Geschichten:Amtsübergabe in der Halsmark - Causa Gerheimiensis
Dramatis personae:
- Rohalia Olinai von Feenwasser, Harfnerin und Bardin am Waldsteiner Grafenhof
- Hilbert von Hartsteen, Pfalzgraf zu Sertis
- Adran von Feenwasser, Abt des Hesinde-Klosters St. Ancilla in der Gerbaldsmark
- Raulbrin von Hartwalden-Hartsteen, Hesinde-Geweihter im Hesinde-Kloster St. Ancilla sowie Vogt vom Kirchengut Weissenborn
[Kaiserlich Halsmark, Burg Menzelshall, 6. Tsa 1034 BF
Rohalia Olinai von Feenwasser ließ ihren Blick durch die Versammlung der Hoch- und Niederadligen schweifen, die zur Amtseinführung der jungen Burggräfin gekommen waren. Sie mochte solche Adelsfeierlichkeiten eigentlich nicht besonders, aber andererseits war sie von Natur aus neugierig und war an dem gängigen Klatsch und Tratsch interessiert. In ihrer Heimat wurde dieses Bedürfnis nur ungenügend befriedigt, galt doch der Waldsteiner Grafenhof eher als langweilig.
In der Ferne konnte Rohalia ihre jüngere Schwester Linai Josmine ausmachen, wie sie in ein Gespräch mit Asamandra von Keres vertieft war. Schließlich bemerkte sie ihren Vater Adran von Feenwasser wie er zusammen mit Raulbrin von Hartwalden-Hartsteen schnurstracks auf Hilbert von Hartsteen zuging. Offensichtlich stellte Raulbrin - der ein entfernter Verwandter des Sertiser Pfalzgrafen war - ihm ihren Vater, dem Abt von St. Ancilla, vor. Von Neugier getrieben, pirschte sich Rohalia etwas näher an die drei Herren heran, wollte sie doch unbedingt mitgekommen, worüber sie sprachen. Die junge Waldsteinerin positionierte sich hinter einer der größeren Gewächse, die überall im Saal zu Dekorationszwecken aufgestellt waren und tat so, als würde sie ihr Mieder richten. Nun hörte Rohalia, wie die drei Männer recht lebhaft zu diskutieren schienen ... es ging um einen gewissen Gerdtian Gerheim und das dieser doch den Rosengarten auf der Kaiserpfalz Breitenhain besuchen dürfte, wie es Rohalias Vater eindringlich forderte – sogar mit dem Verweis darauf, dass dies der Kirche der Allwissenden sehr zum Wohlgefallen sein würde. Die junge Adlige konnte sich keinen Reim aus dem gerade Gehörten machen... warum sollte dieser Gertheim denn den zugegebener Weise sehr schönen Rosengarten des Sertisers besuchen wollen? Und warum hatte die Hesinde-Kirche ein Interesse daran? Rohalia schüttelte verständnislos ihren Kopf und versuchte weiter zuzuhören. Es ging nun um Raulbrins Tochter, wie es schien, verhandelten Raulbrin und Hilbert um eine mögliche Knappenschaft Selindes bei dem Hartsteener ...
Gerne hätte Rohalia weiter zugehört und erfahren warum Selinde gerade bei Hilbert ihre Knappenschaft ableisten sollte, als sie von einem jungen Mann - der hinterrücks überraschend aufgetaucht war und so ihren kleinen Lauschhangriff jäh unterbrach - aufgeschreckt wurde.
„Verzeiht, holde Dame, ich Frage mich, was so ein so schönes Wesen, wie Ihr es seid, veranlasst, hinter einer Pflanze Schutz zu suchen?“
„Ehm, ich..“, stotterte Rohalia, „ich ... ich wollte nur kurz sicherstellen, dass die Pflanze auch genügend bewässert wurde – nicht auszudenken, wenn die hübschen Blüten ihre Köpfe hängen lassen würden zu späterer Stunde.“ Die Waldsteinerin lächelte gequält während ihr Gegenüber sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. „Aber sagt, hoher Herr, haben wir uns schon mal getroffen, Ihr kommt mir bekannt vor.“
„Das haben wir in der Tat, mein Name ist Movert Sigman von Hohentann und ich habe schon oft Euren Darbietungen im Waldsteiner Grafenpalas beiwohnen dürfen... Ich bin ein großer Bewunderer Eurer Profession, Euer Harfenspiel kann als nahezu göttlich bezeichnet werden.“ Rohalia errötete leicht. „Darf ich Euch um einen Tanz bitten, holde Dame?“
Rohalia willigte ein, allerdings nicht ohne noch einmal wehmütig zu ihrem Vater und seinen beiden Gesprächspartnern zu schauen – zu gerne hätte sie mehr in Erfahrung gebracht ...