Geschichten:Alte und neue Grafen 5
"Ich habe nach Euch schicken lassen, aber die Festsetzung dieses ..." Olruk suchte nach Worten um die familiären Gefühle der Junkerin nicht zu verletzen, "... Raubritters entschuldigt Euch." Olruk nestelte einen fliederfarbenen Brief aus der Innentasche seiner Weste und fächerte sich damit Luft zu, als wolle er das sanfte Parfum des Briefes auskosten.
"Ihr seid eingeladen an den Feierlichkeiten zur Vermählung des Grafen teilzunehmen." Olruk freute sich auf die Reaktion seines Gastes, ahnte er doch, dass dies sie erfreuen würde.
"Ich?" Celissas Wangen erröteten. "Ich darf zur Hochzeit des Grafen?"
"Ich dachte mir es würde Euch erfreuen Euren Bruder wiederzusehen, der als Knappe am Hof des Grafen in Dienst steht. Da man Ihn bereits für die Prozession eingeteilt hat, scheint es, dass er seinen Ritterschlag ja bald erhalten wird."
Celissas Herz hüpfte in der Brust. Viel zu lange hatte sie ihren jüngeren Bruder Gerion nicht mehr gesehen. "Wie geht es Ihm?"
"Nun, ich hoffe das werdet Ihr mir bald selbst berichten." Olruk lächelte. Doch alsbald gewann sein Gesicht wieder die ernsten Züge, die er gewöhnlich an den Tag legte. "Ich möchte jedoch einen kleinen Dienst von Euch einfordern, denn diese Einladung war nicht so einfach zu erwirken wie Ihr vieleicht denkt ..." Provokativ hielt er ihr den Brief unter die Nase.
"Wie kann ich Euch zu Diensten sein Baron?" Celissa griff mit ehrerbietender Geste den Brief.
"Ich wünsche, dass Ihr Euren Bruder zu so vielen Dingen wie möglich am Hofe des Grafen befragt. Als Mitglied der Wache sollte er einiges zu hören und sehen bekommen. Befragt ihn beiläufig, wie nur eine Frau es versteht." Olruk zwinkerte Ihr zu. "Fragt Ihn, ob Ihn die vielen Wachstunden nicht ermüden. Ob er sich dabei nicht häufig alleine fühlt. Ob Ihm dabei schon viele Fremde am Hofe des Grafen begegnet sind. Ihr versteht?"
Erstaunt blickte Celissa Ihn an. "Ja mein Herr!"
"Dann macht Euch bereit für die Reise, wir werden uns am Hofe des Grafen wieder sprechen. Geht nun!" Celissa wandte sich zum Gehen.
"... ich muß mich nun noch um diesen ... Raubritter kümmern." Celissa hielt kurz inne, setzte dann jedoch ihren Schritt beherzt fort.