Geschichten:Abtasten und Annähern - Prolog
Stadt Gnitzenkuhl, im Mond des Praios 1038
Er sah dem Boten nachdenklich nach, als er gen Perricum ritt. Lange hatte Roderick von Insebrunn gezögert, ob und was er dazu schreiben sollte, was in Haselhain kürzlich vor sich gegangen war. Doch noch zu deutlich waren ihm die Sorgenfalten auf Aldrons Stirn im Gedächtnis, als es um die Situation der Nebachoten in der Markgrafschaft ging. Es wollte Informationen! Gut, dann sollte er sie bekommen. Auch diesem, oder sollte er sagen, insbesondere ihm, als langjährigem Kenner des Brendiltaler Baronshauses, war nicht klar, wohin sich Eslam von Brendiltal bewegen würde, nach all den Geschehnissen. Auch die Lücke die sich klaffend wie ein Schlund aufgetan hatte direkt in der Nachbarbaronie Haselhain, die bis vor kurzem so stabil und verläßlich galt, mit dem Tode Simolds, bereitete ihm Bauchgrimmen.
Zuletzt dann noch diese unguten Neuigkeiten von seiner Stieftochter Leomara! Glücklicherweise hatte sie ihn umgehend informiert. Manchmal setzte sich eben doch das alte Blut Palinais durch gegen die minderen Anlagen des bürgerlichen Vaters.
Leomara war noch immer ganz ausser sich gewesen, weil ausgerechnet Thorondir nach dem Willen seiner verstorbenen Großmutter eine Nebachotin ehelichen sollte. Roderick atmete tief die kühle Luft ein- wie sich eine erwachsene Frau und Mutter wie Leomara nur so ereifern konnte. Den lebendige und lodernde Zorn gegen diesen Volksstamm würde sie wohl nie ablegen. Firun verlieh ihm in solchen Momenten immer eine kühle Besonnenheit, die ihr so völlig abhold war. Er konnte zudem nicht verstehen, wie es zu den Gerüchten kommen konnte, das die kleine Yppolita sicher Nebachotenblut in sich trüge! Nie und nimmer würde sich Leomara einem solchen Manne ...überrascht stellte er fest, dass seine Gedanken sich wie einem kleinen Strudel gleich, weg vom eigentlichen Problem bewegten.
Natürlich, das wäre ja auch wesentlich leichter und angenehmer! Doch die Zeit der Ablenkung und Zerstreuung war noch fern. Er lenkte sein Augenmerk wieder auf das naheliegende Problem.
Auch wenn Leomaras Befürchtungen, dass dieser Mann aus „ihrem“ Thorondir nur eine willfähige Marionette machen wollte, sicher an den Haaren herbei gezogen war, so entbehrte der Gesamtblick auf das Machtgefüge am Darpat, doch ein besorgniserregendes Bild. Es schienen sich mit einem Mal an jedem Ende der Markgrafschaft Gräben aufzutun, und Dinge zu verändern, die völlig neue Situationen schufen.
Geshla von Gnitzenkuhl überraschte ihn auch mit neuen und potentiell kruden Ideen. Einen Bund wollte sie erneuern mit dem Land. Völliger Blödsinn. War das eine Art Wahn, dem die Leute anheim fielen? Hatte die inzwischen verbotene Nandus Kirche etwas damit zu tun, und die Vorfälle am Arvepaß? War die Baronin darum eine gewisse zeitlang fast liderlich gekleidet, wie auch gänzlich unpassend in Manieren und Wahl der Gespielen, weil man Sie am Ende auf dem Adelskonvent verhext, gar verflucht hatte?
Keine schnellen Lösungen in Sicht- alles lag in Bruchstücken vor ihm, und er mußte sich ein Bild daraus machen.
Egal was dieser junge und nicht untalentierte Mann ihn hat glauben machen wollen: es gab ein gewisses Gefahrenpotential, und es war nicht sicher, wie sich die Nebachoten verhalten würden, wenn absoluter Gehorsam verlangt würde. Ihre Stärke ist auch zugleich immer ihre Schwäche!
Sie veranstalteten Blutspiele in denen sie IHREN Ersten Krieger kürten, sie begannen sich zu separieren, dem durfte man nicht taten- oder kommentarlos zuschauen! Die Lage war ernst genug, wenn den wirren Worten dieser Korjünger ein wahrer Funke inne wohnte- wenn, ja wenn der Reichsverräter auch hier durch marschieren würde, könnte man keinen Zwist brauchen.
Es galt Gespräche zu führen! So bald als möglich!