Chronik:Vesper von Hirschfurt
Dem Gemetzel war eine erbitterte Fehde der beiden Adelsgeschlechter vorausgegangen, die mit dem Streit zwischen Graf Hilbert II. und Baron Hartbart von Silz zu Tannwirk begonnen hatte. Der eine warf dem anderen Betrug beim Reichsforster Turnier vor. Aus dem Streit entwickelte sich eine blutige Fehde, in der die Fehdeparteien Familienmitglieder entführten und töteten, Bauern vertrieben, Felder, Dörfer und Burgen niederbrannten, Brunnen vergifteten und einander bei jeder Gelegenheit an die Gurgel gingen. Nach dem Tode Baron Hartbarts, der vom jungen Marbert von Gesselingen brutal zu Tode geschleift worden war, trat Boronian von Silz die Nachfolge als Familienoberhaupt an. Geschickt lockte er Graf Hilbert in eine Falle und erschlug ihn und seine Gattin auf den Stufen des Peraine-Tempels zu Seytnach, in den sie sich hatten flüchten wollen. Die Grafschaft lag brach, die Ritter stritten miteinander, der wirtschaftliche Reichtum der Region wurde fast verspielt, der politische zumal. Ende des Jahres 680 BF griff die durch die Bluttat von Seytnach beleidigte Peraine-Kirche vermittelnd in den Streit ein. Vater Grelmond, genannt von Seytnach, beriet sich einzeln mit den Fehdeparteien und erreichte einen Versöhnungswillen. Die Grafschaft atmete auf: Sowohl Silz als auch Gesselingen waren bereit, die Fehde zu begraben. Feierlich sollte dies mit dem Götterdienst eines Ehrenturniers zu Hirschfurt geschehen, das vom 1. Rindra bis zum 8. Rondra währen und alle offenen Duelle und dergleichen im rondragefälligen Duell oder in der spielerischen Form des Turniers klären sollte. Vater Grelmond freute sich, dass seinem Vermittlungsangebot beide Familien komplett nachgekommen waren, auch wenn die Lager doch wie zwei feindliche Heerhaufen aussahen. Als dann die Familien zur Vesperîe erschienen, zum Gottesdienst auf dem Güldenacker vor Hirschfurt, der heute Totenacker heißt, offenbarte sich die ganze Niedertracht und Verschlagenheit des Boronian von Silz: Er und seine Familie waren nur zum Schein auf das Unfehdeangebot der Grafen eingegangen und brachten Waffen zum Götterdienst mit. Mit eben diesen Waffen fielen sie über die Familie Gesselingen her und töteten Mann, Frau und Kind. Dem entsetzten Peraine-Geweihten Grelmond aber dankte Bornoian noch mit blutiger Hand und bot ihm jeden Tempel der Grafschaft an. Doch Grelmond floh und soll sein Leben damit beschlossen haben, den Ärmsten und Kränksten Gareths die Füße gewaschen zu haben, um seine Schuld am Tode der Grafenfamilie zu sühnen. Vermutlich ist er jener Sankt Grelmond, der in Rosskuppel und Meilersgrund als Peraine-Heiliger verehrt wird.
Boronian von Silz wurde Graf von Waldstein, doch nannte man ihn "den Totengräber". Nicht alle aber hatte er beerdigt - übrigens an Ort und Stelle der blutigen Vesper! -; denn Iring von Gesselingen, ein Säugling von vier Monden, hatte während des Götterdienstes an der Brust seiner Amme gelegen, und so auch während der Bluttat. Jene Amme brachte das Kind in Sicherheit, und Iring lebte als Mündel der Burggrafen von Ochsenblut und seine Nachfahren desgleichen.