften sind die stärksten Reichsforst und Eslamsgrund, da Hartsteen in der Natterndorner Fehde viel von seiner Kraft aufbraucht und einbüßt und Waldstein durch den voranschreitenden Reichsforst als stellenweise unbewohnt gelten muss, während der Schlund seit der frühen Eslamiden-Zeit keine einflussreiche Stellung über seine Bedeutung als Hort des Ingerimm- und Firun-Glaubens mehr hat einnehmen können. Die Kaisermark schließlich verliert mehr und mehr Einfluss gegenüber der Stadt Gareth.
In Reichsforst ist es die noch immer ziemlich intakte Ritterschaft, von der die Grafschaft gestützt wird, und deren Renaissance ganz wesentlich mit dem Grafenhaus Luring zusammenhängt, das seit Adhemar, Rondger und heute Danos drei ritterliche Grafen besaß, deren Gefolgschaft sich über Generationen festigte. Nennenswertes Gegengewicht wäre nur die Familie Hirschfurten, die sich allerdings innerlich schwächt.
Die Grafschaft Eslamsgrund ist ebenfalls ritterlich geprägt und sehr volkreich, verliert aber an politischem Gewicht durch ein schwaches Grafenhaus und die Grenze zu Almada. Eslamsgrund ist territorialer Zankapfel zwischen den kaiserlichen Geschwistern und als solcher in seiner Situation einer Bedrohung ausgesetzt.
Die Familien
Neben den Grafschaften sind es die Familien, die großen Einfluss in Garetien besitzen. Viele von ihnen sind uralt, haben lange Traditionen und sind vielfach versippt und verschwägert. Ein kompliziertes Geflecht an Beziehungen und Abhängigkeiten, Schulden und Gefallen verbindet und trennt die Häuser voneinander. Wirkliche Mitspieler in diesem Konzert der mächtigen Familien sind hingegen nur wenige - die meisten anderen Familien ziehen ihre Bedeutung nur aus der Nähe zu den mächtigeren Familien oder aus einzelnen Posten und Ämtern, die von Kaiser- und Königreich vergeben werden, etwa den Pfalz- und Burggrafschaften. Diese wenigen Familien sind, nach Alphabet: Ehrenstein, Eslamsgrund, Hartsteen, Hirschfurten, Luring, Mersingen, Ochs, Quintian-Quandt, Rabenmund, Streitzig und Sturmfels. Es ist wahrscheinlich nicht zufällig, dass fast alle dieser Familien regionale Schwerpunkte ausgebildet haben, die sich nach Grafschaften lokalisieren lassen.
Die Städte
Neben diesen ritterlichen Familien, die Lebensgefühl und Lebensgestaltung der Oberschicht definieren und recht eigentlich die militärische Macht des Königreiches repräsentieren, stehen die bürgerlichen Einflüsse, die von den Städten ausgehen. Allen voran steht Gareth, das eine Sonderrolle einnimmt und an dem keiner vorbeikommt. Selbst die Kaiserin hat die relative Autonomie Gareths anerkennen müssen und die Stadt weitestgehend aus der Reichsgewalt entlassen. Daraus entstanden Konflikte mit dem Umland, namentlich wegen der Garether Vorstädte, die sich eigentlich in der feudalen Ordnung der Kaisermark befinden, ihr aber faktisch entzogen sind. Daneben sind es die Landstädte, die in den Grafschaften nach Autonomie streben und sie zum Teil erhalten und bewahren konnten. Das so genannte Jahr des Feuers hat hier allerdings Verschiebungen zugunsten der feudalen Ordnung vornehmen können, insofern als einige Städte wieder unter die Hoheit ein es adligen Grundherrn gerieten. Andere aber haben ihre wirtschaftliche und politische Eigenständigkeit ausbauen können und stellen lokale Zentren von Wirtschaft, Kultur, Bildung und Handel dar, wovon nicht zuletzt die jeweiligen Landesherren profitieren.
In die Sphäre eher bürgerlicher politischer Macht gehören auch die Landzünfte, deren Befreiungskampf noch in jener ›guten alten Zeit‹ stattfand, in der das Adelsgefüge noch intakter war zu Zeiten Kaiser Hals oder gar nach dem Jahr des Feuers. Das allein bezeichnet schon die Kraft dieser Handwerkerschicht, deren Standesbewusstsein sich von dem des Adels nicht substantiell unterscheidet. Die Zünfte als Zusammenschlüsse von Experten und Spezialisten, auf die kein Landesherr und kein Untertan verzichten kann, beweisen den Grundsatz: Gemeinsam sind wir stark. Allerdings haben die Zünfte über die ihre Profession betreffenden Ansichten kein politisches Programm, vor allem keines, das auf Machtausübung ausgerichtet sein oder die feudale Verfassung des Königreiches einwirken wollte.
Aktuelle Entwicklungen
In Garetien gab es seit jeher einen schwelenden und an Kontur zunehmenden Streit zwischen den alten Häusern und den jungen Familien. Ähnlich wie zur Zeit Kaiser Hals und Answin von Rabenmunds stehen Tradition und Stammbaum sowie Leistung und Erfolg einander gegenüber. Die Konflikte der jüngsten Vergangenheit hatten diese Kluft halbwegs zu überbrücken versucht, die vor allem in der Halschen Lehnspolitik nach der Ogerschlacht 1004 BF bedrohliche Ausmaße angenommen und in der Answinkrise dazu geführt hatte, dass dem Usurpator eine Mehrheit des garetischen Adels gefolgt war. Die Bedrohungen nämlich durch Borbarads Invasion, die Heptarchien und Galottas Angriff auf Gareth vertagten den Konflikt, der nun aber, nachdem mit dem ›Rat der Helden‹ und der Lehnspolitik Rohajas, die mit jener ihres Großvaters vergleichbar ist, die alten Häuser erneut ins Hintertreffen zu geraten scheinen.
Auslöser für die erste Habachtstellung der alten Häuser war die Ernennung Horbald von Schroeckhs zum garetischen Staatsrat. Diese zeigte zweierlei: dass man erstens auf die alten Häuser keine Rücksicht zu nehmen gedachte, die sich nämlich berechtigte Hoffnung auf diesen Posten gemacht hatten, und dass zweitens irgendjemand Einfluss genug hatte, bei Hofe die Ernennung eines umstrittenen Homo novus durchzusetzen. Nichtsdestotrotz sind auch die jungen Familien irritiert, denn nach ihrer Maxime kommt zu Adel, wer tüchtig ist – und das ist mit Schroeckhs Berufung nicht gewährleistet.
Kaisermark Gareth
Das größte Problem der Kaisermark Gareth wächst und wuchert in ihrem Inneren. Die Kaiserin musste der Stadt Gareth weitgehende Autonomie zugestehen. Gareth ist schon seit langem über die Stadtmauern der Reichsstadt Alt-Gareth hinausgewachsen und hat einige der umliegenden Städte, Märkte und Dörfer, ja sogar die Burgen alten Adels nahezu verschluckt. Was also dereinst die Einkünfte des einen oder anderen Adelshaus sicherte, mag nun Vorstadt geworden sein.
Aber auch die Stadt Gareth kann sowenig ohne die Nahrung der umliegenden Baronien in der goldenen Au auskommen, wie diese ohne die Waren der Kaiserstadt. Und so ringen alte und neue Familien, Adel und Bürgertum in einer Art Hassliebe um Geld und Macht in der Kaisermark.
Grafschaft Hartsteen
Die ›Natterndorner Fehde‹ der Hartsteens gegen die Quintian-Quandts um die Grafenwürde der Grafschaft Hartsteen ist deutlichster Ausdruck der Spannungen, die innerhalb des garetischen Adels existieren. Dieser Konflikt erscheint allerdings unlösbar, sofern nicht eine Partei die andere dominiert. Dazu würde auch gehören, sich enger zu binden und Gemeinsamkeiten zu finden, auf deren Basis eine Verbindung und Verbündung möglich wären: Derzeit gibt es keinen Grund für eine junge Familie, sich mit einer anderen zu verbünden, desgleichen bei den alten Häusern. Zumal dies – eingedenk der wenigen machtvollen Familien einerseits und eingedenk der bestehenden Fehde in Hartsteen – wahrscheinliche eine Involvierung in Kampfhandlungen bedeutete, die einzugehen nur dann sinnvoll ist, wenn wirklich die ureigenen Interessen berührt werden. Eine Familie Ochs also wird sich nicht mit der Familie Hartsteen zur Waffenbruderschaft verbünden, weil sie sich damit in der Natterndorner Fehde engagieren müsste.
Die beiden Grafenanwärter bedienen sich dabei gegensätzlicher Taktiken. Graf Geismar konzentriert nahezu seine gesamten Kräfte in der gräflichen Baronie Feidewald und ›igelt‹ sich auf der trutzigen Grafenfeste Feidewald regelrecht ein. Da er immer weniger den traditionellen Banden der hartsteener Ritter mit ihrem Graf traut, setzt er das Vermögen der Grafschaft und seiner Familie ein, um neue Vasallen zu kaufen oder um erfahrene Söldner anzuwerben. Auf der anderen Seite dagegen versucht Graf Luidor seine Getreuen um sich zu sammeln und offensiv neue Bündnisse gegen Geismar zu schließen. Die bewusste Rückbesinnung auf die Bande der Alten Häuser nimmt zu nicht geringem Teil seinen Ursprung in eben diesem dynamischen Auftreten des Hartsteeners, der an weit tieferen Problemen rührt, als ihm lieb oder sogar bewußt ist.
Die offenen Fehdehandlungen äußern sich durch Angriffe auf gegnerische Güter und Entführungen der Familien von Vasallen des jeweiligen Rivalen. Eine spektakuläre Entführung gelang dem Junker Hadrumir von Schwingenfels, als er die Gattin von Graf Luidor und sein jüngstes Kind in seine Gewalt brachte. Allerdings übergab der Vasall Geismars die Geiseln nicht seinem Lehensherren und zog direkte Verhandlungen mit dem Hartsteener vor. Im Zuge der geschmiedeten Allianz zwischen reichsforster und hartsteener Rittern zur Befreiung des vom Schwarzmagier Tharleon besetzten Städtchens Appelhof im Jahre 1030 BF, nutzte Geismar die Gunst der Stunde und machte bemerkenswerten Landgewinn. Als die Hartsteenschen Truppen mit ihren Reichsforster Freunden vor die Tore Feidewalds zogen, sah es so aus, als ob die Entscheidung herbeigeführt werden würde. Ein wundersames Erscheinen der Altgräfin Thuronia jedoch, die daraufhin zur Göttin Tsa entrückte, löste tiefe Verwirrung aus und führte zu einer unsicheren Waffenruhe zwischen den Fehdeparteien.
Grafschaft Waldstein
Grafschaft Reichsforst
Grafschaft Eslamsgrund
Unterschwellig schwelt in Eslamsgrund ein Konflikt, der dem Hartsteener Drehbuch entnommen worden zu sein scheint, freilich ohne bislang derartig offen zu eskalieren: Eine alteingessene Familie versucht, die an eine junge Familie verlorene Grafschaft wieder zu erlangen. Das tobrische Haus Ehrenstein, das erst vor drei Generationen die Grafenwürde erlangte, gilt in Garetien als junge Familie, wohingegen das Haus Eslamsgrund eine sehr alte garetische Familie ist, die als Grafenhaus bis in das Jahr 602 BF zurückreicht, aber als Ritterfamilie ›von Grafenfels‹ zu den Ursprüngen allen caldaischen Adels zu zählen ist.
Der amtierende Graf Siegeshart von Ehrenstein hat unerhörte Schulden aufgenommen, um Weißtobrien zu unterstützen und die Stadt Beilunk zu erhalten. Man wirft ihm vor diese Anteilnahme lasse Eslamsgrund ausbluten und treibe es in fremde Abhängigkeiten. Darüberhinaus sieht man im Grafen ein Werkzeug der Praios-Kirche und nimmt ihm die Handlungsfreiheit des Orden vom Bannstrahl Praios' in Eslamsgrund übel.
Seine Blutlinie befindet sich in der Gefahr ihres dynastischen Endes. Die erste Verlobte des Grafen wurde ermordet, seine Festgesellschaft geriet zu einem Blutbad. Seine jetzige Gattin Solaria ist älter und zeigt bisher keine Anzeichen einer Schwangerschaft. Man munkelt ihr linker Arm sei nicht der einzige Schaden, den die düsteren Kräfte verursachten, gegen die sie in den Schattenlanden angeht.
Vom älteren Haus Ehrenstein leben im engeren Kreis nur noch drei Vertreter: Siegeshart, sein Onkel Seginhardt Raultreu von Ehrenstein (Truchsess der Grafschaft) und seine Tante Raulgard von Hartsteen-Ehrenstein. Letztere ist die Gattin des Grafen Luidor von Hartsteen, weshalb von dieser Seite der Verlust der Grafschaft an ein altes Haus, Hartsteen, droht. Zudem befindet sich das Haus Ehrenstein über diese verwandtschaftliche Verbindung in steter Gefahr, auch in die Natterndorner Fehde gezogen zu werden, wo es doch vor allem gilt, einen vergleichbaren offenen Konflikt in Eslamsgrund zu verhindern.
Das Haus Ehrenstein – vor allem der Graf und sein Onkel – weiß, dass eine Grafenfehde den Untergang des Hauses mit sich bringen würde. Einzige sichere Verbündete sind die Verwandten aus Halhof (Hal von Ehrenstein) und der Bannstrahlorden, dessen Einfluss zunimmt, dessen Zielsetzungen aber nicht durch den Grafen zu lenken sind.
Aus diesem Grund scheint es für den Grafen, nach Ansicht seines Onkels, geboten, sowohl die Vasallen ruhig zu halten und an sich zu binden als auch das Haus Eslamsgrund, die Kontrahenten, abzufinden und zum Stillhalten zu bewegen. Deshalb wurde die Baronie Zagbar unlängst an Olruk von Eslamsgrund vergeben und damit die Hausmacht des ehemaligen Grafenhauses gestärkt. Siegeshart selbst trägt nicht zur Lösung der Situation bei, sondern zieht seine verbleibenden Kräfte sogar weitgehend aus der Grafschaft ab, um dem Haus Faldahon in der Mark Beilunk beizustehen. Damit bleiben Onkel und Ehrensteiner Vogt auf nahezu verlorenen Posten zurück. Man zwar geht davon aus, das Siegesharts Schwertzug die letzte Kraft seines Hauses vergeudet, sogar seine Rückkehr ist ungewiss, aber diese ungewisse Rückkehr bleibt eine Unabwägbarkeit.
In Rivalität zum Haus Ehrenstein agiert das in sich gespaltene Grafenhaus Eslamsgrund. Das ›Zahme Haus Eslamsgrund‹ versucht seit zwei Generationen, auf dem Weg durch die Instanzen die Grafschaft zurückzuerlangen; Eslamsgrunds sitzen deshalb vermehrt an Schalthebeln innerhalb der kaiserlichen Verwaltung. Rondriane von Eslamsgrund, die Sprecherin des Zahmen Hauses, wurde für diese Politik mit der Burggrafenwürde der Gerbaldsmark bei Gareth belohnt. Wiederholt hat man sich gesprächsbereit gezeigt, wurde aber durch die Brautwahl des Grafen unlängst düpiert. Das ›Wilde Haus Eslamsgrund‹ hingegen setzt auf offene Konfrontation und würde am liebsten die Kraftprobe suchen. Sein Anführer ist Malwarth Quisper von Eslamsgrund »der Rote«, der auf dem Familienstammsitz Burg Grafenfels sitzt.
Das Problem der Familie Eslamsgrund ist, dass sie zwar einerseits die Schwäche der Ehrensteins kennt und der Moment zur Machtübernahme nie günstiger war als in der Gegenwart, dass sie aber andererseits fürchten muss, eine echte Fehde dennoch zu verlieren, und zwar dergestalt, dass Almada in den Kampf eingreifen könnte, um die heiß begehrte Grafschaft in einem Moment der Schwäche zurückzuerobern. Dies auch, weil mit Graf Brandil von Ehrenstein-Streitzig zu Ragath ein weiterer Vertreter des älteren Hauses Ehrenstein in räumlicher Nähe wirkt. Das würde das Ende derer bedeuten, die die Fehde begonnen hätten: Entweder würde Kaiserin Rohaja sie ein für allemal auslöschen oder Selindian Hal würde die Grafenwürde an seine almadanischen Vasallen vergeben. Wegen dieser dräuenden Gefahr und der Möglichkeit als Unruhestifter bei der Kaiserin und ihren Anhängern in Ungnade zu fallen, ruhen die Waffen, und man versucht auf anderen Wegen dem Grafenhaus zu schaden bzw. selbst Vorteile zu erlangen. Hinterhältigkeit und üble Nachrede sind nicht jedem Mitglied des Hauses Eslamsgrund fremd.
Die Reichsstadt Eslamsgrund ist im Ringen um politischen Einfluss in der Grafschaft ein wichtiger Schauplatz. Stadtmeister Forlopp von Ballrath ist ein Greis, dem die Zügel jederzeit entgleiten können. Zudem ist die Sicherheit der Grafschaft in diesen Tagen gefährdet. Das Verhalten des Adels im Kampf gegen die Oger ist von großer Tragweite. Engagiertes Vorgehen birgt Risiken, aber auch Zaudern kann gravierende Konsequenzen haben.
Grafschaft Schlund
Obwohl die Grafschaft Schlund immer etwas abseits gelegen scheint und durch die langfristige Herrschaft des Zwergengrafen eine gewisse innere Stabilität hat, brauen auch hier sich die Folgen der jüngsten Ereignisse im östlichen Darpatien zu einem brisanten Gemisch zusammen.
Die politisch und finanziell relativ unabhängigen Barone des Schlunds wurden gerade in diesen beiden Eigenschaften letzlich stark erschüttert. Aus ihrer politischen Unabhängigkeit ist in den letzten Jahren ein politisches Abseits geworden, da die Barone gelähmt durch die Natterndorner Fehde keine Partei beziehen können, obwohl der Hartsteener Graf einer von ihnen ist. Zusätzlich ist das Engagement des Hauses Ochs am Arvepass per Handstreich von der Kaiserin abgelehnt worden, und dass nach dem das Haus und der Graf viel Geld dort gelassen haben. So wandelt sich die relative Einigkeit der Barone (man ließ sich in Ruhe) in Frust ob der Tatsache, dass man nirgendwo im Reich mehr so schlunderisch unbedarft in die Politik eingreifen kann. Der Baron von Hartsteen fühlt sich in der Grafschaft Hartsteen von seinen Schlunder Brüdern verlassen, das Haus Ochs ist von Retos Urenkelin mehr als enttäuscht und die Familie Erlenstamm hat sich durch einige Grenzsstreitigkeiten und Scharmützel ebenso wie der eigenbrötlerische Baron von Nettersquell isoliert. Und nun plötzlich will der Graf den alten "Rat von Schlund" wieder einberufen, ganz sicher mit der Vorgabe, die Macht der Zwergenhäuptlinge gegenüber den menschlichen Baronen zu stärken.
Die Situation würde sich sicher entspannen, würde das zweite Standbein der Schlunder Politik, der Handel, noch florieren. Nun hat aber der Graf, der in finanziellen Dingen einen guten Leumund hatte (man bedenke nur sein Engagement im überaus erfolgreichen Schlunder Marmorbruchkonsortium, in der Wandlether Armbrustmanufaktur und der Brauerei Wiesenschlösschen), die meisten Barone in ein riskantes Projekt, den Graf-Ingrams-Steg, hineingezogen. Mit dem Einsturz der Brückenfundamente und der Entspannung der Sicherheitslage auf dem Darpatweg durch Hartsteen und Perricum, sind die Anteile an der Gesellschaft kaum noch das Papier wert, auf dem sie stehen.
Der geheimnisvolle Dritte
Spätestens seit der Ernennung Schroeckhs zum Staatsrat, aber eigentlich schon seit dessen spektakulärem Freispruch vor dem Reichsgericht, ist klar, dass es in Gareth oder zumindest in der Nähe des Throns jemanden geben muss, der Einfluss auf höchster Ebene zu nehmen in der Lage ist. Darüber hinaus sorgt sie dafür, dass die vakante Kaiserliche Halsmark noch immer nicht an die Familie Luring übertragen wurde, die eigentlich Anspruch auf das Lehen hätte, und verzögert die Vergabe der Mark Ochsenblut, die seit der Ermordung des Burggrafen Ardo vom Eberstamm vakant ist. Ebenfalls noch vakant ist die Reichsvogtei Puleth, also der zu vergebende Posten von Schroeckhs, der ebenfalls von der Krone zu verleihen wäre.
Vielleicht sind die Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit nur Zufall, vielleicht aber steht ein lenkender Wille dahinter – das wird die Zukunft erweisen. Und auch, auf welcher Seite sich dieser Wille wiederfinden wird: bei jungen oder alten Häusern, beim Adel oder bei den Bürgern, in Waldstein oder dem Schlund – oder gar in Perricum oder Elenvina?
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